Wir sind immer noch auf der Suche nach der “zweiten Erde”. Also nach einem Planeten der einen anderen Stern umkreist, aber trotzdem die gleichen lebensfreundlichen Bedingungen aufweist wie unsere Erde. Medien verkünden zwar gerne, man hätte sie schon entdeckt. Was aber Quatsch ist; wir können höchstens Planeten finden, die so groß wie die Erde sind und die ihrem Stern nicht zu nahe und nicht zu fern sind. Das ist hilfreich für lebensfreundlich Bedingungen, aber bei weitem noch nicht alles was nötig ist. Und je mehr wir über Sterne und Planeten lernen, desto besser verstehen wir, was die lebensfreundlichen Bedingungen alles zerstören kann. Die Aktivität eines Sterns zum Beispiel.
Colin Johnstone von der Universitätssternwarte Wien und seine Kollegen haben sich das kürzlich mal genau angesehen (“Extreme hydrodynamic losses of Earth-like atmospheres in the habitable zones of very active stars”). Wie beeinflusst die Aktivität eines Sterns einen lebensfreundlichen Planeten in seiner Umgebung? Mit “Aktivität” ist hier das gemeint, was ein Stern neben Leuchten sonst noch so macht. Die Aktivtät eines Sterns ist das Resultat der elektromagnetischen Vorgänge in seinem Inneren: Das ganze heiße Gas aus dem ein Stern besteht ist elektrisch geladen. Das liegt daran, dass die Atome dort aufgrund der hohen Temperaturen ihre Atomhülle verloren haben. Es gibt nun also nicht mehr elektrisch neutrale Teilchen, sondern elektrisch positiv geladene Atomkerne und elektrisch negativ geladene Elektronen aus der Atomhülle. Sich schnell bewegende elektrisch geladene Teilchen erzeugen ein Magnetfeld; das Magnetfeld beeinflusst aber wiederum wie sich die elektrisch geladenen Teilchen bewegen können. Die Bewegung der Materie des Sterns schleppt also das Magnetfeld mit sich mit und – ganz vereinfacht gesagt – kommt es da immer wieder zu “Kurzschlüssen”; jede Menge Energie wird frei und Teilchen der Sternmaterie werden mit hoher Geschwindigkeit hinaus ins All geschleudert. Bei solchen Aktivitätsausbrüchen könnne auch große Mengen hochenergetischer Strahlung – zum Beispiel Röntgenstrahlung – freigesetzt werden. Und da fangen die Probleme an…
Wenn die hochenergetische Strahlung eines Sterns auf die Atmosphäre eines Planeten trifft, können die Teilchen dort aufgeheizt werden. Sie bewegen sich dann so schnell, dass sie ins All entkommen können. Oder anders gesagt: Die Aktivität eines Sterns sorgt dafür, dass ein Planet seine Atmosphäre verliert. Allerdings nur, wenn sie stark genug ist. Unsere Sonne ist brav. Sie war nur in ihrer Jugendzeit sehr aktiv; mittlerweile hat sie sich, so wie alle Sterne ihres Typs, einigermaßen beruhigt. Es kommt zwar immer noch ab und zu zu “Sonnenstürmen” und Aktivitätsausbrüchen. Aber mit denen kommt unsere Atmosphäre recht gut klar, was man ja auch daran sieht, dass wir sie 4,5 Milliarden Jahre nach ihrer Entstehung immer noch auf der Erde haben.
Aber es gibt auch Sterne die viel aktiver sind. Johnstone und seine Kollegen haben nun in Computermodellen untersucht, wie es dann mit der Erde aussehen würde. Sie haben die Sonne durch einen Stern mit Sonnenmasse ersetzt, dessen Aktivität dem eines typischen hochaktiven Sterns entspricht. Den Unterschied kann man in diesem Bild sehen:
In rot sieht man, was die Sonne jetzt tut; in blau den aktiven Stern aus dem Modell.. Auf der x-Achse ist die Wellenlänge des Lichts zu sehen; auf der y-Achse die Menge an Energie die bei einer bestimmten Wellenlänge abgegeben wird. Bei langen Wellenlängen ist der Unterschied gering; im für unsere Augen sichtbaren Licht würde man vermutlich kaum einen Unterschied siehen. Aber links im Diagramm, da wo die hochenergetische Strahlung ist, gibt es einen großen Unterschied.
Was macht die hohe Aktivität nun mit der Atmosphäre der Erde? Sie sorgt für deren Verschwinden; so viel war vorher schon klar. Höchst überraschend war aber die Geschwindigkeit in der das geschieht: Zwei Millionen Kilogramm Atmosphäre verschwinden im All und das in jeder Sekunde! Es dauert weniger als eine Million Jahre, bis die Erde ohne Lufthülle dasteht. Das ist aus astronomischer Sicht quasi sofort. In der Nähe eines hochaktiven Sterns scheint es also unmöglich, einen Planeten mit lebensfreundlichne Bedingungen zu kriegen.
Wie gesagt: Unsere Sonne ist brav; wir müssen keine Angst haben, dass uns die Atmosphäre demnächst abhanden kommt (wir sollten uns nur darum sorgen, was wir Menschen mit dieser Atmosphäre anstellen…). Aber andere Sterne sind – wenig überraschend – anders. Das gilt vor allem für die roten Zwerge. Das sind Sterne mit einer viel geringeren Masse als die der Sonne. sie leuchten schwächer, sind kühler, kleiner und sie sind zahlreich! Fast drei Viertel aller Sterne im Universum sind rote Zwerge und sie sind überall. Proxima Centauri etwa, der uns am nächsten gelegene Sterne ist einer davon. Wir wissen auch, dass rote Zwerge Planeten haben und wir haben sogar schon einige entdeckt, die “erdähnlich” sind; also deren Größe der Größe der Erde entspricht und die ihrem roten Zwerg ausreichen nahe sind um prinzipiell ausreichend Wärme für lebenfreundliche Bedingungen abzukriegen.
Rote Zwerge sind aber auch extrem aktive Sterne! Das liegt daran, dass sie so klein sind. Dadurch wird ihre gesamte Masse ständig umgewälzt; heißes Material aus dem Kern des Sterns kann bis zur Oberfläche aufsteigen und dort dann wieder bis ganz zurück in den Kern sinken. Bei unserer Sonne ist die Zone in der solche Umwälzungen stattfinden vergleichsweise klein; bei den roten Zwergen umfasst sie den ganzen Stern. Das führt auch zu einer viel größeren Aktivität die auch nicht aufhört sondern über die gesamte Lebensdauer des Sterns bestehen bleibt.
Das sind schlechte Nachrichten für die Suche nach der “zweiten Erde”. Die Sterne, die die absolute Mehrheit im Universum stellen, sind aufgrund ihrer hohen Aktivität eher schlecht geeignet, einen lebensfreundlichen Planeten zu beherbergen. Wir müssen bei den sonnenähnlichen Sternen suchen. Aber die sind auch viel seltener…
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