Albert Einstein war ein Genie und einer der wichtigsten Wissenschaftler aller Zeiten. Seinen Namen kennt heute so gut wie jeder. Völlig zu Recht, denn er hat zu Beginn des 20. Jahrhunderts die komplette Physik revolutioniert und auf eine neue Basis gestellt. Bis heute beeinflusst das, was er damals herausgefunden hat, den Weg den die Naturwissenschaft geht. Aber Einstein war nicht immer die personifizierte Genialität als die er heute weltweit bekannt ist. Seine revolutionieren Arbeiten zur speziellen Relativitätstheorie und zur Quantenmechanik hat er schon 1905 veröffentlicht; die allgemeine Relativitätstheorie mit der Beschreibung der Gravitation im Jahr 1916. Trotzdem war er damals der Öffentlichkeit kaum bekannt und auf keinen Fall in dem Ausmaß in dem das später der Fall war. Die Rolle als größtes Genie aller Zeiten übernahm Einstein vor 100 Jahren. Genauer gesagt: Am 29. Mai 1919, um kurz nach 3 Uhr nachmittags (gerechnet nach der heute gültigen Sommerzeit).
Da verdunkelte sich in Südamerika und Zentralafrika die Sonne. Und britische Wissenschaftler und der Leitung des Astronomen Arthur Eddington richteten ihr Teleskop zum Himmel. Nicht auf die dunkle Sonne, sondern auf die Sterne daneben die nun für ein paar Minuten lang am Taghimmel sichtbar wurden. Ihr Ziel: Die Überprüfung dessen, was Albert Einstein ein paar Jahre zuvor behauptet hatte.
Einsteins 1916 veröffentlichte allgemeine Relativitätstheorie war ein grandioses Gedankengebäude dass die Welt der Wissenschaft auf den Kopf stellte. Es beschrieb die Gravitation nicht als Kraft die zwischen Objekten wirkt, so wie Isaac Newton das im 17. Jahrhundert tat, sondern als Auswirkung der Geomtrie des Raums und der Zeit selbst. Bis dahin war der Raum der Raum und die Zeit die Zeit. Beide waren eine Bühne für die Dinge die im Universum stattfinden aber selbst keine “Dinge”. Einstein aber behauptete, dass der Raum “etwas” ist; dass er verformt werden kann und die Form Auswirkungen auf die Bewegung von Objekten im Raum hat. Je stärker die Krümmung des Raums (bzw. der Raumzeit, um genau zu sein), desto mehr wird ein Objekt auf seinem ansonsten geradlinigen Weg durchs Universums abgelenkt. Gekrümmt wird der Raum durch die Anwesenheit von Massen und dass ist auch der Grund, warum sich die Erde um die Sonne bewegt: Die Sonne krümmt den Raum um sich herum und die Erde hat keine andere Wahl als bei ihrer Bewegung dieser Krümmung zu folgen.
Es war eine spekakuläre Behauptung. Aber vorerst eben nur eine Behauptung. Und eine Theorie die kaum jemand verstand. Einer der wenigen der verstand wovon Einstein da redete, war der britische Astronom Arthur Eddington. Und er hatte auch eine Idee wie man Einsteins Behauptung prüfen könnte. Wenn das Licht eines fernen Sterns auf seinem Weg zur Erde in unmittelbarer Nähe der Sonne vorbei kommt, dann sorgt die dortige Raumkrümmung für eine Ablenkung die nicht auftritt, wenn das Licht sich fern der Sonne vorbei bewegt. Oder anders gesagt: Betrachtet man die Position eines Sterns einmal wenn er sich direkt neben der Sonne befindet und dann ein zweites Mal zu einem anderen Zeitpunkt an dem die Sonne weit weg ist, muss es einen scheinbaren Unterschied in der Sternposition geben dessen Ausmaß exakt aus der Relativitätstheorie berechnet werden kann (siehe dazu auch hier).
Nur: Wie prüft man sowas konkret? Die Sonne ist hell und ihr Licht überstrahlt alle Sterne in ihrer Nähe (drum sieht man die Sterne ja auch nur in der Nacht wenn die Sonne hinterm Horizont ist). Es sei denn, es gibt gerade eine Sonnenfinsternis. Für ein paar Minuten kann man dann die Sterne in unmittelbarer Nähe der Sonne auch am Taghimmel sehen, ihre Position messen und dann mit früher aufgezeichneten Positionen vergleichen. Eddington hatte allerdings noch ein paar andere Probleme. Damals herrschte der erste Weltkrieg. Reisen, die sowieso schon kompliziert genug waren, waren während des Krieges quasi unmöglich. Noch dazu wenn es darum ging, die Theorie eines “Feindes” (Einstein war damals ja Wissenschaftler in Deutschland) zu überprüfen.
Aber 1918 war der Krieg vorbei und der Weg frei, die Sonnenfinsternis von 1919 zu beobachten. Eddington selbst fuhr auf die Insel Principe vor Westafrika, seine Kollegen nach Sobral in Brasilien. Von beiden Orten aus sollte man die Finsternis sehen können, sofern das Wetter gut ist. Es war ein komplexes Unterfangen. Die Reise war schwierig, die klimatischen Bedingungen machten den Instrumenten zu schaffen und am Tag der Finsternis war in Principe der Himmel voller Wolken. Erst kurz vor Ende der Verdunkelung gelangen Eddington ein paar Aufnahmen passender Sterne. Seine Kollegen in Brasilien hatten mehr Glück und konnten bessere Bilder machen. Der Effekt den man zu finden suchte war gering: Wenn alles so ablief wie es laut Einstein ablaufen sollte, hätte sich die Position der Sterne auf den Fotos um nur circa 0,026 Millimeter verschoben!
Ob das auch so war, wusste man nicht, als die Sonne knapp 6 Minuten nach ihrer Verdunkelung wieder hell wurde. Man packte die Sachen, reiste zurück nach England und machte sich daran die Daten auszuwerten. Präsentiert wurden die Ergebnisse am 6. November 1919 bei einer Sitzung der Royal Astronomical Society. Die Spannung war groß. Unter den Wissenschaftlern, aber auch bei den Medien. Zuvor hatte sich Eddington sehr bemüht, die Zeitungen von der großen Bedeutung dieses Experiments zu überzeugen; er hatte quasi eine regelrechte PR-Strategie entworfen. Und als die Ergebnisse dann Einsteins Vorhersagen exakt bestätigten, ging diese Strategie auch auf. “”Wissenschaftliche Revolution. Neue Theorie des Universums. Newtons Vorstellung gestürzt”, lautete die Schlagzeile in der Londoner Times am nächsten Tag. Und in New York titelte man mit dem grandiosen Satz “Lichter am Himmel alle schief”:
(Ich bitte auch die Schlagzeilen darunter zu beachten die allesamt großartig sind!)
Weltweit berichteten Medien über die Beobachtung, über den “Sturz” Newtons, über die wissenschaftliche Revolution und über Albert Einstein. Er wurde schlagartig berühmt und zu dem Genie, als das wir ihn heute noch kennen. Heute um kurz nach 15 Uhr MESZ wird die Sonne nicht dunkel werden (es sei denn, irgendwas sehr unerwartetes passiert…). Aber man kann den Zeitpunkt nutzen um ein wenig an Albert Einstein zu denken. Und an Arthur Eddington!
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