Diesmal muss ich mich kurz halten was die Buchempfehlungen zum Ende des Monats angeht. Abgesehen von all der Arbeit die ich abseits des Blogs zu tun habe, muss ich derzeit auch noch einen internationalen Umzug organisieren und bin ein wenig krank. Zum Lesen war aber trotz allem Zeit!

Eine Trilogie der verschwindenden Welt

Ich hab ja schon sehr viel über die Bücher von Maja Lunde gehört, aber nie wirklich angefangen sie auch zu lesen. Aber da Norwegen nun das Gastgeberland der Frankfurter Buchmesse war, war das gleich auch eine gute Gelegenheit mit dem Werk der norwegischen Autorin anzufangen. Das hat sich gelohnt! Es geht um die drei Romane “Die Geschichte der Bienen”,
“Die Geschichte des Wassers” und “Die Letzten ihrer Art”. Sie sind alle unabhängig voneinander, gehören aber trotzdem zusammen. Und alle drei sind großartig.

Das erste Buch spielt (so wie die beiden anderen) auf unterschiedlichen Zeitebenen. Drei ineinander verwobene Geschichten erzählen von einem britischen Bienenforscher im 19. Jahrhundert, einem amerikanischen Imker im Jahr 2007 und einer chinesischen Arbeiterin des ausgehenden 21. Jahrhunderts. Das zentrale Thema sind die Bienen und ihr Sterben; während der Naturwissenschaftler William Savage im Jahr 1852 einen neuen Bienenkorb bauen will um die Erforschung und Bewirtschaftung der Tiere einfacher zu machen, muss sich sein Nachfahre George Savage mit dem Bienensterben auseinandersetzen. 2098 gibt es keine Bienen mehr und in China müssen Menschen wie junge Tao die Pflanzen mühsam per Hand bestäuben.
Das Buch von Lunde ist kein Sachbuch und die Handlung mehr als nur Dokumentation der Rolle von Bienen und der Gefahr ihres Aussterbens. Die Geschichte der Menschen ist ebenso von Bedeutung und die ihrer Beziehung zu den Bienen. Und schließlich erleben wir auch anhand der drei Familiengeschichten die Wandlung der Welt. Von einer in der die Natur gerade erst verstanden wird, über eine in der sich die menschengemachten Veränderungen schon bemerkbar machen und größere Katastrophen sich ankündigen bis zu einer etwas dystopischen Zukunft in der es dank des Klimawandels einen gewaltigen gesellschaftlichen Zusammenbruch gab.

In “Die Geschichte des Wassers” setzt Lunde das Prinzip fort; hier sind es nur zwei Ebenen. Eine folgt in der Gegenwart der Geschichte einer norwegischen Seglerin und Umweltaktivistin die sich gegen die Kommerzialisierung des Gletschers ihrer Heimat einsetzt und die zweite Story spielt in einer nahen Zukunft wo das Wasser nicht nur aus den Gletschern verschwunden ist. Der Süden Europas wird von jahrelangen Dürren heimgesucht; die Welt ist trocken und Brände zerstören und entvölkern ganze Regionen. Die flüchtenden Menschen wollen nach Nordeuropa wo es noch Wasser gibts – dort schotet man sich aber ab; notfalls mit Gewalt. Ein flüchtender Vater mit seiner kleinen Tochter muss sich dieser Realität und den immer schlimmeren Bedingungen in den Flüchtlingslagern stellen.

Das letzte und erst kürzlich erschienenen Buch “Die letzten ihrer Art” erzählt auf wieder drei Zeitebenen die Geschichte der Przewalski-Pferde, also der Wildpferde, die als ausgestorben galten, im 19. Jahrhundert aber wieder entdeckt wurden. Man züchtete sie erfolgreich in den Zoos der Welt und startete immer wieder Versuche sie auszuwildern nachdem sie in Freiheit dann im 20. Jahrhundert tatsächlich so gut wie ausgerotttet waren. In Lundes Buch tauchen alle drei Themen auf: Wir lesen die Geschichte eines russischen Zoologen, der sich auf eine Expedition begibt um diese geheimnisvollen Tiere zu finden und für seinen Zoo zu fangen. Wir begleiten eine Tierärztin in den 1990er Jahren die ein Projekt zur Auswilderung solcher Pferde in der Mongolei leitet. Und wir blicken wieder in die Zukunft, wo die Gesellschaft und die staatlichen Strukturen im Wesentlichen verschwunden sind und die Menschen für sich selbst und gegen alle anderen kämpfen müssen. Eine Mutter und ihre Tochter müssen im Norwegen des 24. Jahrhhunderts damit klar kommen und probieren nicht nur sich selbst sondern auch die letzten beide Wildpferde ihres ehemaligen Zoos zu beschützen.

Ich habe alle drei Bücher von Lunde mit großer Begeisterung gelesen. Es sind hervorragende Geschichten, bei denen die Thematik des Klimawandels und der Zerstörung unserer Welt zwar immer eine Rolle spielt, aber nicht alles andere überdeckt. Die auf verschiedenen Zeitebenen verwobenen Geschichten funktionieren auch für sich alleine und unabhängig der Umweltthematik. Wer Lunde noch nicht kennt: Lest die Bücher!

Aliens hacken unsere DNA

Ebenfalls sehr spannend war “Dahlia Black” von Keith Thomas. Ich versteh den Titel zwar nicht; mit der Handlung hat er nix zu tun. Aber die Geschichte ist originell. Kurz und ohne Spoiler: Eine Astronomin empfängt ein Signal das außerirdischen Ursprungs ist. Das ist aber keine klassische Aufforderung zur Plauderei wie zB in “Contact”. Sondern der Auftakt zu einer globalen Verwandlung der Welt. Menschen “mutieren” – und am Ende verschwinden ein paar Milliarden von ihnen. Die Geschichte setzt nach diesem Ereignis ein, wird von den übrig gebliebenen Menschen erzählt und rekonstruiert Stück für Stück das, was passiert ist. Sehr gute Idee, die man durchaus noch ein bisschen weiter ausbauen hätte dürfen.

Steampunk-Zeitreise

Dem alten Thema “Zeitreise-Paradox” konnte Peter Clines in “Paradox Bound” (auf deutsch: “Die Schleife”) tatsächlich noch etwas neues abgewinnen. In seiner Story reist man nicht mit komplexen Maschinen durch die Zeit sondern in Oldtimern, Dampfloks oder Motorrädern (und das ist innerhalb der Handlung tatsächlich logisch). Diejenigen die sich auf diese Art durch Raum und Zeit bewegen tun das nicht aus Spaß sondern sind auf der Suche nach “Dem Amerikanischen Traum” der in Clines Buch ein reales Objekt ist. Und der verloren ging… Die Handlung klingt wild und unglaubwürdig, macht aber großen Spaß und Lust auf mehr!

Was ich sonst noch gelesen habe:

  • “Die Hinrichtung des Martin P.” von Klaus Oppitz. Das Buch hab ich vor allem gekauft weil ich dachte, es geht um meinen Science-Busters-Kollegen Martin Puntigam. Tut es aber gar nicht. Dafür hat Oppitz ein ziemlich gutes Buch über die Themen Hassrede im Internet, Selbstjustiz und populistische Politik geschrieben!
  • “The Search For Earth’s Twin” von Stuart Clark. Ich hab hier im Blog ja schon mehrfach die angebliche Entdeckung einer “zweiten Erde” kommentiert. Clarks Buch beschreibt die reale wissenschaftliche Suche nach einem anderen Planeten wie unserer Erde und thematisiert dabei auch all die mediale Verwirrung um die “zweite Erde”. Es ist ein spannender Bericht bei dem man vor allem viel über die Organisation und all die Abläufe lernt die notwendig sind damit Weltraummissionen stattfinden (oder wie man dann lernt: meistens nicht stattfinden). Gutes Sachbuch für alle die über die Exoplanetenforschung der letzten Jahre Bescheid wissen wollen.

Das war der Oktober. Ich werd sicher demnächst wieder gesund sein; der Umzug sollte in ein bis zwei Monaten auch geschafft werden können – dann bleibt auch wieder mehr Zeit für ausführliche Buchbesprechungen! Bis dahin freue ich mich wie immer über eure Lektüretipps!

Kommentare (3)

  1. #1 Böx
    30. Oktober 2019

    Diesen Monat war bei mir “Gewalt und Mitgefühl“ vom Primatologen und Neurobiologen Robert Sapolsky dran. Es geht um die biologischen Grundlagen von Verhalten, speziell unsere “guten“ und “schlechten“ Seiten. Sapolsky deckt so ziemlich alles ab, was unser Verhalten beeinflusst: Hormone, Gene, Kultur, Kindheit, etc etc. Liest sich ein bisschen wie die biologischen Grundlagen zu “Schnelles Denken, langsames Denken“. Sehr empfehlenswert.
    Derzeit bin ich mitten in der neuen englischen Übersetzung von einem Cixin Liu Buch, “The Supernova Era“. Sicher nicht so gut wie “Three body problem“, aber lesenswert. Zwischendrin passen immer mal wieder Kapitel von “Eine Geschichte des Universums in 100 Sternen“. Sehr angenehme Lektüre! 🙂
    Gute Besserung!

  2. #2 PDP10
    30. Oktober 2019

    @Florian:

    muss ich derzeit auch noch einen internationalen Umzug organisieren

    Äh …Moooment! Dein Umzug? Wohin?

    und bin ein wenig krank.

    Gute Besserung.

  3. #3 Johannes Kaufmann
    Braunschweig
    4. November 2019

    Ich frage mich, warum Maja Lunde für ihre Geschichte des Aussteberns mit der Honigbiene ausgerechnet eine der am wenigsten geeigneten Arten auf diesem Planeten für ihr Buch ausgesucht hat. Es gibt kein Bienensterben bei Honigbienen! Ein Aussterben ist bei ihnen so wahrscheinlich wie beim Hausschwein oder dem Holstein-Rind. Honigbienen sind Nutztiere, deren Wohl und Wehe von ihren Haltern abhängen. In Deutschland z.B. geht es den Honigbienen insgesamt gut, die Zahl der Völker steigt.
    Vermischt wird das Ganze dann offenbar auch noch mit dem Mythos von den menschlichen Bestäubern in China. Dieses Phänomen gibt es zwar, es hat aber nichts mit einem flächendeckenden Bienensterben in China (immerhin dem weltweit größten Honigexporteur) zu tun, sondern mit den besonderen Praktiken des Obstanbaus in einer speziellen Region in China. Dort werden Edelbirnen angebaut, die sich nicht selbst bestäuben können, sondern dafür den Pollen anderer Birnen benötigen, die aber aufgrund ihres niedrigeren Marktwerts in zu geringen Mengen gepflanzt wurden. Deswegen kaufen die Bauern den Pollen ein und bestäuben ihre Birnbäume per Hand.