In 360 Tagen ist Weihnachten! Es wird also langsam Zeit, die passenden Büchergeschenke zu planen! Ok, ich geb’s ja zu. Man kann sich noch ein bisschen Zeit lassen. Und mir hat die Zeit gefehlt, in diesem Jahr rechtzeitig Weihnachtsbuchempfehlungen zu schreiben. Macht aber nichts, denn die Bücher die ich im Dezember gelesen habe, kann man auch irgendwann anders im Jahr lesen (und verschenken). Selbst das eine, das explizit von Weihnachten handelt.

12000 Jahre Weihnachten

Das Buch mit dem schönen Titel “12000 Jahre Weihnachten: Ursprünge eines Fests” von Gerald Huber war mein absolutes Lieblingsbuch im Dezember und auch eines der schönsten die ich im ganzen Jahr gelesen habe. Ich habe es tatsächlich noch vor Weihnachten zu Ende gelesen; aber ich bin mir ziemlich sicher, dass man es auch zu jeder anderen Zeit mit Gewinn lesen kann. Huber ist Historiker, Sprachwissenschaftler und Radiojournalist beim BR – und vereint die drei Rollen in seinem Buch sehr gewinnbringend. Wie der Titel verspricht ist es ein Buch über die Geschichte von Weihnachten. Aber vielleicht nicht so, wie man sich das vorstellt. Der Ursprung der Feierlichkeiten die wir gegenwärtig zu Jahresende absolvieren reicht viel weiter zurück als in die Entstehungszeit des Christentums und das Buch von Huber ist daher in gewisser Weise eine gleichzeitig umfassende und spezielle Kulturgeschichte der Menschheit.

Es handelt auch nicht nur von Weihnachten selbst sondern auch all den Festen und Traditionen der Adventszeit davor und den diversen Feierlichkeiten danach bis zum Jahresende und darüber hinaus. Ich war immer wieder überrascht WIE weit die Geschichte mancher Bräuche zurück reicht. Dabei, und das macht Huber auch immer wieder deutlich, ist es meistens keine durchgehende Kontinuität. Wenn zum Beispiel all die Perchtenläufe im alpenländischen Raum erzählen, sie würden altes, vorchristliches Brauchtum zelebrieren, dann gibt es dafür keinen historischen Beleg; kaum eine dieser Veranstaltungen lässt sich weiter als bis zum 18. Jahrhundert zurück verfolgen. Aber das Prinzip dessen was da aufgeführt wird ist ein uraltes und wir tun heute tatsächlich das, was die Menschen schon vor Jahrtausenden getan haben. Auch die religiösen Aspekte sind vielfältiger als man denken möchte. Das Märchen von Frau Holle zum Beispiel hängt mit steinzeitlichen Erdgöttinen zusammen; mit der nordischen Unterweltgöttin Hel, mit dem antiken Mythos des Raub der Persephone und so weiter. Gleiches gilt für andere vor- und nachweihnachtliche Feiertage und natürlich auch das Weihnachtsfest selbst. Huber zeigt Verbindungen nach Ägypten auf, nach Babylonien und Indien und natürlich besonders oft in die römisch-griechische Antike, der Weihnachten ganz besonders viel zu verdanken hat.

Neben diesen großen Themenkreisen findet man auch immer wieder schöne Details, wie etwa die Geschichte des Adventskalenders oder die Tatsache, dass auch schon im Mittelalter Leute darüber gemeckert haben, dass die Feierlichkeiten schon viel zu früh beginnen, genau so wie es heute jedes Jahr im Herbst passiert, wenn die Lebkuchen in den Supermärkten auftauchen (über deren Ursprung Huber im Buch selbstverständlich auch ausführlich informiert). Und wer endlich einen Überblick über das Zuständigkeitschaos von Nikolaus, Christkind und Weihnachtsmann kriegen will, findet im Buch auch alle relevanten Informationen (inklusive der, dass der Weihnachtsmann nicht in den USA erfunden wurde sondern – wie so gut wie alles im Umfeld von Weihnachten – deutlich älter ist). “12000 Jahre Weihnachten” ist ein wunderbares Buch dass ich allen unabhängig von der Jahreszeit zur Lektüre empfehle!

Schmutzige Luft

Ebenfalls sehr gut, wenn auch ein bisschen weniger erfreulich was den Inhalt angeht ist das Buch “Clearing the Air” von Tim Smedley. Der britische Journalist widmet sich darin in aller Ausführlichkeit einem Thema, dass überraschenderweise nicht so prominent ist, wie es eigentlich sein sollte: Die Luftverschmutzung. Momentan konzentrieren sich alle (zu Recht!) auf die Klimakrisen, die ja ohne Zweifel ein absolut drängendes Thema ist das ebenso dringendes Handeln erfordert. Was aber nicht heißt, dass andere Themen nicht ebenfalls wichtig sind. “Luftverschmutzung” ist für uns meistens immer noch etwas aus der Vergangenheit.

Große, dunkle Wolken voll Smog die das Ruhrgebiet schwarz färben oder über London hängen. Aber das haben wir eigentlich in den letzten Jahrzehnten erledigt, oder? Im Prinzip ja – aber übrig geblieben ist der Kram, den wir NICHT sehen. Die Stickoxide, der Feinstaub und all der Krempel der hauptsächlich aus Autos kommt und unserer Gesundheit massiv schadet. Smedley erzählt, wie er selbst auf dieses Thema gestoßen und so davon gefesselt wurde, dass er um die ganze Welt gereist ist um einerseits die Orte kennenzulernen wo die Luftverschmutzung ein großes Problem ist und andererseits mit den Leuten zu sprechen, die sich wissenschaftlich damit beschäftigen. Entstanden ist ein Buch das auf fast jeder Seite überraschende und erschreckende Informationen enthält. Ein Beispiel: Smedley beschäftigt sich mit den immer weiter verbreiteten Holzöfen, die wir uns in unsere Wohnungen bauen. Und die ebenfalls eine große Quelle schädlicher Emissionen sind. Wissen wir, aber wir ignorieren es weil man es halt nicht sehen kann und so ein Feuer so schön aussieht. Würden wir aber auch einen 7,5-Tonner ignorieren der im Leerlauf vor unserer Einfahrt die ganze Nacht vor sich hintuckert? Vermutlich nicht – und das, was aus dem Auspuff des Lastwagens kommt entspricht ziemlich genau dem, was der Holzofen an Schadstoffen austößt. Würden wir hunderte Autos unbedenklich vielen, die in einer Bahnhofshalle mit laufendem Motor stehen? Eher nicht – aber die Dieselzüge die genau das Tag für Tag tun nehmen wir einfach so hin. Und auch der Diesel-Skandal der in Smedleys Buch einen wichtigen Teil einnimmt, beschäftigt uns weit weniger als er sollte…

Smedley erklärt aber auch, dass das Problem der Luftverschmutzung eines ist, das – im Gegensatz etwa zur Klimakrise – zum großen Teil lokal gelöst werden kann. Es macht zum Beispiel schon einen großen Unterschied, ob man sich direkt neben einem Auto (oder gar darin, das ist am schlimmsten!) befindet oder ein paar Meter weiter weg. Ob ein paar Büsche oä zwischen Straße und Häuser sind, und so weiter. Die Luftverschmutzung ist tatsächlich ein Problem, das man direkt und individuell angehen kann und Smedley gibt dazu in seinem Buch auch Tipps. “Clearing the Air” ist ein spannendes Buch und ein wichtiges Buch, aber auch eines, das mit seiner Fülle an Information ab und zu ein wenig erschlagend wirkt. Empfehlen kann ich es aber trotzdem auf jeden Fall!

Was ich sonst noch gelesen haben

  • “Das Supermolekül: Wie wir mit Wasserstoff die Zukunft erobern” von Timm Koch: Ein Loblied auf den Wasserstoff. Der Autor, ein Philosoph, erklärt, warum Wasserstoff die einzig vernünftige Zukunftstechnologie angesichts der Klimakrise ist. Ich hab mir ein wenig schwer getan mit dem Buch. Einerseits enthält es viele interessante Informationen und Gespräche mit ExpertInnen. Andererseits ist es so massiv unausgewogen, von einer fachfremden Person geschrieben und noch dazu weitestgehend ohne Quellenangaben, dass man kaum anders kann als skeptisch zu sein. Ich selbst kenne mich mit dem Thema zu wenig aus um wirklich beurteilen zu können, ob wir in Zukunft alle Wasserstoff tanken sollten. Aber eine interessante Lektüre war es auf jeden Fall.
  • “Hungover: The Morning After and One Man’s Quest for the Cure” (auf deutsch: “Verkatert: Der Morgen danach. Ein Mann auf der Suche nach dem ultimativen Heilmittel”) von Shaughnessy Bishop-Stall: Was tun gegen Kater? Eine Frage, die uns Menschen begleitet, seit wir den Alkohol entdeckt haben. Das Buch enthält viele interessante medizinische Fakten; ist aber für meinen Geschmack ein wenig zu “draufgängerisch” geschrieben. Der Autor entwickelt sich – sofern das Buch sich nicht ein paar künstlerische Freiheiten genommen hat – im Laufe der Kapitel zu jemanden, den man kaum anders als einen Alkoholiker bezeichnen kann. Er säuft sich durch die Recherche, schreibt frei über das Ende seiner Beziehung und probiert alles an Anti-Katermitteln aus, was ihm unter die Finger kommt. Am Ende hat man einen guten Überblick über das Thema bekommen, findet den Autor zumindest ein wenig komisch und ist sich immer noch nicht sicher, ob man gegen einen Kater nun etwas brauchbares tun kann oder nicht.
  • “Himmelsjäger” und “Sternenflüge” (im Original: “Bowl of Heaven” und “Shipstar”) von Gregory Benford und Larry Niven: Klassische Science-Fiction die mir kürzlich wieder mal untergekommen ist und die ich gerne wieder gelesen habe. Es ist das übliche “Big Dumb Object”-Szenario: Menschen machen sich auf zu den Sternen und entdecken dort eine gewaltige, künstliche Struktur. Larry Niven hat damit ja dank seiner empfehlenswerten “Ringwelt”-Bücher schon viel Erfahrung; diesmal geht es aber ein bisschen größer als ein Ring. Die Menschen finden (und das ist kein Spoiler sondern quasi der Beginn der Handlung) einen Stern, der von einer Halbkugel umgeben ist. Die noch dazu vom Stern angetrieben durch den Weltraum reist. Dann folgt das übliche First-Contact-Szenario und die Erkundung der fremden Welt. Klassische Science-Fiction, spannend, unterhaltsam und für die Feiertagslektüre absolut empfehlenswert.
  • “Robotermärchen” von Stanislaw Lem: Zum Abschluss gibt es noch einen Klassiker und eines meiner Lieblingsbücher. Die Robotermärchen von Lem sollten alle mal gelesen haben! Die Idee ist fantastisch: Es sind Märchen, von Robotern für Roboter. Lem erzählt Geschichten aus einem Universum, das von Robotern aller Arten bevölkert ist und in dem Menschen nur noch eine ferne Erinnerung sind die als mystische Unholde in Erscheinung treten. Dabei hält er sich strikt an die Regeln der Märchenliteratur; es gibt Könige, Prinzessinen, Drache, Abenteuer und so weiter. Die 13 Geschichten sind unabhängig voneinander zu lesen, aber wer sie liest und nicht in der Lage ist das polnische Original zu verstehen, sollte auf jeden Fall die Übersetzung von Caesar Rymarowicz und Imrtraud Zimmermann-Göllheim nehmen (ich weiß gar nicht ob es auch andere gibt). Ich kann nicht vernünftig beschreiben, was sie so gut macht – aber wenn ihr es lest, werdet ihr es verstehen!

Das war der Dezember, das war auch 2019. Und 2020 wird natürlich weiter gelesen! Ich freu mich schon auf die alten und neuen Bücher die ich im kommenden Jahr lesen werde. Und natürlich wie immer auf eure Empfehlungen!Die Links zu den Bücher sind Amazon-Affiliate-Links. Beim Anklicken werden keine persönlichen Daten übertragen.

Kommentare (4)

  1. #1 rolak
    30. Dezember 2019

    In 360 Tagen

    ^..und trotzdem haben, wie sich eben beim MorgenRundgang zeigte, bereits viele Menschen ihre Fenster massiv blinkeleuchtend ‘geschmückt’.
    Teils nur ein FlimmerHerz entfernt vom Rossebuurt/A’dam…

    Guten Rutsch!

  2. #2 Stefan
    30. Dezember 2019

    @12000 Jahre Weihnachten: Faszinierend find ich da auch den Spektrum-Artikel “Urahnen der großen Mythen”. https://www.spektrum.de/news/die-urahnen-der-grossen-mythen/1376932

    In dem aufgrund von Fachartikeln gezeigt wird, dass bestimmte Mythen (Kosmische Jagd, Artemis, aber auch Zyklopen-Geschichte) uralt sind. Älter als die Wanderung der Menschen über Beringa nach Amerika und wahrscheinlich nochmals deutlich älter. Eventuell werden diese Mythen schon in Höhlenmalerein verewigt – das halte ich zwar für spekulativ. Aber spannend ist es alle mal.

    Ebenso Geschichten über Orion der Jäger der 7 Prinzessionen jagt, wo sich teilweise im Detail Mythen der Aborigines und der Griechen gleichen.

  3. #3 Terri
    31. Dezember 2019

    Zum Thema Wasserstoff:
    Ich bin da immer skeptisch.
    Rein technisch ist Wasserstoff das kleinste Molekül das wir kennen. Das macht bei der Lagerung immer Probleme mit Leckagen. Die ist abhängig von der Zeit, dem Volumenen, dem Druck und der Molekülgröße.
    Dann ist es noch geruchlos und bildet mit der Umgebungsatmosphäre ein zündfähiges Gemisch.
    Wenn das Molekül zerfällt und der Wasserstoff atomar vorliegt wird das noch kritischer, dann kann es z.B. zur Versprödung von Metallen kommen, das wiederum kann zu schlagartigem Versagen führen.
    Ich persönlich halte Methan für besser geeignet:
    das lässt sich aus dem CO2 der Atmosphäre und Wasserstoff herstellen, ist einfacher lagerbar und wir haben die ganze Infrastruktur dafür schon da (Ergaspipelines, Erdgasheizungen, -motoren, -kraftwerke, …).
    Aber auch hier wird die Technik ja besser, schauen wir mal.

  4. #4 Folke Kelm
    Warmes Schweden
    2. Januar 2020

    @Terri

    Ich kann Dir da nur zuatimmen mit den technischen Problemen die uns der Wasserstoff macht. Wasseestoffversprödung hast du ja schon erwähnt, sowie diese unsäglichen Verluste durch Diffusion. Es kommt noch dazu, dass wir eigentlich noch gar keine grosstechnischen Produktionsanlagen für Wasserstoff haben. Aller Wasserstoff auf dem Markt ist bislang ein Nebenprodukt der Petrochemischen Industrie. Gerade diese wollen wir ja aber weghaben.
    Fangen wir an Wasserstoff durch Elektrolyse herzustellen haben wir leider einen ziemlich grottigen Wirkungsgrad von Primärquelle (Stromerzeugung) bis zum Nutzer.
    Gesamt betrachtet ist die direkte Nutzung des Stromes weitaus effizienter. Erst wenn Elektrizität wirklich über ist und nicht in Batterien zwischengelagert werden kann sollte man über Elektrolyse nachdenken.

    @Stefan

    Prinzessionen…..Donnerwetter. die kannte ich noch nicht. Anionen und Kationen sowie komplexe Ionen sind mir ja durchaus aus der Chemie geläufig, aber bei Prinzessionen muss ich definitiv mal gucken. Bei uns in Schweden gibts übrigen eine Prinzesstorte. Schmeckt wahrscheinlich besser als entsprechende Ionen.