Der Januar geht zu Ende, ich bin immer noch mit meinem Umzug beschäftigt, was aber nicht heißt, dass es keine monatlichen Buchbesprechungen gibt. Die gibt es und zwar heute. Mit Büchern über den Brexit (irgendwie jedenfalls) und Science-Fiction.
Robin Hood vs. Brexit
Das Buch “Age of Legends” James Lovegrove kann ich allen nur als passende Lektüre zum morgigen Brexit (wer hätte gedacht dass das wirklich passiert…) empfehlen.
In diesem Roman hat England Europa schon verlassen und es geht bergab. Das Land hat sich zu einem annähernd faschistischen Polizeistaat gewandelt, Ausländer oder Menschen die aussehen als kämen sie aus dem Ausland wurden schon längst aus dem Land geworfen bzw. landen im Gefängnis wo sie dann unter Umständen auch schon mal umgebracht werden. Genau das passiert der Hauptperson, Ajia Snell – überraschenderweise ist ihr Tod aber erst der Anfang ihres neuen Lebens. Sie erwacht und zwar ausgestattet mit quasi übernatürlichen Fähigkeiten: Snell ist nun auf einmal schnell; ein bisschen wie der “Flash”; in diesem Fall aber ein wenig klassischer. Sie erfährt, dass sie so etwas ähnliches wurde wie die Verkörperung von Puck aus dem “Sommernachtstraum” und sie ist nicht die einzige Sagen- bzw. mythologische Gestalt der britischen Folklore die zum Leben erwacht. Überall im Land beginnen Verstorbene ihr zweites Leben mit Superkräften die auf dem Sagenschatz der altenglischen Mythenwelt basieren; inklusive Robin Hood. Sie schließen sich zusammen um den dikatorischen Premierminister Derek Drake zu stürzen…
Was ziemlich absurd klingt ist auch ziemlich absurd. Aber ein enorm amüsanter Roman. Manchmal ein bisschen unterkomplex; die Ursache für das plötzliche Erscheinen der Sagengestalten wird zwar so was ähnliches wie erklärt; aber nicht sehr überraschend und auch nicht sehr vollständig. Das macht das Buch aber nicht wenig schön zu lesen. Mir hat es sehr gut gefallen und ich kann es nur weiter empfehlen.
Sonnensturm und Zeitreisen
Stephen Baxter und Arthur C. Clarke sind zwei große Namen in der Science Fiction und wenn sie sich zusammen tun um gemeinsam eine Trilogie zu schreiben, dann kann man auf das Ergebnis durchaus gespannt sein. In den drei Büchern “Time’s Eye”, “Sunstorm” und “Firstborn” (auf deutsch “Zeit-Odyssee”, “Sonnensturm” und “Wächter”) findet man dann auch alles das, was man von Baxter und Clarke kennt. Erzählstränge die vom Anfang bis zum Ende des Universums reichen; Worldbuilding auf gigantischen Skalen (und in diesem Fall ganz buchstäblich) und alles das, was man sonst so von Baxter kennt trifft auf leicht mysteriöse Kontakte mit Alien-Artefakten wie in “Odysse 2001”, dem bekanntesten Werk von Clarke.
Der erste Band spielt auf einer seltsamen Version der Erde, die aus verschiedenen “Zeitstücken” zusammengesetzt ist. Von einem Moment auf den anderen wird aus der Erde der nahen Zukunft eine Erde, in der die Antike neben dem Mittelalter existiert und Eiszeiten neben der Gegenwart. Der Großteil dieser Welt ist menschenleer (da moderne Menschen den Großteil der Zeit über auf der Erde nicht existiert haben); Wetter und Klima spielen verrückt (was zu erwarten ist, wenn man etwa ein Stück Eiszeit mitten in das Nordamerika des 19. Jahrhunderts steckt) und die wenigen Menschen müssen schauen, wie sie mit der Lage klar kommen. Außerdem tauchen überall seltsame “Augen” auf; Metallkugeln die in der Gegend rumfliegen und von denen keiner weiß, was sie zu bedeuten haben. Die hauptsächlichen Protagonisten sind drei Soldaten und drei Kosmonauten aus dem 2030er Jahren; der Rest der Welt ist von Menschen aus der Vergangenheit bevölkert und wie in Zeitreiseromanen üblich sind da natürlich auch einige Promis mit dabei deren Namen ich aber jetzt nicht spoilern will.
Was es mit dieser zeitgestückelten Welt auf sich hat, wird im ersten Teil noch nicht geklärt; erst im zweiten Band kommt man der Sache langsam auf die Spur. Der spielt auf der “echten” Erde und wieder Titel schon andeutet droht ein Sonnensturm. Allerdings einer von der gewaltigen Sorte; einer der nicht einfach nur ein paar Stromausfälle verursacht sondern den Planeten komplett sterilisieren würde. So etwas passiert aber natürlich nicht von selbst; jemand ist dafür verantwortlich und man muss nicht lange rätseln um einen Zusammenhang zum ersten Band herzustellen. Im Gegensatz zum ersten Band ist der zweite Teil klassische Hard-Science-Fiction; ebenso wie der dritte Teil in dem die beiden Handlungsstränge zusammengeführt werden. Die Trilogie hat ein Ende; allerdings mit waschechtem Cliffhänger der Potential für mindestens eine weitere Trilogie bietet – die dann aber Baxter vermutlich alleine schreiben muss, sollte er dafür neben all seinen anderen Büchern die Zeit dafür finden.
Flucht aus der Hölle
Ebenfalls ein Autorenduo hat die Bücher “Inferno” (auf deutsch “Das zweite Inferno”) und “Escape from Hell” verfasst: Larry Niven und Jerry Pournelle haben schon zuvor ein paar große Klassiker des Genres geschrieben (zum Beispiel “Lucifers Hammer” – auf deutsch: “Komet – Der Einschlag” oder “The Mote in God’s Eye” – auf deutsch: “Der Splitter im Auge Gottes”).
Die beiden Inferno-Bände haben allerdings wenig mit klasssischer Sci-Fi zu tun. Obwohl die Hauptperson ein Science-Fiction-Autor ist – der aber gleich zu Beginn nach einem ziemlich lächerlichen Unfall stirbt. Und in der Hölle landet. Beziehungsweise an einem Ort, der ziemlich genau so aussieht wie das, was der italienische Dichter Dante im 14. Jahrhundert in seinem berühmten Inferno beschrieben hat. Ganz nach Sci-Fi-Manier probiert der Autor die höllische Welt als Exoplanet; als künstliches “Infernoland”; als Technik der Zukunft o.ä. zu rationalisieren. Aber irgendwie klappt das nie und irgendwann muss er sich der Erkenntnis stellen, dass er wohl wirklich in der Hölle gelandet ist. Aber das was dort abgeht, macht trotzdem irgendwie keinen Sinn… Erst ganz am Ende seiner Reise durch die Kreise der Hölle scheint sich abzuzeichnen, was der Zweck der göttlichen Folterkammer ist.
Ich kann verstehen, dass der 1979 erschienene erste Teil ein Klassiker geworden ist. Das Buch ist ein wenig vorhersehbar bzw. wenig überraschend, was aber ok ist wenn man erstmal verstanden hat, dass es im wesentlichen eine moderne Nacherzählung von Dantes Inferno ist. Die Art und Weise wie Niven und Pournelle ihren Blick auf die Hölle geworfen haben ist originell und mit ein wenig klassischer Bildung noch amüsanter. Der erst 2009 erschienene zweite Teil ist dagegen nicht so bemerkenswert. Man kann und soll ihn natürlich lesen (und wird das auch wollen wenn man den ersten Band beendet hat). Aber eigentlich hätten sich die Autoren diese Fortsetzung sparen können. Vor allem weil hier die “Promidichte” wirklich so hoch ist, dass man das ganze nur dann vernünftig verstehen kann, wenn man parallel ständig die Biografien der Protagonisten auf Wikipedia nachliest…
Klimawandelbasics
Zur Vorbereitung der aktuellen Science Busters Show zum Klimawandel habe ich unter anderem das Buch “Der Klimawandel” von Stefan Rahmstorf und Hans Joachim Schellnhuber gelesen. Was soll ich sagen: Das, was man Cover steht kriegt man in diesem schmalen Band auch. Wer kurz, knapp, verständlich aber trotzdem umfassend wissen will, wie das mit dem Klimawandel ist, findet dort alles nötige. Die der Klimakatastrophe zugrunde liegende Wissenschaft ist dort so gut erklärt, dass das Buch eigentlich Pflichtlektüre in allen Schulen sein sollte; mindestens; eigentlich sollte das Buch kostenlos an alle Menschen verteilt werden. Ich kann es nur empfehlen!
Das war der Januar; bald kommt der Februar und da der einen Tag länger dauert als üblich ist auch wenig mehr Zeit zum Lesen. Was ich tun werde – ich freue mich also wie immer über eure Buchempfehlungen!
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