Das ist die Transkription einer Folge meines Sternengeschichten-Podcasts. Die Folge gibt es auch als MP3-Download und YouTube-Video. Und den ganzen Podcast findet ihr auch bei Spotify.
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Sternengeschichten Folge 386: Die Pole des Mondes
Über den Mond habe ich in den Sternengeschichten schon sehr viel erzählt. Es gibt ja auch sehr viel zu erzählen; von allen anderen Himmelskörpern im Universum ist der Mond uns am nächsten. Er ist nur 400.000 Kilometer weit weg und wir haben ihn sogar schon besucht. Nicht nur mit Raumsonden; auch Menschen sind dort schon gewesen. Der Mond ist faszinierend und vor allem ist der Mond viel mehr als nur “der Mond”. Der Mond ist eigene Welt, mit all der Vielfalt die so eine Welt hat. Es gibt auch am Mond unterschiedliche Regionen in denen unterschiedliche Sachen zu sehen und zu erforschen sind. Das ist nicht einfach nur überall grauer Staub und Krater, auch wenn es auf den ersten Blick so aussehen mag. Eine Region die besonders interessant ist, sind die Pole.
So wie auch auf der Erde sind der Nord- und Südpol des Mondes die Punkte an denen die gedachte Rotationsachse unseres Nachbarhimmelskörpers seine Oberfläche durchstößt. Und ja, der Mond dreht sich um seine Rotationsachse. Manche Menschen glauben ja, das wäre nicht der Fall weil der Mond von der Erde aus immer gleich aussieht. Was aber nichts anderes heißt als das sich der Mond drehen MUSS. Nur weil er sich um seine Achse dreht und nur weil er das auf eine ganz besondere Art und Weise tut, können wir von der Erde aus immer nur die gleiche Seite sehen. Der Mond braucht für eine Drehung um seine eigene Achse genau so lang wie er für eine komplette Umrundung der Erde braucht. Nur deswegen zeigt er uns immer die gleiche Seite. Würde er sich langsamer oder schneller um seine Achse drehen oder würde er gar nicht rotieren, dann würde man im Laufe der Zeit die komplette Oberfläche sehen können.
Der Mond also dreht sich und die Endpunkte seiner Rotationsachse sind die Punkte die man Nordpol und Südpol des Mondes nennt. Was gibts dort zu sehen? Fangen wir am besten im Norden an. Dort finden wir vor allem jede Menge Krater. Was an sich noch nichts besonderes ist, denn die gibt es am Rest der Mondoberfläche auch. Die Nordpolkrater sind aber besonders und das liegt an der Rotationsachse. Die Achse um die unsere Erde rotiert steht nicht senkrecht auf die Ebene in der sie sich um die Sonne bewegt sondern ist um 23,5 Grad aus der Senkrechten geneigt. Beim Mond ist das anders; hier ist die Achse quasi gar nicht geneigt und das hat Auswirkungen. Nehmen wir noch mal die Erde als Vergleich: Da die Achse geneigt ist, ist der Nordpol der Erde im Laufe eines Jahr mal zur Sonne hin geneigt und mal von ihr weg. Genauer gesagt: Ein halbes Jahr ist der Nordpol der Erde zur Sonne hin gekippt und liegt ständig im Sonnenlicht. In der zweiten Jahreshälfte ist er dagegen von der Sonne weg geneigt und es erreicht ihn gar kein Licht. Beim Mond passiert das nicht. Und das bedeutet, dass manche Gegenden am Pol IMMER hell sind und manche IMMER dunkel. Auf die Gipfel hoher Berge kann Sonnenlicht gelangen und wenn das der Fall ist, tut es das die gesamte Zeit.
Ich muss vielleicht noch einmal kurz einschieben, dass der Mond keine “dunkle Seite” hat damit man versteht warum das besonders ist. In Folge 319 der Sternengeschichten habe ich ja von der “Rückseite des Mondes” gesprochen die im englischen Sprachraum oft “dark side of the moon” genannt wird, was falsch ist. Wie wir ja schon festgestellt haben, dreht der Mond sich um seine Achse. Es ist immer eine Hälfte des Mondes von der Sonne beleuchtet und die andere nicht. So wie auf der Erde hat auch der Mond eine Tag- und eine Nachtseite. Was wir ja auch wunderbar beobachten können. Sehen wir von der Erde aus einen Vollmond, dann blicken wir komplett auf die Tagseite des Mondes. Sehen wir einen Neumond – beziehungsweise sehen wir denn ja nicht – dann sehen wir die dunkle, gerade nicht von der Sonne beleuchtete Nachtseite. Und wenn wir einen Halbmond beobachten, dann sehen wir eine Hälfte der Tagseite und eine Hälfte der Nachtseite. Jeder Teil des Mondes wird also im Laufe der Zeit mal von der Sonne beleuchtet und mal nicht. Jeder Teil, mit Ausnahme bestimmter Regionen der Pole!
Ein Berggipfel an einem der Pole der im Sonnenlicht liegt, liegt während der kompletten Rotation des Mondes im Sonnenlicht. Und das Innere eines tiefes Kraters dessen Wände das Sonnenlicht abhalten liegt im Dunkeln und zwar ebenfalls während der kompletten Rotationsdauer des Mondes. Dort ist es kalt; es kann dort bis zu -248 Grad Celsius haben. Es bleibt auch kalt, weil dort eben kein Sonnenlicht hin kommt, niemals. In den anderen Regionen des Mondes, die während des Mondtages von der Sonne beleuchtet werden kann es durchaus wärmer werden. Am Äquator des Mondes, im direkten Sonnenlicht, können Temperaturen von bis zu 100 Grad Celsius erreicht werden. +100 Grad Celsius!
Die Bereiche ewiger Dunkelheit der Mondpole werden auch “Kältefallen” genannt. Dort ist es so kalt, dass diverse Gase dauerhaft gefroren existieren können. Was auf Himmelskörpern ohne Atmosphäre wie dem Mond durchaus relevant ist. Irgendwelche Gase wie zum Beispiel Wasserdampf können dort nicht existieren. Aber dort wo es immer kalt und finster ist kann zum Beispiel gefrorenes Wasser existieren. Und genau das hat man auch in den dunklen Kratern der Mondpole gefunden. Nicht viel, aber immerhin etwas und das ist enorm wichtig, falls wir irgendwann mal eine dauerhafte Station auf dem Mond bauen wollen. Die können wir nicht ständig von der Erde aus versorgen. Sie muss die nötigen Ressourcen selbst auftreiben und Wasser ist eine enorm wichtige Ressource für uns Menschen. Was wir auch brauche ist Energie und auch die finden wir an den Polen des Mondes. Denn da sind ja auch noch die Berge des ewigen Lichts. Dort könnte man Solarkraftwerke installieren die dauerhaft von der Sonne beleuchtet werden.
In den vielen Kratern des Nordpoles des Mondes finden wir also alles was wir brauchen: Wasser und Energie! Und genau deswegen überlegen Raumfahrtorganisationen immer wieder genau diese Orte als Ziel zukünftiger Missionen auszuwählen. Noch ein klein wenig interessanter als der Nordpol des Mondes ist aber der Südpol. Dort finden wir etwas, was im ganzen Sonnensystem einzigartig ist. Dort ist das “Südpol-Aitken-Becken”, der größte Einschlagskrater auf allen Himmelskörpern die unsere Sonne umkreisen. Der Krater hat einen Durchmesser von circa 2300 bis 2500 Kilometern und ist 13 Kilometer tief. Entstanden ist diese gewaltige Struktur beim Einschlag eines circa 200 Kilometer großen Asteroids. Wann das passiert ist, wissen wir nicht genau. Auf jeden Fall vor lange Zeit, die besten Schätzungen die mit Computersimulationen und der Untersuchung von Mondgestein gemacht wurden kommen auf ein Alter von circa 4,25 Milliarden Jahren. Das macht das Südpol-Aitken-Becken zum ältesten Krater des Mondes und zu einem weiteren extrem interessanten Ziel für zukünftige Forschung.
Das, was ich vorhin über den Nordpol erzählt habe gilt für den Südpol natürlich auch. Auch hier gibt es ewig dunkle Krater und ewig helle Berggipfel und Kraterwände. Dort kann man aber auch viel über das Innere des Mondes lernen, denn bei der Entstehung des Südpol-Aitken-Beckens muss eigentlich auch Material aus größeren Tiefen an die Oberfläche gelangt sein. Aus der Ferne erforscht worden ist der Einschlagskrater und die Südpolregion schon länger, von Satelliten aus die den Mond umkreist haben. Am 3. Januar 2019 ist aber das erste Mal auch eine Raumsonde dort gelandet und zwar Chang’e 4 die von der chinesischen Raumfahrtagentur dort hin geschickt wurde. Und man ist nicht nur gelandet sondern hat auch einen kleinen Rover ausgesetzt. Yutu-2, der “Jadehase”, hat sich 12 Stunden nach der Landung auf den Weg gemacht und im Dezember 2019 den Rekord für den am längsten auf der Mondoberfläche arbeiteten Rover gebrochen. Der Jadehase muss sich natürlich an den Tag/Nacht-Rhythmus anpassen; er steht ja weder auf einem immer hellen Gipfel noch in einem immer dunklen Kraterloch. Während eines 14 Erdtage dauernden Mondtages macht er seine Arbeit und rollt durch die Gegend. Wenn die ebenfalls 14 Erdtage dauernde Mondnacht anbricht sucht er sich einen Schlafplatz und parkt sich so ein, dass sein Solarmodul in Richtung Osten zeigt, also dorthin wo irgendwann wieder die Sonne aufgehen wird. Passiert das und hat er genug Energie geladen, wacht er automatisch auf und fährt wieder weiter.
Seine Mission absolviert er alleine; im Juli 2019 hätte er eigentlich Besuch aus Indien bekommen sollen. Beziehungsweise nicht direkt Besuch, aber da wäre die Landung der indischen Raumsonde Chandrayaan-2 in der Südpolregion des Mondes geplant gewesen. Die schlug aber fehl und es wird noch ein wenig dauern bis die nächsten Missionen von der Erde den Südpol des Mondes erreichen. Alle großen Raumfahrtorganisationen der Erde haben entsprechende Pläne in der Schublade; Landungen von Raumsonden sind ebenso geplant wie die Landung von Menschen. Ob und wann tatsächlich Menschen im größten Einschlagskrater des Sonnensystems stehen; wann die ersten menschlichen Augen das ewige Sonnenlicht der polaren Berge oder die ewige Dunkelheit der Polkrater betrachten können: Das wird die Zukunft zeigen. Bis dahin bleiben die Pole des Mondes das, was sie immer schon waren. Faszinierende Welten aus Licht und Dunkelheit mit großem Potenzial für uns Menschen.
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