Huch! Vor lauter Januar hätte ich fast vergessen von den Büchern zu berichten, die ich im letzten Monat gelesen habe. Das hole ich schnell nach, bevor der Februar anfängt! Viel war es nicht, aber ein paar wirklich gute Sachen waren dabei!
Kuriose Grenzen
Mein Favorit im Januar war das Buch “55 kuriose Grenzen und 5 bescheuerte Nachbarn” von Fabian Sommavilla. Der Name hält was er verspricht und das Buch ist nicht nur sehr interessant und amüsant, sondern auch grafisch sehr schön aufbereitet. Grenzen sind ja an sich schon eine ziemlich kuriose Sache, aber das was Sommavilla aus den Tiefen der Atlanten gekramt hat, lohnt die Erwähnung auf jeden Fall.
Natürlich sind Grenzen dabei, die man schon mal gesehen hat, wenn von seltsamen Grenzverläufen erzählt wird. Zum Beispiel die verrückte Grenze in Baarle zwischen den Niederlanden und Belgien. Aber das allermeiste in Sommavillas Buch war neu für mich. Zum Beispiel die unterirdische Grenze zwischen Österreich und Deutschland. Oder das Hotel, das halb in Frankreich und halb in der Schweiz steht. Die Insel, die ein halbes Jahr Frankreich gehört und der anderen Hälfte Spanien. All die unlogischen Grenzlinien, die Streitereien um Grenzen, die Auswirkungen des Klimawandels auf Grenzen, und so weiter. Es ist ein Buch, das man wunderbar durchblättern kann – aber auch, so wie ich, am Stück weglesen.
Die Natur der Zukunft
Sehr beeindruckt hat mich das Buch “Under a White Sky: The Nature of the Future” (auf deutsch: “Wir Klimawandler: Wie der Mensch die Natur der Zukunft erschafft”) von Elizabeth Kolbert. Die Autorin kennt man vielleicht von ihrem mit diversen Preisen ausgezeichneten Buch “The Sixth Extinction: An Unnatural History” (auf deutsch: “Das sechste Sterben: Wie der Mensch Naturgeschichte schreibt”) – und in ihrem aktuellen Werk spielt der menschliche Einfluss auf die Natur wieder einmal die Hauptrolle. Der deutsche Titel ist ein wenig irreführend (ein kleines bisschen zumindest), denn es geht nur im letzten Teil des Buchs wirklich um den Klimawandel. Kolbert beschäftigt sich mit den absichtlichen und unabsichtlichen Eingriffen der Menschheit in Ökosysteme. Wobei letztere oft durch erstere motiviert sind. Zum Beispiel der Chicago Sanitary and Ship Canal: Der wurde Ende des 19. Jahrhunderts gebaut um den Chicago River von Abwässern zu entlasten. Der 45 km lange künstliche Fluss führte aber dazu, dass die Fließrichtung des Chicago Rivers umgedreht wurde und seitdem nicht mehr in den Michigansee fließt, sondern in Illinois River. Durch die neue Verbindung der Gewässer konnte nun aber auch der asiatische Karpfen in den Chicago River gelangen, eine invasive Spezies, die ganze Ökosystem zerstören können. Um zu verhindern dass die Fische in den Michigansee und die Great Lakes gelangen, muss nun ein enormer Aufwand getrieben werden. Man hat zum Beispiel eine elektrische Barriere im Waser errichtet um die Tiere am Weiterschwimmen zu hindern.
Das ist nur der Auftakt von Kolberts Buch. Es geht weiter nach Louisana, wo große Teile des Landes verschwinden. Da der Mississipi immer stärker kontrolliert wird, kann er nicht mehr über die Ufer treten und neue Sedimente abladen. Die Erosion trägt deshalb immer größere Gebiete ins Meer und auch wenn man enormen technischen Aufwand treibt um das zu verhindern, ist die Lage nicht sehr aussichtsreich. Oder der Teufelsloch-Wüstenkärpfling: Der kommt nur in einem unterirdischen Wasserreservoir, dem Devils Hole in der Wüste von Nevada vor. Bautätigkeit und Wassernutzung haben seinen Lebensraum fast zum Verschwinden gebracht und um die letzten paar Dutzend Exemplare am Leben zu erhalten muss die Wissenschaft jede Menge Arbeit investieren, bis hin zu einem kompletten Nachbau des Devils Hole. Nicht nachbauen kann man das Great Barrier Reef, das durch den Klimawandel ebenfalls massiv bedroht ist. Hier muss man schon stärker eingreifen um es noch retten zu können, wenigstens zum Teil. Genmanipulierte Korallen zum Beispiel könnten in einer wärmeren Welt besser überleben. Oder nicht – denn viele der Geschichten im Buch erzählen recht eindrucksvoll, wie schief es gehen kann, wenn Menschen irgendwo eine Art einführen in der Hoffnung, sie könne dort irgendwie regulativ eingreifen. Zum Beispiel die Aga-Kröte, die man nach Australien brachte, um dort einen Käfer zu fressen, der die Zuckerrohrplantagen bedroht (die ursprünglich auch nix in Australien zu suchen hatten). Die Kröten fressen heute alles mögliche und pflanzen sich mangels natürlicher Feinde extrem fort; so sehr dass sie zu einer gewaltigen Plage geworden sind.
Und so weiter. Wenn man dann am Ende des Buches endlich zum Thema “Geoengineering” kommt, dann will man gar nicht mehr so genau wissen, was wir da alles tun könnte. Kolbert stellt die wissenschaftliche Lage auch hier sehr gut dar; erklärt all die Chancen die im “Solar Radiation Management” (wie es offiziell heißt) liegen, aber ebenso auch die sehr, sehr präsenten Risiken.
Ich kann das Buch nur empfehlen. Es ist gleichermaßen erschreckend und beeindruckend, wie wir Menschen die Natur verändern können und sie verändert haben. Und am Ende fragt man sich, was das Wort “Natur” eigentlich noch bedeutet, angesichts all der Veränderungen die wir schon durchgeführt haben.
Foundation
Im letzten Jahr ist auf AppleTV+ die Serie “Foundation” erschienen, zumindest die erste Staffel. Visuell ist diese Science-Fiction-Serie fantastisch; die Geschichte hat mir auch recht gefallen. Und ich weiß natürlich, dass all das auf einem der großen Sci-Fi-Klassiker basiert, dem Foundation-Zyklus von Isaac Asimov. Den habe ich aber tatsächlich noch nicht gelesen und wollte das nun nachholen.
Ich habe “Foundation” und “Foundation and Empire” gelesen (gibt es alles auch auf deutsch, zum Beispiel hier die ersten drei Bände als Sammelband); für die restlichen Bücher werden ich noch ein wenig brauchen.
Aber ich kann jetzt schon sagen, dass sich die Serie eher sehr frei an Asimovs Büchern orientiert. Zeitlich lässt das Buch die Serie schon nach den ersten paar Kapiteln weit hinter sich. Und auch die Handlung hat bis auf ein paar Schlüsselelemente wenig mit der Buchvorlage gemein. Die Grundhandlung ist identisch: In ferner Zukunft wird die gesamte Galaxie von einem Imperium regiert, die Menschheit ist an ihrem technologischen Höhepunkt angelangt. Dann aber kommt der “Psychohistoriker” Hari Seldon, der eine neue Wissenschaft entwickelt hat. So wie man in der statistischen Mechanik das Verhalten von zB Gasen vorhersagen kann, obwohl die einzelnen Atome sich chaotisch bewegen, kann die Psychohistorik die Zukunft von Gesellschaften berechnen, obwohl Menschen individuell unvorhersagbar sind. Jedenfalls behauptet Seldon: Das Imperium wird fallen und zwar bald. Der Menschheit stehen mindestens 10.000 Jahre Barbarei bevor, bevor ein neues goldenes Zeitalter kommt. Aber Seldon hat einen Plan, wie man das auf 1000 Jahre verkürzen kann: Er gründet die “Foundation”.
Ich fand die erste Staffel der Serie gut. Nicht herausragend, aber spannend, originell und wie schon gesagt, visuell höchst beeindruckend. Auch das Buch hat mir gefallen. Was mich aber – negativ – überrascht hat: Asimov hat es tatsächlich geschafft, eine über Jahrhunderte gehende Geschichte über die Menschheit zu schreiben ohne dass dabei irgendwo eine Frau auftaucht. Die Sache mit dem Sexismus in der klassischen Science-Fiction hatten wir ja schon im November 2021. Hier geht es aber nicht um die sexistische Darstellung von Frauen sondern um komplette Ignoranz. Keine der handelnden Personen in “Foundation” ist weiblich; Frauen tauchen nicht nur nicht auf, es wird nicht einmal über sie gesprochen. Erst gegen Ende des Buchs hat die – namenlose – Frau eines lokalen Königs einen Mini-Auftritt und darf kurz über ihren Mann meckern. Im zweiten Band gibt es dann tatsächlich eine Frau, die einen Namen hat und handlungsrelevante Sachen macht. Aber auch nur kurz, bevor sie zum Babysitter für einen noch handlungsrelevanteren Mann degradiert wird. Ich weiß nicht wie es mit den weiteren Bänden sein wird. Aber wenn die Zukunft der Menschheit tatsächlich ohne Frauen stattfinden wird, dann muss man kein Psychohistoriker sein um ein dunkles Zeitalter zu prophezeien…
Das war es für den Januar. Ich freu mich auf den Februar, da mache ich einen Kurzurlaub und habe vor, ihn mit vielen Büchern zu verbringen. Über Empfehlungen freu ich mich!
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