Im heutigen Artikel der Serie “Fragen zur Astronomie” geht es zur Abwechslung mal wieder um Physik. Und um eine Frage, die die Wissenschaftler schon seit Jahrhunderten beschäftigt (und die gut zum Internationalen Jahr des Lichts 2015 passt): Was ist Licht? Ein Teilchen oder eine Welle?.
In der Schule lernt man die klassische Optik, in der sich Licht wie eine Welle ausbreitet. Man hört aber auch von “Photonen”; von “Lichtteilchen”. Und auch in der universitären Forschung wird Licht wahlweise als Wellenphänomen oder als Teilchen beschrieben. Aber beides kann doch nicht richtig sein, oder?
Das Problem existiert schon lange. Isaac Newton war im 17. Jahrhundert einer der ersten Forscher der Neuzeit, der sich intensiv mit optischen Phänomenen beschäftigte und er war davon überzeugt, dass Licht aus Teilchen besteht. Sein Zeitgenosse Christiaan Huygens dagegen beschrieb Licht erfolgreich als Welle und begründete mit seinen Methoden die Wellenoptik. Dank Newtons Prominenz ging man aber meist davon aus, dass er Recht hatte und Licht aus Teilchen besteht. Erst 1802 konnte Thomas Young zeigen, dass es bei Licht zu Interferenzen kommt und das ist ein Phänomen, dass man sich damals nur für Wellen vorstellen konnte: Treffen zwei Wellenberge zweier Lichtwellen aufeinander, verstärkt sich das Licht; treffen Wellenberg und Wellental aufeinander, löschen sie sich aus. Das von Young beobachtete Interferenzmuster schien zu beweisen, dass Licht eine Welle sein muss.
Und dann schuf der große James Clerk Maxwell die Theorie des Elektromagnetismus, sagte die Existenz von elektromagnetischen Wellen vorher und stellte fest, dass auch Licht so eine Welle sein muss. Die elektromagnetischen Wellen wurden kurz danach von Heinrich Hertz nachgewiesen. Die Sache schien klar zu sein. Aber zu Beginn des 20. Jahrhunderts kam dann Albert Einstein und fand eine Erklärung für den sogenannten photoelektrischen Effekt, die nur funktioniert, wenn Licht aus Teilchen besteht (dafür bekam er auch seinen Nobelpreis verliehen).
Die Lage wurde immer unklarer und die neu entstandene Quantenmechanik machte die Sache nicht leichter. Manche Experimente zeigten, dass Licht sich wie eine Welle verhielt und manche zeigten ein Verhalten wie bei Teilchen. Noch schlimmer: Das war nicht nur bei Licht so, sondern auch bei Elektronen, Protonen, Neutronen und anderen Objekten, die man bisher einwandfrei für Teilchen gehalten hatte, denn immerhin sind das die Grundbausteine der Materie.
Das Problem an der Sache ist in gewissem Sinne ein wissenschaftstheoretisches Problem: Die Naturwissenschaft sucht immer bessere Modelle, die die Wirklichkeit immer besser beschreiben können. Aber diese Modelle müssen deswegen nicht mit der Wirklichkeit identisch sein! Viele Eigenschaften von Licht lassen sich mit einem Teilchenmodell beschreiben. Andere Eigenschaften werden mit einem Wellenmodell besser erklärt. Aber daraus folgt nicht, dass Licht entweder ein Teilchen oder eine Welle sein muss. Auch nicht, dass es mal das eine und mal das andere ist und sich irgendwie ständig verwandelt oder dass es eine “Mischung” aus beiden ist.
Ganz vereinfacht gesagt: Licht ist “etwas” und je nachdem, wie man dieses “etwas” betrachtet, lässt es sich manchmal besser als Welle beschreiben und manchmal besser als Teilchen ohne dass das Licht deswegen Welle oder Teilchen sein muss. In der modernen Physik ist der (scheinbare) Widerspruch zwischen Welle und Teilchen mittlerweile aufgehoben worden. Man beschreibt Licht mit der Theorie der Quantenelektrodynamik, die auf dem Konzept der Felder basiert. Es gibt keine Lichtteilchen oder Lichtwellen, sondern nur noch ein elektromagnetisches Feld, das sich auf verschiedene Arten und Weisen verändern und mit seiner Umgebung (d.h. anderen Feldern) wechselwirken kann. Das was wir “Licht” nennen, ist nur eine Ausprägung dieses Feldes.
Sehr anschaulich ist das natürlich nicht. Aber das Universum ist ja nicht verpflichtet, dass es uns für jede Frage eine leicht verständliche und anschauliche Antwort liefert. Und die Frage “Ist Licht eine Welle oder ein Teilchen?” ist genau so eine Frage, bei der uns eine eindeutige Antwort verwehrt bleibt.
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