Das ist die Transkription einer Folge meines Sternengeschichten-Podcasts. Die Folge gibt es auch als MP3-Download und YouTube-Video.
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Sternengeschichten Folge 279: Exotische Sterne Teil 1 – Quark-Sterne und seltsame Sterne
Sterne sind ja an sich schon ziemlich exotische Objekte. Gigantische Kugeln aus unvorstellbar heißem Gas, in deren Inneren Atomkerne fusionieren und dabei Energie freisetzen und neue chemische Elemente erzeugen. Das ist nichts, was man “alltäglich” nennen könnte. All die hellen Punkte am Nachthimmel sind solche nuklearen Mega-Explosionen und die Astronomie hat in den letzten Jahrzehnten enorm viel über sie herausgefunden. Und sie auch recht gut verstanden. Es könnte aber auch sein, dass dort draußen im Weltall noch seltsamere Objekte existieren. Sterne, die nicht aus normaler Materie bestehen und sich nicht so verhalten wie wir das kennen. Wirklich exotische Sterne eben.
Unter einem “exotischen Stern” versteht man allerdings prinzipiell vor allem Objekte, die eigentlich schon längst keine Sterne mehr sind. Es geht um das, was die Astronomen wenig poetisch die “Spätstadien der Sternentwicklung” nennen. Über die Entwicklung von Sternen habe ich in diesem Podcast ja schon sehr oft gesprochen. Wenn einem Stern irgendwann im Laufe seines Lebens der Brennstoff ausgeht, dann kommt die Kernfusion in seinem Inneren zum Erliegen. Je nachdem wie viel Masse der Stern besitzt, beendet er sein Leben auf unterschiedliche Weise. Er stößt die äußeren Schichten seiner Atmosphäre ab und der Rest der Masse kollabiert unter ihrem eigenen Gewicht. Bei kleinen Sternen bleibt ein weißer Zwerg übrig, also ein Objekt, das ungefährt so groß wie die Erde ist aber immer noch so viel Masse hat wie die Sonne. Weiße Zwerge sind heiß, in ihnen findet aber keine Kernfusion mehr statt und sie tun nicht mehr viel sondern kühlen im Laufe der Jahrmilliarden langsam aus. Größere Sterne kollabieren noch weiter, bis sie zu Neutronensterne werden. Die sind nur noch ein paar Kilometer groß, haben aber immer noch mehr Masse als unsere Sonne. Und die allergrößten Sterne kollabieren zu einem schwarzen Loch. Und obwohl weiße Zwerge, Neutronensterne und vor allem schwarze Löcher jetzt nicht unbedingt als “normal” bezeichnet werden können, sind sie doch noch keine echten “exotischen Sterne”.
Obwohl bis jetzt noch niemand weiß, ob es exotische Sterne wirklich gibt. Aber in der Theorie sind jede Menge ungewöhnliche Zustände möglich, die ein Stern am Ende seines Lebens einnehmen kann. “Quark-Sterne” zum Beispiel. Wenn ein normaler Stern unter seinem eigenen Gewicht kollabiert, dann werden die Atome dabei immer weiter komprimiert. Bei einem weißen Zwerg liegen die Atome dann dicht an dicht, die Elektronen der Atomhüllen treffen aufeinander und wehren sich gegen eine weitere Komprimierung. Das nennt man “Entartungsdruck”, aber wenn die Masse groß genug ist, dann reicht aber auch diese Kraft nicht mehr, den Kollaps aufzuhalten und die negativ geladenen Elektronen der Atomhüllen werden – vereinfacht gesagt – in die positiven Atomkerne gepresst. Es entstehen elektrisch neutrale Neutronen, die dann ebenfalls dicht an dicht gepackt, einen Neutronenstern bilden. Neutronen selbst sind aber keine Elementarteilchen; sie bestehen aus Quarks. Diese Teilchen können unter normalen Bedingungen nicht isoliert existieren. Sie treten immer nur in Verbindung mit anderen Quarks auf und formen dann Teilchen wie Protonen oder eben Neutronen. Unter extremeren Bedingungen können aber Quarks frei existieren.
Wenn der Druck auf die Neutronen eines Neutronensterns groß genug wird, dann können – so vermuten manche Astronomen – genau solche Zustände herrschen. Dann könnte das entstehen, was man “Quark-Materie” nennt. Die normale Materie die wir kennen, wird durch die elektromagnetischen Kräfte zwischen den Atomen bzw. den Elektronen und Atomkernen zusammengehalten. Die Quarks innerhalb der Protonen und Neutronen halten durch die sogenannte “starke Kernkraft” zusammen, deren Reichweite aber normalerweise extrem gering ist und nicht aus dem Atomkern hinaus reicht. Sind die Bedingungen, also Temperatur und Druck, extrem genug, könnten die aus den Quarks bestehenden Teilchen aber aufgebrochen werden. Die Quarks existieren dann alleine und die starke Kernkraft wird die dominierende Kraft. So wie normale Materie aufgrund der elektromagnetischen Kraft miteinander wechselwirkt, tut die Quark-Materie das dann über die starke Kernkraft. Wie das genau aussieht, weiß man nicht, weil man so etwas abgesehen von sehr speziellen Experimenten in Teilchenbeschleunigern noch nie beobachtet hat. Aber man muss sich das dann wohl eher wie eine Flüssigkeit vorstellen und nicht wie das Gas oder Plasma, das wir normalerweise von Sternen gewohnt sind.
Man vermutet, dass solche Quark-Materie im Inneren von Neutronensternen zu finden ist, wo Druck und Temperatur groß genug sind. Es könnte aber auch sein, dass ein gesamter Neutronenstern zu Quark-Materie und damit zu einem Quark-Stern wird. Dazu muss die Masse des Sterns einerseits groß genug sein, um die Materie über den Zustand eines Neutronensterns hinaus zu komprimieren; andererseits aber gering genug, damit das ganze nicht komplett zu einem schwarzen Loch komprimiert wird.
Und wem das noch nicht seltsam genug ist: Es könnte auch “seltsame Sterne” geben. Damit ist aber nicht gemeint, dass die Sterne irgendwie abnormal oder merkwürdig sind (obwohl das durchaus zutrifft). Das “seltsam” hat auch hier wieder mit den Quarks zu tun. Von denen gibt es ja sechs unterschiedliche Arten die von den Wissenschaftler up, down, strange, charm, top und bottom genannt werden. Die normale Materie besteht ausschließlich aus up und down Quarks; die anderen Quark-Arten sind unter normalen Bedingungen nicht stabil. Ein Neutron in einem Neutronenstern besteht aus zwei down und einem up Quark. Unter den extremen Bedingungen im Inneren so eines Sterns könnte es aber sein, dass eines der down Quarks in ein strange Quark umgewandelt wird. Dann bekommt man Materie, die nicht nur aus up und down, sondern eben auch aus strange Quarks besteht, die von den Wissenschaftler als “strange matter” oder eben “seltsame Materie” bezeichnet wird.
Es gibt sogar Überlegungen über die Existenz sogenannter “Strangelets”. Das sind Verbindungen von Teilchen aus seltsamer Materie, die aufgrund der hohen Anzahl von strange Quarks stabil sind. Nach dieser “Seltsame-Materie-Hypothese” ist der stabilste Zustand der Verbindung einer großen Menge von Quarks derjenige, bei der in etwa gleich viele up, down und strange Quarks vorhanden sind. Eine zweite Hypothese zu dieser Materie geht davon aus, dass dabei größere Strangelets stabiler sind als kleinere. Zusammengenommen würde das bedeuten, dass ein Strangelet bei Kontakt mit normaler Materie diese normale Materie in seltsame Materie transformiert; die gesamte Materie also den dann stabileren Zustand einnimmt. Würde man so ein Strangelet auf die Erde werfen, dann würde früher oder später der gesamte Planet in seltsame Materie umgewandelt. Was für uns Menschen nicht sonderlich erfreulich wäre. Abgesehen davon, dass auch wir zu Klumpen seltsamer Materie transformiert werden, bleibt von der Erde am Ende nichts weiter übrig als ein großer, heißer Haufen seltsamer Materie.
Wenn Neutronensterne aus seltsamer Materie bestehen, dann könnten sie – zum Beispiel bei Kollisionen – auch solche Strangelets durch die Gegend schleudern. Aber es gibt trotzdem keinen Grund zur Panik. Erstmal handelt es sich bei der Sache mit den Strangelets nur um eine Hypothese. Und andererseits gibt es das Universum schon recht lange. Wenn ein Neutronenstern aus seltsamer Materie besteht, dann sollten eigentlich alle Neutronensterne aus seltsamer Materie bestehen. Und dann sollten jede Menge Strangelets durchs Universum sausen. Da wir aber nirgendwo beobachten, wie Sterne oder Planeten in seltsame Materie transformiert werden und auch unser eigener Planet schon knapp 5 Milliarden Jahre ungestört seine Runden zieht, können wir mit einiger Sicherheit davon ausgehen, dass die Gefahr nicht sonderlich groß ist bzw. seltsame Sterne nicht existieren.
Quark-Sterne könnte es dagegen schon geben, auch wenn es schwer ist, ihre Existenz nachzuweisen. Sie sehen auf den ersten Blick genau so aus wie normale Neutronensterne. Man hat zwar schon ein paar Neutronensterne entdeckt, die dichter zu sein scheinen, als sie es sollten und als Kandidaten für mögliche Quark-Sterne gelten. Aber ein direkter Nachweis dieser exotischen Sterne steht bis jetzt noch aus.
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