Das ist die Transkription einer Folge meines Sternengeschichten-Podcasts. Die Folge gibt es auch als MP3-Download und YouTube-Video.
Mehr Informationen: [Podcast-Feed][iTunes][Bitlove][Facebook] [Twitter][Sternengeschichten-App]
Über Bewertungen und Kommentare freue ich mich auf allen Kanälen.
—————————————————————————————
Sternengeschichten Folge 295: Mondfinsternisse und der “Blutmond”
“Und ich sah: Das Lamm öffnete das sechste Siegel. Da entstand ein gewaltiges Beben. Die Sonne wurde schwarz wie ein Trauergewand und der ganze Mond wurde wie Blut.”. Das steht in der Bibel, im sechsten Kapitel der Offenbarung. Lämmer tauchen in der Astronomie relativ selten auf. Aber ein blutroter Mond ist kein Problem. Dafür muss man nur auf eine Mondfinsternis warten!
Dass der Mond ab und zu die Farbe verändert und rot erscheint beziehungsweise sich kurzfristig so weit verdunkelt, dass er gar nicht mehr zu sehen ist, haben die Menschen natürlich schon recht früh bemerkt. Immerhin ist der Mond neben der Sonne der hellste Himmelskörper am Himmel der Erde und kaum zu übersehen. Er war immer schon in allen frühen Religionen und Mythen wichtig und man hat sich überlegt, was es bedeuten könnte, wenn der schöne helle Vollmond völlig unerwartet dunkel wird. Meistens hat man sich dann Geschichten über irgendwelche Tiere oder Monster erzählt, die den Mond fressen wollen und die man mit Gebeten, Ritualen oder Opfergaben verscheuchen muss.
Aber schon in der griechischen Antike hat man gewusst, was da wirklich passiert. Der erste, von dem wir wissen, das er sich dazu geäußert hat, war der Philosoph Anaxagoras, 500 vor Christus. Seine Zeitgenossen waren noch der Ansicht, dass Himmelskörper wie Sonne oder Mond Götter oder göttliche Erscheinungen waren. Anaxagoras dagegen war der erste, der solche Dinge ohne Rückgriff auf Religion erklären wollte: Die Sonne sei nichts anderes als ein großer, glühender Stein. Das ist aus heutiger Sicht zwar definitiv falsch – aber es war ein großer Schritt vorwärts hin zu einer vernünftigen Beschreibung der Natur. Außerdem war Anaxagoras der Meinung, dass der Mond nicht selbst leuchtet sondern nur das Licht der Sonne reflektiert. Und er war der erste, von dem wir wissen, dass er eine korrekte Erklärung für eine Mondfinsternis gefunden hat. Der Mond wird deswegen ab und zu finster, so Anaxagoras, weil dann das Sonnenlicht durch die Erde blockiert wird.
Anaxagoras selbst wurde für seine der Religion widersprechenden Lehren noch zum Tode verurteilt (zum Glück aber noch rechtzeitig davor gerettet). Die nachfolgenden Generationen an griechischen Gelehrten griffen sein Wissen aber auf und nutzen es, um die Welt besser zu verstehen.
Aristoteles zum Beispiel führte knapp 150 Jahre später die Mondfinsternisse in seinem Buch “Über den Himmel” als einen der stärksten Belege dafür an, dass die Erde eine Kugel und keine Scheibe sein muss. Denn wenn man beobachtet, wie sich der Mond durch den Erdschatten verfinstert, dann sieht man immer einen kreisförmigen Schatten, egal wann und wo die Finsternis stattfindet. Wäre die Erde eine Scheibe, dann würde es nur dann einen solchen kreisförmigen Schatten geben, wenn die Sonne direkt unter dem Mittelpunkt der Erdscheibe steht. In allen anderen Fällen wäre der Schatten den die Erde wirft elliptisch oder länglich. So etwas wird aber nie beobachtet.
Mittlerweile haben wir die Mondfinsternisse ziemlich gut verstanden. So wie Anaxagoras vor 2500 Jahren es richtig erkannt hat, entsteht sie, weil der Mond nur leuchtet, wenn er von der Sonne angestrahlt wird. Außerdem bewegt sich der Mond um die Erde herum und ab und zu kommt es vor, dass die Erde genau zwischen Mond und Sonne steht. Dann wirft die Erde einen Schatten, der auf den Mond fällt der von der Nachtseite der Erde dann nicht mehr leuchtet.
Würden sich Erde, Mond und Sonne genau in der gleichen Ebene bewegen, dann würden wird bei jedem Umlauf des Mondes um die Erde eine Mondfinsternis sehen können. Es gibt aber nicht jeden Monat eine Mondfinsternis und das liegt unter anderem daran, dass die Bahn des Mondes gegenüber der Bahn der Erde um die Sonne um knapp 5 Grad geneigt ist. Wenn also die Erde zwischen Mond und Sonne steht, dann trifft der Erdschatten den Mond nicht immer. Deswegen gibt es ja auch einmal während eines Mondumlaufs einen Vollmond. Wir können den Mond nur deswegen komplett beleuchtet sehen, weil die Sonne quasi von “hinten” über die Erde hinweg den Mond beleuchtet und wir von der Nachtseite der Erde aus diese helle Hälfte des Mondes beobachten können.
Wenn der Mond in einer Vollmondnacht aber nun genau im Schnittpunkt von Erd- und Mondbahn steht, dann gibt es eine Mondfinsternis. Und die kann man dann auch auf der ganzen Nachthälfte der Erde beobachten. Bei Sonnenfinsternissen ist das ja nicht so. Da ist es ja der Schatten des kleinen Mondes, der auf die Oberfläche der großen Erde fällt. Bei einer Mondfinsternis sehen wir den großen Schatten der Erde, der in der Lage ist, den gesamten Mond einzuhüllen.
Das ist praktisch, wenn man gerne Finsternisse beobachtet. Um eine Sonnenfinsternis sehen zu können, muss man direkt in die Gegend reisen, auf die der Mondschatten gerade fällt. Wenn man darauf wartet, dass an einem bestimmten Ort eine totale Sonnenfinsternis stattfindet, muss man unter Umständen sehr, sehr lange warten. Totale Mondfinsternisse kann man dagegen von jedem Ort der Erde immer wieder beobachten. Und das lohnt sich durchaus!
Der Mond wird dabei normalerweise nicht komplett finster. Er verschwindet also nicht vom Himmel sondern verfärbt sich tiefrot. Das liegt daran, dass ein Teil des Sonnenlichts den Mond immer noch erreichen kann. Und zwar das Licht, das von der Sonne kommend die Atmosphäre der Erde durchquert und dort gestreut, also abgelenkt wird. Das passiert umso stärker, je kürzer die Wellenlänge des Lichts ist. Sonnenlicht ist normalerweise weiß, weil es aus allen Farben zusammengemischt ist. Die Sonnenstrahlen, die durch die Atmosphäre der Erde auf den Mond treffen, müssen einen sehr langen Weg durch die Atmosphäre zurücklegen. Auf diesen mehreren hundert Kilometern trifft das Licht auf jede Menge Moleküle der Luft und fast der gesamte Anteil an kurzwelligem blauen Licht wird so stark abgelenkt, das es den Mond nicht erreicht. Nur das langwellige rote Licht schafft es mehr oder weniger ungehindert durch die Erdatmosphäre bis zum Mond.
Der Mond wird also nicht komplett schwarz, sondern leuchtet rötlich. So ein “verfinsterter” Mond kann dabei durchaus recht hell sein. Richtig dunkel wird es nur, wenn die Erdatmosphäre gerade ein wenig schmutzig ist, zum Beispiel nach dem Ausbruch eines Vulkans. Das war etwa 1991 der Fall, als der Pinatubo auf den Philippen jede Menge Staub in die Atmosphäre gepustet hat. Die Mondfinsternis, die dann im Dezember 1992 stattfand, war dadurch extrem dunkel.
Wie finster der Mond wird hängt natürlich auch davon ab, ob er in den Kernschatten der Erde oder den Halbschatten eintritt. Beziehungsweise ob er komplett in den Schatten eintritt oder nur ein Stück – das hängt davon ab, wie exakt er sich im Schnittpunkt zwischen Erd- und Mondbahn befindet. So oder so: Eine Mondfinsternis ist ein Ereignis, das man sich durchaus nicht entgehen lassen sollte. Gerade im Sommer ist es besonders schön. Da kann man zuerst eine warme Sommernacht unter einem hellen Vollmond genießen und dann dabei zusehen, wie dieser Mond immer dunkler und röter wird. Und keine Sorge: Er wird wieder hell, egal was all die Mythen mit ihren mondfressenden Monstern sagen!
Kommentare (21)