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Interferenz an dünnen Schichten – Der Regenbogen auf der Seifenblase
Von Charlotte
Ich bin 17 Jahre alt, besuche die zwölfte Klasse eines niedersächsischen Gymnasiums und habe noch nie einen Blogbeitrag verfasst. Dies möchte ich hiermit ändern und einfach mal mein Glück versuchen, denn ich habe unheimlichen Spaß am Schreiben und beschäftige mich außerdem gerne mit allen möglichen naturwissenschaftlichen Themen.
Das Prinzip ist zunächst ganz einfach, was herauskommt faszinierend. Faszinierend bunt. Man muss lediglich etwas Wasser und Spülmittel mischen, einen Ring in die Lösung tauchen und pusten. Schon entsteht ein leuchtendes Farbwunder: Die Seifenblase.
Jedes Mal wenn ich Seifenblasen im Sommer staunend beobachtet habe, kam mir die Frage in den Kopf, wie es möglich ist, dass sie im Licht in allen Farben des Regenbogens schimmern. Die Seifenblasenlösung an sich besitzt schließlich keinerlei Farbe und kann, wie schon gesagt, ganz leicht selbst hergestellt werden. Erst in der Sonne entstehen die vielen Farben auf der Seifenhaut, weshalb es nahe liegt, dass ein Zusammenhang zwischen dem „Regenbogen“ auf der Seifenblase und dem Licht der Sonne besteht.
Das gleiche Phänomen kann übrigens auch an zahlreichen anderen dünnen Schichten in der Natur beobachtet werden. So schillern in der Sonne beispielsweise auch die Flügel einer Libelle und dünne Ölfilme auf Wasser in den unterschiedlichsten Farben.
In jedem dieser Fälle ist die Ursache für das beeindruckende Farbspektakel dieselbe: Es findet Reflexion von Licht und außerdem Lichtbrechung statt und schließlich kommt es zur sogenannten Interferenz. Der Regenbogen auf der Seifenblase ist also reine Physik (…mein Lieblingsfach ?).
Was jetzt kommt ist wohl wenig überraschend: Bevor man das Auftreten des Interferenzmusters (Also den Regenbogen) auf der Seifenhaut einer Seifenblase erklären kann, sollte man verstehen, was genau Interferenz ist und welche Bedingungen erfüllt sein müssen, damit dieses Phänomen überhaupt stattfindet.
Interferenz ist eine wellentypische Erscheinung und bezeichnet zunächst einmal die ungestörte Überlagerung zweier oder mehrerer Wellensysteme. Deshalb betrachten wir Licht in diesem Fall, logischerweise, in seinem physikalischen Charakter als elektromagnetische Wellen.
Diese Wellen besitzen einige wichtige Eigenschaften. Sie sind beispielsweise durch ihre Wellenlänge gekennzeichnet, welche den Abstand zweier Wellenberge bzw. Wellentäler zueinander beschreibt. Die maximale Auslenkung einer Schwingung wird als Wellenamplitude bezeichnet. Die Phase gibt an, wann und wo sich die Wellentäler und Wellenberge einer Lichtwelle befinden. Zuletzt ist die Frequenz der Wellen, also die Zahl der Schwingungen pro Sekunde, charakteristisch.
Damit es dann aber überhaupt zur Überlagerung dieser Lichtwellen, also zur Interferenz, kommen kann, muss das Licht eine bestimmte Bedingung erfüllen: Es muss kohärent sein.
Interferenzfähiges, kohärentes Licht ist zum einen dadurch gekennzeichnet, dass es monochromatisch ist. Das bedeutet, dass die interferierenden Lichtwellen die gleiche Frequenz und auch die gleiche Wellenlänge besitzen. Spricht man hierbei von dem für uns Menschen sichtbarem Licht, im Wellenlängen Bereich von circa 380nm bis 780nm, kann man auch sagen, dass es sich bei monochromatischem Licht um gleichfarbiges Licht handelt. (weißes Licht enthält alle Farben und wird somit als polychromatisch bezeichnet.)
Zum anderen wird Kohärenz dadurch erzeugt, dass die Wellenzüge parallel zueinander verlaufen. Sind diese beiden Bedingungen erfüllt, spricht man in der Physik von einer festen Phasenbeziehung zwischen den Lichtwellen.
So, das ist doch schon mal eine ganz gute Grundlage, oder?
Nun fehlt noch ein ganz wichtiges Detail der Interferenz: Was genau passiert eigentlich, wenn sich Lichtwellen überlagern?
Werden Wellenphänomene interferiert, treten Bereiche der Verstärkung und Abschwächung oder auch der Auslöschung auf.
Bei Licht führt Verstärkung immer zu höherer Helligkeit, Abschwächung und Auslöschung hingegen zu Dunkelheit. Hierbei sind die Interferenzen abhängig von dem Gangunterschied der Wellenzüge, also der Differenz der optischen Weglängen, die ein Wellenzug vom Ursprung bis zu einem bestimmten Punkt im Raum zurückgelegt hat.
Verstärkung von Licht durch Interferenz wird in der Physik auch als konstruktive Interferenz bezeichnet.
Diese tritt immer dann auf, wenn bei der Überlagerung der Lichtwellen die Wellenberge der einen Welle genau auf die Wellenberge der anderen Welle treffen. Man kann sich das ganz gut so vorstellen, dass in diesem Fall die Amplituden beider Wellen aufaddiert werden, sodass eine Welle mit größerer Amplitude entsteht. Die betreffende Stelle, an der konstruktive Interferenz stattfindet, erscheint dann, wie schon gesagt, hell.
Bedingung für das Auftreten konstruktiver Interferenz ist, dass der Gangunterschied der interferierenden Wellen Null oder ein ganzzahliges Vielfaches der Wellenlänge beträgt (Damit die Wellenberge aufeinander treffen).
Wird Licht jedoch abgeschwächt oder sogar ganz ausgelöscht, spricht der Physiker von destruktiver Interferenz.
Interferierende Wellen löschen sich immer dann aus oder schwächen sich ab, wenn bei der Überlagerung die Wellenberge der einen Welle auf die Wellentäler der anderen Welle treffen.
Exemplarisch kann man sich wieder vorstellen, dass die Amplituden der beiden Wellen aufaddiert werden, sodass die resultierende Welle eine kleiner Amplitude hat als die Ausgangswelle oder eben, im Falle der Auslöschung, die Amplitude Null.
Als Bedingung für destruktive Interferenz gilt, dass der Gangunterschied der Wellen gerade eine halbe Wellenlänge oder ein ungeradzahliges Vielfaches davon betragen muss.
An dieser Stelle ist nun das wichtigste geklärt, was man über Interferenz im Allgemeinen wissen muss, wenn man die bunte Seifenblasenhaut erklären möchte.
Ganz am Ende sind wir jedoch trotzdem noch nicht angelangt, denn was wir noch nicht wissen ist, wie es überhaupt dazu kommt, dass sich Lichtwellen, die auf die Seifenblase treffen, überlagern.
Dazu ist es zunächst einmal sinnvoll sich anzuschauen was im Allgemeinen mit Licht passiert, welches auf eine dünne Schicht trifft.
So eine dünne Schicht kann beispielsweise ein Ölfilm sein, der sich auf einer Wasserpfütze befindet.
Beim Auftreffen des Lichtes auf diesen Ölfilm, wird ein Teil des einfallenden Lichtes an dessen Oberfläche gebrochen, während ein anderer Teil in die dünne Schicht (also den Ölfilm) eindringt. Dieser Teil des Lichtes wird daraufhin beim Eintritt in die Schicht gebrochen und durchquert diese bis zu dessen Unterseite. Dort wird das Licht reflektiert, sodass es die Grenzschicht abermals passiert und anschließend beim Austritt aus der Schicht erneut, aber in entgegengesetzte Richtung als beim ersten Mal, gebrochen wird. Der Lichtanteil, der in den Ölfilm eingedrungen ist, hat nach dem Wiederaustritt einen längeren Weg als der direkt reflektierte Teil des Lichtes zurückgelegt, sodass nun auf Wellenebene ein Gangunterschied vorhanden ist. Da sich dieser Gangunterschied bei konstanter Mediendicke mit dem Einfallswinkel des Lichtes oder bei konstantem Einfallswinkel mit der Schichtdicke ändert, können schließlich beim Zusammenfallen beider Teilstrahlen Interferenzen entstehen.
Allerdings werden Interferenzerscheinungen an dünnen Schichten sehr stark davon beeinflusst, ob der eben beschriebene Phasenübergang des Lichtes von einem optisch dichteren Medium (in denen Licht sich mit einer eher niedrigen Geschwindigkeit ausbreitet) zu einem optisch dünneren (in denen Licht folglich eine eher höhere Geschwindigkeit hat) stattfindet oder eben genau andersrum. Dies liegt daran, dass bei einer Reflexion an einem optisch dichteren Medium immer ein sogenannter Phasensprung, also eine abrupte Änderung der Phase, auftritt. So kommt es zu einem zusätzlichen Gangunterschied der Lichtwellen von einer halben Wellenlänge.
Nun gibt es jedoch verschiedene „Arten“ von dünnen Schichten und somit auch verschiedene Interferenzeffekte:
Eine dünne Schicht kann beispielsweise planparallel sein. Planparallele Schichten zeichnen sich dadurch aus, dass sie eine konstante Schichtdicke haben und sich gleichzeitig die Geschwindigkeit, mit der sich Licht in der betreffenden Schicht ausbreitet, nicht ändert. Das bedeutet, dass die optische Dichte ebenfalls konstant sein muss.
Bei der Interferenz an solch einer planparallelen Schicht ergibt sich für die Lichtwellen einer monochromatischen Lichtquelle immer derselbe optische Gangunterschied, wenn das gesamte Licht mit dem gleichen Einfallswinkel auf die Schicht trifft. Somit ist der Gangunterschied der Lichtwellen abhängig von dem Einfallswinkel des Lichtes. Interferenzen an planparallelen Schichten werden in der Physik als Interferenzen gleicher Neigung bezeichnet.
Verwendet man beim Erzeugen eines Interferenzmusters an einer planparallelen Schicht eine Lichtquelle, die mehrere Farben emittiert, so kann eine Abfolge immer wiederkehrender, farbiger Streifen beobachtet werden. Das liegt daran, dass beim interferieren sowohl konstruktive als auch destruktive Interferenz stattfindet, sodass hier einige Teile des Farbspektrums ausgelöscht und andere Verstärkt werden. So kann zum Beispiel ein Ölfilm auf Wasser bunt Schillern, sofern er eine konstante Schichtdicke aufweist.
Das ist jedoch oft nicht der Fall, denn aufgrund der Schwerkraft ist die Ölschicht in der Natur zumeist nicht als panparallele Schicht vorzufinden, sondern das Öl verteilt sich zu einer konstant dicker werdenden, keilförmigen Schicht auf dem Wasser.
Damit wären wir bei dem zweiten der beiden für den Seifenblasen-Regenbogen relevanten Interferenzeffekten angelangt: Interferenzen an keilförmigen Schichten alias Interferenzen gleicher Dicke.
Zu besagtem Interferenzeffekt sollte man wissen, dass wenn Licht auf eine keilförmige Schicht, die gleichmäßig dicker wird, fällt der Gangunterschied der interferierenden Lichtwellen von der Schichtdicke bestimmt wird.
Und jetzt? Trommelwirbel! Wir sind nun endlich soweit, dass wir zu unseren bunten Seifenblasen kommen können:
Werden Seifenblasen mit einer natürlichen Lichtquelle bestrahlt, so scheinen sie je nach Betrachtungswinkel in allen Spektralfarben zu schillern. Hierbei ist ein ungleichmäßiger Farbverlauf auf der Seifenhaut zu beobachten, welcher sich auch unter gleichem Betrachtungswinkel mit der Zeit verändert, und bei genauer Betrachtung mit Hilfe einer Hochgeschwindigkeitskamera erscheinen kurz vor dem Zerplatzen der Seifenblasen einige Stellen auf der Blase schwarz. Unmittelbar vor dem Zerplatzen verfärbt sie sich sogar komplett schwarz.
Hier die Erklärung:
Fällt Licht auf die Seifenhaut einer Seifenblase, so wird dieses zum einem an der Vorderseite der Seifenhaut mit einem Phasensprung von π und an der inneren Rückseite ohne Phasensprung reflektiert. Durch die unterschiedlichen Weglängen der beiden reflektierten Lichtstrahlen, erhalten diese einen Gangunterschied, der dann je nach Dicke der Seifenhaut zu konstruktiver bzw. destruktiver Interferenz führt, sodass einige Farben des Spektrums an bestimmten Stellen ausgelöscht bzw. verstärkt werden und schließlich ein farbiges Interferenzmuster auf der Seifenblase zu sehen ist.
Jedoch sind bei Interferenzerscheinungen an Seifenblasen beide zuvor erläuterten Interferenzeffekte, also Interferenzen gleicher Neigung und Interferenzen gleicher Dicke, im Zusammenspiel zu beachten: Die Dicke der Seifenblase nimmt, im Wesentlichen aufgrund der Gravitation, solange ab, bis sie schließlich zerplatzt. Somit ist die Schichtdicke nicht konstant. Außerdem hängt die Interferenzerscheinung an der Seifenblase von dem Betrachtungswinkel ab, da die Oberfläche der Blase gewölbt ist.
Dadurch, dass die Dicke der Seifenblase mit der Zeit abnimmt, ist zu erklären, warum sich das Farbmuster auf der Seifenhaut selbst unter identischem Betrachtungswinkel bei längerer Beobachtung verändert: Ändert sich die Dicke der Seifenhaut, so ändern sich auch die unterschiedlichen Weglängen der Lichtstrahlen und somit auch ihr optischer Gangunterschied. Aus diesem Grund kann auch beobachtet werden, dass sich die Seifenblasen unmittelbar vor dem Zerplatzen schwarz verfärben: Zu diesem Zeitpunkt beträgt die Schichtdicke der Seifenhaut nahezu null, sodass die Phasendifferenz zwischen dem an der Außenseite und dem im Inneren reflektierten Lichtstrahl lediglich durch den Phasensprung bestimmt wird. Es findet also zu diesem Zeitpunkt lediglich destruktive Interferenz statt und sämtliches Licht wird ausgelöscht.
Und jetzt? Jetzt haben wir uns gemeinsam und hoffentlich erfolgreich durch verschiedene Interferenzerscheinungen und deren Grundlagen gequält, sodass es uns nun möglich ist ein kleines Phänomen unseres Alltags, nämlich bunte Seifenblasen, ziemlich genau zu erklären. Obwohl, gequält? Nein, eigentlich ist das ganze doch ziemlich cool, oder?
Vielen Dank fürs Lesen meines allerersten Blogeintrags!
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