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Kaltes Rot und warmes Blau?
von Jenna B.
Ich bin Schülerin der 12. Klasse am Vincent-Lübeck-Gymnasium in Stade, 17 Jahre alt und belege das Seminarfach „Farben und Farbstoffe“.
Wir Menschen sind es gewohnt, wenn im Badezimmer der Wasserhahn zur roten Markierung zeigt, dass heißes Wasser fließt und wenn der Wasserhahn zur blauen Markierung zeigt, dass kaltes Wasser läuft. Somit besteht kein Zweifel, dass die Farbe Rot etwas Warmes gar Heißes beschreibt und die Farbe Blau etwas Kaltes charakterisiert.
Doch in der Astronomie ist es komplett gegensätzlich. Die für uns so kleinen, zahlreichen und wunderschönen Sterne am Himmelszelt unterscheiden sich in Größe und Farbe, wobei die Farbe des Sterns von der jeweiligen Temperatur abhängig ist. Dabei gilt: rote Sterne sind kühl und blaue Sterne sind heiß.
Da das für uns in erster Linie paradox erscheint, möchte ich Ihnen genau das erklären und darauf noch auf die verschiedenen Farben der Sterne eingehen.
Zuallererst muss das elektromagnetische Spektrum erwähnt werden. Sterne sind Himmelskörper, die ihr eigenes Licht erzeugen. Das Licht besteht aus Wellen, die bekanntlich gemessen werden können. Doch nicht alle Lichtwellen kann der Mensch wahrnehmen. Wir können nur das Licht bzw. die Lichtwellen des sichtbaren Bereiches wahrnehmen, aber nicht die des anliegenden ultravioletten und infraroten Bereiches. Durch die verschiedenen Wellenlängen wird die Farbe des Lichtes bestimmt.
Um jetzt erklären zu können, warum blaue Sterne heißer sind als rote Sterne, müssen wir kurz erläutern, was das Wien’sche Verschiebungsgesetz besagt. Wilhelm Wien, ein bedeutender deutscher Physiker, wusste, dass glühende Oberflächen Lichtwellen aussenden. Er behauptete, dass es einen Zusammenhang zwischen der Oberflächentemperatur und der Wellenlänge gibt. Die Wellenlänge ist hier so definiert, dass nur die Wellenlänge der intensivsten Strahlung der Oberfläche relevant ist.
An diesem Diagramm kann man den zuvor erwähnten Zusammenhang verdeutlichen. Die Strahlungskurve der Oberfläche, die 3000 Kelvin (= Einheit der Temperatur) heiß ist, hat ihr Strahlungsmaximum im infraroten Bereich des elektromagnetischen Spektrums, den der Mensch bekanntlich nicht sehen kann. Das Strahlungsmaximum, in dem für den Menschen sichtbaren Bereich, liegt im roten Bereich. Daraus resultiert, dass die Oberfläche für uns rot erscheint. Nun kann man auch nach demselben Verfahren die Farbe der Oberfläche ermitteln, die 10000 Kelvin heiß ist.
Wir stellen somit fest, dass heiße Oberflächen in der Farbe Blau erscheinen und im Gegensatz dazu kühlere Oberflächen in der Farbe Rot leuchten – blaue Sterne sind heißer als rote Sterne.
Doch was verrät einem jetzt die Farbe der Sterne über beispielsweise das Alter oder die Größe des Sterns?
Vorerst muss geklärt werden, wie Sterne überhaupt „funktionieren“.
Die Geburt eines Sterns hängt vom Zufall und dem umliegenden Kosmos ab. Zum richtigen Zeitpunkt müssen bestimmte Ereignisse aufeinandertreffen, damit aus einer Gaswolke ein Stern entstehen kann. Die für daas Leuchten benötigte Energie wird durch Kernfuionen, wie z.B. der Fusion von 4 Wassertoffatomen zu einem Heliumatom, gewonnen.
Der Lebenslauf der Sterne wurde in einem Diagramm von zwei Physikern namens Enjar Hertzsprung und Henry Norris Russell zusammengefasst. Dementsprechend heißt das Diagramm Hertzsprung-Russell-Diagramm, kurz HRD, und es beschreibt die grobe Entwicklung der Sterne.
Auffallend erschien den beiden Astronomen, dass sich eine Diagonale im Koordinatensystem bildet, auf der die meisten Sterne liegen: die Hauptreihe.
An dieser Stelle kann man nun eine Differenzierung der Sterne anhand der Größe vornehmen. Es gibt überwiegend Hauptreihensterne, aber auch außergewöhnliche Sterne, die entweder massiver sind oder weniger massiv sind als Hauptreihensterne. Sie haben somit auch einen anderen Platz im HRD und eine komplett andere Entwicklung im Kosmos.
Nun ein paar Informationen zur Orientierung: ein neu geborener Stern ist kalt, rot und leuchtarm. Abhängig von der Größe des Hauptreihensterns kann der Stern die Hauptreihe verlassen und auf den Roten-Riesen-Ast klettern, der im Diagramm bei dem englischen Wort „Giants“ verläuft. Dort expandiert der Stern zu einem Roten Riesen und kühlt nach dieser Phase langsam ab und wird zum leuchtstarken Weißen Zwerg. Dabei verändert der Stern auch seine Farbe und in der Phase des Weißen Zwerges nimmt die Leuchtkraft immer weiter ab, bis der Stern vom Himmelszelt verschwindet. Die Weißen Zwerge sind im HRD bei dem englischen Wort „White Dwarfs“ zu sehen. Sie sind blau, heiß und zuerst leuchtstark, später leuchtarm.
Die für uns überlebenswichtige Sonne ist massiver als gewöhnliche Hauptreihensterne, dennoch verläuft die Sonne momentan noch auf der Hauptreihe im HRD. Aufgrund der großen Masse wird sich die Sonne in tausenden von Jahren zu einem Roten Überriesen expandieren und dann als Supernova explodieren. Aber wann die Sonne explodieren wird, kann keiner vorhersagen.
Die Oberflächentemperatur beträgt 5700 Kelvin und mit genau dieser Information kann man anhand des Wien’schen Verschiebungsgesetzt die gelbe Farbe der Sonne bestätigen.
Die Giganten im Weltall:
Alles, was einen Hauptreihenstern am Leben hält, sind die Kernfusionen im heißen Inneren des Sterns (vier Wasserstoffatome fusionieren zu einem Heliumatom).
Doch was passiert, wenn der Vorrat an Wasserstoff im Kern aufgebraucht ist?
Genau das ist der Moment, wenn die Sterne die Hauptreihe verlassen und den Roten-Riesen-Ast hinauf klettern. Durch den Prozess des Schalenbrennens im Stern, löst die äußere Schale vom Stern ab und somit expandiert er um sein Vielfaches zu einem Roten Riesen.
Der Rote Riese Aldebaran ist geschätzt 45-mal so groß, wie unsere Sonne.
Später löst sich die äußere Schale komplett vom Stern und endet als Planetarischer Nebel…
Was zurückbleibt ist der heiße Kern des Sterns, der nur noch die enorme Restwärme ausstrahlt: ein Weißer Zwerg. Weiße Zwerge sind eigentlich blau, weil sie eine so unglaublich große Wärme haben. Doch durch die große Leuchtkraft erscheint uns der Zwerg weiß. Irgendwann ist auch die restliche Energie aufgebraucht und der Stern verschwindet langsam am Himmelszelt.
Dass im Weltall die Regel “kaltes Rot und warmes Blau” gilt, haben wir jetzt klären können. Aber ist Ihnen beswusst, dass uns diese Art von Regel hier auf der Erbe auch behilflich ist? Der Schweißer kann anhand der Farbe des Metalls die Temperatur abschätzen. Aber auch die dimmbare Wohnzimmerlampe wird erst so richtig heiß, wenn sie heller scheint.
Klar ist, dass die Farbe uns Menschen beeinflusst und wir anhand der Farbe bewerten. Doch nicht immer vermittelt uns die Farbe ein wahres Bild – wie die Farben an unserem Wasserhahn.
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