Es gibt schlechtere Orte als einen Strand am Meer. Auch wenn der Strand in Deutschland liegt und wenn es gerade Winter ist. So wie auf der Nordseeinsel Norderney wo ich mich bis Ende der Woche (hoffentlich) ein wenig erholen werde. In der Zwischenzeit gibt es hier im Blog ein paar Artikel zur Astronomie von Inseln. Und ja, so etwas gibt es tatsächlich. Denn die Astronomie ist überall, auch und gerade auf einer Insel. Der Sand etwa, den ich demnächst unter meinen Füßen haben werde, hat eine ganz besondere astronomische Geschichte. Denn dieser Sand ist das Resultat der letzten hektischen und chaotischen Tage im Leben eines sterbenden Sterns.
Sand ist zwar sehr vielfältig, besteht aber meistens aus Quarzkörner. Und Quarz ist eine chemische Verbindung aus Silicium und Sauerstoff. Beide chemischen Elemente gab es noch nicht, als das Universum vor 13,8 Milliarden Jahren entstanden ist. Damals gab es nur Wasserstoff und Helium; der ganze Rest des Periodensystems musste erst entstehen und diesen Job haben die Sterne übernommen. In unserer Sonne etwa werden in jeder Sekunde mehr als 500 Millionen Tonnen Wasserstoff durch Kernfusion in Helium umgewandelt. In Sachen Periodensystem ist das noch kein großer Fortschritt, denn Helium war ja schon von Anfang an da. Aber irgendwann geht der Sonne der Wasserstoff im Zentrum aus. Dann kommt auch die Kernfusion zum Erliegen. Es wird keine Energie mehr frei; es dringt und drückt keine Strahlung mehr vom Zentrum nach außen und es fehlt dadurch die Kraft, die der gewaltigen Gravitation der gesamten Masse der Sonne etwas entgegensetzen kann. Die Sonne beginnt, unter ihrem eigenen Gewicht zu kontrahieren; die Materie in ihrem Zentrum wird noch weiter zusammengedrückt; Dichte und Temperatur steigen auf höhere Werte. Irgendwann ist die Temperatur so hoch, dass sich auch die etwas schwereren Heliumatome schnell genug bewegen, um bei Kollisionen miteinander fusionieren zu können. Die Kernfusion geht wieder weiter, nur das diesmal Heliumatome fusioniert werden und Elemente wie Sauerstoff und Kohlenstoff bilden. Auch in den äußeren Schichten der Sonne ist es nun heißer geworden und dort setzt nun Wasserstofffusion ein.
Ein Stern der sich dem Ende seines Lebens nähert, ähnelt ein wenig einer Zwiebel. Ausgehend vom Zentrum bilden sich Schichten mit verschieden hohen Temperaturen in denen verschiedene Fusionsreaktionen ablaufen können. Wie weit dieses Spiel getrieben werden kann, hängt von der Masse des Sterns ab. Je mehr Masse, desto mehr Gewicht kann auf das Zentrum drücken, desto höher werden die Temperaturen dort und desto schwerere Atome können fusioniert werden. Bei unserer kleinen Sonne ist schon nach dem ersten Schritt Schluss. Sie schafft es noch, ein wenig Sauerstoff und Kohlenstoff zu produzieren, aber dann kommt die Kernfusion endgültig zum Erliegen und sie kollabiert zu einem toten weißen Zwergstern der nur noch abkühlt und keine neue Energie mehr produziert.
Mit Sauerstoff haben wir nun zwar schon eine Zutat für den Sand, aber die wichtigste fehlt noch: Das Silicium. Dafür braucht es wirklich schwere Sterne! Sterne, die zuerst einmal in der Lage sind, Sauerstoff zu fusionieren. Diese Phase nennt man das “Sauerstoffbrennen” und braucht dafür einen Stern der mindestens achtmal schwerer als die Sonne ist. In seinem Kern müssen mindestens 1,5 Milliarden Grad herrschen – nur dann können zwei Sauerstoffatome zu einem Siliciumatom verschmelzen.
Viel Zeit bleibt den Sternen nicht um Silicium zu produzieren. Während die Fusion von Wasserstoff für einige Milliarden Jahre aufrecht erhalten kann, reicht der Sauerstoff nur für ein paar Jahre Kernfusion. Am Ende des Sauerstoffbrennens findet man im Kern dann hauptsächlich Silicium und Schwefel (auch dieses Element kann aus Sauerstoff fusioniert werden). In den äußeren Schichten wird zwar weiterhin Sauerstoff, Kohlenstoff, Helium und Wasserstoff fusioniert, aber die wichtigen Dinge passieren im Kern eines Sterns. Dort passiert nun etwas, das man “Photodesintegration” nennt. Silicium ist ein so schweres Atom, dass es nicht mehr direkt fusioniert wird. Stattdessen wird es von Lichtteilchen bedrängt, die enormer Wucht auf die Atome treffen. Immerhin hat so ein Stern im Kern Temperaturen von bis zu 4 Milliarden Grad! Die Photonen schlagen nun regelrechte Stücke aus dem Atomkern heraus: Einzelne Neutronen, Protonen oder sogar Alphateilchen (also Kerne die aus zwei Neutronen und zwei Protonen bestehen). Diese Alphateilchen – die nichts anderes sind als die Kerne von Heliumatomen – können nun mit den noch intakten Siliciumatomen fusionieren und so über eine sehr komplizierte Kette von Reaktionen immer schwerere Elemente bilden. Das ganze geht bis hin zu Nickel und Eisen und diese Atome sind nun wirklich zu schwer als das sie fusioniert werden können. Bei dieser Fusion würde keine Energie mehr frei; um daraus neue Elemente zu machen müsste man noch zusätzlich Energie reinstecken und das schafft der Stern nicht (das geht nur bei speziellen astrophysikalischen Prozessen).
Das Siliciumbrennen ist die letzte, hektische Phase im Leben eines Sterns. Es dauert nur wenige Stunde bis Tage und wenn die Fusionsreaktionen dann zum Erliegen kommen, gibt es keine Kraft mehr, die der Gravitation entgegen wirken kann. Der Stern kollabiert endgültig; er kracht mit seinem ganzen Gewicht auf sich selbst und es gibt eine enorme Explosion. Bei so einer “Supernova” zerreist es den ganzen Stern und all die Elemente die er im Laufe seines Lebens erzeugt hat, werden im Universum verteilt.
Dann stehen sie für andere Dinge zur Verfügung. Zum Beispiel, um daraus Planeten zu bauen. Planeten wie die Erde, in deren Kruste Silicium das zweithäufigste Element ist. Planeten wie die Erde, wo die geologischen Prozesse aus diesem Silicium Gesteine bilden, die zu Körnern erodiert werden, die Strände bilden können. Wer sich also das nächste Mal an einem Strand in die Sonne legt oder im Winter einfach nur darüber spaziert sollte daran denken: Wir verdanken den Sand den letzten Momenten im Leben riesiger Sterne!
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