Vogelfedern sind leicht, relativ steif und gar nicht so leicht zu zerschneiden. Das brachte mich auf die Frage, ob man Vogelfedern irgendwann verwendet hat, um damit Rüstungen zu bauen oder zu verstärken – eigentlich nur als illustratives Beispiel für eine Vorlesung über biologische Materialien. Gab es sowas wirklich, oder ist das nur eine naheliegende, aber niemals umgesetzte Idee?
Zu meiner Überraschung stellte ich fest, dass es selbst im Zeitalter des Internets manchmal gar nicht so einfach ist, scheinbar simple Fragen wie diese zu beantworten.
Eine Anfrage bei google scholar zum Thema “feather armor” bringt leider nur Referenzen der Art The Rhine-Jung letters: Distinguishing parapsychological from synchronistic events oder
The Secret Language of Tarot. Bestimmt irgendwie interessant, aber nicht ganz das, was man wissen will.
Eine Suche bei google selbst zeigt, dass die Idee relativ naheliegend ist, denn man findet vor allem Rollenspielseiten, in denen meist elfische Charaktere sich mit Federn rüsten.
Schließlich wurde ich, nach Versenden von gefühlten 1000 Mails, dank verschiedener Mailinglisten und hilfreicher Mitarbeiter von Museen und historischen Instituten, doch noch fündig.
Relativ schnell fand ich heraus, dass die Azteken Federn auf ihre Rüstungen genäht haben – nicht so klar war allerdings, ob das nur Dekoration war oder tatsächlich eine Funktion hatte. Schließlich aber landete ich am Ibero-Amerikanischen Institut Preussischer Kulturbesitz in Berlin, wo das Buch “Aztec Warfare” von R. Hassig zu bekommen war.
Und tatsächlich: Die Azteken verwendeten eine Rüstung namens “Tlahuiztli”:
Despite appearing like
animal skins, the suits of noble warriors were made of feathers sewn to a
backing fabric. … The slick surface of the feathers may have offered greater
protection than would skins, especially against glancing blows…
[Obwohl sie wie Tierhäute aussahen, waren die Rüstungen adliger Krieger aus Federn gemacht, die auf Stoff genäht wurden…Die glatte Oberfläche der Federn dürfte einen besseren Schutz geliefert haben als Tierhäute, vor allem gegen streifende Schläge…]Over their cotton armor some warriors … wore feather tunics (ehuatl)…
The tunic was fashioned of cloth over which feathers were set in rows. It
had a hanging border of feathers and it resisted lances, arrows and even
swords
[Über der Baumwollrüstung trugen einige Krieger Federumhänge (ehuatl)…
Die Umhänge waren aus Stoff, auf dem Federn in Reihen angeordnet waren. An ihrem Rand hingen Federn herunter und sie konnten Lanzen, Pfeilen und sogar Speeren widerstehen.]The lower part of the shield was decorated with a
feather fringe that hung down more than a palma (0.209 meters). The
hanging border of feathers was a common feature , and, though appearing
fragile, it afforded additional protection to the user’s legs [91]. Such
feather fringes could easily stop a spent projectile and deflect others,
…
They were probably intended primarily for protection against projectiles
and not against clubs or swords.”
[Der untere Teil des Schildes war mit einem Rand aus Federn verziert, der mehr als eine Palma (0.209Meter) nach unten hing. Dieser herunterhängende Federrand wurde häufig verwendet und lieferte, obwohl er zerbrechlich aussah, dem Träger zusätzlichen Schutz für die Beine. Solche Federränder konnten ein bereits gebremstes Projektil leicht stoppen und andere ablenken… Sie waren vermutlich vor allem zum Schutz gegen Projektile gedacht, nicht gegen Keulen oder Schwerter]
Aztekische Krieger aus dem Codex Mendoza (von Wikipedia ). Die Federrüstungen sind zwar nicht zu erkennen, aber die Federn an den Schilden sind deutlich. Und nein, der 2. von links trägt keinen Weltraumhelm!
Foundation for the Advancement of Mesoamerican Studies, Inc. [1] Original document held at the Bodleian Library, Oxford. Shelfmark: MS. Arch. Selden. A. 1., Public Domain, Link
Auch auf Hawaii wurden Federn verwendet. Sie wurden auf Umhänge genäht, mit denen man versuchte, die gegnerische Waffe abzulenken oder einzufangen. Die Maori wiederum verwendeten Federn auf Kriegskeulen (Tewha-Tewha), allerdings nur, um sie dem Gegner ins Gesicht zu schlagen und ihn so zu verwirren – die mechanischen Eigenschaften waren also zweitrangig. Gerüchteweise habe ich auch gehört, dass in Japan Federrüstungen verwendet worden sein sollen, konnte aber keine verlässliche Referenz finden.
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