Gerade habe ich DIE ZEIT von letzter Woche gelesen. Im Wissensteil gab es ein Interview mit dem Pädagogen Roland Reichenbach. Wieder einmal werden die guten alten Klischees von der ach so schwierigen Mathematik und Naturwissenschaft bedient, und zwar mit absoluter Selbstverständlichkeit und anscheinend ohne dass die Beteiligten es auch nur merken.

Reichenbacher erklärt, dass für die Autorität von Lehrern auch ein gutes Fachwissen notwendig ist:

Wer gut turnen oder zeichnen kann, wer eine Sprache nahezu perfekt beherrscht oder umfassende literarische Kenntnisse besitzt, von dem lässt man sich in der Regel etwas sagen…

Hier geht’s schon mal los – turnen, zeichnen, Sprachen sprechen, Literatur verstehen, damit kann man Leute beeindrucken. Auffallend, was in dieser Liste an Fähigkeiten fehlt, oder?

Kurz darauf sagt der Interviewer Martin Spiewak:

Nun ist das Begeisterungspotential eines Mathematiklehrers allerdings auch begrenzt…

Logisch, für Mathe kann an halt niemanden begeistern, nicht wahr?

Immerhin – hier antwortet Reichenbacher einigermaßen vernünftig, dass ein engagierter Lehrer auch Schülern, die sich nicht für Mathe interessieren, Autorität und Interesse vermitteln kann.

Aber wer damit hofft, Reichenbacher würde dem Klischee der schwer vermittelbaren Naturwissenschaften nicht anhängen, wird etwas später eines besseren belehrt:

Warum etwa sollte sich ein Schüler aus eigenem Antrieb für die Binomischen Formeln interessieren, für den Ablativus absolutus oder den Zitronensäurezyklus?

Na klar – Naturwissenschaften und Mathematik gehören in eine Reihe mit einer grammatischen Konstruktion einer “toten” Sprache, klar, dass man sich dafür nicht interessiert. Naturwissenschaftlich interessierten Schülern wird damit suggeriert, sie seien nicht “normal” – ich fand zu Schulzeiten den Zitronensäurezyklus wesentlich spannender als die Goldene Bulle, Frau Jenny Treibel oder die Gesetze zur Apartheid.

Und zu guter Letzt:

Sozial privilegierten Schülern … fällt es in der Regel leichter, so zu tun, als ob sie die Autorität des Lehrers anerkennen würden…. Sie…tun so, als ob sie Physik interessieren würde, auch wenn das nicht der Fall ist.

Wer sich also nicht für Naturwissenschaft und Mathe interessiert, der soll sich mal keine Sorgen machen, das ist ja auch ganz normal und das geht ja jedem so. Tut einfach so als ob.

Das waren übrigens alle Sätze aus diesem Interview, die sich auf spezifische Inhalte oder Fächer beziehen. Hier die Statistik:
Positiv erwähnt: je einmal Sport, Kunst, Sprachen und Literatur.
Negativ erwähnt: Mathematik zweimal, Physik, Biologie und Latein je einmal.

51 Jahre nach C.P. Snow wird zumindest in der ZEIT die Trennung der zwei Kulturen nach wie vor aufrechterhalten.

In der gleichen Ausgabe beklagt sich übrigens anderswo ein ZEIT-Autor über den Mangel an Fachkräften in Deutschland. Aber da besteht bestimmt gar kein Zusammenhang.

Kommentare (73)

  1. #1 Sören
    17. Oktober 2010

    @ Wb

    Natürlich sind das Klischees. Ich gehöre auch zu denen, die gleich in mehreren Fächern verzweifelt sind, weil es in Deutsch, Englisch, Französisch und Geschichte nur noch um völlig dumme Analysen ging.

    Womit ich dann bei Pan Narranz wäre:
    Ich stimme Ihnen da größtenteils zu, allerdings ist es ein Unterschied, ob ich einen Klassiker nur gelesen habe und dadurch kenne oder ob ich damit eine Zeile-für-Zeile-Analyse durchgeführt habe, um herauszufinden, was die einzelnen Charaktere gedacht haben und was der Autor uns damit sagen wollte. Wenn man dabei eher Pragmatiker und weniger Schwafler ist, überfordert einen das ziemlich schnell.

    In Biologie dagegen habe ich mit großer Begeisterung Teiche und Flüsse auf ihre Lebewesen und Qualität überprüft, Zoos besucht und vieles mehr…

  2. #2 Sören
    17. Oktober 2010

    @ Wb

    Natürlich sind das Klischees. Ich gehöre auch zu denen, die gleich in mehreren Fächern verzweifelt sind, weil es in Deutsch, Englisch, Französisch und Geschichte nur noch um völlig dumme Analysen ging.

    Womit ich dann bei Pan Narranz wäre:
    Ich stimme Ihnen da größtenteils zu, allerdings ist es ein Unterschied, ob ich einen Klassiker nur gelesen habe und dadurch kenne oder ob ich damit eine Zeile-für-Zeile-Analyse durchgeführt habe, um herauszufinden, was die einzelnen Charaktere gedacht haben und was der Autor uns damit sagen wollte. Wenn man dabei eher Pragmatiker und weniger Schwafler ist, überfordert einen das ziemlich schnell.

    In Biologie dagegen habe ich mit großer Begeisterung Teiche und Flüsse auf ihre Lebewesen und Qualität überprüft, Zoos besucht und vieles mehr…

  3. #3 rolak
    17. Oktober 2010

    W)

  4. #4 Lichtecho
    17. Oktober 2010

    Naja, da interviewt halt ein Dinosaurier den anderen. Die ZEIT und ihre Altredakteure sind doch nicht interessant. Die Autoriät von der die beiden Reden kommt doch eher aus der Altersweisheit. Es handelt sich um Wissen, das im Laufe des Lebens akumuliert. Es ist ja sehr billig, wenn älterer Menschen gegenüber Jugendlichen als die Beleseneren auftreten. Man hat ja schließlich auch schon mehr Lebenszeit in Bücher investiert. Bei den naturwissenschaftlich-mathematischen Fächern ist das nicht unbedingt gegeben. Ein pfiffiges Kind kann da mitunter ein Problem lösen, vor dem der Lehrer ratlos steht. Wer auf Autorität aufgrund von Wissen aus ist, kann da alt aussehen. Man kann das aber auch positiv sehen, wie in diesem zuckersüßen Video:
    https://www.science-shop.de/artikel/986954
    Man beachte den Hinweis der Mutter am Ende, dass sie nun eben mit ihrem Kind viel Neues lernt. Das ist eine Haltung, die auch den Dinos aus dem Interview gut täte.

  5. #5 maxfoxim
    17. Oktober 2010

    tja, es ist aber auch immer die gleiche Reaktion, wenn man sagt man studiert Physik: Schwer oder?
    Mir persönlich fällt es einfach leichter als so manch “leichtes” Fach wie angeblich BWL. Dafür habe ich dann halt mehr Schwierigkeiten ein Gedicht richtig zu interpretiern als eine Formel. Man kann halt nur schwer ein Goethe und ein Einstein sein 😉
    (soll nicht heißen, dass man als Naturwissenschaftler keine guten Texte schreiben kann)

  6. #6 Jürgen Schönstein
    17. Oktober 2010

    Ist zwar nur anekdotisch, aber das Gymnasium, das ich besuchte (das zeitweise mehr als 2000 Schüler be-lehrte), war zumindest zu meiner Zeit (1968 bis 1977) als “mathematisch-naturwissenschaftliches und neusprachliches” Gymnasium ausgewiesen. Die Trennung der beiden Zweige fand in Teilen bereits in der 7., endgültig aber in der 9. Klasse statt. In meinem Abi-Jahrgang 1977 waren etwa 140 oder 150 Schüler – davon etwa 25 Neusprachler. Ein Sechstel … ob das nun repräsentativ ist, weiß ich zwar nicht, aber einen anti-wissenschaftlichen Bias würde ich daraus nun wirklich nicht ableiten können …

  7. #7 Jürgen Schönstein
    17. Oktober 2010

    Ist zwar nur anekdotisch, aber das Gymnasium, das ich besuchte (das zeitweise mehr als 2000 Schüler be-lehrte), war zumindest zu meiner Zeit (1968 bis 1977) als “mathematisch-naturwissenschaftliches und neusprachliches” Gymnasium ausgewiesen. Die Trennung der beiden Zweige fand in Teilen bereits in der 7., endgültig aber in der 9. Klasse statt. In meinem Abi-Jahrgang 1977 waren etwa 140 oder 150 Schüler – davon etwa 25 Neusprachler. Ein Sechstel … ob das nun repräsentativ ist, weiß ich zwar nicht, aber einen anti-wissenschaftlichen Bias würde ich daraus nun wirklich nicht ableiten können …

  8. #8 Lichtecho
    17. Oktober 2010

    @maxfoxim: Es gibt keine “richtige” Interpretation eines Gedichts. Das ist ja der springende Punkt und daher ist Autorität in nichtmathematischen Fächern so wichtig.

  9. #9 Dr. Webbaer
    17. Oktober 2010

    Wieder einmal werden die guten alten Klischees von der ach so schwierigen Mathematik und Naturwissenschaft bedient

    Vielleicht sinds ja auch keine Klischees.

    MFG
    Wb

  10. #10 Pan Narrans
    17. Oktober 2010

    Ich fand Mathe immer schwierig. Und interessant. Auch die Naturwissenschaften finde ich schwierig. Aber die Anstrengung lohnt sich in jeder Beziehung.
    Literatur dagegen… Als ich King Lear zusammengefasst habe als “Keiner versteht, was der andere tut, und hinterher sind alle tot” und die Motivation des Autors mit “Der brauchte das Geld” kommentiert habe, war mein Lehrer überhaupt nicht einverstanden. Ich bin auch 40 Jahre später noch der Ansicht, dass ich Recht habe. Und das ist überhaupt nicht schwierig.
    Ich will damit nichts gegen sprachliche Fächer gesagt haben. Die Fähigkeit, sich verständlich mitzuteilen und auch zwischen den Zeilen lesen zu können, ist sehr wichtig. Aber die immer noch vorhandene Einstellung, dass die Kenntnis der Klassiker eine gute Bildung ausmacht, kann ich nicht teilen. Diesen Teil der Bildung halte ich für (pseudo)intellektuelle Selbstbefriedigung.

  11. #11 Sören
    17. Oktober 2010

    @ Wb

    Natürlich sind das Klischees. Ich gehöre auch zu denen, die gleich in mehreren Fächern verzweifelt sind, weil es in Deutsch, Englisch, Französisch und Geschichte nur noch um völlig dumme Analysen ging.

    Womit ich dann bei Pan Narranz wäre:
    Ich stimme Ihnen da größtenteils zu, allerdings ist es ein Unterschied, ob ich einen Klassiker nur gelesen habe und dadurch kenne oder ob ich damit eine Zeile-für-Zeile-Analyse durchgeführt habe, um herauszufinden, was die einzelnen Charaktere gedacht haben und was der Autor uns damit sagen wollte. Wenn man dabei eher Pragmatiker und weniger Schwafler ist, überfordert einen das ziemlich schnell.

    In Biologie dagegen habe ich mit großer Begeisterung Teiche und Flüsse auf ihre Lebewesen und Qualität überprüft, Zoos besucht und vieles mehr…

  12. #12 Lei Tung™
    17. Oktober 2010

    @Lichtecho:

    Dinosaurier???

    Spiewak ist 1964 geboren. Ich will nicht hoffen, dass Rübe ab für alle über 30 Dein Argument ist. Ich hänge an meinem kleinen, uninteressanten Leben *ggg*

  13. #13 Lei Tung™
    17. Oktober 2010

    @Lichtecho:

    Dinosaurier???

    Spiewak ist 1964 geboren. Ich will nicht hoffen, dass Rübe ab für alle über 30 Dein Argument ist. Ich hänge an meinem kleinen, uninteressanten Leben *ggg*

  14. #14 Jürgen Schönstein
    17. Oktober 2010

    Ist zwar nur anekdotisch, aber das Gymnasium, das ich besuchte (das zeitweise mehr als 2000 Schüler be-lehrte), war zumindest zu meiner Zeit (1968 bis 1977) als “mathematisch-naturwissenschaftliches und neusprachliches” Gymnasium ausgewiesen. Die Trennung der beiden Zweige fand in Teilen bereits in der 7., endgültig aber in der 9. Klasse statt. In meinem Abi-Jahrgang 1977 waren etwa 140 oder 150 Schüler – davon etwa 25 Neusprachler. Ein Sechstel … ob das nun repräsentativ ist, weiß ich zwar nicht, aber einen anti-wissenschaftlichen Bias würde ich daraus nun wirklich nicht ableiten können …

  15. #15 Dr. Webbaer
    17. Oktober 2010

    Der Webbaer hat noch einmal kurz versucht die Nachricht aus dem Artikel des geschätzten Herrn Bäker zu trahieren. Diese könnte darin bestanden haben, dass pädagogisches Personal (oder auch medial vertretenes) nicht ausreichend die im Schülerpool potentiell vorhandene Begeisterungsfähigkeit für die Mathematik und die Naturwissenschaften unterstützt. Dem wäre wohl leider so.

    MFG
    Wb

  16. #16 Lei Tung™
    17. Oktober 2010

    @Lichtecho:

    Dinosaurier???

    Spiewak ist 1964 geboren. Ich will nicht hoffen, dass Rübe ab für alle über 30 Dein Argument ist. Ich hänge an meinem kleinen, uninteressanten Leben *ggg*

  17. #17 Alexander Stirn
    17. Oktober 2010

    Wer das ganze Interview (in dem es übrigens um den übergeordneten Aspekt “Autorität” geht) lesen will und nicht nur einzelne aus dem Zusammenhang gerissene Fragen und Antworten, findet das Gespräch hier.

  18. #18 Dr. Webbaer
    17. Oktober 2010

    @Alexander Stirn
    Aja, danke. Nun kann besser nachvollzogen werden, warum der eine oder andere bei diesem Interview beginnen könnte im Dreieck zu springen.

    Autorität als in Studiengängen pädagogisch vermittelte Kenngröße wird nicht funktionieren, und bei solchen Aussagen – “Sie [Träger der Autorität] sind fachlich versiert, unter Schülern beliebt, bei ihren Kollegen geachtet. Was man aber nie fand, sind Persönlichkeitszüge, die alle diese Lehrer teilten.” – ergeben sich idT ganz üble Bedenken bzgl. der Suchenden und deren Methodik.

    Der Webbaer könnte die “Züge, die man nie fand”, hier ad hoc kurz skizzieren, Moment, denk, …, …, aja:
    1.) ein in sich ruhendes Wesen, das Konfiktbearbeitung en passant und zügig abwickelt
    2.) Fachkompetenz in dem Sinne, dass die pädagog. Persönlichkeit dbzgl. keine Angriffspunkte bietet, jedenfalls nicht seitens der zu Schulenden
    3.) eine professionelle Einstellung in dem Sinne, dass Wissen effizient transportiert werden soll (und dann auch kann, die o.g. Punkte berücksichtigend), dass der Transfer von Wissen streng beachtet wird
    4.) eine positive konstruktive Einstellung
    5.) Humor (der bekanntlich aus dem Wissen um das letztliche Unwissen entsteht und zielkonform eingebracht werden kann)
    6.) Allgemeinbildung, zumindest ohne offensichtliche Löcher

    Die Liste ließe sich fortführen. Aber man ahnt bereits, dass diese pädagogischen Kräfte, also die (oder der hier interviewte) Meta-Lehrer, ungeeignet sein könnten dbzgl. messend vorzugehen.
    Die Pädagogik leidet bekanntlich seit einigen Jahrzehnten.

    MFG
    Wb

  19. #19 Niels
    17. Oktober 2010

    Wieder einmal werden die guten alten Klischees von der ach so schwierigen Mathematik und Naturwissenschaft bedient
    Ist das wirklich ein Klischee?
    An meiner Schule sind die Mathe- und Naturwissenschaften-Leistungskursler eigentlich nie mit total unterirdischen Noten aus dem Deutsch- und Geschichts-Grundkurs gekommen.
    Umgekehrt waren das für die Deutsch- und Geschicht-Leistungskursler durchaus der Fall.

    An der Uni konnte man bei uns als Nebenfach BWL belegen. Da hat man die selben Vorlesungen im selben Semester wie die richtigen BWL-Studenten gehört und auch die gleichen Prüfungen mitgeschrieben.
    Die Physiker waren bei den Prüfungen immer unter den besten 10% aller Prüfungsteilnehmer.

    Das Schlimme ist eigentlich, dass dieser Pädagoge ernsthaft behauptet, dass sich kein normaler Mensch für Naturwissenschaften interessieren könnte und das die Schüler mit guten Noten diese Noten nur bekommen, weil sie dem Lehrer besser vortäuschen können, sein Unterricht würde sie interessieren.
    Wo kommen nach Reichenbachs Vorstellung eigentlich die Mathelehrer und die Naturwissenschaftler her?
    Alles Masochisten?

  20. #20 Jürgen Schönstein
    18. Oktober 2010

    Falls sich hier jemand ernsthaft sorgt, dass die Geisteswissenschaften doch sooo sehr den Naturwissenschaften vorgezogen werden – hier passiert genau das Gegenteil …

  21. #21 Jürgen Schönstein
    18. Oktober 2010

    Falls sich hier jemand ernsthaft sorgt, dass die Geisteswissenschaften doch sooo sehr den Naturwissenschaften vorgezogen werden – hier passiert genau das Gegenteil …

  22. #22 Florian W.
    17. Oktober 2010

    Ist wohl eher der Effekt, dass man im Normalfall jenes mag, in dem man gut ist. Und da man zudem gerne von sich auf andere schließt, kommen halt solche Interviewaussagen zu stande. Der Blogautor war wohl auch eher in Mathe/Physik gut und kann gar nicht verstehen, dass es andere Menschen gibt, die diese Leidenschaft nicht teilen (und dennoch bei Verstand sind).

    Aber als Informatiker habe ich inzwischen gelernt, dass das menschliche Gehirn auch sehr gut programmierbar ist ( nur eben anders 😉 ), wodurch ich Fächer wie Geschichte oder auch Deutsch heute interessanter finde als Mathe und Physik damals.

  23. #23 Ulfi
    17. Oktober 2010

    Journalisten können am Ende auch nur über das schreiben, was sie selbst kennen gelernt haben. Wenn sich in ihrem Erfahrungsschatz keine Begeisterung für Mathe findet ist so ein Artikel auch nicht überraschend. Wen wundert es, dass sie genau die Fächer loben, die sich etwas mehr den Bereichen widmen, die sie selbst spannend finden? Umgekehrt läuft es wahrscheinlich auch nicht wesentlich besser, wenn man Naturwissenschaftler fragt, was sie so an der Schule toll fanden oder was verbesserungswürdig wäre.

    Das einzige was Ätzend ist, ist dass die Journalisten für so etwas Geld bekommen.

    Grüße, jemand der wegen Deutsch und Französisch sitzen geblieben ist, aber an den Naturwissenschaften immer einen Heidenspaß hatte!

  24. #24 Jürgen Schönstein
    18. Oktober 2010

    Falls sich hier jemand ernsthaft sorgt, dass die Geisteswissenschaften doch sooo sehr den Naturwissenschaften vorgezogen werden – hier passiert genau das Gegenteil …

  25. #25 SingSing
    18. Oktober 2010

    Hier wäre ein lohnendes Querschnittsthema für die SB-Blogger einschließlich Dr. Bäker (lohnender jedenfalls als saudummes, von Political Correctness verseuchtes und von null Ahnung belastetes Schwadronieren und Sich-in-Position-Setzen über Sarrazin, Religion und Binnen-I):

    Wie müsste ein Mathematikunterricht aussehen, der mehr als die zwei, drei Schüler je Klasse anspricht, die von vorneherein Neigung und Interesse mitbringen?

    Nehmen wir mich als Beispiel. Ich hatte in Mathe eine 6 im Abitur, bekam das Zeugnis gerade eben so nachgeschmissen.

    Dabei hatte ich in der Unterprima (12. Klasse für Neusprachler) gerade angefangen, Gefallen am Mathe-Unterricht zu finden. Ein junger Lehrer, neu an unsere Schule gekommen, unterrichtete uns in Boolescher Algebra. Endlich eine Chance auf einen Neuanfang, ohne durch die akkumulierten Lücken der vergangenen Jahre behindert zu werden. Es war die Möglichkeit, logisches Denken gleichsam von außen zu betrachten und systematisch kennenzulernen.

    Leider war dieses Halbjahr die große Ausnahme. Generell waren meine Mathelehrer entweder uninspirierend (das waren noch die Besseren) oder verkappte Sadisten. Von ansteckender Begeisterung, von pädagogischem Eros keine Spur.

    Sicher ist die in der Bevölkerung verbreitete Geringschätzung von mathematischer Kompetenz, die von John Allen Paulos in seinem Buch “Innumeracy” so schön beschrieben wird, ebenfalls ein Problem. Aber aus meiner Sicht ist der schlechte Mathematikunterricht in den Schulen das größere.

    Was kann man besser machen? Auf meiner Suche im Web bin ich auf zwei unterschiedliche Ansätze gestoßen.

    Das kleine Singapur schneidet alljährlich bei Mathematik-Olympiaden auf einem der vordersten Plätze ab. Das liegt zu einem sicher bedeutenden Teil an der Art der Früherziehung im Rechen- und Mathematik-Unterricht. Laut Medienberichten wird dabei besonders Wert gelegt auf zwei Dinge: erstens das Üben (“drilling”) von Rechenoperationen, wieder und wieder und wieder, bis sie zur zweiten Natur geworden sind. Zweitens, angefangen schon beim kleinen Einmaleins, die Betonung des Zwischenschrittes zwischen Konkretem und Abstrakten, nämlich der Visualisierung als Verständnishilfe und Brücke.

    Eine — scheinbar dazu könträre — Methode fand ich, als ich zufällig auf einen Zeitungsbericht über Nima Arkani-Hamed stieß (theoretischer Physiker, der wohl einen Nobelpreis gewinnen wird, wenn einige der LHC-Experimente seine Arbeit bestätigen). Darin wird sein Besuch an seiner alten Schule in Kanada und das Zusammentreffen mit seinem damaligen Mathelehrer beschrieben.

    Dieser hatte seine eigene Methode für das Unterrichten von Mathematik entwickelt, die er als “Teaching to the Top Third” (= Ausrichtung des Unterrichts am oberen Drittel der Schulklasse) zusammenfasst.

    Auf den ersten Blick eine schlechte Idee. Was soll dann aus den übrigen zwei Dritteln werden? Nach meiner Sicht wäre es trotzdem ein Fortschritt, jedenfalls gegenüber dem schlechten Mathe-Unterricht an deutschen Schulen. In einer Klasse von 27 Schülern wären ein Drittel immerhin 9 Schüler, das wäre schon mal eine Verdreifachung des Interesses gegenüber dem Jetztzustand.

    Außerdem ergibt sich ein gewisser Mitzieh-Effekt. Die 18 übrigen Schüler merken, dass sich hier etwas Interessantes abspielt, und ihre Aufmerksamkeit ist erhöht. Die 9 Schüler im oberen Drittel könnten einen Teil ihrer Freude am Lernen mit ihren Mitschülern teilen und so zu Vermittlern und Kommunikatoren werden.

    Im Englischen gibt es dazu ein schönes Sprichwort: “A rising tide lifts every boat”.

  26. #26 SingSing
    18. Oktober 2010

    Niels·
    17.10.10 · 16:58 Uhr

    An meiner Schule sind die Mathe- und Naturwissenschaften-Leistungskursler eigentlich nie mit total unterirdischen Noten aus dem Deutsch- und Geschichts-Grundkurs gekommen.

    Dann lesen Sie mal, was Pan Narrans oben schreibt. Er merkt selbst nach 40 Jahren nicht, was ihm fehlt.

  27. #27 SingSing
    18. Oktober 2010

    … was ihm entgeht wäre besser formuliert.

  28. #28 wirbel
    18. Oktober 2010

    [Quote]
    Nehmen wir mich als Beispiel. Ich hatte in Mathe eine 6 im Abitur, bekam das Zeugnis gerade eben so nachgeschmissen.[/Quote]

    Ganz ehrlich, jemand der in der Oberstufe eine 6 in Mathe hat, ist nicht allgemein Hochschulreif!

  29. #29 MartinB
    18. Oktober 2010

    @FlorianW
    Dem Journalisten kann ich das sicher verzeihen. Dem Pädagogen allerdings weniger, und von dem stammen ja alle Zitate bis auf das zweite mit der Begeisterungsfähigkeit. Als Pädagoge sollte er meiner Ansicht nach in der Lage sein, über den Tellerrand eigener Interessen hinauszublicken.

    Ich kann übrigens sehr gut verstehen, dass andere Leute z.B. Literatur spannend (oder sogar spannender als Physik) finden, dafür lese ich selbst zu gern.

    Mich stört einfach die normative Behauptung “Mathe und Physik sind sooo schwer”.

    @Jürgen
    Na klar, in anderen Bereichen werden die Naturwissenschaften vorgezogen – da muss man sich nur mal ansehen, unter welchem Rechtfertigungsdruck auch in Deutschland die Geisteswissenschaften an den Unis stehen.
    Was deine Schulerfahrung angeht – im Zeitmagazin war gerade eine Abschlussklasse abgebildet mit so etwa 20 Schülern, davon wollte einer vielleicht Physik und einer vielleicht Bio studieren, alle anderen strebten nicht-naturwissenschaftliche Fächer an. Ähnliches erlebe ich auch immer wieder bei berufsinfo-Börsen für Schüler – an den naturwissenschaftlichen Tischen ist es oft ziemlich leer.

    @SingSing
    Klar entgeht einem was, wenn man Shakespeare oder Homer nicht liest – so wie einem was entgeht, wenn man nicht weiß, wie die Maxwellgleichungen oder der 2. hauptsatz funktionieren. Die zwei Kulturen sind häufig immer noch sauber getrennt…

  30. #30 Marc
    18. Oktober 2010

    also die hier vorgenommene rezeption geht natürlich an der idee des interviews vorbei. es geht im interview um autorität von lehrpersonen, nicht um die begeisterungsfähigkeit für natur-, geistes- oder sozialwissenschaften.

    auch wenn man den text sicherlich auch so lesen kann, dass hier die naturwissenschaften verunglimpft werden, bietet es sich an, dass man einfach mal physik gegen latein und binomische formeln gegen faust tauscht. das nimmt dem text nicht den sinn. eventuell sollte man herrn reichenbach einfach einmal darauf hinweisen.

    vielmehr liegt hier aber m.e. ein anderer trugschluss zugrunde. und zwar der, dass sich kinder nicht ohne eine pädagogische anleitung schwierigen fragestellungen zuwenden und diese versuchen zu lösen. und dies ist vermutlich falsch.

    vielleicht suchen sich kinder nicht gerade binomische formeln um der binomischen formeln willen, aber auf der suche nach der lösung eines problems könnten sie eben auf diese stoßen.

  31. #31 Bjoern
    18. Oktober 2010

    @SingSing:

    Generell waren meine Mathelehrer entweder uninspirierend (das waren noch die Besseren) oder verkappte Sadisten. Von ansteckender Begeisterung, von pädagogischem Eros keine Spur.

    Das bleibt leider etwas vage. Was konkret hätten die Lehrer denn deiner Ansicht nach anders / besser machen sollen? “Sie hätten mich besser inspirieren sollen” oder ähnliches ist nicht sonderlich aussagekräftig.

    Das kleine Singapur schneidet alljährlich bei Mathematik-Olympiaden auf einem der vordersten Plätze ab. Das liegt zu einem sicher bedeutenden Teil an der Art der Früherziehung im Rechen- und Mathematik-Unterricht. Laut Medienberichten wird dabei besonders Wert gelegt auf zwei Dinge: erstens das Üben (“drilling”) von Rechenoperationen, wieder und wieder und wieder, bis sie zur zweiten Natur geworden sind. Zweitens, angefangen schon beim kleinen Einmaleins, die Betonung des Zwischenschrittes zwischen Konkretem und Abstrakten, nämlich der Visualisierung als Verständnishilfe und Brücke.

    Also, erstens einmal erinnere ich mich noch aus der eigenen Schulzeit daran, dass da zumindest Punkt 1 eindeutig auch gemacht wurde. Und inzwischen bin ich selbst Mathelehrer – und würde sagen, auch Punkt 2 wird in Deutschland gemacht (bzw. sollte zumindest gemacht werden laut Ausbildung im Referendariat…)

    Dieser hatte seine eigene Methode für das Unterrichten von Mathematik entwickelt, die er als “Teaching to the Top Third” (= Ausrichtung des Unterrichts am oberen Drittel der Schulklasse) zusammenfasst.

    Und auch hier wäre eine detailliertere Erklärung nett…

    In einer Klasse von 27 Schülern wären ein Drittel immerhin 9 Schüler, das wäre schon mal eine Verdreifachung des Interesses gegenüber dem Jetztzustand.

    Du meinst also, in einer Klasse von 27 Schülern haben zur Zeit im Schnitt nur 3 Schüler Interesse an Mathematik? Das halte ich jetzt aber doch für arg pessimistisch geschätzt.

  32. #32 Bjoern
    18. Oktober 2010

    @MartinB:

    Wieder einmal werden die guten alten Klischees von der ach so schwierigen Mathematik und Naturwissenschaft bedient,…

    Wieso “Klischees”? Sowohl Lehrer als auch Schüler empfinden diese Fächer als schwierig. In der Zeitschrift “Praxis der Naturwissenschaften” war erst neulich ein Artikel zum Thema drin (“Physik – ein schwieriges Fach?”), in dem Ergebnisse von Umfragen unter Physiklehrern und Schüler präsentiert wurden. Einige Zahlen:

    * Der Aussage “Das Anspruchsniveau der Leistungskurse im Fach Physik ist höher als in den meisten anderen Fächern.” stimmten 77% der Lehrer zu.

    * 40% der Schüler haben das Fach Physik in der 10. Jahrgangsstufe als “schwierig” oder “sehr schwierig” empfunden (Spitzenplatz, nur Chemie galt als gleich schwierig; Mathematik und Fremdsprachen folgten mit etwa 33%, alle anderen Fächer deutlich darunter mit höchstens 19%!); in den Jahrgangsstufen davor sah’s ähnlich aus.

    * Bei einer Umfrage unter Erwachsenen gaben ca. 24% an, Mathematik von allen Schulfächern am meisten gehasst zu haben; danach kamen gleichauf Chemie und Physik mit je ca. 14%.

    Jetzt kann man sich natürlich noch darüber streiten, ob Mathe und Physik tatsächlich schwierig sind oder nur von sehr vielen Leuten als schwierig empfunden werden… Aber dafür sollte man vielleicht erst mal festlegen, was man überhaupt meint, wen man sagt, ein Fach sei “schwierig”… (“wird von vielen Leuten nicht verstanden” ist wohl keine gute Definition)

  33. #33 MartinB
    18. Oktober 2010

    @Bjoern
    Glaub ich gern – aber es stellt sich doch die klassische Henne-Ei-Frage:
    Wenn alle glauben, dass Naturwissenschaften schwierig sind, dann wundert man sich halt nicht, wenn es viele Schüler gibt, die es nicht verstehen. Und dann ist der Antrieb, etwas zu ändern, sicherlich kleiner als wenn alle Schüler z.B. Politik schwierig finden würden. Ich denke schon, dass man auch Naturwissenschaften spannend machen kann – im Grundschulalter finden Kinder sie ja noch toll – das merkt man bei der Kinderuni, oder lies mal Florians Berichte zu seinen Erlebnissen im Kindergarten.
    Irgendwann kommt der Wendepunkt, und der hat vermutlich auch etwas damit zu tun, dass eben alle es nicht anders erwarten.

  34. #34 Bjoern
    18. Oktober 2010

    @MartinB:

    Glaub ich gern – aber es stellt sich doch die klassische Henne-Ei-Frage: Wenn alle glauben, dass Naturwissenschaften schwierig sind, dann wundert man sich halt nicht, wenn es viele Schüler gibt, die es nicht verstehen.

    Denkst du auch, die 77% der Physiklehrer, die im Prinzip sagen, Physik sei schwierig, sagen dass vor allem deswegen, weil es ihnen ständig eingeredet wurde? Halte ich doch eher für unwahrscheinlich.

    Ich denke schon, dass man auch Naturwissenschaften spannend machen kann – im Grundschulalter finden Kinder sie ja noch toll – das merkt man bei der Kinderuni, oder lies mal Florians Berichte zu seinen Erlebnissen im Kindergarten.
    Irgendwann kommt der Wendepunkt, und der hat vermutlich auch etwas damit zu tun, dass eben alle es nicht anders erwarten.

    Von meinen eigenen Erlebnissen her (waren bisher nicht viele – ich unterrichte fast ausschliesslich Mathematik, nicht Physik) würde ich sagen, einer der Wendepunkte ist es, wenn man in der Physik plötzlich nicht mehr nur hübsche Experimente anschaut und vage, qualitative Erklärungen dazu bekommt, sondern gefälligst auch was dazu rechnen soll. Viele Schüler steigen aus, sobald sie eine Formel sehen – das ist ein ähnliches Problem wie in der Mathematik: mit Zahlen rechnen können die meisten halbwegs, aber sobald man anfängt, mit Buchstaben zu rechnen, hört’s bei vielen halt auf…

  35. #35 Schlüter
    18. Oktober 2010

    Danke für diesen Artikel, Herr Bäker!

    @Bjoern
    Gibt es in den Umfragen auch eine Unterscheidung zwischen den Geschlechtern?
    Denn Jungen und Mädchen unterscheiden sich, was die Begeisterungsfähigkeit von Naturwissenschaften und Mathe angeht.

    In einer anderen Studie wird Mathe als eins der Lieblingsfächer bei Jungen genannt:
    https://www.scienceblogs.de/mathlog/2010/02/in-mathe-warn-wir-immer-gut.php

  36. #36 Schlüter
    18. Oktober 2010

    Danke für diesen Artikel, Herr Bäker!

    @Bjoern
    Gibt es in den Umfragen auch eine Unterscheidung zwischen den Geschlechtern?
    Denn Jungen und Mädchen unterscheiden sich, was die Begeisterungsfähigkeit von Naturwissenschaften und Mathe angeht.

    In einer anderen Studie wird Mathe als eins der Lieblingsfächer bei Jungen genannt:
    https://www.scienceblogs.de/mathlog/2010/02/in-mathe-warn-wir-immer-gut.php

  37. #37 Schlüter
    18. Oktober 2010

    Danke für diesen Artikel, Herr Bäker!

    @Bjoern
    Gibt es in den Umfragen auch eine Unterscheidung zwischen den Geschlechtern?
    Denn Jungen und Mädchen unterscheiden sich, was die Begeisterungsfähigkeit von Naturwissenschaften und Mathe angeht.

    In einer anderen Studie wird Mathe als eins der Lieblingsfächer bei Jungen genannt:
    https://www.scienceblogs.de/mathlog/2010/02/in-mathe-warn-wir-immer-gut.php

  38. #38 Bjoern
    18. Oktober 2010

    @Schlüter:

    Gibt es in den Umfragen auch eine Unterscheidung zwischen den Geschlechtern?

    Ich habe die Umfrage leider nicht direkt gesehen, nur die Zusammenfassung in der oben erwähnten Zeitschrift. Und zumindest da wurde nicht nach Geschlechtern aufgeschlüsselt.

    In einer anderen Studie wird Mathe als eins der Lieblingsfächer bei Jungen genannt:

    Erstens einmal kann man ja ein Fach auch mögen, obwohl man es als schwierig ansieht. Zweitens kann es ja auch sein, dass Mathe einfach sehr stark polarisiert: es gibt einen großen Anteil von Schülern, die sie hassen, aber auch einen großen Anteil, die sie gern mögen – aber dafür nur ein sehr kleines Mittelfeld.

  39. #39 MartinB
    18. Oktober 2010

    @Bjoern
    Nein, so einfach denke ich mir das nicht – Physik und Mathematik sind abstrakt und deshalb sicher für viele nicht leicht. Aber auch für Sprachen kann man unterschiedlich begabt sein und einigen Schülern fällt Französisch wahrscheinlich genau so schwer wie anderen Mathe. Aber ich denke schon, dass ein Schüler, der in Mathe vielleicht gerade eben so mitkommt, eher aufgibt wenn man ihm suggeriert “Mathe ist sowieso superschwer und ich hab’s auch nie kapiert”.

    Und in den zitierten Sätzen ist es ja nicht nur die Aussage, dass Mathe und Naturwissenschaften schwer, sondern auch noch, dass sie uninteressant sind (von sich aus interessiert man sich nicht dafür). Und das wird doch kein Leser der Scienceblogs unterschreiben, oder?

    Letztlich stört mich wohl vor allem der unterschwellig normative Charakter: Schüler finden halt MINT-Fächer langweilig und die sind eh viel zu schwer, das ist halt so. Hat zum einen Elemente einer serlbsterfüllenden Prophezeiung (dazu, dass Schüler schlechtere Leistungen bringen, wenn man ihnen sagt, eine Aufgabe sei besonders schwer, gibt’s Untersuchungen, wenn ich mich recht entsinne), zum anderen ist es ein Schlag gegen die, die eben Mathe doch toll finden, die sind halt nicht normal…

  40. #40 Bjoern
    18. Oktober 2010

    @MartinB:

    Nein, so einfach denke ich mir das nicht – Physik und Mathematik sind abstrakt und deshalb sicher für viele nicht leicht.

    Gut, da sind wir uns schon mal einig.

    Aber auch für Sprachen kann man unterschiedlich begabt sein und einigen Schülern fällt Französisch wahrscheinlich genau so schwer wie anderen Mathe.

    Der wesentliche Unterschied ist hier aber, dass das menschliche Hirn dafür ausgelegt ist, Sprachen zu verstehen und zu verarbeiten. Mathematik dagegen ist (meiner Ansicht nach) etwas eher “unnatürliches” für das Gehirn, eine Denkweise, die man sich erst lange und oft beschwerlich aneignen muss.

    Aber ich denke schon, dass ein Schüler, der in Mathe vielleicht gerade eben so mitkommt, eher aufgibt wenn man ihm suggeriert “Mathe ist sowieso superschwer und ich hab’s auch nie kapiert”.

    Ja, klar. Das würde ich auch einem Schüler nie einsuggerieren!

    Und in den zitierten Sätzen ist es ja nicht nur die Aussage, dass Mathe und Naturwissenschaften schwer, sondern auch noch, dass sie uninteressant sind (von sich aus interessiert man sich nicht dafür). Und das wird doch kein Leser der Scienceblogs unterschreiben, oder?

    Natürlich nicht. Mir ging’s ja nur um die Aussage, dass “Mathe und Naturwissenschaften sind schwer” ein Klischee wäre – meiner Ansicht nach ist das halt kein Klischee, sondern einfach zutreffend. (natürlich im Schnitt gesehen – manche Schüler werden das anders sehen)

  41. #41 SingSing
    19. Oktober 2010

    Bjoern·
    18.10.10 · 16:47 Uhr

    Das bleibt leider etwas vage. Was konkret hätten die Lehrer denn deiner Ansicht nach anders / besser machen sollen? “Sie hätten mich besser inspirieren sollen” oder ähnliches ist nicht sonderlich aussagekräftig.

    Erst einmal vielen Dank, dass Sie mich nicht als “nicht allgemein Hochschulreif [sic]” abbügeln. Ihre Fragen zeigen, dass Sie Ihren Beruf ernst nehmen und dazulernen möchten. Der Mathe-Unterricht, den ich erlebt habe, war buchzentriert und nicht schülerzentriert. Lernstoff war dazu da, abgearbeitet zu werden. Wer nicht mitkam, hatte selber schuld. Gelegenheiten, Schüler zu demütigen (“Komm mal an die Tafel und rechne vor… Setzen! Du kannst nichts!”) wurden genutzt. Interesse, auf die Verständnisschwierigkeiten von Schülern einzugehen und mehr als eine Nachfrage zu beantworten, war nicht vorhanden, stattdessen wurde Nachhilfeunterricht empfohlen.

    Also, erstens einmal erinnere ich mich noch aus der eigenen Schulzeit daran, dass da zumindest Punkt 1 eindeutig auch gemacht wurde. Und inzwischen bin ich selbst Mathelehrer – und würde sagen, auch Punkt 2 wird in Deutschland gemacht (bzw. sollte zumindest gemacht werden laut Ausbildung im Referendariat…)

    Hier ein Artikel in der New York Times über Singapore Math: https://www.nytimes.com/2010/10/01/education/01math.html?_r=1&scp=1&sq=singapore%20math&st=cse

    “Dieser hatte seine eigene Methode für das Unterrichten von Mathematik entwickelt, die er als “Teaching to the Top Third” (= Ausrichtung des Unterrichts am oberen Drittel der Schulklasse) zusammenfasst.” Und auch hier wäre eine detailliertere Erklärung nett…

    Um detaillierte Erklärungen zu geben, bin ich nicht kompetent. Stattdessen hier die Links zum Artikel über Prof. Arkani-Hamed und seinen Mathelehrer Charles Ledger — https://www.societyforqualityeducation.org/newsletter/mar07/spirit.pdf — und über das von Ledger begründete Programm “Spirit of Math” https://spiritofmath.com/about2.html

    Anzumerken ist, dass “Spirit of Math” ursprünglich an einer ganz normalen öffentlichen Schule entwickelt wurde, aber aufgrund von Widerständen in der Schulverwaltung musste Ledger sein Programm außerhalb des Schulsystems fortführen.

    Du meinst also, in einer Klasse von 27 Schülern haben zur Zeit im Schnitt nur 3 Schüler Interesse an Mathematik? Das halte ich jetzt aber doch für arg pessimistisch geschätzt.

    In meiner Gymnasialklasse waren es sogar genau 0 (in Worten: Null). Wir hatten einen, der regelmäßig auf 1 stand, der las einfach immer zwei Kapitel im voraus und wusste schon vorher, was drankommt. Die Mathematik hat er nicht geliebt, ihm war der Notenschnitt wichtig. Zwei Mädchen auf 2, der Rest 3 und schlechter. Keiner von uns hat einen naturwissenschaftlichen Beruf ergriffen.

  42. #42 SingSing
    19. Oktober 2010

    Das Fernsehen ist ein Medium, das ganz heftig einen bestimmten Menschentypus favorisiert. Nachrichtensprecher, Talkshow-Moderatoren, sie alle sind gutaussehend, oder jedenfalls das, was unsere Gesellschaft derzeit als gutaussehend ansieht.

    Wie kommt es dann, dass ein kleines Hutzelmännchen, ein glatzköpfiger Brillenträger, seit Jahr und Tag eine Wissenschafts-Show moderiert, die von einer eingeschworenen Gemeinde treuer Zuseher verfolgt wird?

    Der Grund, meiner Meinung nach, ist der Enthusiasmus und das pädagogische Geschick, das dieser Mann verströmt. Harald Lesch ist der Lehrer, den wir in der Schule gerne gehabt hätten. “Geht doch!” sagen wir und freuen uns, etwas lernen zu dürfen.

  43. #43 wirbel
    19. Oktober 2010

    @SingSing

    Mich nicht mit Bjoern verwechseln…

    Ja mit einer ungenügenden Note im Abiturzeugniss ist man nicht allgemein hochschulreif! Für mich bedeutet allgemeine Hochschulreife, das man grundsätzlich alles studieren kann. Mit einer 6 in Mathe ist da bei einem Großteil der Studiengänge wenig zu holen, außer man ist ein sehrspätenwickler.

    das hat nichts mit mangelnder Intelligenz oder einem ähnlich abwertenden Vorwurf zu tun, sondern spiegelt einfach die aufgrund der zensuren naheligende These wieder, dass du eher ein Spezialist als ein Generalist bist.

    Dein [sic!] erinnert mich übrigens an meine Schulzeit, da gab es auch Fächer in denen Formalismen mehr zählten als selbstständiges Vorgehen bzw. der Inhalt. Diese Fächer gelten aber leider eher als Bildung als die MINT-Fächer.

  44. #44 SingSing
    19. Oktober 2010

    wirbel, ich habe Sie nicht mit Bjoern verwechselt, wie kommen SIe darauf?

    Meinen Glückwunsch, dass Sie es trotz Ihrer Lese- und Rechtschreibschwäche so weit gebracht haben.

    Eine unzulässige Einschätzung Ihrer Person, wertlos gar? Dann wissen Sie, was ich über Ihre Kommentare denke.

    MfG
    SingSing

  45. #45 wirbel
    19. Oktober 2010

    SingSing,
    sie unterstellen Bjoern eine Aussage die von mir stammt, soviel zur Textgestaltung ihrerseits.

    Wenn sie der Meinung sind das Formalismen (z.B. das herumreiten auf Tippfehlern)wichtiger sind als Inhalte, dann ist das buchstäblich ihr Problem, das sie sicherlich beruflich und sozial behindern wird. Ich habe es in der Tat weit gebracht, das liegt aber bestimmt nicht daran dass ich in Schule irgendwelche klassiker totanalysiert habe.

  46. #46 SingSing
    19. Oktober 2010

    wirbel, Tipp an Sie (hat schon vielen Legasthenikern geholfen). Sprechen Sie beim Lesen den Text halblaut mit, dann erkennen Sie auch die doppelte Verneinung “dass Sie mich nicht als ‘nicht allgemein Hochschulreif [sic]’ abbügeln”.

    Die Arbeit ruft, werde mich eine Weile aus diesem Thread verabschieden müssen. Wünsche allen noch interessante Unterhaltungen.

  47. #47 Lei Tung™
    19. Oktober 2010

    Ich denke, dass die Malaise mit der Pädagogik drei Gründe hat, zwei mehr oder weniger humoristische und einen sachlichen: Zum Ersten geht die Mär, dass Schul-Pädagogen -weitab jeglicher Berufung – ihren Beruf nur wegen der Ferien studieren; zweitens keimt der Verdacht, dass Pädagogen Menschen sind, die beschlossen haben, zumindest ihr Berufsleben mit Schwächeren zu verbringen.

    Drittens aber scheint es so zu sein, dass Menschen von Haus aus Talente haben.
    Der Neurobiologe Gerhard Roth schreibt in Fühlen, Denken, Handeln (suhrkamp tb wissenschaft 1678):

    Die Frage, inwieweit Persönlichkeitsmerkmale des Menschen angeboren oder erworben bzw. durch Erziehung veränderbar sind, lässt sich aufgrund der […] Forschungsergebnisse mit aller Vorsicht so beantworten: Im strengen Sinne genetisch determiniert scheint die Persönlichkeit zu 40 bis 50 Prozent zu sein; ca. 30 bis 40 Prozent gehen auf das Konto von Prägungs- und Erlebnisprozessen im Alter zwischen 0 und 5 Jahren. Nur zu etwa 20 bis 30 Prozent scheint die Persönlichkeitsstruktur durch spätere Erlebnisse und durch elterliche und schulische Erziehung beeinflusst zu werden. Allgemein scheint zu gelten, dass eine Person in ihrer Persönlichkeit eher »ausreift«, als dass sie sich aufgrund von Umwelterfahrungen in ihrem Kern ändert, und dass sie sich eher die Umwelt sucht (bzw. einrichtet), die zu ihr emotional passt, als dass sie sich an eine Umwelt anpasst.
    Letzteres ist der Schluss, der aus jüngeren Längsschnittuntersuchungen des Berliner Persönlichkeitspsychologen Asendorpf und seiner Mitarbeiter (vgl. Asendorpf und Wilpers, 1999; Neyer und Asendorpf, 2001) zu ziehen ist. Hier wurden unter anderem junge Menschen vor und nach dem Übergang von der Schule zur Universität auf Veränderungen in ihrer Persönlichkeit, d. h. ihren »big five« untersucht. Wenn man traditionellerweise annimmt, dass die Persönlichkeit des Menschen in hohem Maße von den aktuellen Umwelteinflüssen geformt wird, dann konnte man erwarten, dass ein derart wichtiger Schritt im Leben eines jungen Erwachsenen zu stärkeren Veränderungen in der Persönlichkeit der untersuchten Individuen fuhrt. Dies war aber nicht der Fall; die zum Teil stark veränderten Lebensbedingungen (neues berufliches Umfeld, neuer Freundeskreis, neue Liebesbeziehungen, Heirat, Nachwuchs) hatten keinen merklichen Einfluss auf die Persönlichkeit. Dies wurde auch durch eine nachfolgende Längsschnittstudie an Erwachsenen in einem etwas höheren Alter (Schnitt 28,6 Jahre) bestätigt.
    Asendorpfs Einsicht daraus ist, dass sich Persönlichkeit in früher Kindheit in den Grundzügen stabilisiert und zunehmend immun gegen Umwelteinflüsse wird. Ältere Jugendliche und Erwachsene suchen sich eher diejenigen Umwelten und Lebensbedingungen, die zu ihnen passen, anstatt sich der Umwelt aktiv anzupassen. So sucht sich ein ängstlicher Mensch eine Umwelt, die seiner Ängstlichkeit entgegenkommt oder ihm zumindest nicht schadet, während ein extrovertierter Mensch andere Menschen anzieht oder sie aktiv aufsucht.

    Sollten diese Forschungsergebnisse korrekt und z. B. die Sprachbegabung evolutiv bedingt tatsächlich besser ausgeprägt sein, dann ist es nicht verwunderlich, dass Mathematik nicht so gut kommt – unabhängig von den möglichen Inkompetenzen der jeweiligen Lehrer.

    —————————-
    @wirbel, @SingSing: Klasse-Fight. “And the winner is …” *g*

  48. #48 Lei Tung™
    19. Oktober 2010

    Ich denke, dass die Malaise mit der Pädagogik drei Gründe hat, zwei mehr oder weniger humoristische und einen sachlichen: Zum Ersten geht die Mär, dass Schul-Pädagogen -weitab jeglicher Berufung – ihren Beruf nur wegen der Ferien studieren; zweitens keimt der Verdacht, dass Pädagogen Menschen sind, die beschlossen haben, zumindest ihr Berufsleben mit Schwächeren zu verbringen.

    Drittens aber scheint es so zu sein, dass Menschen von Haus aus Talente haben.
    Der Neurobiologe Gerhard Roth schreibt in Fühlen, Denken, Handeln (suhrkamp tb wissenschaft 1678):

    Die Frage, inwieweit Persönlichkeitsmerkmale des Menschen angeboren oder erworben bzw. durch Erziehung veränderbar sind, lässt sich aufgrund der […] Forschungsergebnisse mit aller Vorsicht so beantworten: Im strengen Sinne genetisch determiniert scheint die Persönlichkeit zu 40 bis 50 Prozent zu sein; ca. 30 bis 40 Prozent gehen auf das Konto von Prägungs- und Erlebnisprozessen im Alter zwischen 0 und 5 Jahren. Nur zu etwa 20 bis 30 Prozent scheint die Persönlichkeitsstruktur durch spätere Erlebnisse und durch elterliche und schulische Erziehung beeinflusst zu werden. Allgemein scheint zu gelten, dass eine Person in ihrer Persönlichkeit eher »ausreift«, als dass sie sich aufgrund von Umwelterfahrungen in ihrem Kern ändert, und dass sie sich eher die Umwelt sucht (bzw. einrichtet), die zu ihr emotional passt, als dass sie sich an eine Umwelt anpasst.
    Letzteres ist der Schluss, der aus jüngeren Längsschnittuntersuchungen des Berliner Persönlichkeitspsychologen Asendorpf und seiner Mitarbeiter (vgl. Asendorpf und Wilpers, 1999; Neyer und Asendorpf, 2001) zu ziehen ist. Hier wurden unter anderem junge Menschen vor und nach dem Übergang von der Schule zur Universität auf Veränderungen in ihrer Persönlichkeit, d. h. ihren »big five« untersucht. Wenn man traditionellerweise annimmt, dass die Persönlichkeit des Menschen in hohem Maße von den aktuellen Umwelteinflüssen geformt wird, dann konnte man erwarten, dass ein derart wichtiger Schritt im Leben eines jungen Erwachsenen zu stärkeren Veränderungen in der Persönlichkeit der untersuchten Individuen fuhrt. Dies war aber nicht der Fall; die zum Teil stark veränderten Lebensbedingungen (neues berufliches Umfeld, neuer Freundeskreis, neue Liebesbeziehungen, Heirat, Nachwuchs) hatten keinen merklichen Einfluss auf die Persönlichkeit. Dies wurde auch durch eine nachfolgende Längsschnittstudie an Erwachsenen in einem etwas höheren Alter (Schnitt 28,6 Jahre) bestätigt.
    Asendorpfs Einsicht daraus ist, dass sich Persönlichkeit in früher Kindheit in den Grundzügen stabilisiert und zunehmend immun gegen Umwelteinflüsse wird. Ältere Jugendliche und Erwachsene suchen sich eher diejenigen Umwelten und Lebensbedingungen, die zu ihnen passen, anstatt sich der Umwelt aktiv anzupassen. So sucht sich ein ängstlicher Mensch eine Umwelt, die seiner Ängstlichkeit entgegenkommt oder ihm zumindest nicht schadet, während ein extrovertierter Mensch andere Menschen anzieht oder sie aktiv aufsucht.

    Sollten diese Forschungsergebnisse korrekt und z. B. die Sprachbegabung evolutiv bedingt tatsächlich besser ausgeprägt sein, dann ist es nicht verwunderlich, dass Mathematik nicht so gut kommt – unabhängig von den möglichen Inkompetenzen der jeweiligen Lehrer.

    —————————-
    @wirbel, @SingSing: Klasse-Fight. “And the winner is …” *g*

  49. #49 Lei Tung™
    19. Oktober 2010

    Ich denke, dass die Malaise mit der Pädagogik drei Gründe hat, zwei mehr oder weniger humoristische und einen sachlichen: Zum Ersten geht die Mär, dass Schul-Pädagogen -weitab jeglicher Berufung – ihren Beruf nur wegen der Ferien studieren; zweitens keimt der Verdacht, dass Pädagogen Menschen sind, die beschlossen haben, zumindest ihr Berufsleben mit Schwächeren zu verbringen.

    Drittens aber scheint es so zu sein, dass Menschen von Haus aus Talente haben.
    Der Neurobiologe Gerhard Roth schreibt in Fühlen, Denken, Handeln (suhrkamp tb wissenschaft 1678):

    Die Frage, inwieweit Persönlichkeitsmerkmale des Menschen angeboren oder erworben bzw. durch Erziehung veränderbar sind, lässt sich aufgrund der […] Forschungsergebnisse mit aller Vorsicht so beantworten: Im strengen Sinne genetisch determiniert scheint die Persönlichkeit zu 40 bis 50 Prozent zu sein; ca. 30 bis 40 Prozent gehen auf das Konto von Prägungs- und Erlebnisprozessen im Alter zwischen 0 und 5 Jahren. Nur zu etwa 20 bis 30 Prozent scheint die Persönlichkeitsstruktur durch spätere Erlebnisse und durch elterliche und schulische Erziehung beeinflusst zu werden. Allgemein scheint zu gelten, dass eine Person in ihrer Persönlichkeit eher »ausreift«, als dass sie sich aufgrund von Umwelterfahrungen in ihrem Kern ändert, und dass sie sich eher die Umwelt sucht (bzw. einrichtet), die zu ihr emotional passt, als dass sie sich an eine Umwelt anpasst.
    Letzteres ist der Schluss, der aus jüngeren Längsschnittuntersuchungen des Berliner Persönlichkeitspsychologen Asendorpf und seiner Mitarbeiter (vgl. Asendorpf und Wilpers, 1999; Neyer und Asendorpf, 2001) zu ziehen ist. Hier wurden unter anderem junge Menschen vor und nach dem Übergang von der Schule zur Universität auf Veränderungen in ihrer Persönlichkeit, d. h. ihren »big five« untersucht. Wenn man traditionellerweise annimmt, dass die Persönlichkeit des Menschen in hohem Maße von den aktuellen Umwelteinflüssen geformt wird, dann konnte man erwarten, dass ein derart wichtiger Schritt im Leben eines jungen Erwachsenen zu stärkeren Veränderungen in der Persönlichkeit der untersuchten Individuen fuhrt. Dies war aber nicht der Fall; die zum Teil stark veränderten Lebensbedingungen (neues berufliches Umfeld, neuer Freundeskreis, neue Liebesbeziehungen, Heirat, Nachwuchs) hatten keinen merklichen Einfluss auf die Persönlichkeit. Dies wurde auch durch eine nachfolgende Längsschnittstudie an Erwachsenen in einem etwas höheren Alter (Schnitt 28,6 Jahre) bestätigt.
    Asendorpfs Einsicht daraus ist, dass sich Persönlichkeit in früher Kindheit in den Grundzügen stabilisiert und zunehmend immun gegen Umwelteinflüsse wird. Ältere Jugendliche und Erwachsene suchen sich eher diejenigen Umwelten und Lebensbedingungen, die zu ihnen passen, anstatt sich der Umwelt aktiv anzupassen. So sucht sich ein ängstlicher Mensch eine Umwelt, die seiner Ängstlichkeit entgegenkommt oder ihm zumindest nicht schadet, während ein extrovertierter Mensch andere Menschen anzieht oder sie aktiv aufsucht.

    Sollten diese Forschungsergebnisse korrekt und z. B. die Sprachbegabung evolutiv bedingt tatsächlich besser ausgeprägt sein, dann ist es nicht verwunderlich, dass Mathematik nicht so gut kommt – unabhängig von den möglichen Inkompetenzen der jeweiligen Lehrer.

    —————————-
    @wirbel, @SingSing: Klasse-Fight. “And the winner is …” *g*

  50. #50 Lei Tung™
    19. Oktober 2010

    *lol* 😉

  51. #51 Lei Tung™
    19. Oktober 2010

    *lol* 😉

  52. #52 SingSing
    19. Oktober 2010

    @Lei Tung: Ja, wer gewinnt wohl, wenn Not gegen Elend antritt… *doppel g*

  53. #53 Lei Tung™
    19. Oktober 2010

    *lol* 😉

  54. #54 Bjoern
    19. Oktober 2010

    @SingSing: Erst mal danke für die Links! Werde ich mir mal zu Gemüte führen…

    Und: Waren wir nicht beim “Du”? 😉

    Der Mathe-Unterricht, den ich erlebt habe, war buchzentriert und nicht schülerzentriert. Lernstoff war dazu da, abgearbeitet zu werden.

    Das Problem war also, dass nicht gesagt wurde, wozu man das Zeug brauchen kann – sondern einfach nur “das steht halt im Lehrplan, also machen wir’s”?

    Gelegenheiten, Schüler zu demütigen (“Komm mal an die Tafel und rechne vor… Setzen! Du kannst nichts!”) wurden genutzt. Interesse, auf die Verständnisschwierigkeiten von Schülern einzugehen und mehr als eine Nachfrage zu beantworten, war nicht vorhanden, stattdessen wurde Nachhilfeunterricht empfohlen.

    Na, das sind aber natürlich nicht spezifisch schlechte Dinge an einem Mathematik-Unterricht – so etwas kann in allen Fächern vorkommen. Ich hätte schon gerne geschildert, was denn nun genau mit der Mathematik das Problem war – und eigentlich noch mehr, was man deiner Ansicht nach da anders / besser machen sollte…

    “Du meinst also, in einer Klasse von 27 Schülern haben zur Zeit im Schnitt nur 3 Schüler Interesse an Mathematik? Das halte ich jetzt aber doch für arg pessimistisch geschätzt. “In meiner Gymnasialklasse waren es sogar genau 0 (in Worten: Null).

    Dass so etwas auch vorkommen kann, bestreite ich nicht (wobei das wohl auch vom Zweig des Gymnasiums abhängt…) – aber mir ging’s ja nicht um solche statistischen Ausrutscher, sondern um den Schnitt.

    Wie kommt es dann, dass ein kleines Hutzelmännchen, ein glatzköpfiger Brillenträger, seit Jahr und Tag eine Wissenschafts-Show moderiert, die von einer eingeschworenen Gemeinde treuer Zuseher verfolgt wird? Der Grund, meiner Meinung nach, ist der Enthusiasmus und das pädagogische Geschick, das dieser Mann verströmt. Harald Lesch ist der Lehrer, den wir in der Schule gerne gehabt hätten.

    Wichtig sind deiner Ansicht nach also Enthusiasmus (gut, das ist leicht zu verstehen und auch nachzuvollziehen – und auch machbar) und pädagogisches Geschick (das ist nun leider wieder sehr nebulös – geht’s etwas genauer?)?

  55. #55 SingSing
    20. Oktober 2010

    Bjoern, statt einer Antwort frage ich mal zurück: Was tun Sie in Ihrem Unterricht, um mehr als nur eine Handvoll der Schüler “mitzunehmen”? Welche unterschiedlichen Arten von Lernhemmnissen treten bei ihnen auf, wie gehen Sie jeweils vor, um den Weg zum Lernen frei zu machen? (Und vielleicht auch: welche Klassen unterrichten Sie?)

    (Bitte nehmen Sie es mir nicht übel, wenn ich beim Sie bleibe. Das ist kein Ausdruck von Unfreundlichkeit oder Blasiertheit.)

  56. #56 roel
    20. Oktober 2010

    Ich war auf 8 verschiedenen Schulen, incl. Auslandsschulen, und habe während meiner gesamten Schulzeit nur 3 LehrerInnen gehabt, die ich mit sehr gut bewerten würde. Es waren einige dabei, die vielleicht auf dem Weg von gut zum sehr gut waren, aber die weit aus meisten waren eher stagnierend oder am sich verschlechtern.

    Gute LehrerInnen brauchen Begeisterung am eigenen Fach und Begeisterung für das sich aufbauende Wissen der SchülerInnen – mehr nicht. Das Fach als solches ist egal. Selbst komplizierte Sachverhalte können einfach und begeisternd erklärt werden, siehe https://www.scienceblogs.de/hier-wohnen-drachen/2010/10/wie-funktionieren-feymandiagramme.php.

  57. #57 Lei Tung™
    20. Oktober 2010

    @Boern:
    Das ist natürlich Unsinn, und ich denke auch, dass Sie das wissen.

    Harald Lesch ist kein Ausnahme-Wissenschaftler, aber seine Vortragssäle sind voll. Darum geht es. Wissenschaft unter die Leute zu bringen. Das gelingt eben nur wenigen. Weinberg, Hawking, Lesch und Kombattanten.

    Dem gegenüber wird man das gleiche Ergebnis (volle Säle) mit einem Vortrag zur Etymologie der deutschen Grammatik und seine Auswirkungen auf die Schlegel/Tieksche Übersetzung von “King Lear” nur auf Umwegen erreichen *ggg*

  58. #58 Lei Tung™
    20. Oktober 2010

    @Boern:
    Das ist natürlich Unsinn, und ich denke auch, dass Sie das wissen.

    Harald Lesch ist kein Ausnahme-Wissenschaftler, aber seine Vortragssäle sind voll. Darum geht es. Wissenschaft unter die Leute zu bringen. Das gelingt eben nur wenigen. Weinberg, Hawking, Lesch und Kombattanten.

    Dem gegenüber wird man das gleiche Ergebnis (volle Säle) mit einem Vortrag zur Etymologie der deutschen Grammatik und seine Auswirkungen auf die Schlegel/Tieksche Übersetzung von “King Lear” nur auf Umwegen erreichen *ggg*

  59. #59 Bjoern
    20. Oktober 2010

    @SingSing:

    Bjoern, statt einer Antwort frage ich mal zurück: Was tun Sie in Ihrem Unterricht, um mehr als nur eine Handvoll der Schüler “mitzunehmen”?

    Ich antworte mal, indem ich Bezug auf eine der verlinkten Seiten nehme (“Spirit of Math”): den dort erwähnten “sequential, non-spiral approach” versuche ich schon seit längerem durchzuführen (so gut es geht – da stehen viele organisatorische Hindernisse im Weg…). Auch “cooperative learning” (sowohl in Form von Gruppen- als auch Partnerarbeit, wo bessere Schüler den schlechteren etwas erklären können) versuche ich so oft wie möglich durchzuführen. Ansonsten bleibt’s halt beim “drill, drill, drill” (möglichst viele Aufgaben mit Lösungen geben, welche die Schüler möglichst selbstständig lösen sollen – wobei natürlich auf Nachfrage auch geholfen wird). Was mir noch fehlt, sind z. B. solche “problems of the weeks” – ich trainiere leider viel zu oft noch reines Problemlösen nach Rezept statt kreatives Denken…

    Welche unterschiedlichen Arten von Lernhemmnissen treten bei ihnen auf, wie gehen Sie jeweils vor, um den Weg zum Lernen frei zu machen?

    Hmmm, das geht jetzt aber schon ins pädagogische Fachwissen hinein… 😉 Ein großes Lernhemmnis ist wohl bei vielen Schülern eine schon anerzogene Angst vor der Mathematik (“das kann ich doch eh nicht!”). Das versuche ich den Schülern zu nehmen, z. B. eben dadurch, dass ich ihnen Patentrezepte zum Lösen anbiete (und zusätzlich natürlich auch für die besseren Schüler genau erkläre, wie man da drauf kommt). Noch mehr?

    welche Klassen unterrichten Sie?

    Ich unterrichte an einer Fach- und Berufsoberschule (ist, soweit ich weiss, ein spezifisch bayerischer Schultyp): dort werden Schüler, die einen mittleren Schulabschluss haben, gezielt auf das Fachabitur vorbereitet (und einige wenige freiwillig auch auf das eigentliche Abitur). Ich unterrichte also vor allem Oberstufen-Mathematik; dazu kommen aber auch noch die sogenannten Vorklassen, in denen man im Prinzip im Schnellverfahren in einem Jahr die komplette Unter- und Mittelstufe nochmal wiederholt.

    (Bitte nehmen Sie es mir nicht übel, wenn ich beim Sie bleibe. Das ist kein Ausdruck von Unfreundlichkeit oder Blasiertheit.)

    Ist wegen mir o. k. Ich dachte nur, wir kennen uns doch eigentlich von “drüben”, von Florians Blog – und da hatten wir uns gedutzt, soweit ich mich erinnere… (vielleicht erinnere ich mich aber auch einfach falsch, und wir hatten da auch noch keine Kommentare ausgetauscht)

  60. #60 Bjoern
    20. Oktober 2010

    @roel:

    Gute LehrerInnen brauchen Begeisterung am eigenen Fach…

    Habe ich (meistens – einige wenige Themen in der Mathematik gehen mir leider auch eher auf den Geist – z. B. Konstruktionen mit Zirkel und Lineal).

    …und Begeisterung für das sich aufbauende Wissen der SchülerInnen

    Habe ich auch, würde ich sagen.

    …mehr nicht.

    Da würde ich widersprechen. Es gibt noch jede Menge andere wichtige Eigenschaften, wie z. B. Fachwissen, Fähigkeit zur didaktischen Reduktion, Einfühlungsvermögen usw. usf.

    Selbst komplizierte Sachverhalte können einfach und begeisternd erklärt werden, siehe …

    Auch da würde ich widersprechen. Da kommt wieder das Argument, das ich weiter oben schon @MartinB gebracht habe (18.10., 18:12 Uhr): so lange man nur hübsche Experimente vorführt / hübsche Bildchen zeigt, so lange man das ganze nur qualitativ erklärt, sind Naturwissenschaften für viele interessant. Aber sobald man dann ans quantitative kommt, ans konkrete Rechnen – da hört’s dann schlagartig auf mit dem Interesse (im Beispiel mit den Feynman-Diagrammen: wenn man wirklich verstehen muss, was die ganzen Zeichen da alle heissen, und man anfangen muss, die Integrale da konkret auszurechnen). Dasselbe würde ich übrigens zu den Bewunderern von Harald Lesch sagen…

  61. #61 Lei Tung™
    20. Oktober 2010

    @Boern:
    Das ist natürlich Unsinn, und ich denke auch, dass Sie das wissen.

    Harald Lesch ist kein Ausnahme-Wissenschaftler, aber seine Vortragssäle sind voll. Darum geht es. Wissenschaft unter die Leute zu bringen. Das gelingt eben nur wenigen. Weinberg, Hawking, Lesch und Kombattanten.

    Dem gegenüber wird man das gleiche Ergebnis (volle Säle) mit einem Vortrag zur Etymologie der deutschen Grammatik und seine Auswirkungen auf die Schlegel/Tieksche Übersetzung von “King Lear” nur auf Umwegen erreichen *ggg*

  62. #62 Basilius
    21. Oktober 2010

    @Lei Tung™
    Nein, das was Bjoern da geschrieben hat ist IMHO kein Unsinn. Es kommt natürlich schon darauf an, über was man denn diskutieren will. Herr Lesch ist sicherlich kein Ausnahmewissenschaftler. Daß er es meisterhaft versteht die Menschen für seine Themen zu begeistern ist unbestritten und auch sehr erfreulich. Aber Bjoern hat schon sehr richtig angedeutet, daß das ja erst das geweckte Interesse darstellt. Es bleibt dabei erst mal auf populärwissenschaftlichem Niveau (was ja nicht schlecht ist, weil schon mal besser als nix). Seine Aussage, daß das Interesse schlagartig nachlässt, wenn es denn ans beinharte “rechnen” von Formeln geht sehe ich aber absolut genau so (geht mir selber im übrigen nicht viel anders :). Wen es interessiert, der kann sich jetzt noch Gedanken über die möglichen Ursachen für diese doch recht breit zu beobachtende Abneigung gegen das “Formelrechnen” machen.

    Dieser Kommentar ist im Spam-filter hängengeblieben, hab ich erst heute gemerkt, Entschuldigung. Vermutlich, weil ein trademark-Zeichen am Anfang kam?

  63. #63 Lei Tung™
    21. Oktober 2010

    @Bjoern:

    Ich bin mit Dir eh weitgehend einig. Ich denke nur, dass gerade Leute wie Lesch (und, ja, auch dieses Blog, in dem wir uns augenblicklich befinden) Vieles dafür tun, die Menschen an die Wissenschaft heranzuführen.

    Dass der Teufel im Detail steckt, ist trivial – und in jedem Handwerk so.

  64. #64 Lei Tung™
    21. Oktober 2010

    @Bjoern:

    Ich bin mit Dir eh weitgehend einig. Ich denke nur, dass gerade Leute wie Lesch (und, ja, auch dieses Blog, in dem wir uns augenblicklich befinden) Vieles dafür tun, die Menschen an die Wissenschaft heranzuführen.

    Dass der Teufel im Detail steckt, ist trivial – und in jedem Handwerk so.

  65. #65 Lei Tung™
    21. Oktober 2010

    Na ja, SoWi ist eine ganz andere Haltestelle … ;-))

  66. #66 Lei Tung™
    21. Oktober 2010

    Na ja, SoWi ist eine ganz andere Haltestelle … ;-))

  67. #67 Bjoern
    21. Oktober 2010

    @Lei Tung: Was ist Unsinn? Hast du mich vielleicht irgendwo falsch verstanden?!?

    Ich bestreite nicht, dass Harald Lesch tolle Sendungen macht, dass er didaktisches Geschick hat. Ich weise nur darauf hin, dass seine Sendungen (wie z. B. Alpha Centauri) sicher weit weniger beliebt wären, wenn er da halt nicht nur qualitativ etwas erklären würden, sondern anfangen würde, das auch konkret vorzurechnen! Bist du da etwa wirklich anderer Ansicht?!?

  68. #68 SingSing
    21. Oktober 2010

    Bjoern·
    20.10.10 · 22:42 Uhr

    den dort erwähnten “sequential, non-spiral approach” versuche ich schon seit längerem durchzuführen

    Daumen hoch!

    Auch “cooperative learning” (sowohl in Form von Gruppen- als auch Partnerarbeit, wo bessere Schüler den schlechteren etwas erklären können)

    Daumen hoch!

    “drill, drill, drill” (möglichst viele Aufgaben mit Lösungen geben, welche die Schüler möglichst selbstständig lösen sollen – wobei natürlich auf Nachfrage auch geholfen wird).

    Daumen hoch!

    Ich unterrichte also vor allem Oberstufen-Mathematik; dazu kommen aber auch noch die sogenannten Vorklassen, in denen man im Prinzip im Schnellverfahren in einem Jahr die komplette Unter- und Mittelstufe nochmal wiederholt.

    Witzig, das klingt gar nicht so anders als bei Ledger:

    “Charles had students coming in from various feeder schools, bringing with them a variety of strengths and weaknesses. In order to put all the students onto a level playing field …”

    Ein großes Lernhemmnis ist wohl bei vielen Schülern eine schon anerzogene Angst vor der Mathematik (“das kann ich doch eh nicht!”). Das versuche ich den Schülern zu nehmen

    Daumen hoch, ist wichtig. Aber es gibt ja noch viel mehr Lernhemmnisse. Was ist mit den Hemmnissen, die in der Persönlichkeitsstruktur der Schüler liegen? Mit der Selbstanalyse ist es zwar immer so eine Sache, aber wenn ich mich zu erninnern versuche, störte mich u.a. nicht nur die Abstraktion (was ja selbst ein abstraktes Wort ist, das erst mit Inhalt gefüllt werden muss), sondern u.a. die Einschränkung der Freiheit: Gegenüber dem Arbeiten mit Sprache, mit Text, wo ich immer sehr viele unterschiedliche Wege sah, unter denen ich nach Belieben auswählen konnte, gab es in der Mathematik nur ein oder zwei richtige Lösungswege, die auch noch schwer zu finden waren. (Beweisführung, eine tolle Sache. Aber der Beweis wurde nur vorgeführt. Wie man es macht, sich aus dem Baukasten der Möglichkeiten zu bedienen, wie man die richtigen Elemente für den Beweis aussucht und sinnvoll verknüpft, wurde nicht erklärt.) Mir ging es um ebendiese Freiheit und Entwicklung meiner Persönlichkeit. Dass auch Disziplin zum Persönlichkeitswachstum nötig ist, war mir klar, aber ich fand sie beim Judo und nicht im Matheunterricht.

    Dann das grundsätzliche Misstrauen gegenüber Dingen wie der Wurzel aus minus eins. Hier muss ich sagen, dass diejenigen es leichter hatten, die nicht hinterfragten, die es nicht ganz genau wissen wollten. Ich kann jetzt aus Zeitgründen nicht mehr dazu schreiben. Möchte aber noch einen Link setzen, und zwar zu der Website eines Philosophen, der sich als Wort- und nicht Zahlenmensch wie ich sehr schwer mit komplexen Zahlen tat. Da er erheblich intelligenter als ich ist und außerdem sehr beharrlich, hat er sich schließlich zu einem Verständniszugang durchgekämpft. Bezeichnend finde ich die Reaktionen, die er daraufhin bekommen hat:

    The predominant tone of responses seems to be surprise that anyone would worry about the legitimacy or meaning of imaginary numbers.

    Ist wegen mir o. k. Ich dachte nur, wir kennen uns doch eigentlich von “drüben”, von Florians Blog – und da hatten wir uns gedutzt, soweit ich mich erinnere…

    Neiiiiin… Ihr Langnasen…. das war — ich bringe seinen Namen nicht über die Lippen, aber man erkennt ihn an dem Brandzeichen des Klassenfeindes — der Bewohner einer abtrünnigen Insel, Büttel des Kapitals und Lakaie des Imperialismus — und dann erst sein Bruder Tsai — der revolutionären Gerechtigkeit werden sie nicht entgehen!

  69. #69 Lei Tung™
    21. Oktober 2010

    @Bjoern:

    Ich bin mit Dir eh weitgehend einig. Ich denke nur, dass gerade Leute wie Lesch (und, ja, auch dieses Blog, in dem wir uns augenblicklich befinden) Vieles dafür tun, die Menschen an die Wissenschaft heranzuführen.

    Dass der Teufel im Detail steckt, ist trivial – und in jedem Handwerk so.

  70. #70 Bjoern
    21. Oktober 2010

    @Lei Tung:

    Ich denke nur, dass gerade Leute wie Lesch (und, ja, auch dieses Blog, in dem wir uns augenblicklich befinden) Vieles dafür tun, die Menschen an die Wissenschaft heranzuführen.

    Na, darin sind wir uns sicher einig. 🙂

    (hmmm, ich müsste mal testweise einige Schüler aus dem sozialen Zweig hierher schicken – was die wohl von den Erklärungen hier halten…? 😉 )

  71. #71 Lei Tung™
    21. Oktober 2010

    Na ja, SoWi ist eine ganz andere Haltestelle … ;-))

  72. #72 Bjoern
    21. Oktober 2010

    @Lei Tung: SoWi? Sozialwissenschaften, oder was?!? Meinte ich hier nicht – die Schule, an der ich unterrichte, hat halt drei Zweige (sozial, wirtschaftlich, technisch).

  73. #73 Bjoern
    24. Oktober 2010

    @SingSing: (‘tschuldigung für die späte Antwort, ich war einige Tage weg)

    Gegenüber dem Arbeiten mit Sprache, mit Text, wo ich immer sehr viele unterschiedliche Wege sah, unter denen ich nach Belieben auswählen konnte, gab es in der Mathematik nur ein oder zwei richtige Lösungswege, die auch noch schwer zu finden waren.

    Also, gerade in der Oberstufen-Mathematik gibt es oft mehrere Lösungswege (und manchmal auch schon in der Mittelstufe, z. B. bei quadratischen Gleichungen). Und ich zeige dann normalerweise auch mehrere Lösungsmöglichkeiten auf und sage am Schluss, mir ist es egal, wie die Schüler es genau lösen – Hauptsache, der Lösungsweg ist logisch nachvollziehbar.

    (Beweisführung, eine tolle Sache. Aber der Beweis wurde nur vorgeführt. Wie man es macht, sich aus dem Baukasten der Möglichkeiten zu bedienen, wie man die richtigen Elemente für den Beweis aussucht und sinnvoll verknüpft, wurde nicht erklärt.)

    Beweisführung wird an der Fach- und Berufsoberschule (leider) kaum gemacht. Aber wenn’s mal vorkommt, dann versuche ich schon zu erklären, wie man da in etwa drauf kommt, dass man es so und so machen muss…

    …der sich als Wort- und nicht Zahlenmensch wie ich sehr schwer mit komplexen Zahlen tat.

    Wo steht denn das im Schullehrplan? Meines Wissens weder in Baden-Württemberg noch in Bayern (höchstens als zusätzliches Wahl-Gebiet – und die machen eh die meisten Lehrer nicht, da nimmt man sich lieber mehr Zeit für den Standardstoff…)

    The predominant tone of responses seems to be surprise that anyone would worry about the legitimacy or meaning of imaginary numbers.

    Na ja – dass Schüler sich über die “Legitimität” oder die “Bedeutung” von etwas wundern, erlebe ich leider auch viel zu selten… aber auf der Seite war’s wohl eher so gemeint, dass auch Profis sich darüber gewundert haben…? So halb kann ich’s übrigens nachvollziehen, warum der Mann damit Probleme hatte – was ich leider nicht nachvollziehen kann, ist, warum er die Erklärung mit der komplexen Zahlenebene nicht akzeptabel findet.