Dass die Quantenmechanik schwer zu verstehen ist, ist ja allgemein bekannt. Auch über ihre Interpretation wird ja viel und gern diskutiert. Vielleicht ist es ja ganz hilfreich, einmal die Grundlagen der Quantenmechanik ein bisschen näher zu betrachten.

Anfangen will ich mit der Schrödingergleichung. Sie ist ein zentraler Bestandteil der Quantenmechanik – viele Physiker würden vielleicht sogar sagen, der zentrale Bestandteil überhaupt. Und sie ist erfreulicherweise gar nicht so schwer zu verstehen.

Die Schrödingergleichung beschreibt, wie sich die sogenannte Wellenfunktion eines Teilchens (meist betrachtet man Elektronen) verhält. Was die Wellenfunktion genau ist, diskutieren wir später – sie beschreibt in irgendeiner Weise das Elektron, das wir betrachten. (Auch Schrödinger wusste nicht genau, was die Wellenfunktion eigentlich beschreibt, als er die Gleichung aufstellte – wie sowas angehen kann, sehen wir nachher.)

Für den Anfang machen wir uns das Leben leicht: Wir beschränken uns auf eine Dimension (stellen uns also beispielsweise vor, unser Elektron könne sich nur entlang eines sehr dünnen Drahtes bewegen) und betrachten zunächst nur solche Zustände des Elektrons, die sich mit der Zeit nicht ändern, das heißt, wir betrachten die zeitunabhängige Schrödingergleichung.

In diesem Fall ist die Wellenfunktion eine einfache Funktion, die jedem Punkt des Drahtes einen Zahlenwert zuordnet. (Genauer gesagt ist es ihr zeitunabhängiger Anteil, aber um den Unterschied kümmern wir uns später)

Ähnlich wie bei den Maxwellgleichungen brauchen wir ein bisschen mathematisches Vorgeplänkel, wir müssen nämlich den Begriff der Krümmung einer Funktion verstehen.

Die Krümmung einer Funktion
Eine Funktion kann man sich ja leicht als eine gezeichnete Linie vorstellen, die jedem x-Wert einen Funktionswert zuordnet. Traditionell heißt eine Wellenfunktion immer ψ (“psi”) und könnte vielleicht so aussehen:

i-bb1366b1d4fc81b09184890cfa626cd1-psiSketch.jpg

Wann ist eine Funktion gekrümmt? Die Antwort ist ziemlich banal: Genau dann, wenn sie nicht gerade ist. Wer hätte das gedacht…? Aber diese ziemlich albern erscheinende Antwort ist tatsächlich der Schlüssel zum mathematischen Krümmungsbegriff.

Natürlich kann eine Funktion an einem Ort anders gekrümmt sein als ein einem anderen, die Krümmung hängt also vom Ort ab. Betrachten wir ein kleines Stück einer Funktion:

i-0689d36557ac46468585be13614bc19f-geradekrumm1.jpg

Rechts ist die Funktion gekrümmt, links nicht. Wir sehen das mit dem bloßen Auge daran, dass wir links eine Gerade durch dieses Funktionsstück legen können, rechts aber nicht. Um zu sehen, wie stark eine Funktion gekrümmt ist, ziehen wir eine Gerade von einem Ende unserens kleinen Stückchens zum anderen – je stärker der echte Funktionswert (mit einem Kringel gekennzeichnet) von dem Wert auf der Geraden abweicht, desto größer ist die Krümmung. (Wer keine Formeln mag, der kann die genaue Berechung einfach überspringen und unten beim (*) wieder einsteigen.)

i-d6167974239e6dc805e59d2d17d0cce8-geradekrumm2.jpg

Um zu sehen, ob eine Funktion gekrümmt ist, müssen wir die Funktion an drei Punkten kennen: An dem, wo wir die Krümmung wissen wollen, sowie an einem Punkt links und an einem Punkt rechts davon. Nennen wir den aktuellen Punkt einfach x, den linken Punkt xl und den rechten Punkt xr. Der Punkt auf der Geraden genau am Ort x ist der Mittelwert von ψ(xl) und ψ(xr):
(ψ(xl)+ψ(xr)) /2.
Die Abweichung unserer Funktion bekommen wir, wenn wir davon den Funktionswert abziehen, also
(ψ(xl)+ψ(xr)) /2 -ψ(x)
oder, anders geschrieben
(ψ(xl)+ψ(xr)-2ψ(x)) /2.

Anmerkung: Eigentlich habe ich hier ein bisschen gelogen – mathematisch wird die Krümmung einer Funktion etwas anders definiert, sie wird nämlich noch mit dem Wert der ersten Ableitung der Funktion normiert. Was wir hier betrachten, ist direkt die zweite Ableitung der Funktion, die man auch als Krümmung relativ zur horizontalen Achse ansehen kann.

Bisher habe ich nichts darüber ausgesagt, wie weit die beiden Nachbarpunkte xl und xr nun eigentlich von x entfernt sind – das hat natürlich einen Einfluss auf den Zahlenwert, den man herausbekommt. Eigentlich muss man die beiden Punkte immer dichter an x heranrücken lassen. Dabei wird natürlich auch die Abweichung immer kleiner werden (die Funktion lässt sich immer besser durch eine Gerade annähern). Damit man einen sinnvollen Wert herausbekommt, muss man deshalb noch durch das Quadrat des Abstands teilen.
Definieren wir δx= x-xl, dann ist die richtige Formel für unsere Krümmung (wir schreiben jetzt x-δx für xl):
(ψ(x-δx) + ψ(x+ δx) -2&psi(x)) / (2 δx2).

(*) So, wir begrüßen auch die wieder zugestiegenen Leser an Bord des Schrödinger-Express’…
Die so berechnete Krümmung (oder genauer zweite Ableitung) der Funktion ψ am Ort x schreibe ich im Folgenden immer als Δψ(x).

Das Potential
An mathematischem Handwerkszeug ist das für die Schrödingergleichung schon alles, was wir brauchen. Ein bisschen Physik brauchen wir aber noch: Unser Elektron wird ja in seiner Bewegung von äußeren Kräften beeinflusst. Im wesentlichen sind das elektromagnetische Kräfte (schwache Kernkraft und Schwerkraft sind für Elektronen meist relativ irrelevant). Für’s erste beschränken wir uns auf reine elektrische Felder, die durch elektrische Ladungen erzeugt werden. Da das Elektron von anderen negativen Ladungen abgestoßen und von positiven Ladungen angezogen wird, braucht man Energie, um es in einem Bereich mit negativen Ladungen hineinzubringen. Diese Energie nennt man das “Potential”. Je niedriger sie ist, desto “lieber” hält sich das Elektron in diesem Bereich auf. (Ja, ich weiß, Elektronen lieben nichts und wollen nichts und so weiter…)

Wir bezeichnen das Potential mit V(x), ein Elektron am Ort x hat also die elektrostatische Energie V(x).

Die zeitunabhängige Schrödingergleichung
Und damit können wir jetzt die Schrödingergleichung (kurz SGL) hinschreiben, jedenfalls für den Fall, dass das Elektron in einem Zustand ist, der sich mit der Zeit nicht ändert. Sie lautet (nicht erschrecken, sieht auf den ersten Blick schlimmer aus, als es ist):

(-ħ2/2m) Δψ(x) + V(x) ψ(x) = E ψ(x)

Links stehen erstmal ein paar Vorfaktoren. Da steckt zunächst ?=h/2π, wobei h das berühmte Planckschen Wirkungsquantum ist. m ist die Masse des Elektrons. Dieser Vorfaktor wird an die Krümmung der Funktion am Ort x ranmultipliziert. Dazu addieren wir das Potential, multipliziert mit ψ. Auf der rechten Seite steht E, die Energie des Zustandes, ebenfalls multipliziert mit ψ. Und überall steht (x) dran, die Gleichung gilt also an jedem Ort x.

Man kann die Gleichung auch in Worten umschreiben:
Krümmung der Wellenfunktion + potentielle Energie mal Wellenfunktion = Gesamtenergie mal Wellenfunktion.

In der klassischen Physik gibt es eine ganz ähnliche Gleichung:
Kinetische Energie + potentielle Energie = Gesamtenergie
Und tatsächlich kann man die Krümmung der Wellenfunktion mit der kinetischen Energie in Verbindung bringen – darauf kommen wir wahrscheinlich später noch zurück.

Was an der Gleichung auch sofort auffällt ist, dass das ψ in jedem Term drinsteckt. Das ist einer der Gründe, warum es auch nachdem Schrödinger die SGL entdeckt hatte nicht sofort klar war, welche Bedeutung das ψ hatte. Um das zu verstehen, vergleichen wir die Gleichung mit einer der Maxwellgleichungen
div E = ρ/ε0
Nehmen wir an, wir wüssten nicht genau, was E eigentlich ist, dann könnten wir aus dieser Gleichung zumindest herausbekommen, dass es die Einheit Volt/Meter haben muss. Daraus könnten wir schon einiges über das elektrische Feld erfahren.

Bei der SGL geht das aber nicht – was auch immer ψ für eine Einheit hat, sie steckt in allen drei Termen drin. Die Einheit könnte nach dieser Gleichung alles sein, eine Energiedichte, eine Ladungsdichte oder etwas ganz anderes – Äpfel pro Kubikmeter zum Beispiel. Deshalb war es nicht sofort klar, auf was für ein physikalisches Objekt sich die SGL eigentlich bezieht. Schrödinger selbst glaubte, dass ψ die Ladungsdichte sei.

Was zum Henker soll man mit einer Gleichung anfangen, wenn man nicht mal weiß, was die Größen bedeuten, die in der Gleichung stecken???
Gute Frage. Die Antwort lautet, dass man die Gleichung trotzdem lösen und beispielsweise die Energie E berechnen kann – und genau das hat Schrödinger getan.

Wir tun das auch – allerdings erst im zweiten Teil.


Gesamte Serie zur Schrödingergleichung:

Teil I: die Gleichung
Teil II: Warum die Energie quantisiert ist

Teil III: Jetzt wird’s komplex

Teil IV: Alles im Kasten
Teil V: Alles zu seiner Zeit
Teil VI: Alles unscharf?
Teil VII: Mit dem Kopf durch die Wand
Das Ende der Schrödingergleichung

Kommentare (72)

  1. #1 Thilo
    21. Oktober 2010

    Hier die Krümmung ins Spiel zu bringen scheint mir ein bißchen künstlich, denn im 2-dimensionalen und erst recht im 3-dimensionalen (wofür man sich ja wohl eigentlich interessiert) hat der Laplace-Operator m.E. mit der Krümmung des Funktionsgraphen wenig zu tun, jedenfalls sehe ich da erst mal keinen Zusammenhang. Aber wahrscheinlich ging es auch nur darum, die 2.Ableitung anschaulich zu machen?

  2. #2 MartinB
    21. Oktober 2010

    @Thilo
    Genau – die zweite Ableitung ist ja sozusagen die Krümmung “relativ zur x-Achse”. (Bei der echten Krümmung wird ja noch mit der Steigung verrechnet, weil der Mittelpunkt eines gedachten Kreises nicht beim gleichen x-Wert liegen muss.)
    Ich habe lange gegrübelt, ob man das korrekter und trotzdem anschaulich ausdrücken kann – kennst du einen anderen guten Begriff, den man dafür nehmen kann? In englischen QM-Büchern sprechen die Autoren jedenfalls oft von “curvature”, wenn sie die 2. Ableitung meinen.

  3. #3 rolak
    21. Oktober 2010

    Aah, wieder eine Fortsetzungsgeschichte… Schön.

  4. #4 kommentarabo
    21. Oktober 2010

  5. #5 H.M.Voynich
    22. Oktober 2010

    @MartinB:
    Wie nennen die englischen QM-Bücher denn die Krümmung (des Funktionsgraphen)?

  6. #6 H.M.Voynich
    22. Oktober 2010

    .. bzw. die andere, die Thilo meint? Ich bin verwirrt …

  7. #7 MartinB
    22. Oktober 2010

    @HM Voynich
    Kann ich so nicht sagen – ich kenne nur Quantenmechanik-Bücher, die die 2. Ableitung als “curvature” bezeichnen, und in der QM spielt die normale Krümmung von Funktionen ja keine Rolle.

  8. #8 Serge
    22. Oktober 2010

    Das macht mir über etwas denken :
    https://www.youtube.com/watch?v=HCOE__N6v4o

  9. #9 daniel
    22. Oktober 2010

    lies den blog jetzt schon länger und gerne und dachte ich unterstütze dich mal etwas.. aber du hast noch gar keinen flattr button o.ä.

    kommt das in zukunft noch?

  10. #10 MartinB
    22. Oktober 2010

    @Daniel
    Schön, wenn’s gefällt – mit flattr und solchen “gefällt mir-buttons und so hab ich mich ehrlich noch gar nicht beschäftigt, da muss ich mich erstmal schlau machen, wie das hier so funktioniert.
    Aber über nen positiven Kommentar freu ich mich auf jeden Fall 🙂

  11. #11 Thilo
    22. Oktober 2010

    In englischen QM-Büchern sprechen die Autoren jedenfalls oft von “curvature”, wenn sie die 2. Ableitung meinen.

    Aber vielleicht doch eher im 1-dimensionalen?

    Jedenfalls gibt es viele 3-dimensionale Wellenfunktionen, deren Laplace-Operator 0 ist, deren Graphen aber durchaus gekrümmt sind, z.B. die Fundamentallösung der Poisson-Gleichung.

  12. #12 MartinB
    22. Oktober 2010

    @Thilo
    Ja, die sind auch nur in 1D.
    Wie gesagt, ganz glücklich bin ich mit dem Begriff “Krümmung” hier nicht – ich hatte ernsthaft überlegt, ob ich ein neues Wort erfinden soll (z.B. “Biegung einer Funktion” ist doch noch frei, oder?), fand das dann aber auch übertrieben.

  13. #13 rolak
    23. Oktober 2010

    Na das muß doch übersetzbar sein – wenn es im Original so gebräuchlich ist 😉

  14. #14 Jörg Friedrich
    29. Oktober 2010

    MartinB, meine Frage ist zwar durch die Kommentare unter dem zweiten SGL-Text ausgelöst worden, gehört aber eigentlich hier her. Sie schreiben “Was an der Gleichung auch sofort auffällt ist, dass das ψ in jedem Term drinsteckt. Das ist einer der Gründe, warum es auch nachdem Schrödinger die SGL entdeckt hatte nicht sofort klar war, welche Bedeutung das ψ hatte.”

    Jetzt sitze ich seit zwei Tagen (mit Unterbrechungen) vor dieser Gleichung und schiebe Einheiten-Zeichen hin und her. Eigentlich wollte ich ja zeigen, dass ψ eine Dichte (also irgendwas / m³) sein müsste. Irgendwie komme ich nicht klar:

    Im ersten Term steht vor ψ eine Wirkung zum Quadrat (also J²s²) dividiert durch eine Masse. Außerdem haben wir den Laplace-Operator, der doch 1/m² bringen müsste. In den anderen Termen steht vor dem ψ eine Energie (J). Ich dachte eigentlich, dass man irgendwas über die Einheit von ψ herausfinden müsste, weil ja alle Terme addiert werden und zur gleichen Einheit kommen müssen. Aber auch wenn ich hypothetisch behaupte, ψ hätte die Einheit “Blubb” komme ich auf keine konsistente Darstellung der Einheiten. Was mache ich falsch?

  15. #15 Jörg Friedrich
    29. Oktober 2010

    MartinB, meine Frage ist zwar durch die Kommentare unter dem zweiten SGL-Text ausgelöst worden, gehört aber eigentlich hier her. Sie schreiben “Was an der Gleichung auch sofort auffällt ist, dass das ψ in jedem Term drinsteckt. Das ist einer der Gründe, warum es auch nachdem Schrödinger die SGL entdeckt hatte nicht sofort klar war, welche Bedeutung das ψ hatte.”

    Jetzt sitze ich seit zwei Tagen (mit Unterbrechungen) vor dieser Gleichung und schiebe Einheiten-Zeichen hin und her. Eigentlich wollte ich ja zeigen, dass ψ eine Dichte (also irgendwas / m³) sein müsste. Irgendwie komme ich nicht klar:

    Im ersten Term steht vor ψ eine Wirkung zum Quadrat (also J²s²) dividiert durch eine Masse. Außerdem haben wir den Laplace-Operator, der doch 1/m² bringen müsste. In den anderen Termen steht vor dem ψ eine Energie (J). Ich dachte eigentlich, dass man irgendwas über die Einheit von ψ herausfinden müsste, weil ja alle Terme addiert werden und zur gleichen Einheit kommen müssen. Aber auch wenn ich hypothetisch behaupte, ψ hätte die Einheit “Blubb” komme ich auf keine konsistente Darstellung der Einheiten. Was mache ich falsch?

  16. #16 Jörg Friedrich
    29. Oktober 2010

    MartinB, meine Frage ist zwar durch die Kommentare unter dem zweiten SGL-Text ausgelöst worden, gehört aber eigentlich hier her. Sie schreiben “Was an der Gleichung auch sofort auffällt ist, dass das ψ in jedem Term drinsteckt. Das ist einer der Gründe, warum es auch nachdem Schrödinger die SGL entdeckt hatte nicht sofort klar war, welche Bedeutung das ψ hatte.”

    Jetzt sitze ich seit zwei Tagen (mit Unterbrechungen) vor dieser Gleichung und schiebe Einheiten-Zeichen hin und her. Eigentlich wollte ich ja zeigen, dass ψ eine Dichte (also irgendwas / m³) sein müsste. Irgendwie komme ich nicht klar:

    Im ersten Term steht vor ψ eine Wirkung zum Quadrat (also J²s²) dividiert durch eine Masse. Außerdem haben wir den Laplace-Operator, der doch 1/m² bringen müsste. In den anderen Termen steht vor dem ψ eine Energie (J). Ich dachte eigentlich, dass man irgendwas über die Einheit von ψ herausfinden müsste, weil ja alle Terme addiert werden und zur gleichen Einheit kommen müssen. Aber auch wenn ich hypothetisch behaupte, ψ hätte die Einheit “Blubb” komme ich auf keine konsistente Darstellung der Einheiten. Was mache ich falsch?

  17. #17 Jörg Friedrich
    29. Oktober 2010

    Danke. Ich werde meine Schmierzettel, die ich seit gestern vollgemalt habe, jetzt zwar nicht mehr durchsehen um den Fehler zu finden (bei allem, was Sie schreiben habe ich Schritt für Schritt den Eindruck, ich hätte es genauso gemacht, trotzdem kam was anderes raus 😉 ) mir genügt, dass es aufgeht (anders wäre ja auch schlecht).

    Was die Dichte betrifft: Da haben Sie Recht, und ich lag daneben, und das ist auch gut so.

  18. #18 Jörg Friedrich
    29. Oktober 2010

    Danke. Ich werde meine Schmierzettel, die ich seit gestern vollgemalt habe, jetzt zwar nicht mehr durchsehen um den Fehler zu finden (bei allem, was Sie schreiben habe ich Schritt für Schritt den Eindruck, ich hätte es genauso gemacht, trotzdem kam was anderes raus 😉 ) mir genügt, dass es aufgeht (anders wäre ja auch schlecht).

    Was die Dichte betrifft: Da haben Sie Recht, und ich lag daneben, und das ist auch gut so.

  19. #19 MartinB
    29. Oktober 2010

    @JF
    Weia, da brauchte ich auch erstmal nen Schmierzettel. Ich führe mal alles auf die Grundeinheiten zurück (und schreibe Potenzen mit nem ^-Zeichen und hoffe, ich verhasple mich nicht:
    N = kg m/s^2 (das kann ich mir gut merken wegen F=m a)
    J= Nm = kg m^2/s^2
    Js = kg m^2/s
    (Js)^2 = kg^2 m^4 /s^2
    (Js)^2/kg = kg m^4/s^2
    (Js)^2/kg m^2 = kg m^2/s^2 = J
    Passt also, der Vorfaktor (einschließlich Laplace mit 1/m^2) ist auch im kinetischen Term Joule. Und damit ist die Gleichung immer einheitenkonsistent, egal ob ψ “Blubb” ist oder “Schnorch”. Eine Dichte werden Sie nicht rausbekommen (übrigens wäre die in diesem Fall auch 1/m, weil wir in einer Dimension sind – da sieht man eigentlich auch schon, dass da keine Dichte drin stecken kann, weil die Gleichung in einer und drei Dimensionen identische Einheiten hat, aber ne Dichte hätte das ja nicht.)

  20. #20 Jörg Friedrich
    29. Oktober 2010

    Danke. Ich werde meine Schmierzettel, die ich seit gestern vollgemalt habe, jetzt zwar nicht mehr durchsehen um den Fehler zu finden (bei allem, was Sie schreiben habe ich Schritt für Schritt den Eindruck, ich hätte es genauso gemacht, trotzdem kam was anderes raus 😉 ) mir genügt, dass es aufgeht (anders wäre ja auch schlecht).

    Was die Dichte betrifft: Da haben Sie Recht, und ich lag daneben, und das ist auch gut so.

  21. #21 MartinB
    29. Oktober 2010

    Na dann ist ja alles im Lot.

  22. #22 Peter
    13. Mai 2012

    Wahrscheinlich Tippfehler: Schrödinger betrachtete nicht psi, sondern e|psi|^2 als Ladungsdichte (vgl. 4. Mitt. § 7)

  23. #23 Peter
    13. Mai 2012

    Ich finde, das ist ein guter Versuch, die Scheu vor der Quantenphysik abzubauen, prima!
    Deshalb ein Vorschlag zur Ergänzung:
    Die Darstellung (wie auch fast alle anderen, die ich kenne) erweckt den Eindruck, dass V(x) die potenzielle Energie des Elektrons sei (abgesehen davon, dass die Verwendung des klassischen Ausdrucks für V(x) nicht gerechtfertigt wird, vgl. Schrödinger, 4. Mitt., S.113). Dann wäre die Bewegungsenergie, T(p), negativ, an Orten x, in denen V(x)>E ist (in einer Barriere). Das halte ich für bedenklich.
    Lösungsvorschlag: Der Beitrag der Konfiguration x zur Lageenergie ist

    V_qu(x) = (x_0)^2 |psi(x)|^2 V(x)

    worin x_0 eine systemabhängige charakteristische Länge ist. Für den harmonischen Oszillator und die endliche Barriere lässt sich

    V_qu(x) < E "relativ einfach" beweisen. Was meinst Du?

  24. #24 MartinB
    13. Mai 2012

    @Peter
    Ich meine, dass das hier vieeel zu weit führt. Die Motivation aus der klassischen Physik heraus ist doch klar, in einem hamronischen Oszillator z.B. ist V_pot ~ x^2, und genau das setzt man hier ein. V(x) ist die pot. Energie eines klassischen teilchens (das ist auch vom Pfadintegral-Standpunkt aus sinnvoll).

  25. #25 Peter
    14. Mai 2012

    @MartinB
    Ich gebe zu, dass das nicht ganz einfach ist – doch zunächst eine Korrektur:
    Richtig ist
    V_qu(x) < E Du schreibst "Die Motivation aus der klassischen Physik heraus ist doch klar..." Was ist daran klar? In einem *klassischen* Oszillator ist V_pot ~ x^2. Das bloße Einsetzen degradiert die Rechtfertigung auf "weil es funktioniert". Da wir Quantenteilchen/-systeme beschreiben wollen, halte ich es für angebracht, danach zu fragen, welcher Ausdruck hier die "potenzielle Energie" (genauer: den Beitrag der Konfiguration x zur Lageenergie des Systems) darstellt. Die Pfadintegral-Darstellung ist eine (ingeniöse) Umformulierung der Schrödinger-Theorie. In ihr muss die Verwendung der klassischen Ausdrücke genauso gerechtfertigt werden wie in jener. Ohne die Berufung auf jene, d.h. unter alleiniger Verwendung von Pfadintegralen, erscheint mir das eher noch schwieriger zu sein, auch wenn sie die Vorstellung, alle Konfigurationen seinen an einem Quantenzustand beteiligt (4. Mitt., § 7), direkter darstellt als die Schrödinger-Gleichung. - Kennst Du einen Weg von der Klassischen Mechanik zum Pfadintegral?

  26. #26 MartinB
    15. Mai 2012

    “In ihr muss die Verwendung der klassischen Ausdrücke genauso gerechtfertigt werden wie in jener”
    Das sehe ich nicht so. Die Pfadintegralformulierung besagt:
    Berechne die Wirkung nach den Regeln der klassischen Physik für ein Punktteilchen entlang aller Pfade etc.
    Die Annahme, dass man die klassische Physik nimmt, steckt da direkt in den Axiomen drin, wenn man es denn axiomatisch aufschreiben will.
    Rechtfertigen tut man ohnehin dadurch, dass die Ergebnisse mit dem Experiment übereinstimmen, wie bei jeder physikalischen Theorie. (“It is the facts that matter, not the proofs.” (Feynman))

  27. #27 Peter
    15. Mai 2012

    Feynman hat seine überragenden Fähigkeiten leider nicht für die Axiomatik verwendet (das hätte vermutlich nicht seinem Temperament entsprochen). Genial hat er in der Pionierarbeit zum Pfadintegral die Chapman-Kolmogorow-Gleichung als Darstellung des Huygensschen Prinzips erkannt und geschrieben, dass dieses in der Wellenmechanik exakt gilt. Er hat auch richtig erkannt, dass die Greensche Funktion der d’Alemberschen Wellengleichung in 3D der Chapman-Kolmogorow-Gleichung nicht genügt. Daraus hat er den Schluss gezogen, dass das Huygenssche Prinzip in der Optik nur näherungsweise gilt. Ein weniger pragmatisch und mehr axiomatisch denkender Physiker zieht diesen Schluss nicht, sondern fragt, welches die Grundgleichungen der Optik sind, deren Greensche Funktion der Chapman-Kolmogorow-Gleichung genügt. – Zum Thema Axiome siehe bitte auch einen Kommentar von mir zu Teil II.

  28. #28 MartinB
    15. Mai 2012

    Feynman hatte an Axiomatik wenig bis kein Interesse, zum Glück. er hat lieber Physik gemacht, um es mal drastisch zu sagen.
    Siehe auch hier:
    https://www.scienceblogs.de/hier-wohnen-drachen/2011/07/buchersommer-r-feynman-the-character-of-physical-law.php
    Physiker sind Babylonier, keine Griechen.

  29. #29 Peter
    15. Mai 2012

    @MartinB
    Nun ja, die Vernachlässigung der Axiomatik ist ein Irrweg, der zu systematischen Fehlern führt, s. Feynmans o.g. Fehlschluss, Gibbs’ Paradoxon oder die (hiermit zusammenhängende) Behauptung, Quantenteilchen seien – im Unterschied – klassischen Teilchen (Körpern) – ununterscheidbar

  30. #30 Peter
    15. Mai 2012

    @MartinB
    “Physiker sind Babylonier, keine Griechen.”
    Das stimmt so nicht, beides wird gebraucht, s. Galilei, Newton, Euler, Helmholtz u.a.
    Die physikalische Axiomatik ist nicht mit der eines Euklid zu vergleichen, das lässt ihr Gegenstand nicht zu (vgl. Huygens, Abhandlung über das Licht, Einleitung)

  31. #31 MartinB
    15. Mai 2012

    “Behauptung, Quantenteilchen seien – im Unterschied – klassischen Teilchen (Körpern) – ununterscheidbar”
    Huh?
    Sollten sie das nicht sein? Angesichts der Tatsache, dass alle Elektronen eine Anregung desselben Feldes sind, wäre alles andere seeehr merkwürdig.

  32. #32 Peter
    16. Mai 2012

    @MartinB
    (Un)unterscheidbarkeit ist eine Eigenschaft von Zuständen bzw. Bedingungen, vgl. Gibbs, Principles, Kap. XV.
    1) An verschiedenen Orten lokalisierte Quantenteilchen sind durch diesen Ort unterscheidbar.
    2) Gleiche Teilchen in einem klassischen Gas sind ununterscheidbar (loc. cit.), andernfalls ist die Entropie nicht additiv (Gibbssches Paradoxon). Die roten Kugeln beim Snooker sind bzgl. der Spielregeln (alle sind gleichwertig und dürfen in beliebiger Reihenfolge gespielt werden) ununterscheidbar.

  33. #33 Peter
    16. Mai 2012

    @MartinB
    (Un)unterscheidbarkeit ist eine Eigenschaft von Zuständen bzw. Bedingungen, vgl. Gibbs, Principles, Kap. XV.
    1) An verschiedenen Orten lokalisierte Quantenteilchen sind durch diesen Ort unterscheidbar.
    2) Gleiche Teilchen in einem klassischen Gas sind ununterscheidbar (loc. cit.), andernfalls ist die Entropie nicht additiv (Gibbssches Paradoxon). Die roten Kugeln beim Snooker sind bzgl. der Spielregeln (alle sind gleichwertig und dürfen in beliebiger Reihenfolge gespielt werden) ununterscheidbar.

  34. #34 MartinB
    16. Mai 2012

    @Peter
    “An verschiedenen Orten lokalisierte Quantenteilchen sind durch diesen Ort unterscheidbar.”
    Das gilt im rahmen der Quantenmechanik, ist aber eine Aussage, die in der fundamentaleren QFT meiner Ansicht nach wenig Sinn ergibt.

  35. #35 MartinB
    16. Mai 2012

    PS:
    Und natürlich kann ich zwei Elektronen insofern nicht an Hand ihres Ortes unterscheiden, als da natürlich die entsprechende Antisymmetrie der WF bei Vertauschung gilt.

  36. #36 Peter
    16. Mai 2012

    @MartinB
    “”An verschiedenen Orten lokalisierte Quantenteilchen sind durch diesen Ort unterscheidbar.”
    Das gilt im rahmen der Quantenmechanik, ist aber eine Aussage, die in der fundamentaleren QFT meiner Ansicht nach wenig Sinn ergibt.”
    Ich möchte zunächst bei der QM bleiben, über Lokalisierung in der QFT habe ich noch nicht nachgedacht.

    “Und natürlich kann ich zwei Elektronen insofern nicht an Hand ihres Ortes unterscheiden, als da natürlich die entsprechende Antisymmetrie der WF bei Vertauschung gilt.”
    Das ist richtig, wenn die beiden Elektronen verschränkt sind, nicht jedoch in einem Produktzustand.

  37. #37 MartinB
    16. Mai 2012

    “Ich möchte zunächst bei der QM bleiben, über Lokalisierung in der QFT habe ich noch nicht nachgedacht.”
    Da die QM samt SGL aus der QFT abgeleitet werden kann, scheint mir das nicht besonders sinnvoll. Wo ist der Nutzen, eine Theorie axiomatisch zu untersuchen und aus der KM irgendwie abzuleiten, die seit 1928 wohl als Spezialfall angesehen werden muss? Lernen wir daraus etwas über die Welt?

    “Das ist richtig, wenn die beiden Elektronen verschränkt sind, nicht jedoch in einem Produktzustand.”
    Nanu? Die Wellenfunktion zweier Elektronen muss doch immer antisymmetrisiert werden (Slater-Determinante), egal wie weit die voneinander weg sind? Oder verstehe ich was falsch?

  38. #38 Peter
    17. Mai 2012

    @MartinB

    1) “Da die QM samt SGL aus der QFT abgeleitet werden kann, scheint mir das nicht besonders sinnvoll. Wo ist der Nutzen, eine Theorie axiomatisch zu untersuchen und aus der KM irgendwie abzuleiten, die seit 1928 wohl als Spezialfall angesehen werden muss? Lernen wir daraus etwas über die Welt?”
    – Es ist sinnvoll sowohl aus pädagogischen Gründen als auch im Sinne der Einheit der Physik.
    – Die KM ist nach wie vor die Grundlage der Technischen Mechanik.
    – Die KM ist die methodologisch am besten entwickelte Theorie.

    2) Wenn die Quantenteilchen hinreichend weit entfernt voneinander sind, sodass ihre Wechselwirkung vernachlässigbar ist, braucht nicht (anti-)symmetrisiert zu werden. Sonst müsste jede Berechnung im Rahmen der QM oder QFT das gesamte Universum berücksichtigen. Die Lokalsierung tritt jedoch bereits für nicht benachbarte Störstellen in Kristallen, an denen Quantenteilchen festhängen, ein.

  39. #39 MartinB
    17. Mai 2012

    @Peter
    Deine Motivation verstehe ich nach wie vor nicht. Es scheint mir geradezu irreführend (aus meiner eigenen Erfahrung), Lernenden zu suggerieren, man könne alles axiomatisch auseinander ableiten. Ihnen zu suggerieren, die QM würde schon in der KM “drinstecken”, wäre in meinen Augen der Gipfel der Verwirrung.
    Die Frage scheint nach wie vor berechtigt, warum so kluge Leute wie Hamilton die QM dann nicht zumindest als Möglichkeit vorhergesehen haben. Ich glaube, wir tun den Studis überhaupt keinen Gefallen, wenn wir so tun, als wäre in der Physik alles immer ganz logisch auseinander gefolgert worden oder folgerbar. Irrwege gehören dazu, sonst wird man nie ein kreativer Forscher.
    Mich haben im Studium die vielen kleinen versteckten Annahmen, die gerade in der QM oder QFT gemacht werden, immer verwirrt, bis ich endlich begriffen hatte, dass es vollkommen egal ist, wie man zum Ergebnis kommt – entscheidend ist, dass das Ergebnis stimmt. Da sind unterwegs heuristische Argumente vollkommen zulässig.

    “Die KM ist nach wie vor die Grundlage der Technischen Mechanik.”
    Ja, aber das bedingt ja nicht das Ableiten der QM.

    “Die KM ist die methodologisch am besten entwickelte Theorie”
    Mag sein, um das zu beruteilen, müsste man erstmal definieren, was “methodologisch am besten entwickelt” bedeutet.

    “Wenn die Quantenteilchen hinreichend weit entfernt voneinander sind, sodass ihre Wechselwirkung vernachlässigbar ist, braucht nicht (anti-)symmetrisiert zu werden”
    Meiner Ansicht nach nur halb richtig. Es braucht deswegen nicht antisymmetrisiert zu werden, weil du nur ein begrenztes System betrachtest, dann spielt die Antisymmetrisierung keine Rolle.
    Für die Frage, ob zwei Elektronen unterscheidbar sind, müsstest du aber ja zwei Systeme betrachten. Nehmen wir ein H-Atom hier und eins beim Mond. Du sagst, du kannst die beiden Elektronen unterscheiden. Ich sage, nein, die haben zwischenzeitig ihre Positionen getauscht, aber berücksichtige die Antisymmetrisierung. Mit welchem Experimentellen Aufbau willst du entscheiden können, wer von uns recht hat?

  40. #40 Peter
    17. Mai 2012

    @MartinB
    1) “Deine Motivation verstehe ich nach wie vor nicht. Es scheint mir geradezu irreführend (aus meiner eigenen Erfahrung), Lernenden zu suggerieren, man könne alles axiomatisch auseinander ableiten.”
    Von “Allem” ist gar nicht die Rede.
    Ich kann die (Maxwell-)Lorentz-Kraft,

    F = q E + v x B

    formell aus rein-klassisch-mechanischen Überlegungen ableiten. Dann gelange ich zu einer Variante des Gravito-Elektromagnetismus – die Tatsache, dass es noch eine weitere Wechselwirkung gibt, für die das unter bestimmten Bedingungen ein brauchbares Modell ist, kann ich nicht ableiten.
    Es geht darum, soviel wie möglich Gemeinsamkeiten herauszuarbeiten, nicht darum, andere Disziplinen auf die KM zu reduzieren (das halte ich für unmöglich).

    2) Wie gesagt, hatten Leute wie Hamilton (a) keinen Anlass und (b) nicht die Möglichkeit einer solchen weitgehenden Verallgemeinerung, da es auf der Grundlage der Newtonschen, Lagrangeschen und Hamilton(-Jacobi)schen Darstellungen nicht geht – sonst hätte dies ja spätestens Einstein, Bohr, Heisenberg, oder Schrödinger (oder Pauli, Dirac,…) getan.

    3) “Die vielen kleinen versteckten Annahmen” sind wirklich eine Crux! Ich stimme auch noch zu, dass es egal ist, wie die Pioniere zu ihren Entdeckungen kommen. Für einen systematischen Aufbau einer Wissenschaft gilt das definitionsgemäß nicht.

    4) Wenn die Antisymmetrisierung experimentell nicht feststellbar ist, schlägt Newtons methodische Regel Nr. 1 zu (Okhams Messer). Für die Ununterscheidbarkeit sind statistische Eigenschaften besser geeignet, s. M. Glazer & J. Wark, Statistical mechanics. A Survival Guide, Oxford: Oxford Univ. Press 2001.

  41. #41 Niels
    17. Mai 2012

    @Peter
    Ich hab gerade nicht besonders viel Zeit. Deswegen nur ganz kurz ein paar Fragen, zum Rest schreibe ich wahrscheinlich morgen etwas.

    Wo ist der Nutzen, eine Theorie axiomatisch zu untersuchen und aus der KM irgendwie abzuleiten[…]?

    Es ist sinnvoll[…] im Sinne der Einheit der Physik

    Wieso? Die Einheit der Physik in diesem speziellen Bereich hat man doch schon dadurch erreicht, dass man die KM als Grenzfall der QM (und diese wiederum als Grenzfall einer QFT) gefunden hat.
    Die Vereinheitlichung ist doch vielmehr dann gelungen, wenn man eine neue Theorie findet, die die verschiedenen QFTs und die ART als unterschiedliche Grenzfälle enthält.

    Was also hat die Einheit der Physik mit Ableitungen aus der KM zu tun?

    Die KM ist nach wie vor die Grundlage der Technischen Mechanik.

    Warum?
    Die Grundlage der Technischen Mechanik ist doch eigentlich eine QFT (bzw. auch die ART).
    Man hat nur das Glück, dass man sich Berechnungen auf dieser Ebene sparen kann, weil die Näherungsrechnungen mit Hilfe der KM immer noch bei weitem genau genug sind.
    Bzw. ist die Technischen Mechanik doch genau als das Teilgebiet der Ingenieurwissenschaft definiert, bei dem die Fehler durch die Annahme der Gültigkeit der KM noch so klein bleiben, dass diese Fehler problemlos vernachlässigt werden können.
    Das folgt natürlich daraus, dass die KM ein Grenzfall anderer Theorien ist.

    Wie kann deine obige Aussage also ein Argument sein?

    Die KM ist die methodologisch am besten entwickelte Theorie

    Kann ich ebenfalls nicht nachvollziehen.
    Woran machst du das fest? Wie definierst du “methodologisch entwickelt”?

    Dann gelange ich zu einer Variante des Gravito-Elektromagnetismus

    Unter Gravito(elektro)magnetismus versteht man üblicherweise eine unter bestimmten Bedingungen gültige linearisierte Näherung der Einsteinschen Feldgleichungen, mit deren Hilfe man verschiedene Phänomene der ART (wie etwa den Lense-Thirring-Effekt) leicht vorhersagen und relativ genau abschätzen kann.

    Das kann hier aber bestimmt nicht gemeint sein, oder?

  42. #42 Peter
    17. Mai 2012

    @Niels

    1) “Die Einheit der Physik in diesem speziellen Bereich hat man doch schon dadurch erreicht, dass man die KM als Grenzfall der QM (und diese wiederum als Grenzfall einer QFT) gefunden hat.”
    Gut, dann versuche mal, die QM darzustellen, *ohne* Vorstellungen und Begriffe aus der KM vorauszusetzen (Landau & Lifschitz haben das für unmöglich gehalten). Wenn Dir das gelingt, wäre das eine tolle Leistung, und Du hättest die QM auf das methodologische Niveau der KM gehoben.
    Wie ist es mit dem Verhältnis von KM und Klassischer Elektrodynamik?

    2) Als lineare Näherung der Einsteinschen Feldgleichungen ergeben sich Gleichungen, die von den Maxwellschen durch einen Faktor 2 abweichen. Es gibt Artikel, die diesen Faktor 2 weglassen, also mit zu jenen isomorphen Gleichungen arbeiten, auf sie bezog ich mich mit “Variante”.
    Ich nehme an, dass die Unterschiede in den Ergebnissen unterhalb der derzeitigen Messgenauigkeit sind, genau weiß ich das leider nicht.
    Ich will die gravito-elm. Theorie hier nicht überschätzen, zumal ich nicht weiß, ob sie die Wechselwirkung zwischen schweren Massen und el. Ladungen beschreiben kann.

  43. #43 MartinB
    18. Mai 2012

    “Landau & Lifschitz haben das für unmöglich gehalten”
    Ja, aber nur wegen des – von dir bisher ja anscheinend ausgesparten – Messproblems. Nach Kopenhagener Deutung kollabiert die WF bei “Kontakt” mit einem klassischen System.

  44. #44 Niels
    18. Mai 2012

    @Peter

    Gut, dann versuche mal, die QM darzustellen, *ohne* Vorstellungen und Begriffe aus der KM vorauszusetzen

    Na ja, wie MartinB schon erklärt hat ist das doch durchaus möglich.
    Die KM war natürlich zuerst da, deswegen hat man historisch darauf aufgebaut. Man hat es in der Physik auch soweit wie möglich vermieden, sich neue Begriffe auszudenken, auch wenn diese Begriffe nicht immer genau des selbe bedeuten.

    Mir wäre das Studium jedenfalls deutlich leichter gefallen, wenn in den Vorlesungen sehr deutlich auf diese Unterschiede und auf die zusätzliche Annahmen, die manchmal relativ versteckt einfließen, eingegangen worden wäre.

    Als lineare Näherung der Einsteinschen Feldgleichungen ergeben sich Gleichungen, die von den Maxwellschen durch einen Faktor 2 abweichen

    Also meinst du mit Gravito(elektro)magnetismus doch das Übliche.
    Du behauptest also tatsächlich, dass du den Gravitomagnetismus ohne weitere Axiome aus der KM ableiten kannst?
    Sogar ohne die Annahme, dass träge Masse = schwere Masse?
    Und das soll dann nicht zu einer Veröffentlichung in einer großen, bekannten, peer-reviewten Fachzeitschrift gereicht haben?

    Ich nehme an, dass die Unterschiede in den Ergebnissen unterhalb der derzeitigen Messgenauigkeit sind, genau weiß ich das leider nicht.

    Bei Gravity Probe B fand man laut Abstract:
    Analysis of the data from all four gyroscopes results […] a frame-dragging drift rate of -37.2 +/- 7.2 mas/yr, to be compared with the GR predictions of […] -39.2 mas/yr, respectively (“mas” is milliarc-second; 1mas = 4.848 x 10-9 rad).

    Mit einer Abweichung um einen Faktor 2 passt das definitiv nicht zusammen, oder?

    Ich will die gravito-elm. Theorie hier nicht überschätzen

    Erfüllt der Gravitomagnetismus überhaupt die Voraussetzungen dafür, eine Theorie zu sein?

    .

    Ich hab aber ehrlich gesagt immer noch überhaupt nicht verstanden, warum es überhaupt möglich sein soll, alles ohne weitere Zusatz-Annahmen/Axiome aus der KM abzuleiten.
    Meiner Meinung nach ist das offensichtlich unmöglich.
    Und selbst wenn, was hilft das weiter?
    Eine umfassendere Theorie, die die unterschiedlichen Theorien als Grenzfälle enthält, muss man dann trotzdem immer noch finden.

    @MartinB
    Vielleicht kannst du mir dabei ja etwas weiterhelfen? Hast du da einen besseren Einblick?

  45. #45 Niels
    18. Mai 2012

    Bei Gravity Probe B wollte ich eigentlich das genauere Ergebnis übrig lassen und das ungenauere klammern. Hab ich leider umgekehrt gemacht. 😉
    Aber eigentlich sind ja beide Ergebnisse genau genug, um einen Faktor 2 auszuschließen:

    Analysis of the data from all four gyroscopes results in a geodetic drift rate of -6601.8+/- 18.3 mas/yr and a frame-dragging drift rate of -37.2 +/- 7.2 mas/yr, to be compared with the GR predictions of -6606.1 mas/yr and -39.2 mas/yr, respectively (“mas” is milliarc-second; 1mas = 4.848 x 10-9 rad).

  46. #46 MartinB
    18. Mai 2012

    “Vielleicht kannst du mir dabei ja etwas weiterhelfen?”
    Bei der Frage, wieso man alles aus der KM ableiten können soll? Nein, das leuchtet mir auch nicht ein, bzw. nur insofern, als dass die KM als Grenzfall anderer Theorien natürlich umgekehrt zu diesen Theorien hin verallgemeinerbar sein muss. Warum aber die Begriffe der KM einen Sonderstatus haben sollen, verstehe ich auch nicht.

  47. #47 Peter
    18. Mai 2012

    @Niels

    1) “Na ja, wie MartinB schon erklärt hat ist das doch durchaus möglich.”
    Martin hat es behauptet, aber nicht gezeigt. Seine letzte Aussage hierzu war, die Schrödingergleichung als gegeben zu nehmen. Weshalb ich (in Übereinstimmung mit Schrödinger) dagegen bin, habe ich unter Teil II geschrieben.

    2) “Mir wäre das Studium jedenfalls deutlich leichter gefallen, wenn in den Vorlesungen sehr deutlich auf diese Unterschiede und auf die zusätzliche Annahmen, die manchmal relativ versteckt einfließen, eingegangen worden wäre.”
    Das ging mir genauso 🙂
    Mich stört außerdem, dass man die verschiedenen Zweige der Physik so stark getrennt voneinander behandelt. Dabei haben KM und Klassische EDyn. viel mehr gemeinsam als nur die Lorentz-Kraft (die übrigens bereits bei Maxwell steht).
    Ich versuche deshalb, die Gemeinsamkeiten stärker herauszuarbeiten – den Eindruck von strengen Ableitungen sollte ich vermeiden – danke Dir und Martin für Eure Einwände!

    3a) “Mit einer Abweichung um einen Faktor 2 passt das definitiv nicht zusammen, oder?” Der Faktor 2 tritt nur an einer Stelle in den Gleichungen auf (entweder in nur einem Glied der Maxwell-Gleichungen im Vakuum entweder in nur einem Glied der Lorentz-Kraft).

    b) “Erfüllt der Gravitomagnetismus überhaupt die Voraussetzungen dafür, eine Theorie zu sein?”
    Als lineare Näherung der Einsteinschen Feldgleichungen sind die gravito-elm. Gleichungen sicher keine eigenständige Theorie. Die Variante ohne diesen einen Faktor 2 stammt von Heaviside und wird auch heute noch diskutiert. Sie verhält sich zum Newtonschen Gravitationsgesetz wie die Maxwellschen Gleichungen im Vakuum zum Coulombschen Kraftgesetz.
    Was ich rein mechanisch begründen kann, sind die Lorentz-Kraft und die Maxwellschen Gleichungen im Vakuum, wobei statt
    div E = rho/eps_0
    die Yukawa-Gleichung erscheint, analog erscheint der Flusssatz etwas allgemeiner.
    Jener Faktor 2 stammt aus der Linearisierung eines quadratischen Ausdrucks, das bekomme ich im Rahmen einer linearen Theorie natürlich nicht heraus.

    4) Deshalb noch einmal: es kommt bei weitem nicht “alles” aus der KM, jedoch viel, was über die KM hinaus weist.
    Z. B. fragte Helmholtz nach dem Verhältnis von mechanischen Kräften und mechanischen Energien.
    a) Wie müssen die Kräfte beschaffen sein, damit die Gesamtenergie eine Erhaltungsgröße ist?
    Antwort ist Lehrstoff:
    K = K_1 = -grad V(r)
    b) Wie müssen die Kräfte beschaffen sein, damit die kinetische Energie eine Erhaltungsgröße ist?
    Lipschitz antwortete ihm,
    K = K_2 = v x K'(t,r,v,a,…)
    wobei K'(t,r,v,a,…) eine ziemlich allgemeine Vektorfunktion ist. Soweit Helmholtz.
    c) Immer noch im Rahmen der KM darf ich weiter fragen, wie K'(t,r,v,a,…) beschaffen sein muss, damit K_2 in den Rahmen der Hamiltonschen Form der Mechanik passt. Es ergibt sich
    K'(t,r,v,a,…) = K'(t,r)
    d) Anwendung auf die Gravitation. Hier hat Newton bereits die Kraft in einen körperspezifischen (Masse) und einen geometrischen Faktor (Feldstärke) aufgespalten, das für die Kraft K_2 zu übernehmen, ist naheliehend (natürlich später experimentell zu bestätigen!): K’ = m F_2 (F = Feldstärke). Dann habe ich als allgemeine Kraft
    K = K_1 + K_2 = -m grad V'(r) + m v x F_2(t,r)
    Da K_2 die Gesamtenergie nicht konstant lässt, brauche ich mich in K_1 nicht auf konservative Kräfte zu beschränken.
    K = K_1 + K_2 = m F_1(t,r) + m v x F_2(t,r)
    Natürlich ist das nicht die einzig mögliche Verallgemeinerung der Newtonschen Gravitationskraft. Mir scheint jedoch, dass sie
    – in nachvollziehbaren Schritten vorgeht,
    – keine nichtmechanischen Annahmen/Forderungen macht.
    Wie gesagt, dass es eine weitere Wechselwirkung gibt, in der diese Kraft eine Rolle spielt, “weiß” die KM natürlich nicht. Obige Überlegungen zeigen allerdings, dass die Form der Lorentz-Kraft, die von Maxwell (30 Jahre vor Lorentz) aus dem Biot-Savartschen, dem Induktionsgesetz u.a. abgeleitet wurde, nicht zufällig diese Form hat.
    e) In der Hamilton-Funktion treten nun nicht die Feldstärken F_1 und F_2 auf, sondern 2 Potenziale, ich nehme mal die bekannten Symbole aus der EDyn.
    F_1 = -@A/@t – grad Phi
    F_2 = -rot A
    (das ergeben die Kompatibilitätsrechnungen). Aus ihnen folgen 2 Gln., die isomorph zu den homogenen Maxwell-Gln. im Vakuum sind.
    f) Natürlich ergeben diese Überlegungen nicht die ursprünglichen Maxwell-Gleichungen (die Boltzmann vorgezogen hat) oder die sog. rationalisierten Gleichungen, die heute in den Lehbüchern stehen (zu E und B kommen D und H). Aber auch hier kann man die Mieschen Überlegungen zunächst auf die Mechanik anwenden: Zu jeder hinreichend stetigen Massendichte rho gibt es ein Vektorfeld, sagen wir, D, dessen Divergenz gleich rho ist:
    div D = rho
    Im Rahmen der Netwonschen KM gilt Massenerhaltung ->
    div j + @rho/@t = 0
    =>
    div j + @div D/@t = 0
    => es gibt einen Vektor, sagen wir, H mit
    j + @D/@t = rot H
    Natürlich sind jetzt noch die Feldvektoren zu verknüpfen, jedoch steht auch diese Aufgabe gleichermaßen in KM und in EDyn an – mit unterschiedlichen Ergebnissen, die – soweit ich es übersehe – nicht in diesem theoretischen Rahmen erhalten werden, sondern aus dem Experiment folgen.
    g) Was ich auch noch nicht im Rahmen dieser Art Überlegungen sehe, sind die unterschiedlichen geometrischen Eigenschaften der 4 elm. Felder, wie sie z. B. im Buch von Hehl & Obuchov beschrieben werden.

    Summa summarum: die KM kann nicht alles und enthält nicht alles, doch sie kann mehr und enthält mehr als weithin bekannt ist. Für die Durchführung der Einheit der Physik ist dieses Mehr unschätzbar.

  48. #48 MartinB
    18. Mai 2012

    @Peter
    Meine Fragen
    “*Was* genau willst du erreichen?
    *Was* willst du *woraus* ableiten?
    Und *warum* sollte bei einer solchen Ableitung der klassischen Physik eine besondere Rolle zukommen? ”
    finde ich hier nicht beantwortet, ich sehe lediglich Rechnungen, bei denen du irgendwie die Maxwellgleichungen aus der Mechanik ableiten willst.
    Warum muss eigentlich die kinetische Energie eine Erhaltungsgröße sein? Jedes Kind auf ner Schaukel wäre da anderer Ansicht?
    Steht da eigentlich ein Kreuzprodukt (vermute ich mal)? Dann argumentierst du also quasi, dass die Lorentzkraft natürlich ist unter der Annahme, dass es ein Feld gibt, dass die kinetische Energie konstant lässt?

    “Natürlich ist das nicht die einzig mögliche Verallgemeinerung der Newtonschen Gravitationskraft. Mir scheint jedoch, dass sie
    – in nachvollziehbaren Schritten vorgeht,
    – keine nichtmechanischen Annahmen/Forderungen macht.”
    Ich raff’s nicht, tut mir Leid – es gibt also viele denkbare Verallgemeinerungen der KM (wobei unter Verallgemeinerung hier das Hinzufügen von Krafttermen zu verstehen ist?), von denen eine tatsächlich der Realität entspricht? Das muss doch so sein, sonst könnte die KM ja nicht funktionieren.

    Vielleicht kannst du deine eigentliche Motivation doch noch mal erklären, möglichst ohne den beliebig unscharfen Begriff “Einheit der Physik”?

  49. #49 Niels
    18. Mai 2012

    @MartinB
    Sorry, beim Abschicken meiner Frage an dich hatte ich deinen Beitrag im “Definitionen, Axiome und Idealisierungen”-Strang noch nicht gelesen.

    @Peter
    Ein paar eher unwichtige Details:

    1. Martin hat es behauptet, aber nicht gezeigt. Seine letzte Aussage hierzu war, die Schrödingergleichung als gegeben zu nehmen. Weshalb ich (in Übereinstimmung mit Schrödinger) dagegen bin, habe ich unter Teil II geschrieben.

      Mir ist nicht klar, wie es sinnvoll sein kann, gegen ein funktionierendes, zum Ziel führendes Axiom zu sein.

    2. Mich stört außerdem, dass man die verschiedenen Zweige der Physik so stark getrennt voneinander behandelt.

      Na ja, man muss halt zuerst Vorkenntnisse aufbauen, bevor man zum Verbindenden kommen kann.
      Könnte man vielleicht schon besser als es bisher und historisch üblich ist machen, mir ist aber nicht klar, wie genau man da vorgehen könnte.
      Gleich mit der QM oder gar der QED einzusteigen wäre schließlich der Hammer.
      Gibt es denn neuere QM-Lehrbücher, die hier einen etwas anderen Weg gehen?

    3. die Yukawa-Gleichung erscheint

      Ich kenn das Yukawa-Potential und die Yukawa-Interaktion.
      Yukawa-Gleichung sagt mir aber gerade leider gar nichts.

    Zum Hauptteil:

    Im Rahmen der Netwonschen KM gilt Massenerhaltung

    Das ist doch ein Axiom, und zwar sogar eins, dass sich schon als falsch herausgestellt hat.

    Wie müssen die Kräfte beschaffen sein, damit die Gesamtenergie eine Erhaltungsgröße ist?

    Auch die Erhaltung der Gesamtenergie gilt im Allgemeinen in der ART nicht mehr ohne Weiteres. Warum also sollte das als grundlegendes Axiom taugen, aus dem heraus man die Physik “vereinheitlichen” kann?

    Wie müssen die Kräfte beschaffen sein, damit die kinetische Energie eine Erhaltungsgröße ist?

    […]

    Immer noch im Rahmen der KM darf ich weiter fragen, wie K'(t,r,v,a,…) beschaffen sein muss, damit K_2 in den Rahmen der Hamiltonschen Form der Mechanik passt.

    […]

    Hier hat Newton bereits die Kraft in einen körperspezifischen (Masse) und einen geometrischen Faktor (Feldstärke) aufgespalten, das für die Kraft K_2 zu übernehmen, ist naheliehend (natürlich später experimentell zu bestätigen!)

    Diese Dinge sind jetzt deiner Meinung nach keine neuen Annahmen/Axiome, die in der KM eigentlich nicht drin stecken, sondern zusätzlich angenommen werden müssen?
    Außerdem kann man diese ganzen Prinzipien doch nur deswegen passend annahmen, weil das Ergebnis, auf das man hinaus will, schon bekannt ist.

    Natürlich sind jetzt noch die Feldvektoren zu verknüpfen, jedoch steht auch diese Aufgabe gleichermaßen in KM und in EDyn an – mit unterschiedlichen Ergebnissen, die – soweit ich es übersehe – nicht in diesem theoretischen Rahmen erhalten werden, sondern aus dem Experiment folgen.

    “Aus dem Experiment folgern” bzw. weiter oben “experimentell zu bestätigen” bedeutet doch genau, dass man neue Axiome aufstellt?

    Dass man bei Kenntnis der KM und durch neue Experimente neue Axiome aufstellen kann, die dann zu den anderen, modernen Theorien führen, ist doch völlig klar, weil es historisch genau so passiert ist?

    Im Übrigen interessieren mich noch brennend die Antworten auf genau die Fragen, die MartinB gerade vor mir gestellt hat.

  50. #50 Peter
    19. Mai 2012

    @MartinB

    1) “@Peter
    Meine Fragen
    “*Was* genau willst du erreichen?
    *Was* willst du *woraus* ableiten?
    Und *warum* sollte bei einer solchen Ableitung der klassischen Physik eine besondere Rolle zukommen? ”
    finde ich hier nicht beantwortet, ich sehe lediglich Rechnungen, bei denen du irgendwie die Maxwellgleichungen aus der Mechanik ableiten willst.”
    a) Das ist schade, weil viel mehr dasteht als nur Rechnungen.
    b) Kurz, die Darstellungen der KM von Newton, Euler und Helmholtz enthalten Elemente, die über die KM hinaus reichen und in anderen Disziplinen Verwendung finden. Zunächst geht es um diese Gemeinsamkeiten.
    c) Zweitens kann man unter Verweis auf Gödels Theorem annehmen, dass es auch in der KM Fragestellungen gibt, die im Rahmen der KM nicht beantwortet werden können. Welche sind das und wohin führen sie?
    d) Ich bestreite nicht, dass auch die QM oder die QFT als Ausgangspunkt für derartige Überlegungen dienen können, ich kenne halt keine Darstellung der QM oder QFT, die das ermöglicht.
    NB: Mir scheint, dass hierfür das inverse Spektralproblem in 3D (Marc Katz’ Frage “Kann man die Gestalt einer Trommel hören?”) eindeutig lösbar sein müsste…

    2) “Warum muss eigentlich die kinetische Energie eine Erhaltungsgröße sein? Jedes Kind auf ner Schaukel wäre da anderer Ansicht?”
    “Jedes Kind auf ner Schaukel” unterschreibt die peripatetische Physik – was soll das?

    3) “Steht da eigentlich ein Kreuzprodukt (vermute ich mal)?”
    Was sonst?

    4) “Dann argumentierst du also quasi, dass die Lorentzkraft natürlich ist unter der Annahme, dass es ein Feld gibt, dass die kinetische Energie konstant lässt?”
    So ähnlich – mir ist sie in der Ausbildung entgegengetreten als eine Kraft, über die nachzudenken erst in der EDyn sinnvoll ist. Helmholtz’ Fragestellung rückt KM und EDyn näher zusammen – wie gesagt: ich halte Boltzmanns Versuche, die EDyn auf die KM zu reduzieren für aussichtslos

    5) “”Natürlich ist das nicht die einzig mögliche Verallgemeinerung der Newtonschen Gravitationskraft. Mir scheint jedoch, dass sie
    – in nachvollziehbaren Schritten vorgeht,
    – keine nichtmechanischen Annahmen/Forderungen macht.”
    Ich raff’s nicht, tut mir Leid – es gibt also viele denkbare Verallgemeinerungen der KM (wobei unter Verallgemeinerung hier das Hinzufügen von Krafttermen zu verstehen ist?), von denen eine tatsächlich der Realität entspricht?…”
    Es gibt vermutlich *unendlich* “viele denkbare Verallgemeinerungen der KM” – welche von ihnen sind physikalisch sinnvoll, brauchbare Modelle der physikalischen Welt, in der *wir* leben? Deshalb geht es nicht um ein bloßes “Hinzufügen von [irgendwelchen] Krafttermen”, sondern um physikalisch ausgezeichnete “Kraftterme”.
    Ich behaupte nicht, dass die von Helmholtz in Erwägung gezogenen Auswahlkriterien die einzig möglichen sind – kennst Du weitere?

    6) “Das muss doch so sein, sonst könnte die KM ja nicht funktionieren.”
    Diesen Zusatz kann ich leider nicht nachvollziehen

    7) “Vielleicht kannst du deine eigentliche Motivation doch noch mal erklären, möglichst ohne den beliebig unscharfen Begriff “Einheit der Physik”?”
    Dieser Begriff ist nicht “beliebig unscharf” – Treder (& Rompe) sah die Einheit der Physik vornehmlich in der Methodik. Ich denke, sie geht weiter, viel weiter – nicht jedoch bis zum Reduktionismus.

  51. #51 MartinB
    19. Mai 2012

    “Kurz, die Darstellungen der KM von Newton, Euler und Helmholtz enthalten Elemente, die über die KM hinaus reichen und in anderen Disziplinen Verwendung finden. ”
    Ja, natürlich. Dafür gibt es zwei offensichtliche Gründe, die zusammenwirken:
    1. Die KM ist als Grenzfall in diesen Theorien enthalten, es gibt deshalb einige Konzepte, die auch in den fundamentaleren Theorien drinstecken, wenn auch mit leicht verschobener Bedeutung.
    2. Die KM ist auf Grund unserer Alltagserfahrung die Theorie, die wir intuitiv am besten verstehen und auf die wir uns gern zurückziehen.

    “Zweitens kann man unter Verweis auf Gödels Theorem annehmen”
    Leider nein. Die KM ist kein formales System (z.B. weil auch sie in ihrer Formulierung auf Experimente oder Alltagsbegriffe zurückgreift, die undefiniert bleiben (z.B. Masse, Raum) ) und damit dem Gödel-Theorem nicht zugänglich.

    “ich kenne halt keine Darstellung der QM oder QFT, die das ermöglicht. ”
    Ich kenne eigentlich nur solche…

    “”Jedes Kind auf ner Schaukel” unterschreibt die peripatetische Physik – was soll das”
    Nein, das Kind auf der Schaukel zeigt (und weiß), dass seine kinetische Energie nicht erhalten ist, weil die sich in potentielle umwandelt. Woher soll also die Forderung nach einer Kraft kommen, die die kinetische Energie erhält – außer wenn du schon experimentell weißt, dass das die ist, die du beschreiben willst?

    “Deshalb geht es nicht um ein bloßes “Hinzufügen von [irgendwelchen] Krafttermen”, sondern um physikalisch ausgezeichnete “Kraftterme”.”
    Wobei jetzt “physikalisch ausgezeichnet” heißt, dass das die sind, die experimentell beobachtet werden?

    “”Das muss doch so sein, sonst könnte die KM ja nicht funktionieren.”
    Diesen Zusatz kann ich leider nicht nachvollziehen”
    Das scheint mir das Grundproblem zu sein.
    Ich versuch’s nochmal:
    Nehmen wir an, es gibt eine fundamentale Theorie, die X-Theorie.
    Die KM ist als Grenzfall (h, gegen Null, c gegen unendlich etc.) in dieser X-Theorie enthalten.
    Die KM beschreibt tatsächlich die makroskopische Physik.
    Entsprechend kann man die KM um Terme erweitern (mit h ungleich Null, c ungleich unendlich), die die X-Theorie ergeben.

    Das kann gar nicht anders sein.

    “Dieser Begriff ist nicht “beliebig unscharf””
    Kannst du ihn dann definieren, damit mir klar wird, was du meinst?
    Das wa sich unter “Einheit” verstehe, würde jedenfalls nicht gewinnen, wenn wir die KM als Ausgangspunkt für irgendwelche Überlegungen nehmen.

  52. #52 Peter
    19. Mai 2012

    @Niels
    “1.
    Martin hat es behauptet, aber nicht gezeigt. Seine letzte Aussage hierzu war, die Schrödingergleichung als gegeben zu nehmen. Weshalb ich (in Übereinstimmung mit Schrödinger) dagegen bin, habe ich unter Teil II geschrieben.

    Mir ist nicht klar, wie es sinnvoll sein kann, gegen ein funktionierendes, zum Ziel führendes Axiom zu sein.”

    Warum sollte ich die Schrödinger-Gleichung als “ein funktionierendes, zum Ziel führendes Axiom” ansehen, wenn es Schrödinger selbst nicht getan hat? Ich nehme seine Bedenken ernst und versuche seine Forderungen zu erfüllen.

    “2.
    Mich stört außerdem, dass man die verschiedenen Zweige der Physik so stark getrennt voneinander behandelt.

    Na ja, man muss halt zuerst Vorkenntnisse aufbauen, bevor man zum Verbindenden kommen kann.
    Könnte man vielleicht schon besser als es bisher und historisch üblich ist machen, mir ist aber nicht klar, wie genau man da vorgehen könnte.
    Gleich mit der QM oder gar der QED einzusteigen wäre schließlich der Hammer.
    Gibt es denn neuere QM-Lehrbücher, die hier einen etwas anderen Weg gehen?”

    Das weiß ich leider nicht. Kittels Lehrbuch der Statistischen Mechanik legt erfreulicherweise besonderen Wert auf die einheitliche Darstellung der Klassischen Statistik und der Quantenstatistik. Ob er die Ununterscheidbarkeit an den Teilchen oder an den Zuständen festmacht, erinnere ich leider nicht mehr.

    In der Regel geht man vom Einfachen zum Komplizierten. Deshalb wird gewöhnlich vom Trägheitssatz und dem elastischen Stoß ausgegangen. Wenn ich mit der Energie anfange wird es komplizierter: man muss nicht nur die Existenz der Energie postulieren, sondern auch die funktionale Struktur der Hamilton-Funktion

    “3.
    die Yukawa-Gleichung erscheint

    “Ich kenn das Yukawa-Potential und die Yukawa-Interaktion.
    Yukawa-Gleichung sagt mir aber gerade leider gar nichts.”

    Sorry, verbreitet ist der Name “Abgeschirmte Poisson-Gleichung” (https://en.wikipedia.org/wiki/Screened_Poisson_equation)

    “Wecher Gleichung genügt dasYukawa-Potential?”
    der Abgeschirmten Poisson-Gleichung

    4) “Zum Hauptteil:
    Im Rahmen der Netwonschen KM gilt Massenerhaltung
    Das ist doch ein Axiom, und zwar sogar eins, dass sich schon als falsch herausgestellt hat.”
    Es wird zwar nicht Axiom genannt, ist jedoch als eine Grundannahme etwas Ähnliches. De facto arbeitet die KM mit der Ruhemasse. Wieweit es sinnvoll ist, weitere Massen einzuführen, hängt vermutlich von der Situation/Problemstellung ab. Ich kenne keine kovariante Gleichung, in der eine andere als die Ruhemasse auftritt, doch lerne ich gern hinzu.

    5) “Wie müssen die Kräfte beschaffen sein, damit die Gesamtenergie eine Erhaltungsgröße ist?
    Auch die Erhaltung der Gesamtenergie gilt im Allgemeinen in der ART nicht mehr ohne Weiteres. Warum also sollte das als grundlegendes Axiom taugen, aus dem heraus man die Physik “vereinheitlichen” kann?”

    Ich habe nicht behauptet, dass die Helmholtzschen Fragestellungen einen Weg in Richtung ART weisen, sondern in Richtung Lorentz-Kraft (sie weisen auch nicht in Richtung QM).

    Ich weiß leider nicht genug über die ART, um etwas Konretes über den Energiesatz in ihr sagen zu können. In den Einsteinschen Feldgleichungen tritt der Energie-Impuls-Tensor auf, der allerdings etwas mit der Energie(-Impuls)-Erhaltung zu tun hat. Da die ART noch nicht alle ihre Ziele erreicht hat (namentlich “kein Raum ohne Materie”), kann man über den Energiesatz in ihr vermutlich noch nicht abschließend urteilen.

    6. “Wie müssen die Kräfte beschaffen sein, damit die kinetische Energie eine Erhaltungsgröße ist?
    […]

    Immer noch im Rahmen der KM darf ich weiter fragen, wie K'(t,r,v,a,…) beschaffen sein muss, damit K_2 in den Rahmen der Hamiltonschen Form der Mechanik passt.

    […]

    Hier hat Newton bereits die Kraft in einen körperspezifischen (Masse) und einen geometrischen Faktor (Feldstärke) aufgespalten, das für die Kraft K_2 zu übernehmen, ist naheliehend (natürlich später experimentell zu bestätigen!)

    Diese Dinge sind jetzt deiner Meinung nach keine neuen Annahmen/Axiome, die in der KM eigentlich nicht drin stecken, sondern zusätzlich angenommen werden müssen?”

    Diese Fragestellungen von Helmholtz sind rein mechanische Fragestellungen im Rahmen einer gegebenen Theorie, keine neuen Prinzipien oder gar Axiome oder sonstige zusätzliche Annahmen. Sie führen allerdings zu einer speziellen Form von Kräften, die in der KM nicht relevant sind. In den Lehrbüchern tritt die Lorentz-Kraft i. d. R. erst in der EDyn auf (außer jemand bringt in der KM das kinetische Potenzial und geschwindigkeitsabhängige Kräfte), und dann wird so getan, als könne die KM gar nichts zu ihrer besonderen Form sagen. Natürlich wird festgestellt, dass (v x B) die kinetische Energie unverändert lässt. Ich finde, es vermehrt die Gemeinsamkeiten von KM und EDyn, wenn man auch den umgekehrten Weg gehen kann: von der Erhaltung der kinetischen Energie (die ja bereits beim elastischen Stoß auftritt) zu (v x B).

    Man kann natürlich auch in der Mechanik bleiben und gelangt zu einer speziell-relativistischen mechanischen Gleichungen, die isomorph zu den mikroskopischen Maxwell-Gln. sind und aus Analogiegründen von Heaviside vorgeschlagen wurden. Ich versuche eine bessere Begründung als die Analogie zu finden und beide Theorien auf gemeinsame Grundlagen zu stellen. Da sich Newtons Darstellung der KM besser als Ausgangspunkt eignet als Maxwells Darstellung der EDyn (d. i. keine Kritik an Maxwell, der ja mit den viel komplizierteren Erscheinungen in Medien zu kämpfen hatte), nehme ich sie.

    7) “Außerdem kann man diese ganzen Prinzipien doch nur deswegen passend annahmen, weil das Ergebnis, auf das man hinaus will, schon bekannt ist.”

    Es sind keine Prinzipien, sondern Problemstellungen. Die Antwort auf die Frage nach den Kräften, die die kinetische Energie unverändert lassen, war Helmholtz vorher nicht bekannt, sonst hätte er nicht auf Lipschitz’ Antwort verwiesen. Bezug auf die (Maxwell-)Lorentz-Kraft wurde von Lipschitz und Helmholtz nicht genommen.

    8) “Natürlich sind jetzt noch die Feldvektoren zu verknüpfen, jedoch steht auch diese Aufgabe gleichermaßen in KM und in EDyn an – mit unterschiedlichen Ergebnissen, die – soweit ich es übersehe – nicht in diesem theoretischen Rahmen erhalten werden, sondern aus dem Experiment folgen.
    “Aus dem Experiment folgern” bzw. weiter oben “experimentell zu bestätigen” bedeutet doch genau, dass man neue Axiome aufstellt?”

    Nein, bedeutet es hier nicht. Ich meinte die Anwendbarkeit auf andere Erscheinungen und die quantitative Bestimmung der Koeffizienten (h wird ja auch dem Experiment entnommen).

    9) “Dass man bei Kenntnis der KM und durch neue Experimente neue Axiome aufstellen kann, die dann zu den anderen, modernen Theorien führen, ist doch völlig klar, weil es historisch genau so passiert ist?”

    Historisch ist es so passiert, richtig. Das heißt jedoch nicht, dass es logisch zwingend ist. Von den einst experimentell suggerierten Begriffen “longitudinale” und “transversale Masse” spricht heute niemand mehr. Ich versuche, die Menge der Grundannahmen/Prinzipien/Axiome auf ein Minimum zu reduzieren.

    10) “Im Übrigen interessieren mich noch brennend die Antworten auf genau die Fragen, die MartinB gerade vor mir gestellt hat.”
    Ich hoffe, meine obigen Ausführungen haben dazu beigetragen.

  53. #53 MartinB
    19. Mai 2012

    “Warum sollte ich die Schrödinger-Gleichung als “ein funktionierendes, zum Ziel führendes Axiom” ansehen, wenn es Schrödinger selbst nicht getan hat?”

    Weil wir heute mehr wissen als Schrödinger 1926 und wissen, dass das funktioniert?

    “Ich hoffe, meine obigen Ausführungen haben dazu beigetragen.”
    Nicht wirklich, das Ziel ist mir nach wie vor schleierhaft.

    Ich nehme nochmal die Geschichte mit der Lorentz-Kraft:
    “Die Antwort auf die Frage nach den Kräften, die die kinetische Energie unverändert lassen, war Helmholtz vorher nicht bekannt, sonst hätte er nicht auf Lipschitz’ Antwort verwiesen.”
    So what? Wir wissen, dass sich bewegte elektrisch geladene Teilchen in Magnetfeldern (in gewissen Grenzen) mit der Km beschreiben lassen. Also müssen die Gleichungen, mit denen das geht, mit der KM vereinbar sein.
    Was lerne ich daraus, wenn ich das irgendwie (wie genau ist mir nach wie vor nicht klar) axiomatisch zu beschreiben versuche? Was weiß ich hinterher über Physik, das ich vorher nicht wusste?

  54. #54 Peter
    19. Mai 2012

    @MartinB

    1) “”Warum sollte ich die Schrödinger-Gleichung als “ein funktionierendes, zum Ziel führendes Axiom” ansehen, wenn es Schrödinger selbst nicht getan hat?”

    Weil wir heute mehr wissen als Schrödinger 1926 und wissen, dass das funktioniert?”

    Schrödinger wusste auch, “dass das funktioniert”. Aber weshalb “funktioniert es”? “Es funktioniert” zwar als Eigenwertproblem, doch trägt diese Lösungsmethode der Quantennatur der untersuchten Systeme nicht genügend Rechnung.

    Helmholtz leitet
    E = V(r) + T(v)
    aus dem Leibnizschen Prinzip her, warum wohl?

    2)””Ich hoffe, meine obigen Ausführungen haben dazu beigetragen.”
    Nicht wirklich, das Ziel ist mir nach wie vor schleierhaft.”

    Ich vermute, weil es für Dich kein Ziel ist.

    3) “Ich nehme nochmal die Geschichte mit der Lorentz-Kraft:
    “Die Antwort auf die Frage nach den Kräften, die die kinetische Energie unverändert lassen, war Helmholtz vorher nicht bekannt, sonst hätte er nicht auf Lipschitz’ Antwort verwiesen.”
    So what? Wir wissen, dass sich bewegte elektrisch geladene Teilchen in Magnetfeldern (in gewissen Grenzen) mit der Km beschreiben lassen. Also müssen die Gleichungen, mit denen das geht, mit der KM vereinbar sein.”

    Das ist ein Zirkelschluss.

    4) “Was lerne ich daraus, wenn ich das irgendwie (wie genau ist mir nach wie vor nicht klar) axiomatisch zu beschreiben versuche? Was weiß ich hinterher über Physik, das ich vorher nicht wusste?”

    Axiomatisch ist vielleicht zu ambitiös. – Du weißt, dass die Lorentz-Maxwell-Gleichungen nicht auf die EDyn beschränkt sind, und hast eine Begründung für die Heavisidesche Analogie.

  55. #55 Peter
    19. Mai 2012

    @MartinB

    1) “”Kurz, die Darstellungen der KM von Newton, Euler und Helmholtz enthalten Elemente, die über die KM hinaus reichen und in anderen Disziplinen Verwendung finden. ”
    Ja, natürlich. Dafür gibt es zwei offensichtliche Gründe, die zusammenwirken:
    1. Die KM ist als Grenzfall in diesen Theorien enthalten, es gibt deshalb einige Konzepte, die auch in den fundamentaleren Theorien drinstecken, wenn auch mit leicht verschobener Bedeutung.
    2. Die KM ist auf Grund unserer Alltagserfahrung die Theorie, die wir intuitiv am besten verstehen und auf die wir uns gern zurückziehen.”

    Hier unterscheiden wir uns vermutlich hauptsächlich in der Auffassung, ob man die “fundamentaleren Theorien” *ohne* Bezug auf die KM aufstellen kann. Du behauptest zwar, das dies möglich ist, bist den Nachweis bisher jedoch schuldig geblieben.

    Mit Hilfe von experimentell motivierten quantenlogischen Überlegungen kann man zum Hilbertraum gelangen. Dann weiß man jedoch noch nichts über die Dynamik, wie kommt man dahin.

    Ähnlich beim Pfadintegral: wie gelangt man zur Phase *ohne* Bezug auf die KM?

    2) “Zweitens kann man unter Verweis auf Gödels Theorem annehmen”
    Leider nein. Die KM ist kein formales System (z.B. weil auch sie in ihrer Formulierung auf Experimente oder Alltagsbegriffe zurückgreift, die undefiniert bleiben (z.B. Masse, Raum) ) und damit dem Gödel-Theorem nicht zugänglich.

    Deshalb schrieb ich “Verweis” und nicht “mit Hilfe” – das hätte ich deutlicher formulieren sollen. – Ich meine Aussagen, die innerhalb der KM gestellt, jedoch nicht beantwortet werden können. Das ist der Münchhausensche Schopf, den Niels angesprochen hat und den Enzensberger meint.

    3) “ich kenne halt keine Darstellung der QM oder QFT, die das ermöglicht. ”
    Ich kenne eigentlich nur solche…

    Du glaubst es, weil Du Schrödingers Forderungen ignorierst, vgl. (1) oben

    4) “”Jedes Kind auf ner Schaukel” unterschreibt die peripatetische Physik – was soll das”
    Nein, das Kind auf der Schaukel zeigt (und weiß), dass seine kinetische Energie nicht erhalten ist, weil die sich in potentielle umwandelt. Woher soll also die Forderung nach einer Kraft kommen, die die kinetische Energie erhält – außer wenn du schon experimentell weißt, dass das die ist, die du beschreiben willst?”

    Da war ein Missverständnis meinerseits: ich dachte an die Reibung, ich bitte um Entschuldigung.

    Leider weiß ich nicht, weshalb Helmholtz diese Frage formulierte. Ich kann nur vermuten, dass es an der prominenten Rolle der kinetischen Energie in der Leibnizschen Darstellung der KM liegt.Die Frage ist *nicht* post-hoc, wie Du unterstellst: Die Antwort kannte er nicht und Lipschitz’ Antwort setzte er nicht sogleich in Bezug zu (v x B).

    5) “”Deshalb geht es nicht um ein bloßes “Hinzufügen von [irgendwelchen] Krafttermen”, sondern um physikalisch ausgezeichnete “Kraftterme”.”
    Wobei jetzt “physikalisch ausgezeichnet” heißt, dass das die sind, die experimentell beobachtet werden?”

    Am Ende sind natürlich nur die physikalisch relevant, mit denen sich physikalische Experimente beschreiben lassen.
    Im Rahmen der obigen Überlegungen ist die Kraft
    v x K_2′(t,r)
    gegenüber der allgemeinen Form
    v x K_2′(t,r,v,a,…)
    dadurch ausgezeichnet, dass sie mit der Hamiltonschen Form der KM kompatibel ist.

    6) “”Das muss doch so sein, sonst könnte die KM ja nicht funktionieren.”
    Diesen Zusatz kann ich leider nicht nachvollziehen”
    Das scheint mir das Grundproblem zu sein.
    Ich versuch’s nochmal:
    Nehmen wir an, es gibt eine fundamentale Theorie, die X-Theorie.
    Die KM ist als Grenzfall (h, gegen Null, c gegen unendlich etc.) in dieser X-Theorie enthalten.
    Die KM beschreibt tatsächlich die makroskopische Physik.
    Entsprechend kann man die KM um Terme erweitern (mit h ungleich Null, c ungleich unendlich), die die X-Theorie ergeben.
    Das kann gar nicht anders sein.”

    Genau das versuche ich: “die KM um Terme erweitern (mit h ungleich Null, c ungleich unendlich), die die X-Theorie ergeben.” :-))

    7) “Dieser Begriff ist nicht “beliebig unscharf”
    Kannst du ihn dann definieren, damit mir klar wird, was du meinst?
    Das wa sich unter “Einheit” verstehe, würde jedenfalls nicht gewinnen, wenn wir die KM als Ausgangspunkt für irgendwelche Überlegungen nehmen.”

    Ich meine die Durchführung des Hertzschen Programms.

  56. #56 Peter
    20. Mai 2012

    Schrödinger (Nobel Award Speech 1933), on discussing the pathes for classical and quantum particles, concluded, that

    “We are faced here with the full force of the logical opposition between an
    either — or (point mechanics)
    and a
    both — and (wave mechanics)
    This would not matter much, if the old system were to be dropped entirely and to be replaced by the new one. Unfortunately, this is not the case.”

    This both — and can be seen in the path integral representation (Feynman 1949) of quantum mechanics, too, cf (Lübbig 1999).

  57. #57 MartinB
    20. Mai 2012

    “Unfortunately, this is not the case.”
    Worauf bezieht sich denn diese Aussage? Doch nahezu sicher auf die Kopenhageer Deutung, oder?

    “can be seen in the path integral representation (Feynman 1949) of quantum mechanics, too”
    Man kann z.B. die Pfadintegraldarstellung über die Viele-Welten-Interpretation ansachauen, dann gibt es eigentlich gar keine Probleme mit Welle-Teilchen-Dualismus.

    Kannst du etwas spezifischer werden, wo das Problem steckt. “Schrödinger hat das gesagt” ist für mich kein wirklich gutes Argument.

  58. #58 Peter
    20. Mai 2012

    @MartinB

    1) “”Unfortunately, this is not the case.”
    Worauf bezieht sich denn diese Aussage? Doch nahezu sicher auf die Kopenhageer Deutung, oder?”

    Nach dem zitierten Text bezieht es sich auf den vorhergehenden Satz: “This would not matter much, if the old system were to be dropped entirely and to be replaced by the new one.”
    Ich verstehe das so: KM und QM sind logisch inkompatibel. Die QM ist jedoch nicht in der Lage, die KM vollständig zu ersetzen. Deshalb kann die KM nicht ins Museum gestellt werden.

    Ich habe nochmal bei Landau % Lifschitz nachgelesen. Du hattest recht, sie halten die KM für unverzichtbar, weil ein Quantenobjekt ohne Bahnbewegung keine Dynamik besitzt. Ich finde das nicht überzeugend, doch ist mein Argument ohnehin ein anderes, nämlich die Bestimmung von H bzw. L.

  59. #59 MartinB
    20. Mai 2012

    “nämlich die Bestimmung von H bzw. L.”
    Huh? Die Lagrangedichte schreibe ich in der QFT ziemlich unabhängig von jeder klassischen Physik hin. Daraus kann ich z.B. die Energie zwischen zwei elektrischen Ladungen direkt berechnen (siehe meine QFT-Serie). Wo brauche ich denn da die KM? Ich kann natürlich die Lagrangedichte über die eines klassischen Feldes motivieren, jedenfalls für ein einfaches skalares reelles Feld, aber spätestens bei Fermion-Feldern scheitert das.

    Welche Lagrange-Dichte kann ich denn nur aus der KM bestimmen?

  60. #60 Hans Peter Enis
    Offenbach
    14. Januar 2013

    Chabs wissen wer der Babo ist.

  61. #61 Tom
    1. September 2013

    (ψ(x-δx) + ψ(x+ δx) -2&psi(x)) / (2 δx2)
    Hier ist ein kleiner Schreibfehler in der Formel (vermutlich ein vergessener Doppelpunkt nach dem &psi)

    (Hm, das “hoch 2” am Schluss wird im Kommentarfeld jetzt falsch dargestellt)

  62. #62 Tom
    1. September 2013

    Strichpunkt O_o

  63. #63 MartinB
    1. September 2013

    @Tom
    Danke, das ist beim Umzug des EWordpress-Systems passiert, das alte System war fehlertoleranter und hat solche fehlenden Semikolonse ersetzt.

  64. #64 Schaf
    21. Februar 2015

    Wäre es falsch, wenn ich bei der Beschreibung in Worten anstatt “Krümmung der Wellenfunktion” “Hamiltonoperator” schreiben würde? Beziehungsweise: Beschreibt ^H die Krümmung?

    Warum ist es falsch, wenn man sagt, dass die stationäre SGL vollkommen zeitunabhängig ist? Ich habe das mit ein paar theoretischen Physikern diskutiert und danach weiß ich immer weniger als vorher . . . 😀

  65. #65 MartinB
    21. Februar 2015

    @Schaf
    “Krümmung” ist auch nur bedingt richtig (siehe den Kommentar #1 von Thilo oben). Klar kann man Hamilton schreiben – aber der Text richtet sich ja nicht an Leute die wissen, was das ist…

    Der räumliche Anteil der stationären SGL ist zeitunabhängig, aber der zeitliche Anteil ist es nicht – die WF hat ja einen Phasenterm exp(-i h-quer omega). Deswegen bekommt man auch zeitabhängige Lösungen, wenn man eine Linearkombination aus zwei Eigenfunktionen bildet, die jede für sich eine zeitunabhängige räumliche WF haben. Das wird in Teil IV und V erklärt, vielleicht schaust du da mal rein und guckst, ob es dann klarer wird. (Falls nicht, dann gern nachfragen)

  66. #66 Schaf
    21. Februar 2015

    Ok, danke. Ich wusste auch nicht was das ist, habe mich nur quer duch alle Texte durchgelesen und wollte wissen, ob ich die Definition von Hamilton richtig verstanden habe – zumindest ganz grob …
    Ich werde dann die nächsten Seiten erstmal lesen bevor ich weitere Fragen stelle – vielleicht verstehe ich es ja auch so .. .Dankeschön !!

  67. #67 Ulrich M. Moese
    Gera
    4. Februar 2016

    Vollkommen sinnfreier und zusammenhangloser Kommentar gelöscht

  68. #68 Krypto
    4. Februar 2016

    @Ulrich:
    Gehirnkrümmungen sind ein wenig OT 😉

  69. #69 Peter Enders
    Senzig
    15. Februar 2016

    Hallo Martin,
    auch dieses Mal möchte ich Deine Darstellung nicht schlechtschreiben, sondern freue ich mich, dass sie für manche hilfreich sind 🙂
    Du schreibst: “Schrödinger selbst glaubte, dass ψ die Ladungsdichte sei.”
    Bei Schrödinger (4. Mitt. 1926, § 7) steht dagegen, dass |ψ|^2 “eine Art Gewichtsfunktion ist; als Ladungsdichte hat er – vereinfacht – (Ladung mal |ψ|^2) angesehen.
    Viel Spaß auch weiterhin!
    Peter

  70. #70 MartinB
    15. Februar 2016

    @Peter
    Stimmt, e psi² war bei ihm die Ladungsdichte, nicht psi (wobei der Faktor e relativ egal ist, den könnte Schrödinger ja einfach mit ins psi reindefinieren).

  71. #71 Jorifuh
    Hannover
    24. Januar 2021

    Hallo Martin,
    ich lerne als einfacher Chemie-Lehramt-Studi gerade für meine Prüfung in physikalischer Chemie und muss sagen: Vielen Dank für deine super verständlichen Texte :)!!!
    Hätte ich mir auch im Abi und von allen unseren Lehrbüchern so gewünscht! Du bist didaktisch echt auf einem anderen Level!
    Gruß,
    Jorifuh

  72. #72 MartinB
    24. Januar 2021

    @Jorifuh
    Danke für’s Lob.
    Vielleicht ist für Lehramts-Studis auch mein Buch über Funktionswerkstoffe interessant; wenn du an einer Uni bist, hast du vermutlich über Springer-Link Volltextzugriff.