Froschähnlich sollten die Labyrinthodontier wie Mastodonsaurus also nicht sein. Interessanterweise aber scheint sich das “Froschkonzept” in den Köpfen festgesetzt zu haben. Bei Rekonstruktionen verzichtete man zwar auf die langen Froschbeine, der Rest des Körpers erinnerte aber sehr stark an einen Frosch. Ein paar tolle Bilder, die das belegen, habe ich in einer Veröffentlichung des Naturhistorischen Museums Schleusingen gefunden:
Das obere stammt aus dem Jahr 1926, das mittlere von 1932. Das untere der drei Bilder hat es mir besonders angetan: es stammt aus dem Buch “Leben in der Urzeit”, das von dem berühmten Künstler Zdenek Burian illustriert wurde. Dessen Ölgemälde sind aus heutiger Sicht zwar oft fehlerhaft, aber immer noch beeindruckend. Wieviele Stunden ich als Kind diese Bilder angesehen habe, weiß ich nicht mehr, aber den Mastodonsaurus mit seinem riesigen Kopf fand ich immer besonders faszinierend.
Allerdings kann man sich schon die Frage stellen, wie ein solches Tier eigentlich gelebt haben soll – die winzigen Stummelbeinchen dürften ja kaum zum Laufen gereicht haben und der Schwanz war sicher auch nicht besonders gut zum Schwimmen geeignet.
Neuere Untersuchungen zeichnen ein ganz anderes Bild des Mastodonsaurus. Hier eine Skelettrekonstruktion aus der Arbeit von Moser und Schoch (die sich vor allem mit der kniffligen Nomenklatur befasst):
Auf den ersten Blick sieht der “neue” Mastodonsaurus aus wie ein Krokodil – deshalb wird er auch gelegentlich “Krokomander” genannt, eine Mischung aus Krokodil und Salamander. Bei genauerem Hinsehen erkennt man natürlich deutliche Unterschiede: Die meisten Zähne sind beispielsweise viel kleiner als bei einem Krokodil, der Schädel ist flacher und hat auch nicht die reptiltypischen Schädelöffnungen, die Beine sind kleiner und schwächer als bei einem Krokodil. Auch der “Krokomander”-Mastodonsaurus war an Land vermutlich kein guter Läufer, während Krokodile ja durchaus einen Menschen überholen können. Gefressen hat er vermutlich alles, was er erwischen konnte – neben Fischen sicher auch unvorsichtige Saurier oder andere Amphibienverwandte, von denen es in der Trias reichlich gab. Fressfeinde dürfte er nicht gehabt haben – ausgewachsene Mastodonsaurier waren über fünf Meter lang. Aus dem ursprünglichen Riesenfrosch und dem plumpen kurzbeinigen Monster ist also am Ende doch ein ziemlich “schnittiges” und dynamisch aussehendes Lebewesen geworden. Perk hat mich auf das schöne Rekonstruktionsbild (auch bei Wikipedia) aufmerksam gemacht (in dem der Mastodonsaurus allerdings mal wieder an Land hockt):
Von ДиБгд in der Wikipedia auf Russisch – Übertragen aus ru.wikipedia nach Commons., Gemeinfrei, Link
Den Mastodonsaurus finde ich – neben seiner wechselvollen Rekonstruktionsgeschichte – noch aus einem anderen Grund interessant: Oft spricht man ja beim Überblick über die Erdgeschichte vom “Zeitalter der Amphibien”, “Zeitalter der Reptilien”, “Zeitalter der Säugetiere” usw. Die Triaszeit, in der der Mastodonsaurus lebte, lag im Erdmittelalter, dem Zeitalter der Reptilien. Die ökologische Nische, die heute die Krokodile besetzen, hatten damals aber nicht nur Reptilien inne (obwohl es solche auch gab, beispielsweise die Phytosaurier), sondern auch Mastodonsaurus und seine Verwandten.
MARKUS MOSER and RAINER SCHOCH
REVISION OF THE TYPE MATERIAL AND
NOMENCLATURE OF MASTODONSAURUS
GIGANTEUS (JAEGER) (TEMNOSPONDYLI) FROM
THE MIDDLE TRIASSIC OF GERMANY
Palaeontology, Vol. 50, Part 5, 2007, pp. 1245-1266
Michael J. Benton, David J. Gower
Richard Owen’s Giant Triassic Frogs: Archosaurs from the Middle Triassic of England
Journal of Vertebrate Paleontology 17(l):74-88, March 1997
KLAUS-PETER KELBER, Würzburg
Lebensbilder der Unterkeuperzeit im Spiegel der paläontologischen Forschung
Veröffentlichungen Naturhist. Museum Schleusingen, 24 | 2009 | 41–66
Einen tollen Überblick über die Triaszeit mit ihrer wechselvollen Fauna gibt es in dem Buch “Dawn of the Dinosaurs” von Nicholas Fraser – jedem Paläontologie-Enthusiasten sehr zu empfehlen.
Kommentare (12)