Technisch bin ich ja eher hinterm Mond – mein Handy ist 7 Jahre alt, Dinge wie facebook kenne ich nur vom Hörensagen und getwittert habe ich auch noch nie. Dafür habe ich jetzt aber ein nagelneues Stück Technik, das wirklich Spaß macht: Einen e-book-Reader.

Wer viele wissenschaftliche Artikel liest, kennt das Problem: Am Bildschirm lesen ist auf die Dauer ermüdend, ausdrucken und dann lesen ist erstens umständlich, zweitens nicht besonders umweltfreundlich und drittens auch eine ziemliche Schlepperei – vor allem, wenn man nach ein paar Minuten feststellt, dass der vielversprechend aussehende Artikel doch nicht so toll ist. Besonders Bahnfahrten würden sich ja zum Lesen eignen, wenn nur die Schlepperei nicht wäre…

Da ist so ein e-book-Reader eine ziemlich praktische Sache. Ich habe mir ein etwas größeres Exemplar besorgt, das etwa so groß ist wie eine DIN A4-Seite und mit knapp 600Gramm auch kein Leichtgewicht mehr (aber immer noch leichter als ein Fachbuch). Dafür kann man auf dem großen Display auch wissenschaftliche Artikel ziemlich stressfrei und mit Vergnügen lesen. So sieht das Ganze zum Beispiel aus, wenn man sich gerade über die allgemeine Relativitätstheorie schlauliest:

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Wenn die Schrift sehr klein ist (ich komme ja so langsam ins Weitsichtigkeitsalter…), kann man auch in das Dokument hineinzoomen – dabei bietet sich ein Wechsel ins Querformat an, hier mal gleich mit einem Eindruck für eine Grafik:

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Die Anzeige beruht auf dem e-Ink-Prinzip: Dabei werden kleine Teilchen durch elektrische Felder bewegt und können so (in diesem konkreten Fall) 16 verschiedene Graustufen anzeigen (Bild von Wikipedia):

Electrophoretic display 001.svg
Von Senarclens – self-made using Inkscape, CC BY-SA 3.0, Link

Videos kann man so natürlich nicht angucken, denn ein Bildwechsel dauert etwa eine Sekunde. Beim Umblättern ist diese kleine Zeitverzögerung nur sehr wenig störend – reales Umblättern einer Papierseite ist auch nicht wesentlich schneller.

Die Lesequalität ist – bei diesem Modell – ziemlich gut; der Bildschirmhintergrund ist hellgrau, ungefähr so, als würde man auf Umweltschutzpapier lesen, oder auf dem berühmten “pulp fiction”-Papier. Weil der Bildschirm nicht selbst leuchtet, werden die Augen auch nicht so schnell müde – ich habe letzte Woche etwa 4 Stunden in der Bahn gelesen und hatte eigentlich keine Augenprobleme (außer denen, die ich auch bei Papierbüchern gehabt hätte und die vom Aufstehen um kurz nach fünf kamen…). Reflexionen stören auch deutlich weniger, als das Foto oben vermuten lässt – der Bildschirm ist ziemlich matt, und die Reflexionen sind etwa vergleichbar denen, die man hat, wenn man auf Hochglanzpapier liest.

Ein weiterer großer Vorteil der e-Ink-Technologie ist der Stromverbrauch: Das Display schluckt nur bei Seitenwechsel Strom. Laut Hersteller kann man etwa 7000 Seiten mit einer Akkuladung anzeigen – habe ich noch nicht geprüft, aber bei der vierstündigen Bahnfahrt neulich war die Ladeanzeige hinterher noch immer auf voll…

Im Moment habe ich schon eine kleine Bibliothek drauf – neben diversen Papers (von denen das eine oder andere demnächst sicher hier verbloggt wird) auch einen ganzen Haufen Klassiker. Ab Werk waren schon einige Hundert Bücher vorinstalliert, beispielsweise sämtliche Romane von Jane Austen, eine Menge Shakespeare und andere Nettigkeiten. (Anthony Trollope, den ich besonders gern lese, hat man schmählicherweise vergessen, dafür gab’s Bücher auf portugiesisch, walisisch und anderen Sprachen, die ich nicht mal ansatzweise verstehe.) Bücher, die nicht mehr copyright-geschützt sind, lassen sich im Netz ohne Probleme finden und herunterladen – wer also gern Klassiker liest, kommt voll auf seine Kosten. Und auch moderne Romane findet man kostenlos; beispielsweise hat der Baen-Verlag eine ganze Reihe von SF-Romanen kostenlos ins Netz gestellt. Man kann e-books natürlich auch kaufen – wer das exzessiv will, der muss sich sehr genaue Gedanken über das Modell machen, denn e-books von Amazon kann man zum Beispiel nur auf dem Amazon-Kindle lesen. Auch Physikbücher findet man reichlich im Netz, aber da stelle ich lieber keine Links hier rein…

Neben dem bloßen Lesen hat das Gerät noch ein paar weitere Funktionen – man kann damit per WLAN ins Internet (habe ich bisher aber nicht ausprobiert, weil ich zuhause noch kein WLAN habe und das WLAN an der Uni sich nicht konfigurieren ließ…), man kann Kalenderfunktionen nutzen, Musik hören etc.
Sogar Notizen kann man machen – mit einem Plastikstift kann man auf den Bildschirm malen (mit leichter Zeitverzögerung – e-Ink ist halt nicht sooo schnell). Das einzige was noch schmerzhaft fehlt ist die Möglichkeit, die Notizen direkt in ein pdf-Dokument reinzuschreiben – der Hersteller hat versprochen das nachzuliefern; wieder mal ein klarer Fall von Bananenprodukt, das erst beim Kunden reift.

Falls ihr jetzt mit dem Gedanken spielt, euch auch so ein Teil zuzulegen (nur falls jemand fragt: Nein, ich bekomme keine Prozente der Firma…), dann gibt es hier den ultimativen Link: In diesem Forum (runterscrollen für das deutsche Forum) werden alle eure Fragen zum Thema e-book-Reader beantwortet und es gibt jede Menge Erfahrungsberichte von Nutzern.

Eine kleine Marktübersicht gibt es hier. Für mich war die Wahl nicht schwer – ich wollte ein 9-Zoll-Gerät, das möglichst viele Formate gut anzeigen kann, da gibt es nicht so viel Auswahl.

Kommentare (17)

  1. #1 Sven Vermant
    14. Februar 2011

    Gibt es einen tieferen Grund, warum es keine Links zu Physikbüchern im Netz gibt?

  2. #2 Henry
    14. Februar 2011

    @Sven: Mangelnde Nachfrage! Tatsächlich hab ich gute Sachbücher bisher nur auf halblegalen Seiten gefunden.

  3. #3 schlappohr
    14. Februar 2011

    Tjo, sowas wäre nicht schlecht. Schwierige Lektüre geht am besten in liegender Position und ohne Festplattengesäusel.

    Wie sieht denn die Darstellung von farbigen Grafiken in Graustufen aus? Und wie bekommt man Daten auf das Teil wenn man kein WLAN benutzen will (USB, SD-Karte)?

  4. #4 MartinB
    14. Februar 2011

    @Sven
    Halblegal ist das Stichwort…

    @Schlappohr
    Das Ding konvertiert Farbe in Graustufen (16) – wie gut das am Ende ist, weiß ich nicht, weil ich noch keine komplexen farbgrafiken am Wickel hatte – es ist ein Musterfoto dabei, das geht zumindest. Und papers drucke ich meist auch s/w aus, von daher ist das für mich o.k.

    Und ja, das Ding hat nen USB-Anschluss und lässt sich wie ein USB-Stick am Rechner verwalten – Platz für ne SD-Karte ist auch, aber bisher haben die 2GB Speicher gereicht. WLAN soll laut Forum auch gut funktionieren, aber wie gesagt, bei mir zuhause kommt das erst noch…

  5. #5 JPeelen
    14. Februar 2011

    Lesen Wissenschaftler die elektronischen “papers” wie einen Roman von vorn nach hinten?
    Ich blättere immer ziemlich viel hin und her. Dafür sind solche Displays denkbar ungünstig. Außerdem kann ich mir selten verkneifen, Anstreichungen oder gar Randnotizen zu machen, um meine grauen Zellen auf die Sprünge zu helfen.
    P.S.
    Schön, dass der Stromverbrauch so gering ist. Bei einem Buch aus Papier ist er allerdings Null. Und der Verleger kann den Zugriff nicht abschalten um noch mal zu kassieren oder weil dem Innenminister der Inhalt nicht gefällt.

  6. #6 MartinB
    15. Februar 2011

    @JPeelen
    Meist überfliege ich die papers einmal – Faustregel: abstract lesen, Intro überfliegen, Bilder angucken, Zusammenfassung lesen, dann weiß ich, ob es sich lohnt.
    Stimmt schon, überfliegen ist ein bisschen schwieriger, aber auch nicht soo schlimm. Dafür kann man im Dokument suchen (wenn’s ein pdf ist), das ist dann auf dem papier wieder nicht so leicht. Notizen sind ja hoffentlich bald möglich (nen Workaround gibt es schon, habe ich aber noch nicht probiert).

    Ansonsten: Klar, Papier hat auch Vorteile – ich werde auch in Zukunft mit Genuss Papierbücher lesen; das sollte hier auch nicht wie eine Werbeveranstaltung klingen, tut mir Leid, wenn das so rüberkam.

    Die pdf’s kann aber niemand abschalten, wenn ich sie erstmal auf dem Rechner habe, nicht mal der Innenminister.

  7. #7 JanG
    15. Februar 2011

    Wenn man mal überlegt was so pro Tag an Tageszeitungen gedruckt, vertrieben, verkauft und am Ende nur teilweise gelesen wieder verramscht wird, empfinde ich es als Segen dass es sowas gibt. Wissenschaftliche Papers, Magazine, Groschenromane oder meinethalben auch Bücher komplettieren diesen Katalog noch.

    Natürlich werde ich mir auch in Zukunft mal ein Buch kaufen, das wird dann aber was Besonderes sein, etwas, was dann auch mal im Ledereinband gemütlich zu Hause gelesen und ordentlich behandelt wird.

    In diesem Sinne danke für den Artikel, hat mir sehr geholfen und auch meinen Entschluss, so ein Teil zu kaufen, weiter gefestigt.

  8. #8 Arnd
    15. Februar 2011

    Martin, vielleicht solltest du dir auch mal ein iPad anschauen. Hat zwar auch Nachteile gegenüber einem eBook-Reader (schlechtere Lesbarkeit im Sonnenlicht und Akku hält nur 10 Stunden), aber auch einen Haufen Vorteile (richtiger Browser, schnelles Display, tausende Apps, farbige Magazine, quasi jedes eBook ist lesbar, egal woher). Vom Gewicht und der Größe her isses ähnlich wie deiner (690 Gramm). Keine Ahnung wie teuer dein Reader war, iPads gibt’s ab 499€.

  9. #9 MartinB
    15. Februar 2011

    @Arnd
    Ja, über neniPad hab ich auch nachgedacht, da gibt es schon ganz brauchbare Modelle für unter 200Euronen. Aber Lesen am Bildschirm (auch auf nem Laptop) finde ich auf die Dauer sehr anstrengend – ich kann mir nicht vorstellen, dass ich da (wie neulich in der Bahn) mit Genuss mehrere Stunden am Stück lesen kann. e-Ink ist schon nen anderes Erlebnis.

  10. #10 Quh.
    16. Februar 2011

    Mit dem gleichen Gedanken hab ich auch schon gespielt. Leider halte ich das Feature “Anmerkungen in PDFs per Hand/Stift” für ein must-have.

  11. #11 MartinB
    16. Februar 2011

    @Quh
    Ja, das will ich auch – aber es wird wohl definitiv kommen, mag noch ein paar Monate dauern. Auf dem mobileread-Forum kannst du dich auf dem laufenden halten.

  12. #12 Quh.
    17. Februar 2011

    Wie ist das mit dem integrierten Browser. Kann man damit “Couch-Surfen”? Sprich SB.de vom Sofa aus? Oder ist das zu langsam wegen dem Bildaufbau?

    Im Moment ist er mir noch zu teuer. Hatte den Reader vor einigen Wochen schonmal im Blick. Mal gucken was die Zukunft bringt.

    Mirasol Displays sollen ja auch nicht schlecht sein, aber die scheinen im Moment noch zu spiegeln. Auf jedenfall auch eine interessante Technik 🙂

    Grüße

  13. #13 MartinB
    17. Februar 2011

    @Quh
    Den Browser hab ich noch nicht ausprobiert, weil zuhause kein WLAN.
    Soll erträglich, aber nicht begeisternd sein, wenn ich das auf dem mobileread-Forum richtig gelesen habe; ist aber nicht meine Hauptanwendung.

  14. #14 Redfox
    17. Februar 2011
  15. #15 Redfox
    5. März 2011

    Einer meiner Lieblingswebcomics hat gerade ein Ebook-Strip gemacht:

    https://mimiandeunice.com/2011/03/02/e-paper/

  16. #16 Jan
    https://www.e-readershop.de/
    10. Dezember 2012

    Ich hab mir den Sony Reader PRS-T2 gekauft und bin ganz zufrieden damit. Zwar kann man damit auch surfen aber Spaß macht das auf 6 Zoll nicht unbedingt.

  17. #17 Susi
    2. Mai 2013

    Danke die INK-Technologie habt Ihr gut beschrieben. Aber ich brachte für meinen Beitrag noch mehr Infos zu eBook Readern die ich in dem Ratgeber auf der Seite https://www.ebook-reader-vergleich.de/ratgeber/allgemein/was-ist-ein-ebook-reader/default.aspx gefunden habe.

    Nochmals vielen Dank Martin.