Über die Entstehung des Vogelflugs gibt es ja viele Theorien. Ein niedlicher Krabbel-Roboter leistet jetzt einen Beitrag, eine davon experimentell zu überprüfen.
Die berühmte Frage, mit der ja auch Kreationisten gern hausieren gehen, lautet “Wozu ist ein halber Flügel gut”? Wie soll eine schrittweise Entwicklung zu einem fliegenden Tier funktionieren, wenn das Tier vom halben Flügel eben noch nichts hat, weil es damit ja nicht fliegen kann?
Wenn ihr nicht gerade Kreationisten seid, dann ist euch vermutlich klar, dass man davon ausgehen sollte, dass die “halben Flügel” sich eben nicht zum Fliegen, sondern für eine andere Funktion entwickelt haben. Eine Möglichkeit hierfür ist das so genannte WAIR=wing-assisted inclined running (übersetzt sich so etwa als “Flügelunterstütztes Steigungslaufen”), das seit 10 Jahren diskutiert wird.
Junge Vögel sind nämlich in der Lage, durch heftiges Flügelflattern Steigungen raufzulaufen, die sie ohne Flügel nicht schaffen könnten – und das können sie auch dann schon, wenn sie noch zu jung zum Fliegen sind, also sozusagen mit einem “halben Flügel”.
Hier ein nettes Video, wie das aussieht:
Der Trick dabei ist, dass die Vögel durch das Flattern zum einen zusätzlichen Schub nach vorn/oben erzeugen, zum anderen, dass sie sich mit dem Flügelschlagen gegen den Boden drücken und so die Andruckkraft erhöhen, ähnlich wie das ein Spoiler an einem Auto tut. Dadurch können sie größere Steigungen überwinden und vielleicht auch beim Laufen in ebenem Gelände ihre Laufgeschwindigkeit steigern. (Modellrechnungen für einen Archaeopteryx ergaben eine Geschwindigkeitssteigerung um einen Faktor 4, die waren aber wohl überoptimistisch, weil sie den Einfluss des zusätzlichen Luftwiderstands ignorierten.)
(Es gibt auch andere Ideen zur Entwicklung des Flügelschlages – eine ganz neue werde ich sicher auch demnächst mal erzählen.)
Ein kleines Problem bei dieser Theorie besteht darin, dass die Vögel, bei denen man dieses Verhalten beobachtet, zwar als Jungvögel noch nicht fliegen können, als erwachsene Vögel aber schon. Sie haben also zwar zu kleine Flügel, aber den gesamten Muskelapparat, die Nervenkoordination usw. aber schon. Können Flügel aber auch helfen, wenn man mit ihnen gar nicht fliegen kann?
Und hier kommt jetzt der kleine Roboter ins Spiel. Er basiert auf dem Dynamic Autonomous Sprawled Hexapod (kurz “DASH” – ein nettes Wortspiel, weil “dash” auch “sausen” bedeutet), einem kleinen sechsbeinigen Robot, der laufen kann wie ein Käfer.
DASH bekommt nun zusätzlich noch Flügel und heißt dann DASH+Wings. Um den Einfluss der Flügel zu studieren, betrachtet man drei Varianten von DASH:
Zum einen DASH mit angebauten Flügeln (die entweder starr sind oder auf- und abschlagen), dann DASH ohne Flügel und schließlich DASH mit Trägheits-Stangen, die den Einfluss der Flügelmasse verdeutlichen sollen.
Anschließend wurde untersucht, welche Geschwindigkeiten DASH in den unterschiedlichen Konfigurationen erreichen und welche Steigungen er überwinden kann. Die Ergebnisse könnt ihr euch auch hier als Video ansehen:
Mit Flügeln steigt die Maximalgeschwindigkeit also immerhin um etwa 90%, und die maximale Steigung von knapp 6 auf mehr als 16°. Auch die Stabilität beim Laufen erhöhte sich durch die Flügel. Flügel können also tatsächlich beim Laufen unterstützen, auch wenn man mit ihnen nicht fliegen kann.
Qualitativ sind die Ergebnisse also durchaus spannend – quantitativ kann man aus ihnen nicht besonders viel folgern, dazu ist ein sechsbeiniger Laufroboter dann doch zu weit von einem zweibeinigen Dinosaurier entfernt. Für den Bau von Minirobotern sind Flügel aber vielleicht durch diese Ergebnisse auch attraktiver geworden.
Peterson, K., Birkmeyer, P., Dudley, R., & Fearing, R. (2011). A wing-assisted running robot and implications for avian flight evolution Bioinspiration & Biomimetics, 6 (4) DOI: 10.1088/1748-3182/6/4/046008
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