So ein Modell ist natürlich schon mal ganz nett, aber echte Wissenschaftlerinnen sollten ihre Ergebnisse auch mal überprüfen, oder? Und möglichst nicht mit den Eidechsen, die sie verwendet haben, um das Modell aufzustellen. Sie hätten natürlich auch andere Eidechsen einsetzen können, aber sie entschieden sich für eine andere Möglichkeit: Roboter.
Roboter scheinen ja in der Biomechanik gerade ziemlich angesagt zu sein – neulich hatten wir schon den Laufroboter mit Hilfsflügeln, letztes Jahr den Robovogel. Hier wurde jetzt ein (für mein ungeschultes Auge) ziemlich simpler Roboter verwendet, der aussieht wie ein Spielzeugauto mit Schwanz.
Lässt man dieses Auto über eine Rampe fahren, dann kippt es vorn über:
Programmiert man den Roboter dagegen so, dass er seinen Schwanz zur Lagekontrolle einsetzt, dann gelingt es ihm, seine Lage im Raum tatsächlich stabil zu halten:
Auch quantitativ passten die Roboter-Ergebnisse zu denen der Eidechsen. Und damit kann man jetzt weitere Modellrechnungen anstellen und zum Beispiel herausfinden, wie gut denn Roboter und Eidechsen darin sind, ihren Körper mit Hilfe des Schwanzes zu orientieren. Hier ist auf der horizontalen Achse die Größe der Störung aufgetragen, und zwar in Grad. Dieser Wert gibt an, wie stark der Körper rotieren würde, wenn der Schwanz nicht da wäre – bei den Eidechsenexperimenten ist das ein Maß für die Rutschigkeit des Bodens, bei den Robotautos für die Stärke des Drehmoments, das auf sie wirkt, wenn sie vorn überkippen. Auf der vertikalen Achse sieht man, wie stark der Schwanz rotieren muss, um den Körper bei dieser Störung in der gewünschten Lage zu halten:
Man erkennt die Werte für die Eidechsen in grün, die Werte für den Mini-Robot in grau, wobei zwei Varianten untersucht wurden, eine mit kurzem und eine mit langem Schwanz. Der kurzschwänzige Roboter ist nicht so gut im Stabilisieren wie die Eidechse, der langschwänzige deutlich besser. Dazwischen erkennt man, warum diese Forschung so wichtig ist: Wie jedes sinnvolle biologische Forschungsprojekt kann auch dieses auf Dinosaurier übertragen werden.
Dargestellt in zart-beige ist die berechnete Kurve für einen Velociraptor. Velociraptoren und ihre Verwandten waren ja agile Dinosaurier mit ziemlich langen und versteiften Schwänzen, die aber an der Basis sehr beweglich waren. Etwa so sahen sie wohl aus:
By I, ArthurWeasley, CC BY 2.5, Link
Obwohl nach den neusten Theorien Dromaeosaurier vermutlich bevorzugt kleinere Beutetiere angriffen, deuten Fossilfunde wie Deinonychuszähne, die zusammen mit dem Pflanzenfresser Tenontosaurus gefunden wurden, eventuell darauf hin, dass sie auch größere Saurier angriffen. Dazu sprangen sie die Beute vermutlich an und versuchten sich an ihr festzukrallen. Und dabei dürfte der Schwanz ebenfalls nützlich gewesen sein, um den Körper aus der typischen eher horizontalen Laufposition in die Vertikale zu drehen. In Bildern sieht man dies manchmal dargestellt, beispielsweise hier oder hier (aus Copyrightgründen binde ich die Bilder lieber nicht ein).
Aus der Grafik oben erkennt man, dass ein Velociraptor, der seinen Schwanz um etwa 90° nach oben rotieren konnte, seinen Körper auch gegen eine ziemlich starke Störung stabilisieren konnte – tatsächlich war er darin sogar besser als die Eidechsen. Velociraptoren dürften also sehr gute und agile Springer gewesen sein, und zumindest die kleineren Dromaeosaurier dürften keine Schwierigkeiten gehabt haben, in Bäumen herumzuhüpfen.
Es zeigt sich also, dass Eidechsen mit Hilfe ihres Schwanzes tatsächlich besser herumspringen können, und dass sich das Prinzip auch auf Dinosaurier und Roboter übertragen lässt. Natürlich bleiben auch Fragen ungeklärt: Wenn das für die Körperrotation in einer Richtung so gut funktioniert, klappt es dann auch in anderen Richtungen, können Eidechsen sich also auch seitwärts stabilisieren, oder wenn ihr Körper sich um die Längsachse dreht (so wie bei einer fallenden Katze, die auch ihren Schwanz mit einsetzt, um auf allen Vieren zu landen)? (Luftfahrttechniker würden vielleicht sagen, dass das Experiment sich nur mit dem Nicken befasst, nicht aber mit Gieren und Wanken.) Das ist bisher noch nicht so gut untersucht. Es bleibt also genug zu tun.
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