Es war einmal, vor langer Zeit, in einem ganz ganz nah gelegenen Blog…

Die Leser, die ihr Wissen aus einem geheimen Blog beziehen, haben einen ersten Sieg gegen den bösen Formalismus der Quantenfeldtheorie errungen.

Dabei ist es einigen der Leser gelungen, Geheimformeln über das entscheidende Element der Quantenfeldtheorie in ihren Besitz zu bringen, den PROPAGATOR, dessen Formelmacht ausreicht, um viele physikalische Phänomene zu verstehen.

Verfolgt von den finsteren Kräften mathematischer Verwirrung haut Blogautor Martin in die Tasten, als Hüter der anschaulichen Erklärungen, die seinen Leser das physikalische Verständnis wiederbringen könnten…


Nach diesem etwas überzogenen Vorspann geht es heute um Kräfte – deswegen auch der Titel des Textes. Es ist ja schon eine Weile her, dass wir uns den Propagator angesehen haben. Dabei haben wir als Beispiel zwei Quellen betrachtet, die irgendwo in der Raumzeit sitzen und unser Quantenfeld beinflussen können.

Die Quellen waren J(x) und J(y), wobei x und y jeweils zwei Raumzeitpunkte waren. Anschaulich haben wir uns vorgestellt, unser Quantenfeld wäre die Oberfläche eines Teichs, in den wir Steine hineinwerfen.

Betrachten wir ein reines Vakuum, also den Fall ganz ohne Quellen, dann gibt es eine Wahrscheinlichkeitsamplitude dafür, dass das Vakuum am Anfang (vor langer, langer Zeit) in eins am Ende (in ferner Zukunft) übergeht – die Wahrscheinlichkeit ist natürlich gleich 1 (aus Vakuum wird Vakuum), aber der Amplitudenpfeil, den wir ja immer zeichnen, um einen Prozess zu beschreiben, zeigt in eine bestimmte Richtung.

Die beiden Quellen sorgen dabei für eine Änderung der Wahrscheinlichkeitsamplitude, sie drehen den Amplitudenpfeil also um einen zusätzlichen Betrag. (Man könnte annehmen, dass sie auch dafür sorgen könnten, dass aus dem Vakuum am Ende kein Vakuum mehr wirkt – wenn es Quellen sind, könnten sie ja vielleicht auch “echte” Teilchen erzeugen – aber wenn man die Quellen hinreichend vorsichtig an- und ausschaltet, dann kann das nicht passieren.)

Die zusätzliche Drehung des Amplitudenpfeils hat den Wert -J(x) D(x-y) J(y)/2. Dabei ist J(x) die Stärke der Quelle am Raumzeitpunkt x, J(y) entsprechend für den Raumzeitpunkt y, und D(x-y) ist der Propagator. Dieses schon mehrfach gezeigte Bild sollte veranschaulichen, wie die beiden Punkte wechselwirken:
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Nach einer Vorlage von CypOwn work, CC BY-SA 3.0, Link

Anschließend habe ich mich dann über den Unterschied zwischen “virtuellen” und “realen” Teilchen ausgelassen (den es in Wahrheit streng genommen gar nicht gibt). Aber wie können wir die zusätzliche Rotation der Amplitude interpretieren? Was bedeutet sie? Das wollen wir jetzt klären.

Damit ich im folgenden diese “Extradrehung” leichter hinschreiben kann, gebe ich ihr ein neues Formelzeichen: W(J). Das Argument J brauchen wir deswegen, weil der Wert der Extradrehung natürlich davon abhängt, wo unsere Quellen sitzen und wie stark sie sind.

Dazu betrachten wir ein Gedankenexperiment. Wir stellen uns zwei Orte “hier” (bei x) und “da” (bei y) vor (der Fettdruck soll darauf aufmerksam machen, dass das jetzt keine Raumzeitpunkte (Vierervektoren) sind, sondern wirklich feste Raumpunkte (ausgewählt in einem bestimmten Bezugssystem)). Wir haben dann zwei Quellen, eine “hier” und eine “da”.

Damit wir einen sinnvollen Anfangs- und Endzustand haben, mit dem wir leicht umgehen können (denn wir berechnen am Ende ja immer noch ein Pfadintegral, das uns die Amplitude dafür gibt, dass aus einem Zustand ein anderer wird), stellen wir uns vor, dass wir die Quellen mit einem Schalter versehen. Vor langer langer Zeit sind beide Quellen nicht aktiv (wir haben ein Vakuum), dann drehen wir sie (langsam, aber nicht zu langsam) auf, bis sie ihre volle Stärke J(x) und J(y) erreichen. Wir lassen die Quellen für lange Zeit aktiv (und zwar für viel länger, als wir zum Aufdrehen der Quellen gebraucht haben), dann regeln wir sie in ferner Zukunft wieder herunter, so dass unser Universum wieder ein Vakuum ist.

Wenn wir das so machen, dann können wir davon ausgehen, dass der genaue Mechanismus des Aufdrehens und Runterregelns egal ist, weil die Zeit dazwischen sehr lang ist (wir werden am Ende sehen, dass W(J) vom Zeitintervall abhängt, für das die Quellen aktiv waren). Und wir erreichen noch etwas: Durch die sehr langsame Führung des Prozesses bleibt das System immer im energetisch günstigsten Zustand. Das ist die Aussage des sogenannten adiabatischen Theorems – das beweise ich jetzt aber nicht. Anschaulich ist es eigentlich aber ganz leicht zu verstehen: Stellt euch als Beispiel für ein System im energetisch günstigsten Zustand mal wieder einen Ball vor, der in einer Mulde liegt. Wenn ihr die Form der Mulde sehr langsam ändert, dann bleibt der Ball die ganze Zeit am tiefsten Punkt – ändert ihr die Form der Mulde dagegen schnell, dann könnt ihr den Ball damit wegschießen. (“Adiabatisches Theorem” ist übrigens ein blöder Name – es ist ja nicht das Theorem, das adiabatisch ist…)

Alles in allem haben wir jetzt also zwei Quellen, die wir irgendwann aufdrehen und dann in ferner Zukunft wieder zu Null zurückstellen. Dieses Bild hier soll das veranschaulichen:

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Unsere Extradrehung wird jetzt etwas komplizierter. Im Bild oben war ja schon zu sehen, dass es einen nennenswerten Einfluss der beiden Quellen aufeinander nur dann gibt, wenn sie im passenden Raumzeitabstand zueinander liegen. Wenn jetzt unsere Quellen über einen längeren Zeitraum aktiv sind, dann gibt es natürlich sehr viele Möglichkeiten, mit Hilfe des Propagators Einfluss aufeinander zu nehmen, etwa so:

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Und das sind natürlich nicht alle – wir müssen jede Kombination von Start- und Zielpunkten des Propagators berücksichtigen, die im erlaubten Zeitintervall liegen und bei x anfangen und bei y aufhören.

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Streng genommen müssten wir sogar auch diejenigen Kombinationen berücksichtigen, die bei x anfangen und aufhören und ebenso für y. Das wären aber sogenannte Selbstenergieterme, die nichts mit der Wechselwirkung zwischen x und y zu tun haben, die lasse ich deshalb in der Rechnung unter den Tisch fallen.

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Mathematisch wird das – wie immer, wenn man über alles Mögliche summiert – wieder ein Integral, genauer gesagt sogar zwei Integrale, eins für die eine und eins für die andere Quelle. Dieses Integral kann man lösen, wobei man sich für den Propagator wieder der Fourier-Transformation bedient. Die Details verbanne ich in einen Abschnitt für Fortgeschrittene, weil im Moment nur das Ergebnis wichtig ist.

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Die Rechnung klaue ich in zwei Büchern, dem viel-zitierten von Zee (“Quantum Field Theory in a Nutshell”) und M. Stone “The physics of Quantum Fields”, das auch ziemlich gut ist (wenn auch nicht ganz so gut wie das von Zee – es rechnet alles im kanonischen Formalismus mit Auf- und Absteigeoperatoren (vielleicht erkläre ich die auch noch irgendwann) statt mit Pfadintegralen).

Also los. Wir fangen an mit der Formel für W(J), den Extra-Phasenfaktor durch die Quellen:

Die Quellen sitzen bei x und y, wir können sie also als Jδ(x) und Jδ(y) umschreiben (δ ist die Dirac-Delta-Funktion (oder Distribution)), dann fallen die räumlichen Integrale weg, das J gibt dann die Stärke der Quellen an, die ich der Einfachheit halber als gleich annehme.

Wenn ich das einsetze, sieht das Ergebnis so aus:

Der Faktor 1/2 fällt weg, weil wir beide x-y-Kombinationen berücksichtigen müssen.

Für den Propagator setzen wir seine Fourier-Transformierte ein:

Sieht gruselig aus, ist es aber nicht, jedenfalls nicht zu sehr. Wir können das Integral über y0 benutzen, um den ersten Exponentialterm loszuwerden (das gibt eine Delta-Funktion, die k0 zu Null setzt.). Dann bleibt

Dabei habe ich das iε weggelassen, weil der Nenner jetzt eh nie Null werden kann. Außerdem habe ich (weil k2 ja ein Vierervektor-Produkt war) im Nenner das Vorzeichen gedreht und dafür das Vorzeichen Vorn weggelassen.

Das zweite Integral (über k) lässt sich lösen (das verbannt selbst Zee in einen Anhang – im wesentlichen ist der Trick, dass man in Kugelkoordinaten transformiert)

Dabei ist r der (skalare) räumliche Abstand zwischen x und y.

Und was ist mit dem Integral über x0? Ist das nicht unendlich? Nein, ist es nicht – es kommt ja vom Integral über die Quellen. Wenn die Quellen ausgeschaltet sind, sind alle Quellterme Null. Also laufen die Integralgrenzen nicht von minus unendlich bis unendlich, wie man bei meiner schlampigen Schreibweise denken könnte, sondern sie laufen von “vor langer Zeit” bis “in ferner Zukunft”. Nennen wir dieses Zeitintervall T, dann ist das Integral also einfach gleich T.

Das Ergebnis dieser langen Rechnung gehört aber definitiv in den allgemeinen Teil.

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Auch wenn die Rechnung nicht hier in den harmlosen Teil gehört, das Ergebnis sollten wir uns anschauen:

In dieser Formel stecken ein paar Zeichen drin, die ich während der fiesen Rechnung eingeführt habe, die muss ich natürlich erklären. T ist die Zeitdauer, die die Quellen angeschaltet waren (also in den Diagrammen oben die Länge der vertikalen Linie, das sind ja Raumzeitdiagramme, wo die senkrechte Richtung die Zeit darstellt). J gibt die Stärke der Quellen an (denkt im Zweifel an so etwas wie Massen oder elektrische Ladungen, die sind ja auch nicht alle gleich groß), wobei ich angenommen habe, dass unsere beiden Quellen hier gleich stark sind (sonst stünde hier J1J2).

Der Buchstabe r bezeichnet den räumlichen Abstand zwischen den beiden Quellen.

Was sagt uns die Formel für W(J)? W(J) war ja der zusätzliche Drehwinkel der Amplitude. Wir sehen, dass dieser Drehwinkel von der Stärke der beiden Quellen abhängt – das erscheint ja ganz logisch, je stärker die sind, desto stärker der Einfluss. Außerdem hängt er von der Zeit ab, die die Quellen eingeschaltet waren – ist auch ganz plausibel, wenn ich etwas doppelt so lange tue, bekomme ich doppelt so viel Ergebnis. (Im Pfadintegral rotiert der Phasenfaktor mit einer bestimmten Geschwindigkeit, doppelt so lange rotieren ergibt doppelt so viel Drehung.)

Dann kommt der Bruch. Da steht unten im Nenner ein Faktor r – W(J) wird also immer kleiner, je größer der Abstand der Quellen wird. Oben im Zähler steht auch noch ein Faktor mit einer Exponentialfunktion. Die hat ein negatives Argument, nämlich -mr. Das m ist die Masse unseres Quantenfeldes (der “Extra-Term”), r wieder der Abstand. W(J) nimmt also exponentiell mit dem Abstand ab – wie stark, hängt von der Masse ab. Dieses Bild zeigt die Funktion (in absolut willkürlichen Einheiten) für unterschiedliche Werte der Masse m:

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Ist die Masse groß, ist die Abnahme rapide, ist sie klein, ist die Abnahme schwächer. Bei Masse gleich Null fällt die Funktion ab wie 1/r (der Exponent ist immer gleich 1). Für sehr kleine Abstände dagegen wird der Wert der Funktion sehr groß.

Wenn wir annehmen, dass wir den (von mir immer noch nicht spezifizierten) Effekt, den die Quellen aufeinander ausüben, nicht mehr messen können, wenn W(J) sehr klein wird, dann haben wir also einen Effekt, dessen Reichweite mit der Entfernung und mit der Masse abnimmt. Ist die Masse groß, ist die Reichweite klein, bei Masse Null ist die Reichweite anscheinend sehr groß.

Vorher aber sollte ich endlich mal konkret werden. Was ist denn nun die physikalische Bedeutung von W(J)? Ein globaler Phasenfaktor an einer Wahrscheinlichkeitsamplitude klingt jetzt erst einmal wenig spektakulär und ziemlich abgehoben. Tatsächlich hat dieser Phasenfaktor aber eine ganz einfache und anschauliche Bedeutung.

Wer die Serie aufmerksam verfolgt hat, der wird jetzt vermutlich sagen: Die Bedeutung ist doch eigentlich klar – war nicht der Phasenfaktor immer gerade die Wirkung? Gut aufgepasst, aber leider trotzdem nicht ganz richtig. Wenn wir im Pfadintegral einen einzelnen Pfad betrachten, dann ist der Phasenfaktor die Wirkung. Hier aber betrachten wir jetzt die Summe über alle Pfade, um die Gesamtamplitude für den Prozess zu berechnen. Deshalb ist der Phasenfaktor nicht direkt die Wirkung, sondern etwas, das eng mit der Wirkung zusammenhängt: Die Energie.

Genauer gesagt ist W(J)=-ET. (Im Buch von Zee ist hier ein Vorzeichenfehler, ich hoffe, ich habe alle Vorzeichen hier richtig zusammengebastelt) Dabei ist T wieder das Zeitintervall und E ist die Energie. (Warum das so ist, und welche Energie hier eigentlich gemeint ist, dazu gleich mehr.) Wir haben also

Immerhin – die Energie ist eine “echte” physikalische Größe, unter der wir uns etwas vorstellen können. Bevor wir uns das genauer ansehen, will ich versuchen, euch zumindest plausibel zu machen, warum der Phasenfaktor etwas mit der Energie zu tun hat. Wer’s einfach glauben mag, der kann den nächsten Abschnitt schadlos überspringen.

Die Energie als Phasenfaktor

Tja, hier habe ich nun ein kleines Problem: Dass die Energie in einem Problem als Phasenfaktor auftauchen muss, ist so tief in den Wurzeln der Physik verankert, dass es gar nicht so leicht ist, eine Begründung dafür zu finden.

Der Phasenfaktor, den wir hier haben, ist ja ET, Energie mal Zeit. (Da fehlt natürlich wieder ein ℏ.) Ich verwende jetzt mal eine Schreibweise aus der Quantenmechanik, um die Argumentation übersichtlich zu halten. Ich bezeichne einen Zustand unseres Quantenfelds dadurch, dass ich ihn in eine halbe spitze Klammer einschließe (ein “ket”). Den Vakuum-Zustand, um den es hier geht, bezeichne ich mit |0>.

Wenn wir keine Quellen einschalten, dann bleibt das Vakuum einfach Vakuum, wenn wir das Zeitintervall T abwarten:

Wenn wir dagegen unsere Quellen an- und wieder abschalten, dann bekommen wir ja den zusätzlichen Phasenfaktor W(J):

Sieht mal wieder schlimmer aus, als es ist – der Pfeil sagt einfach, dass wir das Zeitintervall T mit angeschalteten Quellen J abwarten; und das e-hoch-i W(J) ist nichts als unsere Schreibweise für einen Phasenfaktor, die wir in einem der ersten Teile eingeführt haben, also die Extra-Drehung der Amplitude.

Wir haben hier also einen Zustand – das Vakuum – der nach einer Zeit T in einen anderen Zustand – das Vakuum mit Extra-Phasenfaktor – übergeht. Hier steht also nichts, was wir nicht schon wissen.

Eine Möglichkeit, einzusehen, dass es sich bei diesem Phasenfaktor um die Energie handelt, besteht darin, eine Anleihe in der guten alten Quantenmechanik zu machen – letztlich ist unsere Quantenfeldtheorie ja nichts anderes als Quantenmechanik mit zwei Extras: Relativitätstheorie und Feldern statt Punktteilchen.

Unser Vakuum ist ein Zustand mit einer Energie – nämlich der niedrigst-möglichen Energie. Diese Energie steckt auch in der Quantenmechanik in einem Phasenfaktor drin: Dort haben die Wellenfunktionen (die ja die Zustände beschreiben) zu einem Zustand mit einer bestimmten Energie auch immer einen Phasenfaktor, nämlich

Das kann man direkt aus der Schrödingergleichung ableiten. In der Quantenmechanik ist ein Phasenfaktor also eine Energie (das sieht man auch an der berühmten Beziehung E=ℏω).

Man mag jetzt einwenden, dass die Schrödinger-Gleichung in der Quantenfeldtheorie ja gerade nicht gilt – man kann dasselbe aber auch für die Klein-Gordon-Gleichung zeigen.

Man kann das Argument auch umdrehen: Die Schreibweise mit dem Pfeil oben zeigt ja, dass der Phasenfaktor das ist, was man bekommt, wenn man die Zeit fortschreiten lässt. Manche Bücher der Quantenmechanik gehen deshalb andersherum vor: Sie definieren eine Zeitentwicklung, die einen Zustand |ψ(t=0)> in einen späteren Zustand |ψ(t=T)> überführt, und leiten dann ab, dass das mathematische Objekt, das die Zeitentwicklung regelt, gerade die Energie (genauer gesagt, der Energieoperator) ist:

Das E mit dem Dach drauf ist der Energie-Operator. Wenn der Zustand ψ eine definierte Energie hat, dann kann man das Dach am Energieoperator auch weglassen und den direkt durch die Energie ersetzen. Auf diesen Zugang hat mich Leser Christian hier aufmerksam gemacht. (Nochmal danke an alle, die sich an der Diskussion dort beteiligt haben.)

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Diese Denkweise führt dann, wenn ich es richtig sehe, direkt zur Aussage von Wigner, dass Elementarteilchen irreduzible Darstellungen der Poincare-Gruppe sind. Obwohl das richtig ist, konnte ich mich mit dieser Aussage noch nie anfreunden – vielleicht ist das auch der Kern meines Problems hier.

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Mit diesem Argument hängt auch ein anderer Aspekt zusammen: Für Energie und Zeit gilt (ebenso wie für Ort und Impuls) eine Unschärferelation: Man kann die Energie eines Zustands nur dann exakt bestimmen, wenn man dafür unendlich lange Zeit hat, und es gilt ΔEΔt≥ℏ/2.

Es gibt hier auch eine enge Verbindung zum berühmten Noether-Theorem, nach dem die Energie eines Systems genau dann erhalten ist, wenn es bei einer zeitlichen Verschiebung unverändert bleibt.

Vielleicht macht euch das zumindest plausibel, warum Energie und Zeitentwicklung hier so eng zusammenhängen. Aber ich geb’s zu: So ganz zufrieden bin ich mit all diesen Halb-Erklärungen nicht. Es gibt zwei Möglichkeiten, warum das so ist: Entweder ich verstehe es noch nicht wirklich gut genug oder diese Ideen sind mir so selbstverständlich, dass es mir schwer fällt, mich in jemanden hineinzuversetzen, der diese Konzepte nicht kennt (das alte Problem, dass wohl jeder Lehrende kennt). Vielleicht fällt mir irgendwann noch etwas besseres ein, dann schreibe ich einen Text dazu, warum Energie und Zeit so merkwürdig eng verbandelt sind.

 

Energie und Kraft – wir verdienen uns – fast – einen Nobelpreis

Wir haben also mit angeschalteten Quellen eine Energie, die durch diese Formel gegeben ist (ausnahmsweise bastele ich die Konstanten zumindest im Exponenten mal wieder rein, ich hoffe, ich habe mich nicht vertan):

Das Vorzeichen hier ist negativ, die Energie des Systems ist mit eingeschalteten Quellen also kleiner als ohne diese Quellen. Wenn wir versuchen würden, die Quellen voneinander zu entfernen (sehr langsam, sonst kann alles mögliche passieren, das ist wieder das “adiabatische Theorem”), dann müssen wir dafür Energie aufwenden, das heißt, wir müssen Arbeit leisten, denn die Energie wäre ja hinterher größer als vorher.

Nach der guten alten klassischen Physik hängt die Arbeit, die man an einem System leisten muss, mit der Kraft zusammen: Arbeit ist Kraft mal Weg. Wenn wir die Quellen ein Stück voneinander entfernen wollen, brauchen wir also eine Kraft. Mit anderen Worten: Die beiden Quellen ziehen sich an.

Aus unserer Quantenfeldtheorie haben wir also ein echtes physikalisches Resultat abgeleitet: Zwei Quellen, die mit unserem Quantenfeld wechselwirken, ziehen sich an. Die Anziehungskraft nimmt dabei mit dem Abstand ab.

Der japanische Physiker Hideki Yukawa, der von Studenten angeblich wegen seiner komplizierten Mathematik “headache-Yukawa” genannt wurde – eine Geschichte, die ich in irgendeinem Buch gelesen habe, die aber durch eine Recherche bei der google University auf die Schnelle nicht bestätigt wurde – also, dieser Hideki Yukawa hat in den dreißiger Jahren eine Rechnung ähnlich wie diese hier angestellt und sich dann Folgendes überlegt: Eine anziehende Kraft, die mit der Entfernung sehr schnell abnimmt – so etwas beobachtet man doch auch in der Natur. Kernbausteine (Protonen und Neutronen) halten in Atomkernen fest zusammen, aber die Reichweite der Kernkraft ist sehr gering, Atomkerne sind immer klein und wenn sie zu groß werden, werden sie instabil und zerfallen radioaktiv.

Ausgehend von dem, was Yukawa über die Kernkraft wusste, konnte er ableiten, dass das zu dieser Rechnung hier passte. Dann würde die Kernkraft durch ein Quantenfeld vermittelt werden, und zu diesem Feld gehört dann ein Teilchen der Masse m. Yukawa schätzte die Masse dieses neuen Teilchens ab und sagte damit das Pion vorher, das dann 1947 auch gefunden wurde, und zwar ziemlich gut passend zur vorhergesagten Masse. Für diese Vorhersage hat Yukawa auch postwendend den Nobelpreis bekommen.

Zumindest ganz grob können wir seine Rechnung mit einer Abschätzung nachvollziehen – dazu ignorieren wir spaßeshalber den Nenner und schauen uns nur den exponentiellen Abfall im Zähler an. Dort steht ja als Argument -mcr/ℏ. Bei Abstand Null ist dieser Term gleich 1 (der Nenner unseres Bruchs divergiert, aber das ignoriere ich mal kurzerhand.) Wenn wir annehmen, dass die Reichweite dieser Kraft der Größe eines Uranatomkerns (mit einem Durchmesser von 10 Femtometern (10-14 Metern)) entspricht, dann sollte 1/(mc/ℏ) also in dieser Größenordnung liegen, dann ist der Exponent gerade -1. Setzt man Zahlenwerte ein, dann bekommt man für m eine Masse von etwa 50 Elektronenmassen. Das ist natürlich eine sehr grobe Abschätzung (wir haben ja auch den Nenner ignoriert, und ein Abfall um 1/e=0.37 ist ja auch nicht viel) – der tatsächliche Wert liegt bei etwa 240 Elektronenmassen, aber immerhin haben wir die Größenordnung richtig hinbekommen.

Ich gebe zu, es hat lange gedauert (ursprünglich dachte ich, dass ich in dieser Serie etwa 7 Teile brauche, bis wir hier ankommen), aber nun haben wir aus unserer Quantenfeldtheorie etwas Faszinierendes abgeleitet: Anziehungskräfte zwischen Objekten können dadurch entstehen, dass sie mit einem Quantenfeld wechselwirken. Unser φ-Feld sorgt für eine anziehende Wechselwirkung, die Energie ist negativ. Und nimmt man an, dass so ein Feld für die Kernkraft verantwortlich ist, bekommt man einigermaßen plausible Resultate heraus und kann sogar ein neues Elementarteilchen vorhersagen.

Aus dem Alltag kennen wir eine andere anziehende Wechselwirkung: Die Schwerkraft. Hier ist die Reichweite allerdings unendlich – die Energie fällt wie 1/r ab, so dass wir annehmen müssen, dass das zugehörige Quantenfeld (die Gravitonen) keine Masse hat.

Wir kennen aber auch eine Wechselwirkung, die anders funktioniert, bei der sich nämlich gleichartige Quellen (Ladungen) abstoßen: Die elektrische Kraft. Auch sie hat unendliche Reichweite, denn die vermittelnden Teilchen sind die masselosen Photonen – und anders als bei der Schwerkraft kennen wir hier die zugehörige Quantenfeldtheorie auch sehr genau.

Woran liegt es, dass Kernteilchen sich anziehen, gleiche elektrische Ladungen sich abstoßen, aber Massen wiederum immer anziehend wirken? Lässt sich das auch mit der Quantenfeldtheorie wiedergeben?

Die gute Nachricht lautet: Ja, das geht. Ein subtiles Wechselspiel zwischen Relativitätstheorie und dem berühmten “Spin” von Teilchen (und Quantenfeldern) sorgt genau für das richtige Vorzeichen der Kraft. Ob es mir gelingt, das zu erklären? Warten wir’s ab…

Kommentare (56)

  1. #1 Bjoern
    12. Februar 2012

    @MartinB: Danke, mal wieder gut geschrieben! 🙂 Für Leute ohne Vorkenntnisse aber teilweise sicher ganz schön heftig – selbst ich hab’ ein paar Stellen zweimal lesen müssen… 😉

    Eine Frage hätte ich, die mich schon lange beschäftigt: Das Higgsboson ist ja auch ein skalares Teilchen, das auch mit Materieteilchen wechselwirkt. Also sollte doch auch das Higgsfeld (neben der Vermittlung der Trägheit) auch dazu führen, dass sich Materieteilchen anziehen…?

    (Ich hab’ das mal mit einem experimentellen Teilchenphysiker diskutiert – zuerst hat er entschieden abgewunken, nein, das Higgsboson sei ja was gaaanz anderes als die Kräfte vermittelnden Bosonen – nach einiger Diskussion wurde er dann aber doch unsicher und meinte, vielleicht hätte ich ja doch recht… 😉 eine definitive Antwort habe ich bis heute nicht 🙁 )

  2. #2 MartinB
    12. Februar 2012

    @Bjoern
    “selbst ich hab’ ein paar Stellen zweimal lesen müssen…”
    Aber doch wohl hoffentlich nur im Formelteil, oder? Wo hakt’s denn sonst?

    “Also sollte doch auch das Higgsfeld (neben der Vermittlung der Trägheit) auch dazu führen, dass sich Materieteilchen anziehen…? ”
    Hmm – ist das nicht wieder ein Problem, dass man aufpassen muss, ob man vom konstanten Higgsfeldhintergrund oder vom Higgsboson redet?
    Ich würde denken, nach der spontanen Symmetriebrechung sind ja drei der vier Higgsfeldkomponenten weg, die vierte anregbare ist das Higgsteilchen mit ner Masse von mehr als 100GeV – die Reichweite der Higgskraft dürfte da kleiner sein als der Durchmesser eines Protons, oder nicht? Oder ich check gerade nicht, was du meinst.

  3. #3 perk
    12. Februar 2012

    hast du grad während ich hier meinen kommentar getippt habe nen klammersatz über das k² eingefügt?

  4. #4 MartinB
    12. Februar 2012

    @perk
    Äh, nein – der Text ist seit heute morgen unverändert…?

  5. #5 perk
    12. Februar 2012

    (denn dort liegt meine derzeitige verwirrung)
    (abgesehen von der total absurden und unpraktischen vorzeichenkonvention den räumlichen anteil der metrik negativ definit zu machen, warum müssen die teilchenphysiker immer alles anders machen als der ART-ler?…)

    müsste k² nicht = 0 sein weil es lichtartige wellen sind? in wirklichkeit willst du ja k² durch etwas der form k²-k²_0 ersetzen, oder bin ich jetzt vollkommen daneben?

  6. #6 MartinB
    12. Februar 2012

    @perk
    Das fettgedruckte k ist ein dreidimensionaler Vektor, Vierervektoren schreibe ich ganz normal.
    also ist k^2=k_0^2-k^2
    (Wieso gehen eigentlich html-Befehle wie sup in Kommentaren nicht? Oder bin ich zu doof?)

  7. #7 perk
    12. Februar 2012

    sub und sup gehen bei mir hier auch nicht aber unicode kann ich anbieten: k?²

    hmmm, wie unterscheidest du dann k (skalar) und k (vierervektor) in der notation?

    und warum schreibt man dann überhaupt (2π)³k² in den nenner, wenn das automatisch null ist, weil k ein vierernullvektor ist?

    meine verwirrung hält noch an

  8. #8 Bjoern
    12. Februar 2012

    @MartinB: Probleme hatte (und habe) ich z. B. hier:

    Hier aber betrachten wir jetzt die Summe über alle Pfade, um die Gesamtamplitude für den Prozess zu berechnen. Deshalb ist der Phasenfaktor nicht direkt die Wirkung, sondern etwas, das eng mit der Wirkung zusammenhängt: Die Energie.

    Die folgende Erklärung, warum der Phasenfaktor was mit der Energie zu tun hat, ist ja schon ganz gut verständlich – aber was soll das “Deshalb” hier…?

    Und deiner Randbemerkung über die Poincare-Gruppe konnte ich auch nicht so ganz folgen – das hab’ ich vor langen, langen Jahren zwar auch mal irgendwie so gelernt, aber den Zusammenhang sehe ich hier nicht so ganz…

    die Reichweite der Higgskraft dürfte da kleiner sein als der Durchmesser eines Protons, oder nicht?

    Ja, die Reichweite dieser Kraft wäre vergleichbar mit der Reichweite der schwachen Kraft, weil die entsprechenden Bosonen ja ähnlich schwer sind. Es geht nur um die Frage – existiert diese Kraft überhaupt? Oder führt der Austausch von Higgs-Bosonen nicht zu einer anziehenden Kraft? (wie gesagt, ich bin der Ansicht, so eine Kraft müsste es geben – aber ein experimenteller Teilchenphysiker war da halt anderer Ansicht…)

  9. #9 MartinB
    12. Februar 2012

    @perk
    Ob Skalar oder vierervektor muss man aus dem Zusammenhang erschließen – sorry, aber die Zahl der Notationsmöglichkeiten ist begrenzt.
    k² (ich hoffe, das Quadrat klappt) ist nicht automatisch Null – das ist hier ja ein Propagator, da ist das Teilchen virtuell – siehe den letzten Teil. Bei nem Massebehafteten Teilchen (haben wir hier ja) wäre k² eh nicht null, sondern m².

    @Bjoern
    “was soll das “Deshalb” hier…?”
    Das soll bedeuten: Weil das nicht dasselbe ist wie im Pfadintegral, muss auch nicht die Wirkung rauskommen, mehr nicht.

    “den Zusammenhang sehe ich hier nicht so ganz…”
    Wenn man diese Logik (Hamilton-Operator als Zeitverschiebung usw.) zu Ende denkt, dann muss man sich doch fragen, welche Operatoren es so alles gibt und wann die Wirkung dagegen invariant ist und das führt doch auf die poincare-Gruppe,oder nicht?

    “Oder führt der Austausch von Higgs-Bosonen nicht zu einer anziehenden Kraft? ”
    Meiner Ansicht nach müsste da eine anziehende Kraft rauskommen, die aber vollkommen winzig ist. Es gibt ja auch z.B. Ein-Higgs-Austausch-Feynman-Graphen, z.B. Elektron/Positron wird Higgs wird W+/W-.
    Da das Higgs skalar ist, kann es meiner Ansicht nach nicht nur Streu-Terme, sondern auch Kräfte vermitteln.

  10. #10 Johannes K.
    12. Februar 2012

    @MartinB: Ich glaube dieser Artikel ist einer der ersten “populär”wissenschaftlichen Artikel die ich gelesen habe und meine dabei wirklich was gelernt zu haben – Respekt. 😉 Im nächsten Semester fängt zum Glück endlich Quantentheorie bei mir an. Dann kann ich auch hoffentlich bei den etwas höheren Sachen hier etwas besser mitreden.

  11. #11 perk
    12. Februar 2012

    ok jetzt.., danke 😉

    und was notationen angeht gibts doch nur eine konkurrenzfähige *g*

    p.s. ernst gemeint würd ich sagen die beste notation ist die abstrakte indexnotation.. vermutlich, weil sie hier am ART lehrstuhl bevorzugt wird

  12. #12 MartinB
    12. Februar 2012

    @perk
    Mit den Penrose-Bildchen konnte ich nicht viel anfangen.
    Bei Indices zitiere ich ja am liebsten die Rehrensche Punktschreibweise, benannt nach unserem ART-Dozenten – der hatte irgendwann keinen Bock mehr auf die vielen Indices und hat nur noch Punkte dahin gemacht, wo ein Index hingehört “Das können Sie sich dann ja selbst überlegen…” (Die Vorlesung war aber klasse.)
    Alternativ könnte ich’s natürlich machen wie im Morse-Feshbach: Tensoren bekommen hebräische Buchstaben.

  13. #13 perk
    12. Februar 2012

    ich glaub niemand kann mit den penrose bildchen was anfangen.. deswegen erwähne ich sie bei notationsfragen immer als gutes beispiel für “hauptsache nicht so”

    naja bei punkten als abstrakte indizes sieht man kontraktionen im tensor nicht – was ja gerade der vorteil der abstrakten indexnotation ist
    außerdem kann man mit lateinische buchstaben für abstrakte indizes und griechische buchstaben für indizes in koordinaten, auch jede daher kommende verwirrung ausschließen

    hebräische buchstaben sind zwar ganz nett, aber daran würde man ja erstrecht nicht erkennen in welchem raum das ding nun lebt…

    hm, vllt geht ja: fett ( k = 3er vektoren, fett+überstrich ( k?k?) (geht das?)= 4er vektoren, normal = skalar

  14. #14 MartinB
    12. Februar 2012

    @perk
    Wenn ich hier ein Buch in LaTeX schreiben würde, würde ich mir vielleicht was einfallen lassen. Aber solange ich hier mit einem gruseligen Mischmasch aus html und LateX eingebunden via codecogs hantieren muss, macht das gar keine Freude.
    Und Standard ist es so eigentlich ohnehin – in vielen QFT-Büchern ist das ähnlich.

    Und so’n Querstrich obendrauf ist vielleicht auch ungünstig – den braucht man ja auch anderweitig (zum komplex-konjugieren), bei einem geladenen Spin-1-Teilchen wäre das dann doch ein Problem, oder?

    “außerdem kann man mit lateinische buchstaben für abstrakte indizes und griechische buchstaben für indizes in koordinaten, auch jede daher kommende verwirrung ausschließen”
    Ja, und was nehmen wir dann für dreidimensionale Indices…? Und Spin-Indices?

    Ich glaube, es gibt einfach keine seligmachende Notation – wenn man für jeden Pieps ne eigene Notation hat, dann endet man wie in manchen Büchern über Finite Element-Theorie – da hat man dann ein geschwungenes R mit nem Dach drauf, ner Null links oben, ner 1 rechts oben, und unten rechts hat man dann noch indices ij,k, die einem sagen sollen, dass das ein Tensor zweiter Stufe mit Indices ij ist, den man nach k ableiten soll.

  15. #15 perk
    12. Februar 2012

    Und so’n Querstrich obendrauf ist vielleicht auch ungünstig – den braucht man ja auch anderweitig (zum komplex-konjugieren), bei einem geladenen Spin-1-Teilchen wäre das dann doch ein Problem, oder?

    jupp probleme gibts immer…

    Und Standard ist es so eigentlich ohnehin – in vielen QFT-Büchern ist das ähnlich.

    ich muss zu meiner schande gestehen noch nie n qft buch in der hand gehalten zu haben (ok da bin ich nicht ganz sicher, aber gelesen hab ich keins)

    da hat man dann ein geschwungenes R mit nem Dach drauf, ner Null links oben, ner 1 rechts oben, und unten rechts hat man dann noch indices ij,k, die einem sagen sollen, dass das ein Tensor zweiter Stufe mit Indices ij ist, den man nach k ableiten soll

    klingt doch einleuchtend 🙂

    (ich hab grad zum spaß bei google nach “ugly notation” gesucht und zu meiner überraschung musste ich feststellen, dass im englischen sprachraum wohl bei einigen das ∫ als ugly gilt)

  16. #16 Bjoern
    12. Februar 2012

    @MartinB:

    Wenn man diese Logik (Hamilton-Operator als Zeitverschiebung usw.) zu Ende denkt, dann muss man sich doch fragen, welche Operatoren es so alles gibt und wann die Wirkung dagegen invariant ist und das führt doch auf die poincare-Gruppe,oder nicht?

    Ja, das ist klar. Nicht klar ist mir, warum die Elementarteilchen dann ausgerechnet irreduziblen Darstellungen dieser Gruppe entsprechen müssen…

    Meiner Ansicht nach müsste da eine anziehende Kraft rauskommen, die aber vollkommen winzig ist.

    Gut, dann sind wir uns da einig. 🙂

    Ich finde es halt nur seltsam, dass Teilchenphysiker immer von den vier fundamentalen Kräften reden (bzw. bei neuen Entdeckungen manchmal die Rede von einer möglichen “fünften Kraft” ist), obwohl es doch eigentlich fünf sind… Klar ist die fünfte winzig klein, aber die schwache Kraft ist schliesslich vergleichbar klein, und die ignoriert man auch nicht einfach!

  17. #17 MartinB
    13. Februar 2012

    @Bjoern
    “warum die Elementarteilchen dann ausgerechnet irreduziblen Darstellungen dieser Gruppe entsprechen müssen… ”
    Darstellungen sind sie, weil sie sich passend transformieren, und irreduzibel sind sie, weil man sonst aus einer reduziblen Darstellung zwei irreduzible machen könnte, die dann beide unabhängige Teilchen wären. Ein Elektron z.B. ist mit dem Elektron-Positron-Feld irreduzibel, weil ich die vier Komponenten bezugssystemabhängig vermischen kann – Spin kann ich umdrehen durch Rotation, einen Anteil Positron zum reinen Elektron bekomme ich dazu, wenn ich mit hoher Geschwindigkeit vorbeifliege (virtuelle Teilchen/Antiteilchen).

    So jedenfalls meine (zugegebenermaßen vor allem auf physikalischer Intuition und weniger auf Gruppentheorie – das ist schon soo lange her – beruhende) Vorstellung.

    “Klar ist die fünfte winzig klein”
    Dass die schwache vergleichbar ist, sehe ich auf Anhieb nicht – die Masse des Higgs ist vergleichbar, aber die Kopplungskonstanten muss man ja auch angucken. Higgs-gesteuerte Zerfälle sind jedenfalls wesentlich unwahrscheinlicher als radioaktive, oder nicht?

    Ansonsten ist das zum einen vielleicht einfach Schlampigkeit, zum anderen kann ich ja auch durch Austausch von z.B. Fermionenpaaren Kräfte vermitteln (siehe Feynman Lectures on Gravitation, ch. 2), ohne dass ich die deshalb “Kräfte” nenne.

  18. #18 Rudi
    13. Februar 2012

    Was man auch nicht vergessen sollte ist, dass die Vektoreichbosonen im allgemeinen mit einer lokalen Symmetrie/Redundanz assoziiert werden, und viele andere potentielle bzw. effektive Austauschteilchen eben nicht (man kann ja, wie Martin schon sagt, mit jedem Teilchen Kräfte übertragen. Wenn es einem Spaß macht kann man auch die Anziehung/Abstoßung von zwei Photonen via einer Fermionbox ausrechnen, das macht Elektronen aber nicht zu Trägern einer fundamentalen Kraft 😉 ).
    Genau da liegt ja beispielsweise der Unterschied zwischen Gluon und Pion. Das Gluon gehört zur lokalen SU(3)_C Redundanz, den “Rotationen im Farbraum”, das Pion ist das Nambu-Goldstone-Boson der gebrochenen globalen chiralen Symmetrie. Das Higgs ist weder das eine noch das andere, es ist in die Theorie gesetzt worden weil man es für SSB braucht.

    (Für das Graviton steht zwar meines Wissens nach nicht wirklich fest, ob es eine passende Symmetrie gibt, aber wer weiß, vielleicht findet die Stringtheorie da ja was.)

  19. #19 Bjoern
    13. Februar 2012

    @Rudi: Ja, aber beim Pion gibt jeder sofort zu, dass es eine Kraft vermittelt (wenn auch keine fundamentale), obwohl es nicht mit einer lokalen Symmetrie “assoziert” ist. Warum sagt dann keiner, dass das Higgs eine Kraft vermittelt? (dass man das bei Fermionen nicht sagt, liegt wohl daran, dass Fermionen eben traditionell als Materiebausteine und nicht als Überträger einer Kraft gesehen werden)

    @MartinB:

    Dass die schwache vergleichbar ist, sehe ich auf Anhieb nicht – die Masse des Higgs ist vergleichbar, aber die Kopplungskonstanten muss man ja auch angucken.

    Hm, guter Punkt. 😉 Die Kopplung des Higgs an Teilchen ist proportional zu deren Masse – also würde ich zumindest bei top-Quarks schon einen sehr deutlichen Beitrag erwarten…

    Higgs-gesteuerte Zerfälle sind jedenfalls wesentlich unwahrscheinlicher als radioaktive, oder nicht?

    Ich sehe jetzt nicht, wie ein “Higgs-gesteuerter Zerfall” überhaupt ablaufen sollte…?

  20. #20 SCHWAR_A
    13. Februar 2012

    @Bjoern:

    “Die Kopplung des Higgs an Teilchen ist proportional zu deren Masse – also würde ich zumindest bei top-Quarks schon einen sehr deutlichen Beitrag erwarten…”

    sqrt(2)

  21. #21 MartinB
    13. Februar 2012

    “würde ich zumindest bei top-Quarks schon einen sehr deutlichen Beitrag erwarten…”
    Hmmm, wie vergleicht man denn diese Kopplungskonstanten sinnvoll, die eine ist TeilchenMasse durch Vakuumerwartungswert, die schwache ist e/sin theta_W, oder? Ich bastel hier mal ganz grob was zusammen, keine Ahnung, ob das alles legitim ist.

    In natürlichen Einheiten e=√α , oder?Eventuell noch mit ‘nem 4π, also je nachdem 0,1 oder 0,3. Zu teilen durch sin theta_W (0.226), ist also etwa 1.

    Und die Higgs-Kopplung ist G=√2 m/v, m_top ist 174GeV, Vakuum-Erwartungswert ist 246GeV, der Wert ist also für’s top-Quark vergleichbar, für alle anderen sollte er wesentlich kleiner sein.

    Passt auch dazu, dass man erwartet, dass das Higgs vor allem in schwere Quarks zerfällt.

    “Ich sehe jetzt nicht, wie ein “Higgs-gesteuerter Zerfall” überhaupt ablaufen sollte…?”
    Sorry, Zerfall war das falsche Wort (kleiner Denkfehler von mir, ich überlegte, wo wir schwache WeWi am deutlichsten messen) – rIchtig wäre, Higgs-gesteuerte Kraft, analog zum elektron-elektron-Photon oder Z-Austausch.

    Das Higgs ist ja am ehesten analog zum Z0, denke ich – und das beobachtet man ja auch nur durch direkte Erzeugung.

  22. #22 Name auf Verlangen entfernt
    13. Februar 2012

    … und das beobachtet man ja auch nur durch direkte Erzeugung … oder auch nicht: wenn es nämlich gar kein Higgs gibt.

  23. #23 Bjoern
    13. Februar 2012

    @SCHWAR_A: Äh, was willst du mit der Wurzel aus 2 hier genau ausdrücken…?

  24. #24 SCHWAR_A
    14. Februar 2012

    @Bjoern:

    “was willst du mit der Wurzel aus 2 hier genau ausdrücken…?”

    Hat MartinB doch eben beschrieben, nur ausführlicher:

    “die Higgs-Kopplung ist G=√2 m/v”

    Das kommt aus der Yukawa-Kopplung

  25. #25 SCHWAR_A
    14. Februar 2012

    Betrachtet man die Formel

    E = -J²/(4πr) · e^-(mr)

    mit den fehlenden h und c

    E = – J_1·J_2 · hc/(2π2r) · e^-(rmc/ħ)

    sieht man, daß die Quellen J_1 und J_2 dimensionslose Werte darstellen, und zwar von der Form

    J = m/v

    mit v dem Vakuum-Erwartungswert.
    Diese Quellen-Stärken bzgl. VEW skalieren die zwischen beiden Quellen etablierte stehende Halbwelle der Energie hc/(2π2r).

    Kann man das so sehen?

    Zur exp-Funktion habe ich auch noch eine Frage:
    Die kam ja herein durch Anwendung der Fouriertransformation auf den Propagator.

    Kann man die so betrachten, daß Energie, ich setze hier mal von einer Quelle abgstrahlte EM-Wellen an, reflektiert wird auf ihrem Weg weg von der Quelle? Also existiert quasi eine Art Energie-Rücklauf, der, aufsummiert, natürlich direkt bei der Quelle am größten sein muß, also Abstrahlung = Rückstrahlung?

  26. #26 MartinB
    14. Februar 2012

    @Schwar_a
    Das mit der stehenden Halbwelle kommt mir fraglich vor – am Ende ist das Integral hier ja eine Summe über alle möglichen Start- und Zielpunkte (und man könnte das sogar mit Feynman-Diagrammen schreiben, tue ich wohl auch irgendwann.)

    “Also existiert quasi eine Art Energie-Rücklauf”
    Verstehe ich nicht so ganz – erinnert ein bisschen an das Feynman-Wheeler-Modell mit den avancierten und retardierten Feldern, aber so richtig weiß ich nicht, wie du dasmeinst.

  27. #27 roel
    14. Februar 2012

    Abo

  28. #28 SCHWAR_A
    14. Februar 2012

    @MartinB:

    “am Ende ist das Integral hier ja eine Summe über alle möglichen Start- und Zielpunkte”

    Das ist ja auch OK, weil dadurch ja auch alle möglichen “Halbwellenlängen” erfaßt wären, wenn auch über merkwürdig “verbogene” Strecken. Nur daß die kürzeste eben übrigbleibt, also die direkte zwischen beiden Quellen. Alle anderen heben sich gegenseitig auf.

    “erinnert ein bisschen an das Feynman-Wheeler-Modell mit den avancierten und retardierten Feldern”

    Wow! Diese Theorie kannte ich noch nicht. Kommt mir aber irgendwie bekannt vor – erinnerst Du Dich an ein Papier, das ich Dir mal geschickt habe, und bei dem ich die Dämpfung ganz anders erzeugt habe, nämlich durch eine fragwürdige Uminterpretation eines der Δt zu 2τ als Zeitparameter?

    Genau sowas meinte ich: einen Energie-Rückfluß zur Quelle durch Berücksichtigung aller Wellen-Interaktionen. Dieser Rückfluß sorgt für exponentiale Dämpfung und somit für endliche Reichweite. Und für Energie-Erhaltung auch noch…

  29. #29 MartinB
    14. Februar 2012

    “Alle anderen heben sich gegenseitig auf.”
    Ne, das passt glaube ich nicht.

    “Genau sowas meinte ich”
    Ich fürchte aber, die Wheeler-Feynman-Theorie ist nicht wirklich quantisierbar – deswegen haben die beiden sie ja auch irgendwann nicht weiter berücksichtigt (auch wenn man in den Lectures on Gravitation noch einen Schatten davon sieht).

    Alles in allem fürchte ich, mir sind deine Ideen wie schon manchmal nicht so richtig klar/zu unkonkret.

  30. #30 Bjoern
    14. Februar 2012

    @SCHWAR_A: Ja, schon klar – aber die Wurzel aus 2 ist ja wohl nicht gerade das Ausschlaggebende an dem Term – wieso hast du also ausgerechnet darauf hingewiesen?

    Und zu deinem neuen Kommentar: ja, J ist dimensionslos – aber warum sollte J = m / v sein? In der von Martin bisher besprochenen Theorie gibt es doch gar keinen Vakuum-Erwartungswert…?

  31. #31 SCHWAR_A
    14. Februar 2012

    @MartinB:

    “”Alle anderen heben sich gegenseitig auf.” Ne, das passt glaube ich nicht.”

    Stimmt, da hab’ ich mich falsch erinnert an das, was ich mal im Buch “QED” von Feynman gelesen hatte, daß nur der kürzeste Weg übrig bliebe. Jetzt habe ich’s mir nochmal vorgeholt und gesehen, daß nicht nur Auslöschungen, sondern auch zusätzliche Beiträge existieren.

    Ich hatte die Fouriertransformierte mit der exp-Funktion so verstanden, daß sie über die “Halbwellen” aller Wege addiert, was letztlich zur Reflektion von Energie führt.

    Sehe ich das richtig:

    Ein Propagator ist doch auch durch eine Kopplungs-Konstante beschrieben.
    Tritt diese dann nicht eigentlich im Exponenten und auch vor ihm wieder auf? Oder ist in der Rechnung oben die Kopplung bewußt zu 1 gesetzt worden? Wenn ja, warum?

  32. #32 SCHWAR_A
    14. Februar 2012

    @Bjoern:

    “wieso hast du also ausgerechnet darauf [sqrt(2)] hingewiesen?”

    Weil v/m_t = sqrt(2).

    Daß die Higgsfeld-Kopplung für das top-Quark ~1 ist, war mir tatsächlich nicht wirklich bewußt.
    Hmm, _dann_ wird es wohl auch schwierig, ein Higgs-Teilchen zu finden… die Kopplung eines Higgs-Teilchens an das Higgsfeld wäre demnach größer als 1…
    sehr merkwürdig…

    Ich muß gestehen, für mich galt der VEW bisher als eine Art “Basismasse”, aus der alle anderen Massen quasi als Mischungen von Wurzeln ganzer Zahlen “abgeleitet” werden. Dann hätte top genau die Kopplung 1/sqrt(2) zum VEW, und das Higgs-Teilchen eben genau 1… und könnte entdeckt werden bei dieser Energie…

    “warum sollte J = m / v sein?”

    Ich habe mir den Exponenten näher angesehen und folgendermaßen umgeschrieben:

    mcr/ħ = ((m_1 / 2) + (m_2 / 2)) · c² / (hc/2π2r)

    was mich auf die Idee brachte, daß jede der Quellen J_1 und J_2 hierin enthalten sein müssen, also

    J = (m / 2) · c² / (hc/2π2r)

    und da eine Quelle wohl nicht vom Abstand abhängt, r aber einen Wert erhalten muß, wählte ich den Wert, der als unterstes Limit für Teilchen in Frage kommt, und das scheint mir

    r_v = ħ/(c·v)

    mit v dem VEW. Letztlich formte ich J weiter um zu

    J = m/v .

  33. #33 MartinB
    14. Februar 2012

    @SCHWAR_A
    Meine Rechnung mit der Kopplung bitte nicht zu ernst nehmen, die habe ich ganz schnell hingehustet, ob sie korrekt ist,weiß ich nicht.

    Deine andere Rechnung kann ich nich mal ansatzweise nachvollziehen – warum sollten die Quellterme im Exponenten drinstecken, der doch vom Propagator kommt und mit der Quellstärke gar nichts zu tun hat? Und was sind m1/m2? m ist die Masse des propagierenden Teilchens?

  34. #34 SCHWAR_A
    14. Februar 2012

    @MartinB:

    “was sind m1/m2”

    m_1 und m_2 sind die Teilchenmassen der Quellen J_1 und J_2, die Du ja gleich gesetzt hattest.

    Wenn der Exponent “mit der Quellstärke gar nichts zu tun hat”,
    wie kommt dann m in den Exponenten?

    “mit der Kopplung bitte nicht zu ernst nehmen”

    …schade…
    Meine Frage bleibt dennoch:
    Gibt es hier einen Kopplungsfaktor und wenn ja, warum ist der 1 und nicht α oder noch viel kleiner? Der entscheidet doch direkt darüber, wie weit sich die Wirksamkeit des Feldes ausdehnt.

  35. #35 MartinB
    14. Februar 2012

    @SCHWAR_A
    “wie kommt dann m in den Exponenten?”
    m ist die Masse des ausgetauschten Teilchens. Die kommt über den Propagator in den Exponenten. Mit der Masse der Quellen kann das nichts zu tun haben – die Anziehungskraft zwischen zwei elektrischen Ladungen hängt ja auch nicht von der Masse der Ladungen ab – warum sollte sie?

    “…schade…”
    Ich glaube schon, dass die Rechnung prinzipiell korekt ist – aber ob die Kopplung nun genau 1 ist oder ich da noch irgendwo den einen oder anderen Faktor 2π oder so verschlampt habe, darauf würde ich nicht wetten.

    “Gibt es hier einen Kopplungsfaktor”
    ??
    Was meinst du mit “hier”? Natürlich gibt es bei jeder Wechselwirkung eine Kopplungskonstante – im Text hier ist die J, die Higskopplung steht oben, die em-Kopplung ist e bzw. 1/√α..?

  36. #36 SCHWAR_A
    14. Februar 2012

    @MartinB:

    “m ist die Masse des ausgetauschten Teilchens.”

    OK. Was könnte ein Teilchen denn anderes abstrahlen als seine DeBroglie-Welle?

  37. #37 MartinB
    15. Februar 2012

    “Was könnte ein Teilchen denn anderes abstrahlen als seine DeBroglie-Welle?”
    ???
    Ich verstehe gar nichts. Was hat denn ein ausgetauschtes Teilchen einer Sorte mit einer deBroglie-Welle eines anderen Teilchens zu tun? Warum sollte ein zwischen zwei Elektronen ausgetauschtes Photon irgendwie zur deBroglie-Wellenlänge der Elektronen passen? (Bei einem Streuprozess muss natürlich der Impulsaustausch stimmen, aber das ist doch nicht dasselbe.)

  38. #38 SCHWAR_A
    15. Februar 2012

    @MartinB:

    jetzt versteh’ ich gar nichts mehr: In Deinem Artikel ging es doch um die starke Anziehung zwischen genau zwei Teilchen im Abstand r. Diese Anziehung wird exponential schwächer, je größer der Abstand wird.

    Da wechselwirkt doch das Teilchen bereits dadurch, daß es _da_ ist, und nicht erst dann, wenn es wie auch immer angeregt wird und dadurch erst die Energie wieder loswerden kann durch Photon oder virtuelles Teilchen.

    Was habe ich denn da falsch verstanden?

    Übrigens: vielen Dank für Deine Geduld…

    Herzliche Grüße.

  39. #39 MartinB
    15. Februar 2012

    “Da wechselwirkt doch das Teilchen bereits dadurch,”
    Ich glaube, du brings hier einfach durcheinander, welches Teilchen was tut: Die beiden Quellen J1/J2 sind hier “klassische” Quellen – die haben selbst keine Dynamik, haben außer im Kopplungsterm keinen Eintrag in der Lagrange-Funktion – kurz, die sind unendlich schwere klassische Objekte, die wir nicht mit der QFT behandeln. Deswegen ergibt es keinen Sinn, irgendwie den Exponentialterm auf die Massen dieser Teilchen umzuschreiben, weil die hier gar keine Rolle spielen.

    “Da wechselwirkt doch das Teilchen bereits dadurch, daß es _da_ ist, und nicht erst dann, wenn es wie auch immer angeregt wird und dadurch erst die Energie wieder loswerden kann durch Photon oder virtuelles Teilchen.”
    Was wechselwirkt, sind die beiden Quellen. Sie tun das über das phi-Feld (quasi mit Austausch virtueller phi-Teilchen), das durch die Quellterme angeregt wird.
    Energie loswerden tut hier niemand – in meiner Rechnung sind die Quellen ja statisch. (Man kann aus der statischen Rechnung dann eine Kraft ableiten, aber eine tatsächliche Bewegung der Quellen habe ich ja nicht berechnet, sondern nur Energien bei unterschiedlichem r verglichen.)

  40. #40 Bjoern
    15. Februar 2012

    @SCHWAR_A:

    Ein Propagator ist doch auch durch eine Kopplungs-Konstante beschrieben.

    Öh, nein, wieso sollte er? Ein Propagator beschreibt die *freie* Ausbreitung eines Teilchens – da ist weit und breit keine Kopplung… (höchstens indirekt durch Selbstenergiebeiträge u. ä.)

    “wieso hast du also ausgerechnet darauf [sqrt(2)] hingewiesen?” Weil v/m_t = sqrt(2).

    Und? Das war doch für meine Frage völlig irrelevant?

    Hmm, _dann_ wird es wohl auch schwierig, ein Higgs-Teilchen zu finden… die Kopplung eines Higgs-Teilchens an das Higgsfeld wäre demnach größer als 1…

    Wo nimmst du denn das her? Soweit ich weiss, gilt die genannte Formel nur für die Kopplung des Higgs an Fermionen, bei Bosonen wird’s anders gerechnet (müsste ich aber nachschauen, wie…)

    Ich muß gestehen, für mich galt der VEW bisher als eine Art “Basismasse”, aus der alle anderen Massen quasi als Mischungen von Wurzeln ganzer Zahlen “abgeleitet” werden.

    Schön wär’s, wenn die Natur so einfach wäre… 😀

    Ich habe mir den Exponenten näher angesehen und folgendermaßen umgeschrieben: mcr/ħ = ((m_1 / 2) + (m_2 / 2)) · c² / (hc/2π2r) was mich auf die Idee brachte, daß jede der Quellen J_1 und J_2 hierin enthalten sein müssen, also J = (m / 2) · c² / (hc/2π2r)

    ‘tschuldige, aber diese Idee ergibt schlicht keinen Sinn.

    m_1 und m_2 sind die Teilchenmassen der Quellen J_1 und J_2, die Du ja gleich gesetzt hattest.

    Bitte was? Warum sollten die Quellen denn eine “Teilchenmasse” haben?

    Wenn der Exponent “mit der Quellstärke gar nichts zu tun hat”,
    wie kommt dann m in den Exponenten?

    Durch die Propagation (Ausbreitung). Anschaulich stellt man sich’s so vor: je schwerer das Austauschteilchen der Kraft ist, desto schneller kann es zerfallen, desto kurzreichweitiger ist also auch die Kraft. Da der Zerfall (wie üblich) exponetiell abläuft, taucht also dann eine zugehörige Exponentialfunktion im Propagator auf (so kam Yukawa ja damals dazu, das Pion vorherzusagen!)

    Gibt es hier einen Kopplungsfaktor und wenn ja, warum ist der 1 und nicht α oder noch viel kleiner? Der entscheidet doch direkt darüber, wie weit sich die Wirksamkeit des Feldes ausdehnt.

    Öh, nein, der Kopplungsfaktor hat mit der Reichweite des Feldes eigentlich nichts (na ja, nicht direkt) was zu tun. Elektromagnetische Wechselwirkung und Gravitation haben Kopplungskonstanten, die sich um -zig Größenordnungen unterscheiden, aber trotzdem beide unendlich große Reichweite…

    Was könnte ein Teilchen denn anderes abstrahlen als seine DeBroglie-Welle?

    Bitte was? DeBroglie-Wellen werden doch nicht von den Teilchen abgestrahlt?!?

    Und selbstverständlich können Teilchen alle möglichen Wellen abstrahlen – Standardbeispiel: beschleunigte geladene Teilchen strahlen schließlich elektromagnetische Wellen ab!

  41. #41 MartinB
    15. Februar 2012

    @Bjoern
    Sehr gut, nur das hier ist mir nicht klar:
    “Anschaulich stellt man sich’s so vor: je schwerer das Austauschteilchen der Kraft ist, desto schneller kann es zerfallen, desto kurzreichweitiger ist also auch die Kraft.”
    Das Austauschteilchen könnte doch als reales Teilchen stabil sein, es spricht doch nichts gegen die Existenz eines stabilen massiven Teilchens hier.

    Ich würde eher sagen, je schwerer das teilchen, desto kürzer ist die Zeit, die es virtuell aufgrund der Energie-zeit-Unschärfe existieren kann

  42. #42 Bjoern
    15. Februar 2012

    @MartinB: O.k., ich fand das Bild mit dem Zerfallen halt anschaulicher – Argumentationen mit der Energie-Zeit-Unschärfe mag ich immer nicht so. 😉

  43. #43 MartinB
    15. Februar 2012

    Aber in was sollte ein phi-Teilchen in ner typischen phi^4-Theorie zerfallen?

  44. #44 SCHWAR_A
    15. Februar 2012

    @MartinB & Bjoern:

    Ich sehe ja daran, daß ihr zwei euch so ziemlich einig seid ;-), daß ich es nicht verstehe (Geht das eigentlich nur mir so??)
    Aber: ich würde es auch gerne verstehen, habe aber (noch) nicht die nötige Bildwelt dazu.

    Was ich bisher verstanden habe:

    Am Anfang war das φ-Feld, das “Gummituch”, das sich in Ruhe befand, keine Anregungen und Wellen darin.
    Dann platzierten wir im φ-Feld an der Stelle x eine “Zupf-“Quelle J, ein Teilchen, einen “Dauerzupfer”, solange es da ist.
    Sofort machte sich die “Dauer-Zupf-“Störung auf den Weg, in alle Richtungen gleichzeitig, mit der Maximalgeschwindigkeit c.

    Ist das richtig soweit?

    Ab jetzt kommt wohl der “Propagator” ins Spiel – wenn ich das richtig verstanden habe, stellt der die Dämpung der “Zupf-“Ausbreitung im φ-Feld dar. Je kleiner dabei sein Parameter m ist (später wohl die Masse des Austauschteilchen), desto geringer ist die Dämpfung, also desto höher daher die Reichweite der “Zupf-“Störung. Gleichzeitig nimmt die Energie, also die Frequenz der Störungs-Wellen-Ausbreitung mit zunehmender Laufzeit ab – bei großem m eher als bei kleinem m – eine Rotverschiebung.

    Ist das richtig soweit?

  45. #45 MartinB
    15. Februar 2012

    @SCHWAR_A
    “Sofort machte sich die “Dauer-Zupf-“Störung auf den Weg, in alle Richtungen gleichzeitig, mit der Maximalgeschwindigkeit c.”
    Jaa–eeein. Nimm die Analogie mit dem Gummituch und stell dir die Quelle vielleicht einfach als eine schwere Kugel vor, die das Tuch runterdrückt, das passt in diesem Fall besser. Zwei Kugel auf nem Gummituch rollen aufeinander zu – da gibt es auch eine Kraft.
    Denke hier nicht zu viel an “Wellen” – das Feld setzt sich zwar aus lauter virtuellen Teilchen zusammen, wenn man es so betrachten will, aber in der Summe ist es statisch; ein statisches elektrisches Feld funktioniert genau so (abgesehen davon, dass Photonen polarisiert sind und die für’s statische Feld in Zeitrichtung polarisiert sind, aber das kommt später…)

    “wenn ich das richtig verstanden habe, stellt der die Dämpung der “Zupf-“Ausbreitung im φ-Feld dar.”
    Nein, Dämpfung ist hier meiner Ansicht nach das falsche Wort.

    “Gleichzeitig nimmt die Energie, also die Frequenz der Störungs-Wellen-Ausbreitung mit zunehmender Laufzeit ab”
    Woher nimmst du das? – das ist definitv falsch, denn für jedes einzelne virtuelle Teilchen ist k über den Laufweg konstant. Rotverschiebung gibt es da nicht.

  46. #46 Bjoern
    15. Februar 2012

    @MartinB:

    Aber in was sollte ein phi-Teilchen in ner typischen phi^4-Theorie zerfallen?

    Ja, stimmt schon, deine Erklärung mit der Unschärfe ist allgemeiner. Dennoch ist es ja bei typischen Yukawa-Kräften (Pion-Austausch, Austausch von Z-Bosonen) üblicherweise so, dass das Austauschteilchen eben auch zerfallen kann. Klar, das ist letztlich nicht der ausschlaggebende Grund für den Exponentialfaktor – aber kann man sich halt leichter vorstellen… 😉

  47. #47 MartinB
    16. Februar 2012

    @Bjoern
    Hmm, aber eine Erklärung, die im Kern nicht stimmt, gefällt mir nicht, auch wenn sie anschaulich ist – ich versuche ja gerade, mir eine korrekte Anschauung für QFT zu bauen, deswegen schreibe ich das Zeug hier ja.

  48. #48 SCHWAR_A
    16. Februar 2012

    @MartinB:

    Danke.

    Wenn Du es “statisch” beschreibst, kommt es mir vor, als ob die Quellen J “nur” Ladungs-Quellen sein dürfen – meinst Du das so?
    Also ist das von Dir verwendete φ-Feld ein Ladungs-Feld?

    Ich dachte an ein allgemeines Feld, eine Transport-Plattform (Medium) für Energie, also für Änderungen im Feld, die sich durch Wellen ausbreiten…

    Daher wohl auch meine Schwierigkeiten, etwas “statisches” zu “sehen”…

  49. #49 MartinB
    16. Februar 2012

    @SCHWAR_A
    Im Moment haben wir ein skalares Feld, das hier zwischen zwei unbewegten Ladungen eine Anziehung vermittelt. Das ist statisch. Wenn sich die Ladungen bewegen dürften, dann würde die Sache schon wieder anders aussehen – aber das diskutieren wir dann, wenn wir phi nicht an irgendwelche statischen Ladungen koppeln, sondern an sich selbst (oder alternativ, wenn wir Photonen an Ladungen koppeln). Dann gibt es Feynman-Graphen, Streuprozesse mit ein- und auslaufenden Wellen und alles, was du dir nur wünschen kannst.

    phi ist kein “Ladungsfeld” – aber es ist hier analog zum statischen elektrischen Feld. (Beim elektrischen Feld wird es aber komplizierter, wenn sich die Ladungen bewegen, weil Photonen eine Polarisation haben (das Feld ist ein Vierervektor, kein Skalar). Noch komplizierter wird’s beim Gravitationfeld – das ist erstens tensoriell und koppelt zweitens auch noch an sich selbst.)

  50. #50 H.M.Voynich
    25. Februar 2012

    @Bjoern:

    O.k., ich fand das Bild mit dem Zerfallen halt anschaulicher – Argumentationen mit der Energie-Zeit-Unschärfe mag ich immer nicht so.

    Da ist er wieder, der Sub-Plot dieses Artikels (und seiner Vorgeschichte): WER findet WAS verständlich(er)?
    Die Komplementarität von Energie und Zeit wurde von irgendwem (citation needed) mal mit einem tropfenden Wasserhahn verglichen. Die Tropfrate soll dabei eine Energie (beliebiger Form) symbolisieren; den (konstanten) Druck in der Leitung.
    Stellt man sich mit der Stoppuhr neben den Wasserhahn, stellt man schnell fest, daß die Zeitdauer zwischen zwei Tropfen schwankt. Trotzdem gehen wir davon aus, daß der Wasserhahn zu jedem Zeitpunkt – also auch im laaangen Intervall zwischen zwei Tropfen, wenn gerade GARNICHTS tropft – eine bestimmte “Tropfrate” hat; eine Abstraktion der tatsächlichen Gegebenheiten. Je genauer wir diese Tropfrate in Erfahrung bringen wollen, umso mehr Meßwerte brauchen wir, über die wir mitteln können.

    Für Leute ohne Vorkenntnisse aber teilweise sicher ganz schön heftig […]

    Das kannste laut sagen. 😉
    Die eigentliche Überraschung war aber das Pion. Für mich war das bisher einfach nur eine Möglichkeit, Quarks farbneutral zu kombinieren; Dinger die einfach da sind, weil sie halt möglich sind.
    Wikipedia meint dazu:

    Diese zuerst von Hideki Yukawa und Ernst Stueckelberg vorgeschlagene Theorie ist zwar nur innerhalb eines begrenzten Energiebereiches gültig, erlaubt darin aber einfachere Berechnungen und anschaulichere Darstellungen.

    Das heißt, innerhalb gewisser Grenzen kann man die Kernkraft beschreiben, ohne sich um die ganzen Gluonen kümmern zu müssen? Quarks bilden sowohl Nukleonen als auch Kraftaustausch-Teilchen?

  51. #51 MartinB
    25. Februar 2012

    @HMVoynich
    Ja, mit der Anschauung ist das so eine Sache – aber die mit dem Zerfallen ist in meinen Augen einfach inkorrekt.

    “Quarks bilden sowohl Nukleonen als auch Kraftaustausch-Teilchen? ”
    Zumindest in brauchbarer Näherung kann man das so beschreiben (auch wenn die Details der Kernkraft komplexer sind, als man mit einfachem Pionen-Austausch erklären könnte). Da die starke Kernkraft mit dem Abstand zunimmt (was Yukawa noch nicht wusste), können Kerne nicht direkt durch Gluon-Austausch zusammengehalten werden – man braucht ein Farbladungsneutrales Austauschteilchen.

    Mein Doktorvater sagte mal als Analogie “Geld ist das Pion der Wirtschaft” – denn auch Geld ist strenggenommen wertneutral, so wie Pionen farbneutral sind (als Geld eignet sich alles, was selten und nutzlos ist).

  52. #52 H.M.Voynich
    25. Februar 2012

    @MartinB:
    “(als Geld eignet sich alles, was selten und nutzlos ist)”

    Frei nach Douglas Noel Adams: “Nachdem wir Laubblätter zum offiziellen Zahlungsmittel erklärten, mußten wir die Wälder abfackeln.” 😉

  53. #53 H.M.Voynich
    25. Februar 2012

    (@MartinB: Ich schrieb bewußt “Kernkraft” statt “Starke Kraft”, weil ich mich nicht allzu genau festlegen wollte. Ich meinte damit alles, was dazu führen kann, daß Protonen trotz der EM-Abstoßung aneinanderkleben (meist mit Hilfe von Neutronen). Im Gluonen-Modell vergleiche ich das instinktiv mit der Van-der-Waals-Kraft: von weitem sieht das Proton farbneutral aus, aber in der Nähe sieht man (Farb-)Pole, die für eine (relativ schwache) Haftung sorgen. Ist dieser Vergleich einigermaßen statthaft?)

  54. #54 MartinB
    25. Februar 2012

    @HMVoynich
    Hmm, der Vergleich mit der vdW-Kraft ist so halb-korrekt. Die vdW beruht ja auf gegenseitig induzierten Dipolen, ist also eine kraft zwischen “im Mittel” elektrisch neutralen Teilchen – der Aspekt passt zusammen. Auf der anderen Seite ist aber das vermittelnde Teilchen auch hier ganz normal das (virtuelle) Photon; während bei der Kernkraft das vermittelnde Teilchen eben nicht das Gluon ist.
    Als Analogie finde ich’s gut, aber eine direkte Entsprechung ist es nicht.

  55. #55 Frank
    Mainz
    29. Oktober 2015

    (Ich weiß nicht, ob es gegen die Netiquette verstoße, bei Blogs auf ältere Kommentar Threads zu antworten…?)

    @MartinB:
    “die Energie ist eine “echte” physikalische Größe, unter der wir uns etwas vorstellen können”

    Gefragt war (irgendwo hier) auch nach dem “konjugierten” Verhältnis zwischen Energie und Zeit.

    Kann ich meinen Leistungskurs-Schülern nun Folgendes über den Zusammenhang von Energie und Zeit erzählen:

    Die “Fähigkeit etwas zu tun” (z.B. Arbeit verrichten) bilanziert man als Summanden einer zeitlich erhaltenen Größe der Dimension “Kraft mal Weg” mit dem Namen “Gesamtenergie”. Die einzelnen Summanden heißen “Energiearten”. Solange es nicht gelingt, aus den messbaren Größen einen solchen Term zu basteln, sprechen Physiker von einem ‘nicht abgeschlossenen System’, und sie suchen weiter nach unbekannten Observablen mit zugehörigen Energiearten. Somit gilt der Energieerhaltungssatz für abgeschlossene Systeme per Definition, da man es sonst einfach als ‘nicht abgeschlossen’ deklariert (!).

    Die grundlegenden Theorien (Mechanik bis QFT) will man so formulieren, dass die (raum)zeitliche Evolution der Messgrößen direkt von einer Kombination H der Observablen mit der Dimension “Kraft mal Weg” abhängt. Einen ersten heuristischen Ansatz für diesen Term bietet die Gesamtenergie eines analogen klassischen Systems, Korrekturen ergeben sich aus Experimenten. Auch hier folgt der Zusammenhang zwischen zeitlicher Evolution und einer Observablen H aus der Definition(!): Man sucht weiter bis dies klappt.

    H oder eine Komponente davon sind per Konstruktion (!) zeitlich erhalten. Diese sogenannte Gesamtenergie ist somit wiederum per Definition erhalten. Aus Symmetrien von H lassen sich andere Erhaltungsgrößen folgern (Noether).

    Fazit sowohl die zeitliche Erhaltung der Energie als ihre Funktion die zeitliche Entwicklung von anderen Observablen vorzugeben folgt per Definition aus dem Ansatz. Wenn ein mathematischer Term wie mv²/2 + V(r) dies nicht leistet, nennt man ihn nicht Gesamtenergie. Solange man keinen Kandidaten H für zeitliche Konstanz / zeitliche Entwicklung hinschreiben kannt, nennt man das System der bisher erfassten Observablen einfach “nicht abgeschlossen” und sucht bei Interesse weiter.

    So richtig?

  56. #56 MartinB
    30. Oktober 2015

    @Frank,
    keine Sorge, das stört die Netiquette hier kein bisschen – ist ja kein meist tagesaktueller Blog, und es wird oft auf uralte Posts geantwortet, wenn jemand ne Frage hat.

    Zum Energiebegriff: Ja – und nein. Mit der “Fähigkeit, Arbeit zu leisten”, ist das so eine Sache – weil einem da der zweite Hauptsatz in die Suppe spuckt und verhindert, dass ich Wärmeenergie vollständig in Arbeit überführen kann. Zum Energiebegriff habe ich dazu mal das hier geschrieben:
    https://scienceblogs.de/hier-wohnen-drachen/2010/08/14/ist-die-klassische-physik-anschaulich-teil-1-energie/

    Und die Energieerhaltung habe ich auch noch hier abgehandelt:
    https://scienceblogs.de/hier-wohnen-drachen/2012/01/01/energie-erhalten-minimiert-oder-wie/

    “H oder eine Komponente davon sind per Konstruktion (!) zeitlich erhalten. ”
    Der Ansatz ist mir ein bisschen zu theoretisch (und das von mir als theoretischer Physikerin…). Das klingt ja so. als könnten wir quasi gar keine Theorien formulieren, in der die Energieerhaltung nicht gilt. Ein gutes Beispiel ist der beta-Zerfall – da hat man ja in den 30er Jahren beobachtet, dass die Energieerhaltung verletzt ist und Pauli hat dann geschlossen, dass es wohl ein bisher unentdecktes Teilchen gibt, um die Energieerhaltung zu retten. Das war aber nicht zwingend, Bohr (immer gut für echt revolutionäre Ideen) hat ja überlegt, ob auch die Energieerhaltung in der QM möglicherweise nur statistisch gilt.

    Es ist – so wie in deinem Fazit – immer gefährlich zu argumentieren, eine Größe “muss” so oder so definiert sein, da können einem Experimente massiv dazwischenfunken. Das wiederum habe ich hier ein bisschen auseinandergenommen:
    https://scienceblogs.de/hier-wohnen-drachen/2012/01/04/physik-idealisierungen-und-axiome/
    Ich zitiere mal einen Satz (o.k. es sind zwei) daraus, der das ganz gut wiedergibt:
    “Rein logisch betrachtet, ist die Physik ein ziemlich merkwürdiges Gedankengebäude. Keine Definition ist sakrosankt, jedes Axiom ist immer nur vorläufig und kann geändert werden, und manchmal vertrauen wir sogar mehr auf den Inhalt eines Satzes, als auf die Definition seiner Bestandteile (was schon ein bisschen verrückt wirkt).”

    “Solange man keinen Kandidaten H für zeitliche Konstanz / zeitliche Entwicklung hinschreiben kannt, nennt man das System der bisher erfassten Observablen einfach “nicht abgeschlossen” und sucht bei Interesse weiter.”
    Ja, das wiederum unterschreibe ich.