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Dabei entstehen ringförmige Strukturen, so genannte “Osteonen”. Im Zentrum der Osteonen sitzt ein Blutgefäß, das den Knochen mit Blut versorgt, denn die vielen Zellen im Knochen brauchen ja auch was zu mampfen.

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By Henry Vandyke CarterHenry Gray (1918) Anatomy of the Human Body Bartleby.com: Gray’s Anatomy, Plate 77, Public Domain, Link

Hier noch eine Schemazeichnung in drei Dimensionen, die macht den Aufbau vielleicht noch deutlicher:

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Im Laufe der Zeit wird der Knochen also immer wieder von BMUs durchtunnelt und so umgebaut. Entsprechend bleibt schließlich vom ursprünglichen Knochen nicht mehr viel übrig; stattdessen sieht man mengenweise Osteonen:

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Osteonen findet man übrigens auch im primär-lamellaren Knochen, weil auch der natürlich mit Blut versorgt werden muss. Hier sind es aber deutlich weniger.

Interessanterweise sind die mechanischen Eigenschaften des umgebauten (sekundären) Knochens eher schlechter als die des primär-lamellaren und deutlich schlechter als die des fibro-lamellaren Knochens. Warum wird der Knochen dann überhaupt umgebaut?

Die Antwort auf diese Frage ist nicht so ganz einfach zu geben. Seit ein paar Jahren aber ist nachgewiesen, dass die BMUs auf ihrem Weg durch den Knochen nicht einfach immer der Nase (oder was auch immer BMUs vorn statt einer Nase haben) nach tunneln, sondern auch mal nach rechts oder links abweichen – nämlich dann, wenn dort ein Mikroriss im Knochen ist. Dieses Bild (Taylor, 2007) zeigt das recht schön:

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Die durch den Knochen tunnelnde BMU ist der große weiße Bereich rechts unten, der durch die Pfeile markiert ist. Oben im Bild seht ihr einen Mikroriss (ebenfalls mit Pfeilen markiert). Der BMU-Tunnel knickt deutlich in Richtung des Mikrorisses ab. Natürlich kann man aus einem einzelnen Bild nicht schließen, dass BMUs tatsächlich auf Mikrorisse reagieren, aber statistische Untersuchungen von vielen Knochenquerschnitten zeigen, dass es hier einen signifikanten Zusammenhang gibt (Taylor, 2007).

Mikrorisse bilden sich im Knochen immer mal, wenn er etwas überlastet wird. Normalerweise ist das nicht schlimm, weil sie durch den Knochenumbau wieder verschwinden. Knochen ist deswegen ziemlich unempfindlich gegen Mikrorisswachstum – anders als zum Beispiel Metalle, die unter dem Phänomen der Ermüdung leiden.

Da stellt sich natürlich sofort die Frage, woher die BMUs wissen, wo im Knochen es Risse gibt. Dafür gibt es spezielle Zellen, die die Knochenbelastung messen, die Osteocyten. (Deutsch schreibt man wohl meist “Osteozyten”, aber ich habe mir das “c” so angewöhnt.) Osteocyten sind die zweite Karrierestufe im Leben eines Osteoblasten. Wenn Osteoblasten Kollagen und Enzyme ausgeschieden haben, dann wandern sie nicht weiter, um an einer anderen Stelle ebenfalls Knochen aufzubauen. Vielmehr bleiben sie an Ort und Stelle und “mauern” sich so quasi selbst in den Knochen ein. Da sie jetzt kein Kollagen mehr erzeugen müssen, schmeißen sie einen Teil ihres Proteinsyntheseapparates auf den Müll und schrumpfen dabei ein. So werden aus Osteoblasten Osteocyten, die in kleinen Höhlen (der helle Bereich im Bild, der mit LC=Lacuna beschriftet ist) wohnen (weil der Osteoblast ja geschrumpft ist).

Osteocyten sind miteinander über winzige Kanäle verbunden. Diese Kanäle dienen dazu, die Belastung des Knochens zu messen – über den Mechanismus ist man sich meines Wissens immer noch nicht im Klaren; vermutlich spielen Ionenströme in den Kanälen eine Rolle. So oder so messen die Osteocyten die Knochenbelastung und senden bei Überlastung des Knochens Signale aus, die dafür sorgen, dass Knochen um- oder angebaut wird.

Wenn ihr einen Unfall habt (beispielsweise weil ihr so wie ich vor ein paar Jahren mit eurem Fahrrad-Vorderrad in einem Bahngleis hängenbleibt und auf der Schulter landet), dann löst die Schlagbelastung eine hektische BMU-Aktivität aus. Das ist sinnvoll, denn bei so einer Überlastung entstehen mit hoher Wahrscheinlichkeit viele Mikrorisse.

Der Abbau von Mikrorissen ist aber vermutlich nicht die ganze Wahrheit. Zum einen dient Knochen dem Körper auch als Kalzium-Reservoir und der Auf- und Abbau von Knochen erfüllt deswegen auch eine Rolle in unserem Kalziumhaushalt. Zum anderen zeigen Untersuchungen an Tieren, dass BMUs häufig symmetrisch zum Beispiel im linken und rechten Bein auftreten, also nahezu gleichzeitig an denselben Stellen. Das spricht dafür, dass die BMUs auch noch auf andere Weise als nur durch Messung der Knochenbelastung gesteuert werden.

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Kommentare (12)

  1. #1 Theres
    26. Februar 2012

    Trotz des eher trockenen Subjekts ein toller Artikel!

    BMU (“basic multicellular unit”

    erinnern mich an etwas ganz anderes … (an den ein oder anderen Science Fiction- Film). Faszinierend … was so alles in den müden Knochen los ist … und Osteoporose ist damit auch fast erklärt.

  2. #2 Torben
    26. Februar 2012

    Lieber Dr. Bäker,

    aus ethischen Gründen verzichte ich weitgehend auf den Verzehr von Produkten tierischen Ursprungs. Daher möchte ich persönlich dem Ratschlag, brav Milch zu trinken, nur ungern Folge leisten.

    Allerdings verzehre ich außerordentlich brav meine Soja-Milch mit Tricalciumphosphat, das aus einer Meeresalge gewonnen wird. Gibt es in der Forschung Erkenntnisse, ob der Nutzen für mein lebendiges Skelett vergleichbar ausfällt?

    Es grüßt herzlich
    Torben

  3. #3 Jürgen Bolt
    26. Februar 2012

    @Torben

    Der Nutzen hoher Calciumzufuhr für die Knochen wird bezweifelt – falls die Versorgung mit Vitamin D ausreichend ist. Die Calciumresorption im Darm ist teilweise Vitamin D-abhängig.
    Vitamin D wird vom Körper synthetisiert, benötigt dazu aber UVB-Bestrahlung der Haut. In Deutschland reicht die Sonne von Oktober bis März dazu nicht aus.

    Hier findest Du Informationen der Harvard School of Public Health zu Milch und Calcium (und Vitamin D):

    https://www.hsph.harvard.edu/nutritionsource/what-should-you-eat/calcium-full-story/index.html

    Anekdotisch: Ich selbst nehme fast keine Milch oder Milchprodukte zu mir, supplementiere aber im Winterhalbjahr 100 mikrogramm Vitamin D täglich. Als ich mir vor ein paar Monaten beim Sport einen Finger gebrochen habe, der osteosynthetisch versorgt werden mußte, konnte ich mit dem behandelnden Arzt zusammen die Knochendichte und -heilung anhand der Röntgenaufnahmen beurteilen. Beides ist überdurchschnittlich – bei niedriger Calciumzufuhr, 49 Jahren Lebensalter, manualtherapeutischer Arbeit und Kraft- und Ausdauersport.

  4. #4 MartinB
    26. Februar 2012

    @Jürgen
    Danke, das wusste ich so noch nicht.

    @Jürgen und Torben
    Ich habe mal einen entsprechenden Satz eingefügt, damit es nicht so “milch-lastig” ist.

  5. #5 Johannes K.
    26. Februar 2012

    @MartinB: Ich find es immer wieder erstaunlich mit was du dich alles so beschäftigst. Ich hab mich schon immer gefragt wie die Knochenbildung so abläuft, vielen Dank für den Artikel.

  6. #6 MartinB
    26. Februar 2012

    @Johannes
    “Ich find es immer wieder erstaunlich mit was du dich alles so beschäftigst.”
    Ich auch 😉
    Mein Interesse an Biologischen Materialien kam ursprünglich über die Biomechanik (und die na klar über Dinos). Als ich dann für meine Habilitation drei Vortragsthemen zu nem Kolloquium vorschlagen musste, hatte ich das als ein Thema ausgesucht – sozusagen als Anreiz für mich selbst, mich da reinzulesen. (Die Habil-Kommission hat dann aber zielsicher das langweiligste der drei Themen ausgesucht…) Und dann habe ich ne Vorlesung draus gebaut, die ich seit ein paar Jahren halte.

  7. #7 Johannes K.
    26. Februar 2012

    @Martin: Ich wusste garnicht das du auch Vorlesungen hälst – man lernt nie aus. Früher als kleiner Junge wollte ich immer Paläontologe werden, deswegen ist dein Blog quasi wie geschaffen für mich. 😉 Ich finde es ist gut zu wissen, dass auch wenn man Physik studiert hat, man später doch vielleicht sogar Dinos erforschen kann.

  8. #8 Dagda
    27. Februar 2012

    @ Johannes K.
    Ich bin auch immer wieder erstaunt, wo ein Studium hinführen kann.
    Bei Dinosauriern fällt mir z.B. Studien am Zentrum für Weltraummedizin in Berlin ein, die sich mit der Atmung von Dinos beschäftigen, das ganze nennt sich dann Paläo-Physiologie und ist ziemlich spannend.

  9. #9 MartinB
    27. Februar 2012

    @Johannes
    Naja, hauptberuflich simuliere ich ja Werkstoffe (was auch nicht gerade Standard für einen theoretischen Elementarteilchenphysiker ist) – die kleinen Dino-Projekte werden von meiner Umgebung eher belächelt, obwohl es immer auch ein paar Studis gibt, die das cool finden (ich habe sogar gerade einen Studienarbeiter, der auf einem Dino-Projekt arbeitet).

    @Dagda
    Paläo-physiologie – ganz heißes Thema, z.B. in Sachen Welche Atmung hatten Dinos (Vogel- oder Reptilienlunge) oder waren sie nun “kalt”- oder “warmblütig”.

  10. #10 Thomas Klein
    2. Juni 2013

    Vielen Dank für den wertvollen Artikel.

    Ich hatte mir das Buch von John Currey, Bones, bestellt und wollte mich noch im Internet dazu umschauen und bin auf diesen aufschlußreichen Artikel gestoßen.

    Haben Sier noch mehr über Knochen geschrieben? Welche Bücher können Sie außerdem zum Thema empfehlen?

    Viele Grüße!
    Thomas Klein

  11. #11 MartinB
    3. Juni 2013

    @Thomas
    Ja, ich habe öfter mal über knochen geschribeen – einfach mal in die Suchmaske oben rechts eingeben.
    Ganz exzellent ist auch das Buch
    R. B. Martin, D. B. Burr, and N. A. Sharkey. Skeletal tissue mechanics. Springer Verlag, 1998.
    und der oben erwähnte Artikel
    S. Weiner and H. D. Wagner. The material bone: structure-mechanical function relations.
    Annual Review of Materials Science, 28(1):271–298, 1998.

  12. #12 TreppenGirl
    Treppendorf
    11. Januar 2016

    Dieser Artikel war sehr hilfreich für meine Biologie Aufgabe. Allerdings muss ich sagen, dass ich es schöner fände, wenn der Autor mehr auf das Verhalten von Knochen in Verbindung mit Treppenliften eingegangen wäre. Was passiert zum Beispiel, wenn man von einem überfahren wird?