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Quelle: Xu et al. s.u.
Anmerkung zur Nomenklatur:
Man darf auf keinen Fall die Tyrannosauroiden (Tyrannosauroidae) mit den Tyrannosauriden (Tyrannosauridae) oder gar mit den Tyrannosaurinae verwechseln. Das ist ein Überbleibsel aus der Nomenklatur nach von Linne, wo man damit Epifamilien, Familien und Subfamilien bezeichnet. (Details findet ihr hier.) Auch wenn man von dieser Nomenklatur inzwischen gerade in der Dino-Paläontologie abgekommen ist, hat sich die Sitte, Namen so zu vergeben, dass die Endungen eine Idee geben, wie “groß” die Gruppe jeweils ist, erhalten. Ohne irgendwas über Schlümpfe zu wissen, ist dann gleich klar, dass Schlumpfoidae die Gruppe der Schlumpfidae und die wiederum die der Schlumpfinae umfasst. So, nun aber genug der Abschweifung.

Ihr seht also, dass Yutyrannus ziemlich weit unten am Tyrannosaurierstammbaum befestigt ist. Auffallend ist vielleicht auch, dass viele der Dino-Namen, die da unten stehen, die Silbe “long” enthalten – das ist chinesisch für “Drache” und ist ein Bestandteil vieler chinesischer Dino-Namen. Das zeigt, dass man aus der frühen Kreidezeit viele Tyrannosauroiden in China gefunden hat – vermutlich nicht nur, weil dort die Erhaltungsbedingungen besonders gut waren, sondern möglicherweise auch, weil sie sich dort entwickelten und von kleinen Flitzern zu richtig großen Raubsauriern wurden. In Nord-Amerika, das ja quasi die archetypische Urheimat der Tyrannosaurier ist (auch wenn Tyrannosaurus bataar – manchmal auch als Tarbosaurus bezeichnet – aus Asien stammt), in Nord-Amerika also gab es damals andere große Raubsaurier wie Acrocanthosaurus, der zur Gruppe der Allosaurier gehört und nicht zu den Tyrannosauroiden zählt.

Wie immer im Leben ist es aber nicht ganz so einfach – in der Jurazeit gab es einen urtümlichen Tyrannosaurus-Vetter auch in Nordamerika, nämlich Stokesosaurus, und aus England kennt man den Eotyrannus und den Juratyrant. Tyrannosauroiden gab es also zumindest auf der Nordhalbkugel so ziemlich überall – aber die aktuellen Funde deuten darauf hin, dass sie in Asien zuerst groß wurden.

Aber das Besondere am Yutyrannus ist ja vor allem sein Federkleid. (Übrigens nicht sooo besonders – es reicht zwar, um das Paper in Nature zu veröffentlichen, aber es reicht anscheinend nicht, um zu diesem Paper auch noch einen allgemeinverständlichen Begleitartikel dazuzuschreiben – da gibt’s diese Woche andere Themen, die allerdings auch nicht uninteressant sind. (Der engagierte Blogger packt ein paar weitere paper auf den immer höher werdenden virtuellen Stapel, ächz.))

Alle drei gefundenen Exemplare zeigen Abdrücke von Federn, oder besser gesagt, von Protofedern (Dino-Fuzz), die eher wie Haare als wie echte Federn aussehen. Man findet sie allerdings nicht überall, sondern jeweils nur an einzelnen Stellen: Am Schwanzende des größten Exemplars sind sie 15 Zentimeter lang und stehen etwas vom Schwanz ab. Das zweite Exemplar hat Abdrücke neben Hüfte und Fuß, das dritte am Hals und an einem Extremitätenknochen, den man nicht genau identifizieren kann, der aber vermutlich ein Oberarm war. Alles in allem waren die Protofedern also an vielen verschiedenen Körperstellen zu finden und man kann davon ausgehen, dass das Tier so ziemlich überall davon bedeckt war. (Ähnliche nur stellenweise Erhaltung von Federn findet man auch bei Vögeln aus denselben Gesteinsschichten.)

So sehen die Protofedern übrigens aus:

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Quelle: Xu et al. s.u.

Ja, die Bildqualität ist eher rauschend als be-rauschend, aber man erkennt die strich-artigen Dinger oberhalb der Schwanzwirbel, wenn man genau hinguckt. Und hier die Filamente am Beinknochen:

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Quelle: Xu et al. s.u.

Auch große Tyrannosauroiden hatten also Federn, einer zumindest. Was können wir daraus lernen? Wie einleitend gesagt, ging man bisher davon aus, dass Tyrannosaurus selbst und seine nahen Verwandten ungefiedert waren und ihre Federn im Lauf der Evolution verloren, so wie das auch bei vielen großen Säugetieren der Fall ist. Große Tiere überhitzen ja leicht, weil sie ein ungünstiges Verhältnis von Oberfläche zu Volumen haben. Yutyrannus zeigt nun, dass das zumindest für ihn nicht gilt.

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Kommentare (9)

  1. #1 Ludger
    7. April 2012

    Das größte hatte eine Oberschenkellänge von 85 Zentimetern, eine Schädellänge von etwa 90 Zentimetern und dürfte so 1,4 Tonnen gewogen haben. (Wieder einmal ein Beispiel für die seltsame Vorliebe von Biologen für sinnlose Nachkommastellen: Im paper steht 1414kg…)

    Mit etwas Panade hätte man also aus einem Yutyrannus huali 282819 Chicken-Nuggets herstellen können entsprechend 56563,8 Portionen. Bei einem geschätzten Tagesumsatz einer großen Fastfoodkette von 50000 Portionen hätte man den Bedarf dieser Kette 1 Tag und 3 Stunden und 9 Minuten und 2,2464 Sekunden decken können. Ich hoffe, dass ich mich nicht verrechnet habe.
    PS.: Mein Ultraschallgerät gibt bei Gewichtsschätzungen von Feten auch immer Grammwerte heraus. Dabei sind systembedingt (u.a. wegen der Einstellung auf einheitliche 1550m/s Schallgeschwindigkeit im Gewebe) nur bei 75% der Schätzungen die Fehler kleiner als 10% des wirklichen fetalen Gewichtes. Das “Problem” dürfte bei einer ordentlichen Rundung liegen. Rundet man auf ganze Kilogramm, sind die Werte zu grob: “So so. Das Kind hat vor einer Woche noch nichts gewogen und soll jetzt 1 kg Gewicht haben?”

  2. #2 MartinB
    7. April 2012

    @Ludger
    Die Rechnung ist nett. Erinnert mich jetzt an das berühmte:
    “Jurisphagous Food Consumption Rates of Tyrannosaurus Rex”
    https://si-pddr.si.edu/jspui/handle/10088/8034

    “Das “Problem” dürfte bei einer ordentlichen Rundung liegen.”
    Naja, so als Physiker überlegt man sich halt, wieviele ziffern signifikant sind und gibt die an. Wenn so’n Krümel laut US 374Gramm wiegt, dann sind das halt 400 oder 370, je nachdem, wie gnau sowas ist.

  3. #3 rolak
    7. April 2012

    Schöner post – insbesondere das Kampfhuhn am Ende gefällt mir ausnehmend gut.

  4. #4 Niels
    7. April 2012

    Wie übersetzt man denn “display structure” sinnvoll?

    Bin zwar kein Biologe, aber der Begriff Ornament passt doch ganz gut, oder?
    https://de.wikipedia.org/wiki/Ornament_(Verhaltensbiologie)

  5. #5 WolfgangK
    7. April 2012

    “…das häufig gebrachte Argument, dass Fleischfresser sich sonst ja mit Blut einsauen würden, wird durch einen Blick auf Adler- oder Wolfsköpfe widerlegt, die kommen damit auch klar.”

    Auch Polarbären haben keine “Einsau-Hemmung”…

    Übrigens, ich will auch so´n kuscheligen gefiederten Tyrannosaurier…

  6. #6 MartinB
    7. April 2012

    @Niels
    Da wär ich nun nie drauf gekommen, danke. Wobei der Begriff “Ornament” auf sexuelle Signale beschränkt zu sein scheint, während eine “display structure” auch allgemein der intra- oder sogar interspezifischen Kommunikation dienen kann.

    @Wolfgang
    Ja, Eisbären sind ein super-beispiel.

    PS: Im Hintergrund läuft schon wieder “Dinosaurs” – “There are always new discoveries out there…”

  7. #7 rolak
    7. April 2012

    Falls ‘interspezifische Kommunikation’ so etwas wie das funktionierende Vortäuschen falscher Umstände meint, MartinB, würde ich sofort zustimmen. Ein aufgeplustertes Gefieder macht ungemein groß -ein netter Nebeneffekt der ‘normalen’ Funktionalität- und das schreckt immer besser ab (Feind oder Rivale) als wenn ein schmaler Hänfling vor einem rumhüpft. Weiterhin ist das um einen Buckel herum (oder um den Bürzel, wie beim Pfau) noch sparsamer, wenn ich es recht sehe.
    Wenn es nicht so anthropomorphisierend klingen würde, wäre mein Vorschlag ‘dient der Selbstdarstellung’.

    Die mir geläufigere Bedeutung in Richtung ‘Struktur eines UI’ dürfte ja mit Sicherheit nicht gemeint sein 😉

  8. #8 Redfox
    8. April 2012

    @M.B.:
    Oder Schneeleoparden.