Buckypaper eignet sich deswegen gut, weil es ja aus Kohlenstoff besteht, bei dem eine Bindung nicht so richtig abgesättigt ist – an die kann sich ein Enzym gut anbinden. Außerdem ist es elektrisch leitfähig (weil die Elektronen sich in einer Art metallischen Bindung über die Oberfläche der Nanoröhrchen verschmieren.) Die Details zur Herstellung haben auch die Autorinnen in das “Supplementary Material” verbannt – im wesentlichen scheint man das Buckypaper in passende Lösungen zu tauchen und ein bisschen zu schütteln. (Das Schütteln aktiviert bestimmt das Wasergedächtnis…)
So, nun also die Buckypaper-Elektrode in die Schnecke eingebaut und dann kann man mit zwei simplen Krokodilklemmen den Strom abgreifen:
Aus Halámková et al., s.u.
Ist das effizient?
Gute Frage. Schauen wir erst mal auf die reinen Zahlen. Die Schnecke produzierte eine Spitzenleistung von unglaublichen 7,45 Mikrowatt. Mit nur 1.34Millionen Schnecken im Hochleistungsbetrieb könnt ihr also eine 10-Watt-Energiesparlampe betreiben. Die Leistung nahm aber relativ zügig ab und reduzierte sich laut paper innerhalb von etwa 20 Minuten auf etwa ein Fünftel dieses Wertes:
Aus Halámková et al., s.u.
Gönnte man der Schnecke hinterher eine 30-minütige Pause, dann erreichte die Leistung wieder fast den ursprünglichen Wert.
Untersucht man den Glukosegehalt der Hämolymphe, dann ist dieser allerdings durch die Elektrode nicht im gleichen Maße reduziert, sondern sinkt nur um etwa 15%. Das spricht dafür, dass es vor allem die Diffusion in der Körperhöhle ist, die hier der begrenzende Faktor ist.
Was in dem paper leider nicht diskutiert wird ist, ob dieser Wert von 7,45 Mikrowatt nun viel oder wenig ist. Wieviel Watt hat denn so eine Schnecke? (Ein Mensch produziert im Ruhezustand so etwa 100-120 Watt, aber eine Schnecke?)
Zum Glück leben wir ja im Informationszeitalter und können versuchen, so etwas selbst herauszubekommen. Leider ist die verfügbare Datenbasis etwas widersprüchlich.
Ein bisschen googelei führt auf folgendes Paper:
Metabolism of land snails (Otala lactea) during dormancy, arousal, and activity
Bereits der Abstract enthält die entscheidende Formel für den Sauerstoff-Verbrauch einer Schnecke der Art Otala lactea:
log VO_2 = 2.07-0.43 log W for active snails
W ist das Gewicht in Gramm, das Ergebnis ist in Mikroliter Sauerstoff pro Gramm Körpergewicht und Stunde angegeben. Pro Körpergewicht nimmt der Sauerstoff-Verbrauch mit zunehmender Masse ab, weil große Tiere einen langsameren Stoffwechsel haben als kleine. Leider ist nicht so ganz klar, ob mit log der normale oder der dekadische Logarithmus gemeint ist. (Steht vielleicht im paper, darauf habe ich aber keinen Zugriff.)
Wie schwer ist denn eine der untersuchten Schnecken? Im paper (dem zur Elektroschnecke) steht, dass sie einen Schalendurchmesser von 3 Zentimetern haben. Wenn die Schnecke in ihrem Haus ist und das eine vollständig ausgefüllte Kugel wäre, wäre das ein Volumen von etwa 13 Kubikzentimetern und bei einer Dichte von 1g/Kubikzentimeter somit eine Masse von 13 Gramm. Tatsächlich dürfte es also etwas weniger sein, aber ich will hier ja nur grob schätzen, deswegen nehme ich mal 10 Gramm an.
Nimmt man oben in der Formel den natürlichen Logarithmus, kommt man auf einen Sauerstoffverbrauch von 10Mikroliter pro Stunde, mit dem dekadischen sind es 16Mikroliter pro Stunde. Da – wie wir noch sehen werden – die Werte hier vermutlich eh zu niedrig sind, nehme ich den höheren Wert an, also 16 Mikroliter pro Stunde
Angegeben ist der Sauerstoffverbrauch in Mikrolitern pro Stunde – um das auf eine Energie umzurechnen, muss ich wissen, wieviel16 Mikroliter Sauerstoff sind. Da das hier als Volumen angegeben ist, können wir vermutlich Raumtemperatur und Normaldruck annehmen, da hat ein Mol eines Gases etwa 24 Liter. 16 Mikroliter sind also 1.6e-5/24= 6.4e-7 Mol, das sind 0.64Mikromol pro Stunde.
Allerdings findet man in einer anderen Veröffentlichung ganz andere Zahlen:
Rees und Hand, Heat Dissipation, Gas Exchange and Acid base Status in the Land Snail Orohelix during short-term estivation. Hier findet sich eine Tabelle, in der für eine nicht ruhende Schnecke ein Verbrauch von 35Mikromol Sauerstoff pro Stunde und pro Gramm Körpertrockenmasse steht. Wenn unsere Schnecke im wesentlichen aus Wasser besteht, dann hat sie vielleicht ein bis zwei Gramm Trockenmasse, das wäre also so etwa 50 Mikromol Sauerstoff pro Stunde.
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