Das viele kleine Raubsaurier gefiedert waren, weiß man seit mehr als zehn Jahren. Von den größeren Exemplaren wie Tyrannosaurus nahm man aber meist an, dass sie keine Federn trugen – zum einen, weil auch große Säugetiere oft kein Fell haben, um nicht zu überhitzen, zum anderen, weil man von einigen von ihnen Hautabdrücke mit Schuppenmuster gefunden hat.
Nun aber ist klar: Zumindest einige große Raubsaurier hatten Federn.
Das hier ist die neuste Dino-Sensation: Yutyrannus huali, zu deutsch (der Name ist eine Mischung aus Mandarin und Latein: “Hübscher Federtyrann”)
(Bild von der Internetseite von Lida Xing, wo ihr sogar das paper herunterladen könnt – ein Gratis-Naturepaper!)
Gefunden wurden gleich drei Exemplare mit deutlich unterschiedlicher Größe. Das größte hatte eine Oberschenkellänge von 85 Zentimetern, eine Schädellänge von etwa 90 Zentimetern und dürfte so 1,4 Tonnen gewogen haben. (Wieder einmal ein Beispiel für die seltsame Vorliebe von Biologen für sinnlose Nachkommastellen: Im paper steht 1414kg…)
Bemerkenswert an Yutyrannus ist aber nicht nur der Flausch (dazu später noch mehr). Auch ansonsten ist das Skelett interessant, vor allem der Knochenkamm auf dem Schädel. Solche Knochenkämme ist man von den typischen Tyrannosaurus-Darstellungen nicht gewohnt, aber tatsächlich kennt man so etwas schon von einem anderen Verwandten, Guanlong wucei
Wikimedia USer Dudo CC BY 2.5, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=890241
Auch einige andere Raubsaurier (Theropoden) hatten solche Kämme, beispielsweise der seltsame Concavenator, der einen seltsamen Doppelhuckel auf dem Rücken hatte (ein Bild dazu findet ihr hier: von hier.)
Der Kamm auf dem vorderen Schädel ist jedenfalls eins der diagnostischen Merkmale, die im paper aufgelistet werden. Diagnostische Merkmale sind solche, die diese Art von anderen, verwandten unterscheiden, so dass man sie eben heranziehen kann, um zu sehen, ob man ein weiteres Exemplar dieser Art gefunden hat. (Solche diagnostischen Merkmale sollten also möglichst Autapomorphien der jeweiligen Art sein.) Die anderen diagnostischen Merkmale sind eher speziell, wie zum Beispiel ein Knochenvorsprung, der von den Knochen hinter der Augenöffnung ausgeht und nach schräg unten zeigt (in Fachjargon “an anteroventrally projecting orbital process in the area of the junction between the frontal and jugal processes of the postorbital”) oder eine kleine Öffnung im Unterkieferknochen (“an external mandibular fenestra located mostly within the surangular”).1
1Ich hoffe, ich habe diese Fachbegriffe richtig gedeutet, falls nicht, bitte in den Kommentaren nörgeln.
Generell ist Yutyrannus ähnlich zu einem anderen Tyrannosaurusverwandten aus der frühen Kreidezeit, dem ähnlich großen Sinotyrannus, von dem man allerdings nur einige wenige Knochen kennt:
Quelle: Xu et al. s.u.
Von Yutyrannus, der ebenfalls in der frühen Kreidezeit lebte, kennt man aber, wie gesagt, gleich drei Skelette. Ähnlich wie die späteren Tyrannosaurier hatte auch Yutyrannus schon etwas verkürzte Vorderbeine (wenn auch bei weitem nicht so stummelig wie beim Tyrannosaurus), die übrigens mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit nicht als Aufstehhilfe dienten (auch wenn man das beispielsweise hier lesen kann). Diese Hypothese ist schon ziemlich alt und verkennt, dass die Biomechanik des Tyrannosaurier-Hinterbeins das Aufstehen ohne weitere Hilfe ermöglicht, weil der Schwerpunkt beim Liegen auf dem Boden direkt über dem Fuß liegt – ähnlich wie bei heutigen Vögeln, die auch nicht hilflos über den Boden rutschen und nicht aufstehen können.
Die Vorderbeine hatten aber noch drei Zehen (Finger?) und ähneln denen von anderen ähnlichen Raubsauriern, den Coelurosauriern. (Ein anderer Zweig dieser Gruppe verlängerte die Vorderbeine dagegen, vermutlich um ihre Beute greifen zu können, und da sie ja eh schon Federn hatten, konnten sie dann auch gleich das Fliegen lernen…. (Und bevor wieder jemand jedes Wort hier auf die Goldwaage legt, sage ich es lieber nochmal in Fachsprache: “Die zum Beutegreifen verlängerten Vorderbeine und die basalen Federn waren Exaptationen zum Fliegen.”))
Dinoforscher interessiert natürlich immer auch besonders, wie eine neue Art mit anderen verwandt ist. Das Yutyrannus irgendwie in die große Gruppe der Tyrannosaurus-Verwandten (Tyrannosauroiden) gehört, ist für den Experten (zu denen ich mich nicht zähle, ich mag Skelette am liebsten, wenn sie beschriftet sind) ziemlich offensichtlich. Aber wohin genau? Dazu dient – wie heutzutage üblich – eine kladistische Analyse. Das hier ist das Ergebnis (stark vereinfacht, ein detailliertes Bild findet sich im “Supplementary Material”):
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