Und Nichts (nämlich das Vakuum) zu verstehen, ist gar nicht so einfach. Nach all dem Vorgeplänkel sind wir aber nun soweit. Beim letzten Mal habe ich ja schon einen kleinen Einblick gegeben, was im Vakuum so alles los ist. Heute schauen wir uns im Detail an, wie das Vakuum funktioniert, und nehmen es auch gleich als Ausgangspunkt, um (beim nächsten Mal) überhaupt alle Zustände zu verstehen.
Wir hatten gesehen, dass auch im Vakuum das Feld φ(x) nicht einfach überall Null ist, sondern eine Wahrscheinlichkeitsamplitude für unterschiedliche Werte hat. In unserem Ein-Punkt-Universum hatte φ(x) eine Verteilung um den Nullpunkt, die genau aussah wie die im Grundzustand des harmonischen Oszillators.
Im Zwei-Punkt-Universum hatten wir dann gesehen, dass die Felder an benachbarten Punkten miteinander korreliert sind, das Argument war aber nur qualitativ und etwas wischi-waschi (es war ja auch von mir…).
Unsere Aufgabe ist jetzt die Folgende: Wir wollen wissen, wie groß die Wahrscheinlichkeitsamplitude ist, im Vakuumzustand eine bestimmte Feldkonfiguration φ(x) zu finden – mit anderen Worten, wie groß ist der Beitrag dieser Feldkonfiguration zum Vakuumzustand?
Da es überabzählbar unendlich viele mögliche Konfigurationen gibt, trägt eine ganz bestimmte natürlich nur mit Maß Null bei – eigentlich müsste man hier noch passende Wahrscheinlichkeitsmaße definieren und dafür sorgen, dass alles korrekt normiert ist.
Ich mache mir hier diese Mühe aber nicht, denn mich interessieren vor allem Verhältnisse von Wahrscheinlichkeitsamplituden – wieviel mehr trägt die eine Konfiguration bei als die andere?
Dazu brauchen wir wieder einmal eine etwas andere Darstellung, nämlich die mit Wellen. Dank des guten alten Fourier-Tricks, den ich vor einiger Zeit erklärt habe, können wir jede Feldkonfiguration φ(x) als Überlagerung von ebenen Wellen darstellen. Man bekommt wohl am besten ein Gefühl für diese Wellen-Zerlegerei (vornehm Fourier-Transformation), wenn man sich einfach ein paar Funktionen und ihre Fourier-Transformierte anguckt. Sehr viele (ausführlich vorgerechnete) Beispiele und eine ausgezeichnete ausführliche Erklärung findet ihr auf der Seite thefouriertransform.com. Hier ein paar Bildchen – folgt dem Link oben für eine ausführlichere Erklärung. Als erstes betrachten wir einfache Rechtecke und ihre Fourier-Transformation:
Links seht ihr die Funktion, rechts seht ihr, welche Wellenlängen wie stark zu dieser Funktion beitragen, wenn ich sie mit ebenen Wellen beschreibe.
Hier könnt ihr schon die für uns wichtigste Eigenschaft der Fourier-Transformation erkennen: Je enger begrenzt eine Funktion ist, desto breiter ist ihre Fourier-Transformation. Es tragen also sehr viele Wellenlängen bei, wenn ihr einen eng begrenzten Puls habt, aber nur wenige, wenn der Puls sehr breit ist. Der Extremfall ist eine echte ebene Welle – die ist unendlich ausgedehnt und ihre Fourier-Transformierte ist nur an einem Punkt ungleich Null, nämlich genau bei dem Wert der Wellenzahl, die zu dieser Wellenlänge gehört.
Die Wellenfunktionen des Grundzustands des harmonischen Oszillators, die wir die letzten Male hatten, waren ja Gaußkurven. Hier noch ein paar Gauß-Fouriertransformationen:
Auch hier seht ihr wieder dasselbe Spiel: Je enger die Kurve, desto breiter die zugehörige Fouriertransformierte. In mehreren Dimensionen sieht das übrigens ganz ähnlich aus – eine mehrdimensionale Gaußglocke hat eine entsprechende Glocke als Fouriertransformierte und auch hier gelten dieselben Regeln.
So, nun aber zurück zu unserem Quantenfeld. Wir berechnen also zu unserer Feldkonfiguration φ(x) die zugehörige Fouriertransformierte φ(k) und setzen das Feld so aus ebenen Wellen zusammen.
Der Vorteil dabei ist, dass die ebenen Wellen eine Lösung unserer klassischen Gleichung waren. Das führt dazu, dass es – anders als bei der Darstellung über den Ort – gerade keine Korrelationen zwischen unterschiedlichen Wellen mehr gibt. Das bedeutet: Wenn zwei unterschiedliche Feldkonfigurationen φ1 und φ2 für einen bestimmten Wert des Wellenvektors k dieselbe Fourier-Komponente φ(k) haben, dann gilt für diese auch dieselbe Formel für die Wahrscheinlichkeitsamplitude. (Falls euch das zu schnell ging, keine Sorge, das wird gleich noch deutlicher werden.)
Um uns das Leben einfacher zu machen, gucken wir uns erst Mal nur eine einzige Komponente dieser Fouriertransformierten an. Wir entscheiden uns also für einen bestimmten k-Wert. Anschaulich heißt das, dass wir eine bestimmte Wellenlänge und damit auch eine bestimmte Energie festlegen, die uns interessiert.
Ich nenne diesen Wert des Wellenvektors k1. (Ich finde es in Physikbüchern immer störend, wenn nicht deutlich wird, ob in einem Symbol wie φ(k) nun die Funktion als Ganzes oder ihr Wert an einer bestimmten Stelle gemeint ist, deswegen versuche ich es hier besser zu machen.) Wenn wir in einer Dimension sind, dann ist k=2π/λ, wenn wir also den Beitrag einer Welle mit Wellenlänge 1 Meter zum Vakuumzustand berechnen wollen, dann ist k1=6,28/Meter. Die zugehörige Energie können wir aus
E2=k12+m2
berechnen; wie üblich in Einheiten c=?=1. Auf vielfachen Wunsch eines Kommentators hier aber ausnahmsweise nochmal mit allen Naturkonstanten (und hoffentlich ohne Rechenfehler):
E2=?2c2 k12+m2c4
Was können wir jetzt über den Beitrag von φ(k1) zum Vakuumzustand sagen? Im Mittel über viele Messungen muss – ganz analog wie beim Gundzustand des harmonischen Oszillators oder wie in unserem Ein-Punkt-Universum – der Wert von φ(k1) verschwinden. Warum? Weil wir sonst – im Mittel – kein Vakuum messen würden. Zumindest im Mittel sollte ja an jedem Raumpunkt φ(x)=0 sein. Wenn aber an jedem Raumpunkt φ(x) im Mittel verschwindet, dann muss im Mittel auch φ(k1) verschwinden.
Vornehm ausgedrückt, ist also der Vakuumerwartungswert von φ(k1) gleich null. Das können wir so schreiben:
Die Wahrscheinlichkeitsamplitude für φ(k1) kann aber nicht einfach gleich Null sei, sonst wäre das Vakuum absolut leer und das Feld würde immer und überall verschwinden – dass es das nicht tut (sondern eben nur im Mittel), haben wir letztes Mal gesehen. Wir können deshalb erwarten, dass für φ(k1) Ähnliches gilt wie für φ(x) im Ein-Punkt-Universum. Die Wahrscheinlichkeitsamplitude für φ(k1) – wir könnten sie auch “Wellenfunktion” nennen – ist um Null zentriert (weil der Vakuumerwartungswert gleich Null ist) und fällt nach außen hin ab.
Basierend auf einem Bild von AllenMcC. – File:HarmOsziFunktionen.jpg, CC BY-SA 3.0, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=11623546
Praktischerweise ist die mathematische Funktion, die hinter dieser Kurve steckt, wieder exakt dieselbe, die auch den Grundzustand des harmonischen Oszillators beschreibt – nur mit passenden Ersetzungen für die Variablen, ähnlich zu unserer Übersetzungstabelle von neulich. (Die genaue Formel kommt nachher im Warn-Abschnitt.) Deswegen konnte ich auch das Bild von neulich recyclen. An dieser Kurve können wir also ablesen, wie wahrscheinlich es ist, dass wir im Vakuum bei einer Messung einen bestimmten Wert von φ(k1) bekommen würden.
Der Abfall nach außen (zu größeren φ(k1)-Werten) wird dabei durch die Frequenz (oder Energie) ω beeinflusst, also durch k12+m2. Je größer ω, desto schmaler ist die Kurve, desto unwahrscheinlicher sind also große Werte von φ(k1). Das ist eigentlich auch logisch, weil sowohl hohe Masse als auch kurze Wellenlänge (also großes k12) zu hohen Energien führen. Entsprechend wird die Gaußkurve für große Werte von k immer enger, und für Teilchen mit großer Masse ist sie generell enger als für solche mit kleiner.
Bei der Berechnung von Pfadintegralen haben wir gesehen, dass Konfigurationen mit großem Wert der Wirkung (also auch hoher Energie) wenig beitragen, weil sich der Einfluss benachbarter Pfade weghebt. Auch vom Standpunkt der Unschärferelation ist das ein Ergebnis, das man intuitiv erwarten würde: Je höher die Energie, desto kleiner der Beitrag. Dies ist dann letztlich auch der Grund dafür, warum man in anschaulichen Erklärungen oft liest, dass “Vakuumfluktuationen” um so unwahrscheinlicher sind, je höher ihre Energie ist.
Betrachten wir den Fall k1=0, also ein Feld, das überall im Raum den gleichen Wert hat (denn zu k1=0 gehört ja eine unendlich große Wellenlänge, also ein konstantes Feld). Für diesen k-Wert ist die Wahrscheinlichkeitsamplitude, einen großen Wert zu finden, insgesamt am größten, weil die Breite der Kurve am größten ist. Wenn die Masse sehr klein wird, dann werden immer größere Werte von φ(0) möglich.
Im Extremfall einer verschwindenden Masse sind alle Werte von φ(0) gleichwahrscheinlich. Das passt auch physikalisch: In einem Quantenfeld mit verschwindender Masse hat ein konstanter Term keinen Einfluss, weil dann nur die Änderung des Feldes (im Ort oder in der Zeit) eingeht. (Das hatten wir seinerzeit schon gesehen, als wir Felder eingeführt haben – wir hatten unsere Gleichung um einen Extra-Term erweitert, der unser Feld im klassischen Grundzustand auf einen Wert von Null festlegt, und später gesehen, dass dieser Extra-Term die Masse ist.)
Für das bekannteste masselose Feld, das elektromagnetische Feld, passt das auch zu dem, was man aus der Elektrodynamik weiß: Das Feld, das man mit der Quantenfeldtheorie beschreibt, ist das Vektorpotential, zu dem man beliebige konstante Werte addieren kann, ohne dass sich die Physik ändert. (Ja, zu Photonen und dem Vektorpotential sollte ich auch mal was schreiben…)
Je größer andererseits k1 wird, desto unwahrscheinlicher werden große Werte von φ(k1), die Glockenkurve konzentriert sich also immer mehr um den Nullpunkt. (Und weil die Wahrscheinlichkeit für irgendeinen Wert insgesamt gleich 1 sein muss, wird der Wert bei φ=0 immer größer.) Dieses Bild – berechnet für eine Masse ungleich Null – soll das ein bisschen veranschaulichen:
Hier ist die Amplitude aufgetragen (nicht normiert, deswegen können auch Werte größer als 1 auftauchen), und zwar gegen den Wert von k, der gerade betrachtet wird (hinten im Bild ist k=0). Ihr könnt also z.B. beim Wert k=10 gucken, dort seht ihr dann für diesen k-Wert die zugehörige Wellenfunktion (also die Amplituden für unterschiedliche mögliche Werte von φ(k) ), die genauso aussieht wie beim Grundzustand des harmonischen Oszillators. Weil die Funktion für negative k-Werte genauso aussieht wie für positive, zeige ich nur eine Hälfte des Ganzen. Ihr könnt sehen, dass bei kleinen k die Verteilung breit ist und bei größeren schmaler wird. Sie ist immer symmetrisch um den Nullwert, was dazu passt, dass wir ja einen verschwindenden Vakuum-Erwartungswert haben. (Diese Darstellung ist zugegeben sehr ungewöhnlich – jedenfalls habe ich sie noch nie irgendwo gesehen – aber meiner Anschauung hat’s geholfen.)
Macht man die Masse kleiner (hier um einen Faktor 10), dann wird die Verteilung im Bereich bei kleinen k-Werten erwartungsgemäß breiter, bei großen k-Werten tut sich allerdings wenig:
Umgekehrt wird die Verteilung bei einer sehr hohen Masse insgesamt schmaler und der Effekt von k wird schwächer (weil in k2+m2 der Einfluss von k relativ zu m geringer ist):
Für jede Fourierkomponente ist die Wahrscheinlichkeitsamplitude also eine Gaußkurve und sieht deshalb genau so aus wie die für den Grundzustand des harmonischen Oszillators. (Und ratet mal was beim nächsten Mal passiert, wenn wir angeregte Zustände betrachten…).
Man kann dieses Ergebnis auf zwei unterschiedliche Arten betrachten: Zum einen kann man sagen, dass der Vakuumzustand zusammengesetzt ist aus lauter Gaußkurven (wie beim Grundzustand des harmonischen Oszillators), die für jede einzelne Wellenlänge (also jedes k) die Verteilung der Wahrscheinlichkeitsamplitude angibt. In diesem Sinn ist das Vakuum sozusagen eine Überlagerung von unendlich vielen harmonischen Oszillatoren, einem für jede Wellenlänge.
Oder man kann umgekehrt eine bestimmte Feldkonfiguration φ(x) betrachten und fragen, wie groß ihre Wahrscheinlichkeitsamplitude insgesamt ist, wie groß also der Beitrag ist, den diese Feldkonfiguration zum Vakuumzustand leistet.
Dazu müssen wir dann folgendes tun:
- φ(x) hinschreiben:
- φ(x) fouriertransformieren zu φ(k)
- Für jedes φ(k) die Wahrscheinlichkeitsamplitude aus der Gaußkurve berechnen – dabei ist die Kurve um so schmaler (große Werte um so unwahrscheinlicher) je größer ω ist. Graphisch übertragen wir die φ(k)-Kurve in unser Bild für die Wahrscheinlichkeitsamplitude und lesen bei jedem k-Wert die zugehörige Amplitude ab:
- Alle diese Amplituden miteinander multiplizieren (denn Wahrscheinlichkeiten muss man ja multiplizieren, wenn mehrere Ereignisse gleichzeitig eintreten sollen).
Anmerkung: Der letzte Schritt ist mathematisch etwas gruselig – er involviert ein Produkt über alle möglichen k-Werte, also ein Produkt über alle reellen Zahlen. MathematikerInnen kriegen von so etwas nachts vermutlich Albträume, aber PhysikerInnen können das etwas lockerer sehen – wenn wir die unendlich dicht liegenden reellen Zahlen durch ein hinreichend feines Gitter aus einzelnen Zahlen approximieren, wird das schon keinen großen Unterschied machen. Ich mache mir über die involvierten Unendlichkeiten hier erst mal keine Sorgen (im Buch von Hatfield enthält die Rechnung einen schicken Faktor π∞. Wer weiß, eines Tages komme ich in dieser Serie vielleicht auch dahin, zu erklären, was es mit all den Unendlichkeiten in der QFT auf sich hat, aber das ist eine andere Geschichte und soll ein andermal erzählt werden. (10 Hier-Wohnen-Drachen-Taler für alle, die dieses Zitat korrekt zuordnen können.)
Wenn das Wellenpaket sehr breit ist (die Feldanregung ist über einen breiten Bereich verschmiert), dann ist die zugehörige Fourier-Transformierte schmal und es tragen nur Werte in der Nähe von k=0 bei. Ist das Wellenpaket dagegen sehr schmal, dann ist die Fouriertransformierte breiter, es tragen größere Werte von k bei, bei denen Werte φ(k) aber ja entsprechend unwahrscheinlicher sind. Auch das passt zur Unschärferelation: Ein eng lokalisiertes Wellenpaket hat eine hohe Impulsunschärfe und damit auch Beiträge von Wellen mit hoher Energie, die als “Vakuumfluktuationen” unwahrscheinlicher sein sollten. Ein räumlich eng begrenztes und damit hochenergetisches Wellenpaket trägt also weniger zum Vakuumzustand bei als ein weiter ausgedehntes.
Hier die Formeln in ihrer vollen Schönheit (Hatfield Gleichung (10.28)):
Ψ0 ist dabei die Wellenfunktion (das Wellenfunktional, um genau zu sein) für das Vakuum – genauer gesagt ist Ψ0(φ) die Wahrscheinlichkeitsamplitude für die Feldkonfiguration φ . In der ersten Zeile stehen Normierungsfaktor und Gaußkurve voneinander getrennt; um zur zweiten zu kommen wurde wohl das Integral im Exponenten in ein unendliches Produkt zerlegt (im Buch steht das kommentarlos, ist aber die einzige Erklärung, die in meinen Augen Sinn ergibt, auch wenn das mathematisch ein bisschen komisch ist, weil das dk unter den Tisch fällt – darf man das?). Dass das Argument k einmal mit positivem und einmal mit negativem Vorzeichen auftaucht, sorgt dafür, dass der Exponent eine reelle Zahl ist (die Fourier-Transformierte einer ungeraden Funktion ist ja rein imaginär).
Letztlich sieht man aber an der letzten Zeile das entscheidende Ergebnis: Die Wellenfunktion ist ein Produkt aus lauter harmonischen-Oszillator-Grundzustands-Wellenfunktionen, in die man statt des Ortsargument x die Fourierkomponente φ(k) einsetzt. (Gaußkurven der Form exp(-x2/α) Die Rechnung, die dahin führt, ist ziemlich länglich und ich habe sie nicht in allen Details nachvollzogen – mir ging es ja mehr ums Ergebnis. Im Buch von Srednicki,
in dem man die Formel auch (kommentarlos) findet, wird die Herleitung übrigens dem Leser als Übungsaufgabe 8.8 überlassen – so etwas hätte mich als Studi maßlos frustriert. (Wie ich ja überhaupt Bücher mit Übungsaufgaben ohne angegebene Lösungen total daneben finde.)
Und damit können wir jetzt auch halbwegs anschaulich verstehen, wie der Vakuumzustand aussieht: Im Vakuumzustand haben wir sozusagen eine doppelte Überlagerung: Zu jeder Wellenlänge haben wir eine quantenmechanische Überlagerung aller zugehörigen Amplituden φ(k) mit einer Wahrscheinlichkeitsamplitudenverteilung, die um Null zentriert ist, die aber auch Werte ungleich Null zulässt. Je größer die Energie der Welle, desto enger ist die Verteilung, desto unwahrscheinlicher sind also große Beiträge dieser Welle. All diese Überlagerungszustände werden dann zum gesamten Vakuumzustand zusammengefügt. (Mathematisch werden die einzelnen “Wellenfunktionen” für jede Wellenlänge miteinander multipliziert.)
Betrachten wir umgekehrt das Feld an einem Ort, dann haben wir auch dort für den Feldwert eine Wahrscheinlichkeitsamplitude für Werte ungleich Null.1 Felder an benachbarten Raumpunkten sind aber korreliert – das haben wir letztes Mal beim Zwei-Punkt-Universum gesehen, aber es wird jetzt auch deutlich dadurch, dass ja die Wellen mit niedriger Energie, die besonders stark zum Vakuumzustand beitragen, eine große Wellenlänge haben und entsprechend an benachbarten Raumzeitpunkten nahezu denselben Wert besitzen.
1Ganz streng genommen sogar eine unendlich breite, wenn man wirklich einen einzelnen Punkt betrachtet – das ist aber letztlich unphysikalisch, weil man real immer über einen kleinen Raumbereich mittelt.
Das Vakuum ist also ein komplizierter, aber faszinierender Zustand, und mit ein bisschen Mühe kann man aber durchaus ein bisschen Intuition gewinnen, wie er funktioniert. (Falls euch das beim ersten Lesen nicht gleich gelingt, lasst euch nicht frustrieren – ich habe insgesamt etwa zwei Monate lang immer wieder drüber nachgedacht (und bin manchmal sogar nachts deswegen aufgewacht, weil irgendwelche Prozessoren im Hinterkopf pausenlos mit der QFT beschäftigt waren), bis ich diesen Teil der Serie so schreiben konnte. Ich hoffe, ich habe es so aufbereitet, dass ihr es etwas leichter habt.)
Das Traurige hier ist, dass ihr nichts von dieser Faszination in den normalen QFT-Büchern findet (Hatfield ist die lobenswerte Ausnahme, ist aber als Lehrbuch meines Wissens eher unüblich). Dort wird der Vakuumzustand |0〉 meist einfach über eine Gleichung eingeführt, die so aussieht:
a |0〉=0
(Was es damit auf sich hat, erkläre ich vielleicht auch noch mal irgendwann.) Dann wird erklärt, dass |0〉 der Vakuumzustand ist, der durch diese Gleichung definiert ist – und das war’s. Eventuell wird noch der sogenannte Casimir-Effekt1 vorgerechnet, allerdings auch rein mathematisch, und dann eventuell mit ein paar Sätzen über “Vakuumfluktuationen”, Nullpunktsenergie etc. gewürzt, ohne jemals zu erklären, wie genau die Überlagerung all dieser Feldzustände eigentlich funktioniert. Ein leider nicht völlig untypisches Beispiel für die oft seltsame Didaktik in der Physik, in der Formeln nicht mit Leben erfüllt werden und deshalb viel Anschauung verloren geht. Aber über diese seltsame Didaktik der Physik schreibe ich bestimmt auch mal irgendwann…
1Achtung, der Wiki-Link zum Casimir-Effekt ist nur bedingt gut, weil er von “kurzfristig aus dem Vakuum” erzeugten virtuellen Teilchen redet – das ist aber Kram, wie Ihr jetzt wisst.
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