…dann kommt etwa so etwas heraus wie hier. Diese überaus wissenschaftliche Aufnahme wurde vor kurzem bei uns am Institut von einem Kollegen gemacht.
Und dann haben wir noch das hier im Angebot:
Was sieht man hier – abgesehen von netten Bildchen?
Ein Blick auf die Maßstabsbalken unten im Bild verrät schon, dass es sich um sehr kleine Strukturen handelt. Sie sind nur ein paar Mikrometer groß (zum Vergleich: Ein menschliches Haar hat einen Durchmesser von etwa 80 Mikrometern, ein Spinnenfaden von etwa 5 Mikrometern). Die “Bildchen” sind in eine Oberfläche aus Silizium “gemalt” worden – das nimmt man gern für solche Anwendungen, weil man daraus gut sehr reine Kristalle herstellen kann; auch der Computer, an dem ihr gerade sitzt, enthält die in seinen Chips.
O.k., hier malt also jemand – wohlgemerkt während der Arbeitszeit – Smileys und andere Bildchen in einen Siliziumkristall. Wenn ich euch jetzt noch dazusage, dass die Anlage, mit der das Ganze gemacht wurde, etwa eineinhalb Millionen Euro gekostet hat und dies so ziemlich die erste Aktion am Institut mit dieser neuen Anlage war, dann seid ihr jetzt vermutlich endgültig davon überzeugt, dass Wissenschaftler an Unis eigentlich nichts tun, als sinnlos Steuergelder zu verbraten um damit herumzuspielen, oder?
Das Ganze ist aber nicht so sinnlos, wie man vielleicht im ersten Moment denkt. Unser Institut hat, wie gesagt, ein neues Gerät erworben, ein Elektronenmikroskop, das mit einem “Focused Ion Beam” (fokussierter Ionenstrahl) ausgestattet ist, kurz auch ein FIB genannt.
Mit einem Elektronenmikroskop kann man ja sehr schöne dreidimensionale Bilder erzeugen, mit Auflösungen, die wesentlich besser sind als alles, was man mit Licht erreichen kann. Das liegt einfach daran, dass die Elektronenwellen eine viel kürzere Wellenlänge haben als das Licht, und man kann mit einer Welle immer nur Bilder von Strukturen machen, die etwa dieselbe Größe wie die Wellenlänge haben. (Das ist übrigens auch einer – wenn auch nicht der einzige – der Gründe, warum eine blue-ray disc mit einem blauen violetten Laser mit kurzer Wellenlänge mehr Informationen speichern kann als eine DVD, die einen roten Laser verwendet, oder eine CD mit einem Infrarotlaser mit noch größerer Wellenlänge.)
Ein Elektronenmikroskop – genauer gesagt, ein Rasterelektronenmikroskop oder kurz REM, es gibt auch noch andere – tastet mit einem scharf gebündelten Elektronenstrahl die Oberfläche einer Struktur ab. Dabei werden Elektronen aus der Oberfläche herausgeschlagen (Sekundärelektronen), die man dann detektieren kann. Damit lässt sich die Oberfläche eines Objekts sehr schön dreidimensional darstellen. Dieses Bild (wie üblich von Wikipedia) zeigt das Prinzip:
Von Salino01 aus der deutschsprachigen Wikipedia, CC BY-SA 3.0, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=10102531
Zusätzlich können die Elektronen des einfallenden Strahls selbst auch noch vom Material zurückgeworfen werden – diese Rückstreuelektronen liefern einen guten Materialkontrast, weil Elektronen von unterschiedlichen Atomsorten unterschiedlich stark zurückgeworfen werden. Außerdem gibt es noch die Möglichkeit, dass beim Aufreffen der Elektronen Röntgenstrahlen entstehen, damit kann man dann die in der Probe enthaltenen chemischen Elemente direkt analysieren (das nennt man EDX oder WDX) – wir nutzen das zum Beispiel in einem Projekt, an dem ich beteiligt bin, um zu sehen, ob die Schichten, die wir untersuchen, tatsächlich aus dem gewünschten Zirkonoxid bestehen oder ob das Zirkon darin noch in metallischer Form vorliegt – wenn im EDX-Detektor Sauerstoff und Zirkon im richtigen Verhältnis gesehen werden, dann ist es Zirkonoxid, sonst eben nicht.
Ein Elektronenmikroskop ist also schon mal eine feine Sache, aber so eins haben wir schon seit Jahren am Institut (heutzutage kann man ohne auch kaum Materialforschung betreiben). Smileys kann man damit allerdings nicht malen – warum auch?
Zum Malen von Smileys muss man die Oberfläche beeinflussen und Material abtragen. Das geht mit einem Elektronenstrahl nicht, weil der die Oberfläche nicht sehr stark beeinflusst – er schlägt ein paar Elektronen raus, aber in einem metallischen Material, das noch dazu geerdet ist, fließen natürlich sofort wieder Elektronen nach, das Material merkt davon nichts viel. (Proben, die man im REM beobachtet, müssen immer elektrisch leitend sein, sind sie das nicht, werden sie mit einer hauchdünnen (naja, eigentlich ist hauchdünn viel zu dick, wir reden hier über ein paar Nanometer) Goldschicht bedampft.)
Um also wirklich in eine Oberfläche reinzumalen, müssen wir schon größere Geschütze auffahren. Da kommt der Ionenstrahl (Ion Beam) ins Spiel. Beschießt man die Oberfläche mit Ionen (also mit ganzen Atomen, denen nur ein oder ein paar Elektronen fehlen), dann kann man damit Atome aus der Oberfläche herausschlagen. Das tut unser FIB – es beschießt die Oberfläche mit Gallium-Ionen, und zwar mit einem scharf fokussierten Strahl, so dass man ganz gezielt an einzelnen Stellen Material abtragen und Strukturen malen kann, so wie den Smiley.
So ein System aus REM+FIB ist natürlich ein ziemlich kompliziertes Gerät, das sich etwas schwieriger bedient als beispielsweise ein Toaster. So etwa sieht so ein Gerät aus (von unserem habe ich leider kein schönes Bild, deshalb muss dieses von Wikipedia herhalten – bei unserem gibt’s aber gleich drei Computermonitore, das gibt dem Ganzen einen Hauch von Raumschiff-Kontrollzentrale oder Bedienungspult für eine Weltuntergangsmaschine):
By english User:Cm the p – English version, CC BY-SA 3.0, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=1631580
Links seht ihr die eigentliche Anlage – da ist eine Vakuumkammer, in die man die Proben einschleust, und dann die Elektronenröhre, die den Elektronenstrahl erzeugt, die Dinger, die schräg dranhängen, sind unter anderem die Detektoren, aber auch noch diverses anderes Technikzeugs, das euch besser ein etwas angewandterer Physiker oder eine Ingenieurin erklärt.
Wer also das Vergnügen hat, an einer solchen Anlage zu arbeiten (und Spaß macht sowas alle mal, ich durfte neulich selbst an unserem alten REM ohne FIB sitzen und Bilder machen, das ist richtig nett, wenn man sonst nur simuliert), wer also so etwas lernen will, der muss natürlich üben. Und so wie jemand, der eine neue Programmiersprache lernt, erst mal ein “Hello, world”-Programm schreibt oder etwas ähnlich Sinnfreies, einfach, damit man nicht auch noch darüber nachdenken muss, was man tut, sondern eben nur, wie man es tut, genau so muss ein Mitarbeiter, der ein REM+FIB bedienen will, erst mal einfache Dinge tun und testen, wie man denn nun Strukturen in Oberflächen einbringt. Und da ist es dann egal, ob man einen Smiley in die Oberfläche brät oder irgend etwas anderes.
Aber keine Sorge – wir haben mit dem Gerät durchaus ernsthafte Forschung geplant, eure Steuergelder sind also gut bei uns aufgehoben.
Viele Leute untersuchen bespielsweise Mikrosäulen (“micropillars”). Hier wird das Material so abgetragen, dass eine dünne Säule stehen bleibt, die man dann verformen kann, um zu verstehen, wie sich Materialien auf der Längenskala von einigen Mikrometern benehmen. Davon hatte ich letztes Jahr schon mal ein bisschen erzählt.
Solche Säulen können wir mit unserem neuen Gerät auch herstellen, diese hier ist schon sehr sehr dünn:
Bei uns werden ja auch Nanowürfel geschmiedet – und eine der Sachen, die man mit so einem FIB machen kann, ist, dass man Formen herstellen kann, in die man die Nanowürfelchen hineindrückt. Vielleicht können wir dann wirklich eines Tages Nanozahnräder oder ähnliches bauen.
Auch für die Materialanalyse ist so ein FIB eine prima Sache: Mit einem normalen REM kann man zwar die Oberfläche eines Materials sehr gut untersuchen, aber was spielt sich in der Tiefe ab? Reingucken kann ein REM in ein Material nicht. Mit einem FIB kann man aber Material stückweise abtragen und so auch untersuchen, wie beispielsweise kleine Einschlüsse in einem Material in der dritten Dimension aussehen. Man trägt immer ein bisschen Material ab, macht ein Bild, trägt wieder Material ab, macht wieder ein Bild und immer so weiter. Am Ende hat man dann eine echte dreidimensionale Analyse des Materials.
Umgekehrt kann man mit einem FIB auch Material ablagern. Dazu nimmt man ein Gasgemisch, das Platin enthält. Damit kann man dann Platinionen auf die Oberfläche schießen, aber jetzt mit so niedriger Energie, dass sie an der Oberfläche haften bleiben. Hier mal ein kleiner Eindruck, wie so etwas prinzipiell aussieht:
Auch hier ist die momentane Anwendung noch Spielerei (nein, wir versehen im Moment nicht jeden Kugelschreiber am Institut mit einem Mikro-Logo), aber auch hier kann man natürlich an viele interessante Anwendungen denken.
Damit man aber spannende Forschung betreiben kann, muss man mit der Anlage perfekt umgehen können. Und dabei können eben auch Spielereien wie das Malen von Smileys helfen. Und wenn Wissenschaft nebenbei auch Spaß macht, schadet das ja auch nichts.
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