Kleien Anekdote am Rande: Laut Wikipedia wurde das Patent für die TN-Zelle vom Deutschen Patentamt wegen “mangelnder Erfindungshöhe” abgelehnt – tja, so kann man sich irren.
Dass solche LCDs unglaublich praktisch sind, sehen wir daran, dass sie inzwischen so ziemlich überall verwendet werden. Sie brauchen aber natürlich Strom. (Es gibt auch einfache LCDs, die temperaturempfindlich sind, die man beispielsweise manchmal als Thermometer an Aquarien oder als sehr einfache Fieberanzeiger sieht, aber das ist eher eine Nischenanwendung.)
Jetzt ist es aber gelungen, Flüssigkristalle herzustellen, die auf Licht reagieren. Das funktioniert so, dass das verwendete Molekül normalerweise keinen Flüssigkristall bildet, aber unter Lichteinstrahlung seine Form ändert:
Aus Kosa et al., s.u.
Licht mit einer Wellenlänge von 365 oder 405 Nanometern kann vom Molekül absorbiert werden. Daraufhin öffnet sich der Ring rechts oben, in dem das Sauerstoffatom (mit “O” gekenzeichnet) sitzt, so dass das Molekül etwas länglicher wird. Jetzt kann es einen Flüssigkristall bilden.
Wird das Molekül nicht mehr bestrahlt, dann kehrt es nach kurzer Zeit (wenige Minuten) wieder in die Ausgangsstruktur zurück. (Eine ganz ähnliche Reaktion, allerdings ohne Flüssigkristalleigenschaften, gibt es auch bei uns im Auge: Einfallendes Licht führt dazu, dass das “Sehpurpur” (Rhodopsin) zerfällt und dann nicht mehr lichtempfindlich ist. Nach einigen Minuten ohne Licht bildet sich das Rhodopsin wieder neu, ist jetzt wieder lichtempfindlich und kann so sensitiv auf Lichtreize reagieren. Damit wird die Anpassung an die Dunkelheit erreicht – ohne einen Mechanismus, der das Rhodopsin bei hoher Lichteinstrahlung ausschaltet, würden wir bei Tageslicht ständig durch die Helligkeit geblendet werden.)
Packt man jetzt so ein Molekül in eine TN-Zelle, dann ändert sich die Durchsichtigkeit der Zelle, wenn sie mit kurzwelligem Licht bestrahlt wird. Dieses Bild zeigt, wie eine vorher undurchsichtige Zelle plötzlich durchsichtig wird, wenn man sie an einigen Stellen mit Licht bestrahlt:
Aus Kosa et al., s.u.
Noch schöner könnt ihr es auf diesem Video sehen (allerdings einige Megabyte groß…). Wie ihr erkennen könnt, verschwindet das Signal innerhalb von Sekunden – was ein bisschen im Widerspruch zu der Aussage in der Arbeit steht, dass die Rückbildung der offenen in die geschlossene Form typischerweise einige Minuten dauert. Ich vermute, dass thermische Fluktuationen die “verdrehte” Struktur schnell zerstören, wenn nicht immer wieder neue Moleküle nachgebildet werden, aber das steht leider nicht in der Arbeit. (Vermutlich ist das ExpertInnen auf diesem Sektor sofort klar…)
Solche lichtempfindlichen Zellen könnten in unterschiedlichen Bereichen eingesetzt werden, beispielsweise in der Signalverarbeitung oder für neuartige optische Elemente. Auch eine Sonnenbrille aus so einem Material wäre sicher schick.
Kosa, T., Sukhomlinova, L., Su, L., Taheri, B., White, T., & Bunning, T. (2012). Light-induced liquid crystallinity Nature, 485 (7398), 347-349 DOI: 10.1038/nature11122
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