Diese unabhängige Entwicklung ist anscheinend ein besonders eindrucksvolles Beispiel für konvergente Evolution. Und wie es aussieht, ist das nicht nur zweimal, sondern sogar dreimal passiert, denn bei den (eben noch ignorierten) Kammquallen (Ctenophora) gibt es auch eine Art, die quergestreifte Skelettmuskeln hat. Eine solche Dreifach-Entwicklung erscheint schon ein bisschen unwahrscheinlich, oder?
Um diese Unwahrscheinlichkeit näher unter die Lupe zu nehmen, wurden auch andere Tiergruppen aus der Grafik oben, beispielsweise Schwämme, untersucht. Es zeigt sich, dass viele der Bestandteile von Skelettmuskeln (beispielsweise auch Actin und Myosin) auch zum Beispiel bei den Schwämmen und bei den “Choanozoa” (für die Gruppe kennt nicht mal Wikipedia nen deutschen Namen…) vorkommen.
Tiere waren also dadurch, dass viele der für den Muskelaufbau notwendigen Proteine schon existierten, sozusagen vorangepasst für die Entwicklung von Skelettmuskeln. Die Details unterschieden sich dann allerdings je nach Evolutionsprozess. Das macht zum einen plausibel, wie sich so ähnliche Strukturen mehrfach entwickeln konnten, zum anderen sollte man es letztlich auch erwarten – der Aufbau eines Muskels ist ziemlich komplex, wie ihr oben gesehen habt, und nach der Evolutionstheorie sollte es dann auch Vorstufen dazu geben, in denen zumindest einige der Bestandteile auftreten.
Noch etwas anderes ist bemerkenswert: Extrem ähnliche Strukturen, die man bisher auf einen gemeinsamen Vorfahren zurückgeführt hat, haben sich mehrfach unabhängig entwickelt. Wer weiß, für welche anderen Strukturen das noch zutreffen mag? Die Evolution mag noch einige Überraschungen bereithalten.
Patrick R. H. Steinmetz, Johanna E. M. Kraus, Claire Larroux, Jorg U. Hammel, Annette Amon-Hassenzahl, Evelyn Houliston, Gert Worheide, Michael Nickel, Bernard M. Degnan & Ulrich Technau
Independent evolution of striated muscles in cnidarians and bilaterians
Nature, 487 (2012) S. 231
Andreas Hejnol
Muscle’s dual origins
Nature, 487 (2012) S. 181
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