Die Bonobos sind die engsten Verwandten der Schimpansen. Sie sind bekannt für ihre vergleichsweise größere Friedfertigkeit und werden oft auch mit dem Beisatz “Make love, not war” beschrieben. Hinzu kommt, dass in der Bonobo-Gesellschaft Weibchen stärker den Ton angeben als Männchen. Gelegentlich treibt die Beschreibung der Bonobo-Gesellschaft deshalb auch seltsame Blüten, wie in diesem Emma-Artikel, wo es heißt:

Das nie verwirklichte Hippie-Ideal “Make love not war” wird im Garten Eden zwischen dem Kongo-Strom und den Flüssen Lomami und Kasai also völlig selbstverständlich in die Tat umgesetzt

Nun, ganz so ideal ist die Bonobo-Gesellschaft nicht, und aggressionsfrei sind sie auch nicht. Obwohl Bonobos Artgenossen wesentlich seltener angreifen, verletzen oder töten als Schimpansen das tun, kommt es durchaus vor. Ihre Gesellschaft zu idealisieren ist wohl wenig hilfreich, zumal wir Menschen nun mal keine Bonobos sind.

Interessant ist aber die Frage, warum Bonobos so viel weniger aggressiv sind als Schimpansen. (Auch wenn Bonobos zur Schimpansen-Gattung (Pan) gehören, verwende ich in diesem Text die einfache begriffliche Trennung Bonobo (Pan panisces) – Schimpanse (Pan troglodytes).) Ist die verringerte Aggression eine Frage der Kultur oder gibt es dafür einen evolutionären und genetisch verankerten Grund? Und wie hat sich die Entwicklung vom Ur-Schimpansen zum weniger aggressiven Bonobo abgespielt?

Schauen wir zunächst, wie sich Bonobos von Schimpansen unterscheiden: Sie haben etwas kleinere Schädel (mit entsprechend verkleinertem Hirnvolumen) und kleinere Eckzähne, so dass ihr Schädelbereich auch bei erwachsenen Tieren eher jugendlich bleibt (Pädomorphose – ein anderes Beispiel dafür habe ich ja erst vor kurzen beschrieben). Außerdem haben sie depigmentierte Lippen.

Pan paniscus (female).jpg
By © Hans Hillewaert / , CC BY-SA 4.0, Link

Im Sozialverhalten sind sie wesentlich verspielter, sind eher bereit Futter zu teilen und – davon hat ja vermutlich jeder schon mal gehört – haben wesentlich häufiger Sex, nicht nur zur Fortpflanzung, sondern auch als Strategie, um Aggressionen abzubauen. Damit einher geht auch, dass die Weibchen für einen größeren Zeitraum ihrer Periode empfängnisbereit sind.

Anders als bei den Schimpansen haben Bonobos Sozialverbände, die von stabilen Weibchentrupps dominiert werden. (Schimpansen und auch Bonobos leben ja generell in größeren Gruppen, die sich aber meist in kleinere Trupps aufteilen, die dann tage- oder auch wochenlang umherstreifen. Mitglieder einer Gruppe kennen sich aber gegenseitig gut und haben eine klare Rangordnung.¹) Das Aggressionsniveau der Bonobos ist insgesamt deutlich niedriger und es fällt Bonobos leichter, in Experimenten mit anderen zusammenzuarbeiten, um Aufgaben zu bewältigen. Bringt man Bonobos mit Menschen zusammen, so sind sie deutlich besser darin, das Verhalten der Menschen zu deuten als Schimpansen das können – beispielsweise gelingt es ihnen leichter, der Blickrichtung eines Menschen zu folgen, um einen Hinweis zu finden. Umgekehrt sind Schimpansen dafür geschickter, wenn es darum geht, allein
Probleme zu lösen, die mit Futter belohnt werden. Freilebende
Schimpansen verwenden verschiedene Werkzeuge, um an Nahrung zu kommen
(zum Beispiel Grashalme zum Termitenangeln oder zerkaute Blätter als
Schwämme), während Bonobos das nicht tun.

¹Wer mehr über Schimpansen wissen will, sollte unbedingt das –
wissenschaftlich leicht veraltete, aber trotzdem hervorragende – Buch
“Wilde Schimpansen” von Jane Goodall lesen (das war eine zeit lang mein
Lieblingsbuch, ich habe es sicherlich mindestens 10 mal verschlungen).

Wer die Liste oben liest und diesen Blog aufmerksam verfolgt, dem dürfte eins aufgefallen sein: Viele der angeführten Merkmale finden sich auch bei gezähmten Tieren, wie in meinem Text über das Farm-Fuchs-Experiment beschrieben. Dazu gehört der eher jugendliche Schädel, die Änderung der Pigmentierung (auch wenn sie bei den Bonobos nur an den Lippen stattfindet), das ausgeprägtere Spielverhalten, die verlängerte Empfängnisbereitschaft der Weibchen (viele Haustiere sind ja mehrfach im Jahr empfängnisbereit). All das deutet darauf hin, dass hier vielleicht ähnliche evolutionäre Mechanismen am Werk sind.

Interessant ist natürlich die Frage, ob sich bei den Bonobos – wie bei vielen Haustieren – der Hormonspiegel entsprechend geändert hat. Experimente haben gezeigt, dass bei Schimpansen der Testosteron-Spiegel ansteigt, wenn sie Futter erwarten (was darauf hin deutet, dass sie die Nahrungsaufnahme mit aggressivem Verhalten verbinden), während das bei Bonobos nicht der Fall ist. Außerdem zeigt diese Veröffentlichung zumindest, dass der Testosteron-Spiegel bei Bonobos (anders als bei Schimpansen) nicht mit dem sozialen Rang korrelliert, was dafür spricht, dass ein erhöhter Testosteron-Spiegel (und entsprechend erhöhte Aggressivität) keinen evolutionären Vorteil bringt (denn höherer Rang ist ja evolutionär günstig).

Die Idee, dass Bonobos sich “selbst gezähmt” haben – in dem Sinne, dass sie evolutionär auf verringerte Aggressivität hin selektiert wurde – ist zur Zeit eine Hypothese. Man könnte sie dadurch stützen, dass man die Genexpression der Gene untersucht, die für aggressives Verhalten zuständig sind, oder dass man nachweist, dass die morphologischen Veränderungen bei den Bonobos tatsächlich an die verringerte Aggressivität gekoppelt sind, so wie es ja anscheinend bei den Haustieren und gezähmten Füchsen der Fall ist.

Aber auch wenn es zur Zeit nur eine – plausible – Hypothese ist, so kann man natürlich doch überlegen, wie die Evolution hin zum weniger aggressiven Bonobo verlaufen ist. (Theoretisch ist auch ein umgekehrtes Szenario denkbar, bei dem der Ur-Schimpanse friedlich war und dann die Schimpansen auf aggressiveres Verhalten hin selektiert wurden, dies ist aber unwahrscheinlich, weil die veränderte Schädelform des Bonobos eine Eigenart dieses Spezies (Synapomorphie) ist, die von der der Schimpansen und Gorillas abweicht. Entsprechend kann man annehmen, dass der gemeinsame Vorfahr von Gorilla, Schimpanse und Bonobo einen schimpansen-artigen Schädel hatte.)

Einen Hinweis darauf gibt die Tatsache, dass Bonobos auch in freier Wildbahn weniger stark um Futter konkurrieren und dass gerade Bonobo-Weibchen häufig gemeinsam auf Nahrungssuche gehen, während Schimpansen-Weibchen oft allein unterwegs sind. Das könnte bedeuten, dass im Lebensraum der Bonobos südlich des Kongo mehr Nahrung für die Bonobos zur Verfügung steht, beispielsweise weil sie nicht in Futterkonkurrenz mit Gorillas stehen und so mehr bodenwachsende Pflanzen zur Verfügung haben.

Man kann sich damit folgendes Szenario ausmalen: Durch das bessere Nahrungsangebot ist es für Bonobo-Weibchen günstig, sich in innerhalb einer Gruppe zu Trupps zusammenzuschließen, die über längere Zeit stabil bleiben (während Schimpansen oft nur für kurze Zeit Trupps bilden, die auch meist kleiner sind). Dadurch konnten sich Bonobo-Weibchen gegenseitig besser unterstützen, wenn beispielsweise eines von ihnen von einem Männchen angegriffen oder bedrängt wurde. Für die Männchen war es deshalb evolutionär günstiger, nicht zu aggressiv gegenüber den Weibchen zu sein. Man hat Bonobo-Weibchen beobachtet, die in der Gruppe ein Männchen getötet haben, das dürfte der evolutionären Fitness des Männchens sicher geschadet haben. (Soviel dann auch zur absolut friedlichen Bonobo-Gesellschaft – Tiere zu idealisieren ist selten hilfreich.)

Umgekehrt wurden Männchen, die weniger aggressiv und eher spielerisch waren, von den Bonobo-Weibchen eher geduldet und konnten so ihre Fitness steigern. Insgesamt könnte das zu einer Selektion auf weniger Aggression bei den Männchen geführt haben. (Bei Säugetieren sind es ja meist die Männchen, an denen die Selektion stärker zuschlägt – nahezu jedes erwachsene Weibchen bekommt eine Chance auf Nachwuchs (ja, es gibt Ausnahmen), aber bei weitem nicht jedes erwachsene Männchen.) Der Effekt könnte sich dann selbst verstärkt haben – in einer weniger aggressiven Gesellschaft fällt auch leicht aggressives Verhalten stark auf und kann zu einem Nachteil werden. Diese Rückkopplung könnte dann zu einer sehr aggressionsarmen Kultur geführt haben.

Zugegebenermaßen ist das natürlich nur ein Szenario, keine bewiesene Theorie. Trotzdem ist es durchaus plausibel und gerade wegen seiner Analogie zur Haustierwerdung interessant – auch da dürfte es ja so gewesen sein, dass zunächst Wölfe dann in der Nähe von Menschengesellschaften geduldet wurden, wenn sie sich möglichst friedlich verhielten, und dass Wölfe, die weniger Angst vor Menschen hatten, mehr Möglichkeiten hatten, sich von Nahrungsresten der Menschen zu ernähren.

So weit, so interessant. Ob es jetzt aber sinnvoll ist, daraus Lektionen für unsere Gesellschaft abzuleiten (sei es jetzt über die Überlegenheit eines Matriarchats oder den positiven Einfluss von “freier Liebe”), scheint mir sehr fraglich. Zunächst sind diese Bilder der Bonobo-Gesellschaft ja meist etwas arg idealisiert. Wichtiger ist aber, dass das Szenario evolutionär ist und auf echten physiologischen Veränderungen beruht. Bonobos sind nicht einfach Schimpansen, die eines Tages beschlossen haben, firedlich zusammenzuleben. Wenn wir uns (oder unsere Kinder) nicht alle gen-manipulieren lassen wollen, haben wir wohl schlechte Karten, das einfach nachzuvollziehen (mal ganz davon abgesehen, dass ein verringertes Volumen des Gehirns auch nicht soo erstrebenswert erscheint). Die Tatsache, dass wir trotz der Vielzahl menschlicher Gesellschaften keine kennen, die der der Bonobos wirklich ähnelt, spricht auch nicht gerade dafür, dass die Bonobo-Gesellschaft wirklich für uns geeignet ist.

Und schließlich sind wir Menschen evolutionär Experten für Kultur geworden – wir müssen nicht mehr auf Gen-Veränderungen warten, wenn wir unsere Gesellschaft ändern wollen, sondern können das direkt entscheiden. Die Frauenbewegung oder die Abschaffung der Sklaverei verdanken wir nicht der biologischen, sondern der kulturellen Evolution. Und wenn jeder von uns sich bemüht, dann können wir vielleicht direkt eine Gesellschaft schaffen, die die der Bonobos an Friedfertigkeit noch in den Schatten stellt, ohne dass wir auf die Evolution warten müssen.


Brian Hare, Victoria Wobber, Richard Wrangham
The self-domestication hypothesis: evolution of bonobo psychology
is due to selection against aggression
Animal behavior 83 (2012) 573-585

 

Kommentare (24)

  1. #1 rolak
    28. August 2012

    Mist, die ausgefuchste Fangfrage hatte ich ratenderweise mit ‘irgendwelche Dinos’ beantwortet, klar offensichtlich dem Gesetz der großen Zahl entgegenstrebend…

    Interessanter Text mit so schön positivem Schluß.

  2. #2 Dark_Tigger
    28. August 2012

    Wäre es eigentlich möglich, das Bonobos das Ergebniss eines Versuchs der Affenzüchtung eines früheren afrikanischen Volkes war, das wieder auswilderte?

    Oder kann man das (über Fosilienfunde, oder solche schicken Tricks bei der Genanalyse) sicher ausschließen?

  3. #3 Catio
    28. August 2012

    Es gibt eine Gesellschaft, die zumindest ansatzweise den Bonobos ähnelt, nämlich die matriarchalisch organisierten Mosuo in Südchina. Ähnlich wie bei den Bonobos haben die Frauen das Sagen und sind auch dem freieren Sexualleben nicht abgeneigt. SPON berichtete 2009 darüber:

    https://www.spiegel.de/panorama/gesellschaft/matriarchat-maenner-leben-besser-wo-frauen-das-sagen-haben-a-627103.html

  4. #4 Aiko
    29. August 2012

    Danke für die Beiträge. Klingt alles ein wenig romantisierend.
    Ich mag Robert Sapolsky und sein Leben als Pavian – also der ist recht nüchtern über unsere Spezies und auch die anderen.
    Hier ist ein spannender Vortrag – er spricht allerdings ziemlich schnell und da muss man schon sehr aufmerksam zuhören, um ihm folgen zu können.

  5. #5 MartinB
    29. August 2012

    @Dark_tigger
    Seehr unwahrscheinlich, die Evolutionslinien trennten sich vor 1 Million Jahren, weit vor der ersten Zähmung von Haustieren.

    @Catio
    Das klingt aber auch ein bisschen arg idealisiert…

  6. #6 YeRainbow
    29. August 2012

    mal grundsätzlich zu “Aggression/weniger aggressiv”.
    Die Fähigkeit zu aggressivem Verhalten ist überlebenswichtig.
    Hassenstein hat verschiedene Arten von Aggressionen postuliert. Ohne diese unterscheidung ist allgemeines Diskutieren über Aggressionsverhalten eigentlich wenig sinnvoll.
    leider ist der Wikipedia-Artikel zu Aggression so schlecht, daß es zwecklos wäre, den zu verlinken.
    Zu den allgemein vorhandenen Arten der Aggression gibts beim Menschen noch 3 zusätzlche Aggressionsarten (die kein Tier mitbringt), nämlich instrumentelle (jemanden quälen, um einen Dritten zu irgendwas zu zwingen), Aggression auf Befehl uä

    Um es kurz zu machen – keine Spezies kann überleben, wenn sie keine Fähigkeit zu aggressivem Verhalten besitzt.
    Andererseits ist ein hochgradig aggressives Verhalten von sozialen Arten innerhalb des eigenen sozialverbandes immer problematisch und langfristig ungünstig für die Art.
    Wichtig dabei sind aber die aggressionshemmenden Mechanismen.
    Auf die kommt es an.
    Und natürlich auf die Höhe der Frustrationsschwelle.

  7. #7 Mortimer
    29. August 2012

    Auf 3sat kam vor einigen Monaten eine 9-teilige Reihe über Tiere “Tierwelten”. In der Folge “Kultur” wurde von einer Paviangruppe in einem Nationalpark in Afrika berichtet, deren stärksten Männchen bei einer Vergiftung getötet wurden. Nachdem die starken Männchen verschwunden waren, herrschte ein Matriarchat. Von da ab gab es keine schweren Konkurrenzkämpfe mehr und die Gruppe lebte insgesamt effektiver und harmonischer.

    Funktionieren kann das meiner Meinung nach aber nur, wenn keine stärkere Gruppe in der Umgebung lebt.

  8. #8 nihil jie
    29. August 2012

    jetzt aber wirft sich mir eine andere Frage auf…. wer hat den uns, Menschen gezähmt ? oder anders gefragt… sind wir denn überhaupt zahmer als Früher oder eher umgekehrt… aggressiver als früher ?

  9. #9 Mortimer
    29. August 2012

    wer hat den uns, Menschen gezähmt ?

    Bisher niemand.

  10. #10 nihil jie
    29. August 2012

    @Mortimer

    naja… zumindest müssten die Mechanismen ähnlich wie bei den Primaten sein, denke ich mir gerade so.

  11. #11 threepoints...
    29. August 2012

    “Make love, not war”

    -> Es ist ja sozusagen relativ anerkannt, dass es seit den siebziger Jahren mit der “freien Liebe” anders zugeht, als in hunderten (oder tausenden) Jahren zuvor.

    (zumindest in Europa und in den daraus hervorgehenden Zivilisationen)

    Kann man nun aber daraus schliessen, dass man früher weniger Sex hatte, als heute? Wäre ein so einfacher Schluß gerechtfertigt?

    Den “Selektionsvorteil” von verminderter Aggressivität muß man erstmal plausibel erklären können. Aber ich glaube, dass dies nicht funktioniert. Hier wird nämlich ein Sinn interpretiert, der per Ideologie der Evolutionsthesen nicht vorhanden sein soll – also die Entwicklung zu erwünschten Eigenschaften und Bedingungen.

    Auch ist es bedenklich, wenn man Sex und Krieg (also sexuelle Handlungen und Gewallt…) derart als ideologische Parallelverhaltensweisen interpretiert. Ein schluß daraus wäre, dass, wenn es keine Aggression mehr geben würde, dass auch keine Fortpflanzung (oder keine erfolgreiche im Sinne von Populationserhaltung) mehr möglich wäre.
    Allerdings … bedeutet hohe Aggressivität nicht gleich viel Fortpflanzung oder “Sex” (Raubkatzen) und niedrige Aggressivität nicht gleich wenig Fortpflanzung (…?->Pflanzenfresser). Um einen Sonderfall dürfte es sich allerdings beim Pandabären handeln.

    Ausserdem, können wir bei Tieren Aggressivität eindeutig erkennen oder ausschliessen, wenn wir sie beobachten? Muß man ihr Verhalten vielleicht relativieren, am Gesamtspektrum der möglichen Verhaltensbandbreite anpassen und andere Intentionen/Maßstäbe an die Beschreibungen stellen? Wir wissen nicht wirklich, ab wann etwa ein Sperling ein Verhalten als Aggressiv “bezeichnen” würde oder etwa, was das Tier überhaupt als ein pandant für Aggression in seinem Bewusstsein bereithält. Das mag bei Primaten noch scheinbar leicht nachvollziehbar sein – aber bei Fischen im Schwarm wird das schon nicht mehr so eindeutig zu beschreiben sein.

  12. #12 Catio
    29. August 2012

    @MartinB

    Ja, schon möglich, dass der Befragte das idealisiert hat, aber auch Wikipedia kennt die Mosuo schon, und hier klingt das keineswegs so idealisiert. Immerhin scheint das Verhältnis zwischen Sexualität, Aggression und Matriarchat, auch wenn letzteres eher nicht so deutlich definiert ist, hier wie bei den Bonobos eine ähnliche Rolle zu spielen scheint.

    Übrigens, irgendwie bekomme ich derzeit nur teilweise Benachrichtigungsmails über Kommentare. Die beiden von Mortimer habe ich bekommen, alle anderen nicht…

  13. #13 Dark_Tigger
    29. August 2012

    @Mosuo
    Ich hab erst vor kurzem eine ähnliche Dokumentation über eine recht kleine Ethnie in Portugal gehört. Man muss für sowas also nicht bis nach China gehen.
    Aber: Beide Volksgruppen zeichnen sich dadurch aus das sie recht klein sind. Und die Männer größtenteils traditionell als Wanderarbeiter beschäfftigt sind.

    Da sind matriachalische Strukturen und “freihe Liebe” praktisch Überlebensnotwendig.

  14. #14 threepoints...
    29. August 2012

    “wer hat denn uns Menschen gezähmt ? ”

    Der Mensch selbst. Er domestizierte sich selbst. Die Entstehung von Zivilisation und Kutlur ist dafür der Beweis.

    Natürlich aber hat es für die Idee der “Zähmung” ein aus der Natur ablesbares Vorbild gegeben haben müssen – mehr oder weniger die gesamtleistung des “Zähmens” erklärend. Es kan auch sein, dass sich die Methoden in vielen kleinen Detailschritten haben etablieren können.

    Es ist durchaus anzunehmen, dass mit diesen Aktivitäten nicht die aggressivsten Mitgleider einer Gruppe begannen, sondern eher die am wenigsten aggressivsten. Die Systematik dabei ist uns heute als “Sublimieren” bekannt. Aus Gründen der “Ohnmacht” gegen übermächtige “Alpha-Tiere” besteht bei den Unterdrückten ein gewisser “Anpassungdruck”, der sich durchaus auch in der strategischen Bekämpfung von Macht auswirken kann, so dazu genügend kognitives Potenzial vorhanden ist. Als entsprechender Anfang solcherart Strategie kann man die Lüge als Methode annehmen. Die verleugnung von Wahrheit, wo sie nur verlegnet werden kann und es sinn macht, sie ein deutliches Zeichen für strategische Konfliktvermeidung. Und sie ist es noch heute…. und sogar eine noch effektivere, allein durch die Medien, die uns mit Informationen überfluten, sodass die Relevanz nicht mehr deutlich wird.

  15. #15 Daniel
    29. August 2012

    [quote]jetzt aber wirft sich mir eine andere Frage auf…. wer hat den uns, Menschen gezähmt ? oder anders gefragt… sind wir denn überhaupt zahmer als Früher oder eher umgekehrt… aggressiver als früher ?[/quote]

    Na, die Frauen natürlich. Paaren sie sich nur mit dem “Chef” oder geben sie sich auch mit weniger zufrieden? Welche Gegenleistung erhalten sie dafür, sich mit der zweiten Wahl abzugeben?

  16. #16 Aiko
    29. August 2012

    Die Studie – Brian Hare, Victoria Wobber, Richard Wrangham The self-domestication hypothesis: evolution of bonobo psychology is due to selection against aggression – besagt:
    We present bonobos as a test case of the hypothesis that natural selection for reduced aggression (or increased tolerance) can cause a suite of behavioural, physiological, morphological and psychological changes analogous to those seen in domesticates.

    Ja – also ist doch “natürliche” Selektion und “künstliche” Selektion (Fuchs-Farm-Fall) am Ergebnis – also am Tier – letztlich kaum zu unterscheiden. Zähmung ist also nichts anders als Selektion bestimmter Eigenschaften. Ob das durch Selbst oder Andere geschieht ist letztlich im Ergebnis wohl gleich, oder? Gibt es da auch Studien, die da Unterschiede zeigen?

  17. #17 threepoints...
    29. August 2012

    @ Daniel· 29.08.12 · 13:26 Uhr

    “Na, die Frauen natürlich.”

    -> haha, … korrekt. Sie sind wohl ein entscheidender Faktor dabei gewesen. Und über die entwicklung der “Kulturtechnik” des Aushandels von Leistung und Gegenleistung sind die Geschlechter dann zur reinen Ware geworden – und daraus eben einerseits die monogame Partnerschaftsinstitution (heute Ehe) und andererseits die Prostitution entstanden.

    Will auch anmerken, dass die “Liebe”, als Rechtfertigung zum Eingehen einer monogamen Beziehung eine erst sehr junge “Erfindung” ist. Also “echte” Gefühle eine eher unbekannte Gegenleistung dargestellt haben. Aber so genau lässt sich dass aus Sicht der modernen Zivilisation nicht deuten. Irgendein “Gefühl” wird es auch ohne das Konstrukt “Liebe” gegeben haben müssen.

  18. #18 HF
    29. August 2012

    Das Fuchsexperiment ist u.a. deshalb so wichtig, weil es zeigt, dass Verhaltensmerkmale in wenigen Generationen verändert werden können. Man denkt gern, dass die Zeitskalen der kulturellen Evolution und der biologischen Evolution des Menschen sehr unterschiedlich sind, und dass sie schon deshalb streng getrennt betrachtet werden müssen. Das stimmt vielleicht gar nicht!
    Ein anderer Gedanke: Kooperation und die Fähigkeit zum Lügen und Täuschen findet man auch bei anderen Primaten. Ob die besseren Lügner mehr Nachwuchs haben?

  19. #19 Aiko
    29. August 2012

    Das Fuchsexperiment ist ja eine “kulturelle” Evolution, in der der Mensch als Züchter – also als Kultivator – aktiv ist. Von daher sagt das gar nichts aus. Die Evolution des Menschen ist immer schon eine kulturelle Evolution und die war nun mal ziemlich lange – bis die Voraussetzungen für das Heute geschaffen waren. In der Biologie ist es auch so – der ganze Vorlauf und auch die Brüche sind ja Voraussetzungen für den Menschen.

  20. #20 threepoints...
    29. August 2012

    @ HF

    “Ob die besseren Lügner mehr Nachwuchs haben?”

    -> Nein. Obwohl … der Pfau sich ja derart bunt bestückt und ordentlich aufplustert, das man es für eine tolle Schau halten muß, was er da abzieht, wenn sie sich paaren will. Ein bischen Lüge ist da auch mit drinnen.

    Bei der Lüge kommt es eigendlich auch nur auf die Gegenwart an und nicht die evolutionäre Zukunft. In der Regel ist die Laufzeit einer Lüge in allen Fällen kurz und so auch nur für einen gegenwärtigen Zustand brauchbar.

    Das Problem scheint hierbei zu liegen, dass gedacht wird, dass die Tiere (und die Menschen) ausschliesslich Korpulieren, um Nachkommen zu zeugen. So einleuchtend ist das nicht. Zumindest nicht in einer Art zivilisation (was auch Gruppe oder Schwarm sein kann). Bei den Bonobos scheint es hier auch zu anderen Beweggründen gekommen zu sein – sexuell tätig zu werden.

    Das mit den kurzen Beinen der Lüge meint auch, dass der Vorteil wenn überhaupt erreichbar nur begrenzt wirksam sei. Wenn einer lügt, dann ist es manchmal ziemlich sicher, dass bald alle lügen – und schon ist ein möglicher Vorteil dahin geschmolzen.

    Ich meine also, es hat keinerlei Auswirkungen auf evolutionärer Ebene, sondern nur in der Gegenwart eine Schutzfunktion für die eigene Integrietät und stabilität.

    Es sei denn, dass die Lüge sich tatsächlich derart Umfassend über eine ganze Existenz gelegt hat, dass somit aber die eigendliche Existenz inzwischen durch Konditionierung seine Verhaltensmuster hat ausgetauscht. Und eigendlich hat Kultur und Zivilisation nichts anderes mit den Menschen gemacht. So gesehen sei das Lügen dann (das völlig unbewusst geschieht) ein Fortpflanzungsvorteil. Wie groß der ist, kann wohl aber nur erahnen, wenn man sich anschaut, wer in dieser Gesellschaft “angepasst” und integriert ist (der belügt sich selbst und somit auch andere) oder wer etwa als Penner unter der Brücke landet.

  21. #21 rolak aka rolak
    29. August 2012

    (damn f**g subscription-software)

  22. #22 bonobo
    29. August 2012

    Zuviel Hypothese, meine Herren Beobachter …

  23. #23 BreitSide
    29. August 2012

    xxx

  24. #24 Jarok
    29. August 2012

    Genauso hab’ ich es mir gedacht. Der Blogger macht ein Experiment – es geht um die Fragestellung – wer von den versklavten Lesern am längsten auf die Evolution wartet. Also ich geh’ jetzt schlafen und morgen will ich hier ein paar Ergebnisse sehen!
    Bananen, Mangos und was es sonst noch so am Kongo gibt. Schenken sich die Bonobos nicht erst was, bevor es zur Sache geht?