Ein weiteres Fossil aus Burnmouth ist ein Unterkiefer (oben und Mitte im Bild):
(Bild aus Smithson et al., s.u.)
Dieser ähnelt in seiner Form und Struktur dem des bekannten Crassigyrinus (unten bei E dargestellt), den man allerdings bisher nur aus der Zeit vor 325 Millionen Jahren kannte.
By Nobu Tamura (https://spinops.blogspot.com) – Own work, CC BY 2.5, Link
Tatsächlich ist der Unterkiefer dem von Crassigyrinus so ähnlich, dass er ebenfalls in diese Gattung einsortiert werden kann. Das zeigt, dass sich diese Gattung anscheinend innerhalb der Romer-Lücke entwickeln konnte.
Ein ziemlich kleiner Tetrapode stammt aus der Fundstelle Willie’s Hole: Der Schädel ist nur etwa 75mm lang, während die meisten der ersten Tetrapoden deutlich größer waren.
(Bild aus Smithson et al., s.u.)
Das neue Fossil ähnelt Arten, die man aus dem späteren Karbon kennt. Auch dies also ein Indiz dafür, dass sich innerhalb der Romer-Lücke die Tetrapoden weiterentwickelten. Weitere Funde von hier lassen sich nicht klar einordnen, einer davon könnte zur Gruppe der Temnospondylen gehören, die man bisher erst von 15 Millionen Jahre jüngeren Fundstellen kennt.
Auch die beiden anderen Fundstellen aus Südschottland stammen aus der Zeit der Romer-Lücke (eine davon wurde kürzlich neu datiert, vorher hielt man sie für jünger). Die Fossilien von hier sind nicht so gut erhalten, aber auch hier sind klar Tetrapoden dabei.
Ein Fossil, das man schon etwas länger kennt, ist Pederpes aus dem Westen Schottlands:
Von DiBgd aus der englischsprachigen Wikipedia, CC BY-SA 3.0, Link
Auch Pederpes stammt aus der Romer-Lücke und ist mit ziemlicher Sicherheit ein echter Landbewohner gewesen.
Insgesamt zeigt sich also, dass Romer’s Lücke nicht so leer war, wie man dachte. Einige der neuen Formen sind vergleichsweise klein – vielleicht ist ein Grund dafür, dass man bisher wenige Tetrapoden-Fossilien aus dieser Zeit kannte, darin zu suchen, dass viele der sich entwickelnden Arten zunächst sehr klein waren und deswegen als Fossilien schwerer zu finden sind. Da am Ende des Devon viele Tierarten ausstarben (es gab ein kleines Massensterben, falls das kein Widerspruch in sich ist), hatte man schon früher spekuliert, dass die Wirbeltiere des frühen Karbon vielleicht alle sehr klein waren. Der neu entdeckte Crassigyrinus-Schädel und einige der anderen Funde zeigen allerdings, dass zumindest einige Gattung ziemlich schnell wieder eine respektable Größe im Meterbereich erreichten.
Insgesamt zeigen die neuen Fossilien, dass sich in der Romer-Lücke viele neue Arten entwickelt hatten, was gegen die These des niedrigen Sauerstoffgehalts und einer damit verbundenen Artenarmut spricht. Sie lassen es vielversprechend erscheinen, nach weiteren Fossilien aus dieser Zeit zu suchen, um die Lücke noch weiter auszufüllen.
Das neue Insekten-Fossil, Strudiella devonica, stammt aus einer etwas früheren Zeit, nämlich dem Ende des Devon, also kurz vor der Romer-Lücke. So sieht das neue Krabbeltier aus:
(Quelle: Garoust et al., s.u.)
Die weißen Pfeile kennzeichnen die Beine, man erkennt auf der rechten Seite deutlich, dass es drei sind. Vorn erkennt man die langen Antennen (ant) und die Überreste der Mundwerkzeuge (md=mandible). Der Körper selbst hat drei Teile, einen Kopf (h), einen Brustbereich, an dem die Beine sitzen und dann einen Endbereich. Dieser hintere Bereich des Körpers ist selbst auch noch in 10 Teile segmentiert, was man auch von heutigen Insekten kennt.
Auch die Form der Mundwerkzeuge ähnelt der heutiger Insekten. Wobei ich ehrlich zugeben muss, dass ich an den leicht verfärbten Klecksen eher wenig erkennen kann:
(Quelle: Garoust et al., s.u.)
Flügel hatte Strudiella nicht, die langen und eher dünnen Beine sprechen dafür, dass es sich um einen Landbewohner handelt. Die Form der Mundwerkzeuge spricht dafür, dass es kein reiner Fleischfresser war, sondern eher ein Allesfresser.
Insgesamt ist Strudiella ein Beleg dafür, dass die Insekten sich schon vor der Romer-Lücke in verschiedene Gruppen aufspalteten. Sowohl Romers Lücke als auch die Insekten Lücke sind also vermutlich eher darauf zurückzuführen, dass wir noch nicht die richtigen Fossilien gefunden haben, und nicht auf eine echte Lücke in der Artenvielfalt. Insofern dürften die neuen Funde auch Anlass geben, entsprechende geologische Formationen intensiver zu erforschen. Man darf gespannt sein, welche Funde die Zukunft noch bringt.
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