Biologisch gesehen sind Menschen ja Allesfresser, und überhaupt sehen wir uns ja gern als Generalisten, die mit unterschiedlichsten Nahrungsquellen und Lebensbedingungen klar kommen. Neue Untersuchungen deuten aber jetzt darauf hin, dass die Gattung Mensch entstand, als die Vormenschen sich spezialisierten.

Vor etwas mehr als zwei Millionen Jahren lebte der Vormensch Australopithecus africanus (im Folgenden A. africanus abgekürzt wie bei den Biologen übrig) in Afrika.  So etwa sah er (oder in diesem Fall sie) aus:

Australopithecus africanus adult female - head model - Smithsonian Museum of Natural History - 2012-05-17.jpg
Reconstruction by John Gurche; photographed by Tim Evanson – https://www.flickr.com/photos/23165290@N00/7283199892/, CC BY-SA 2.0, Link

Hier ein kleiner Überblick über die verschiedenen Urmenschen (Nachtrag: neue Version, da das alte Bild keine vernünsftige Quellenangabe hatte…):

 

Stammbaum der Entwicklung des Menschen.png
Von BwdEigenes Werk (Originaltext: selbst erstellt), Gemeinfrei, Link

Viele ForscherInnen gehen davon aus, dass A. africanus sich in die Gattungen Paranthropus und Homo (also den “echten” Menschen) weiterentwickelt hat oder dass A. africanus dem Vorfahren des Menschen zumindest extrem ähnelt. Interessant ist dabei natürlich die Frage, warum eine Art sich in zwei aufspaltet. Eine aktuelle Veröffentlichung in nature deutet darauf hin, dass Nahrungsspezialisierung der Grund sein könnte.

Dazu muss man natürlich erst mal eine Idee bekommen, was A. africanus und seine Nachfahren so gefuttert haben. Speisekarten der damaligen Restaurationsbetriebe sind leider fossil nicht erhalten geblieben, so dass man auf andere Methoden ausweichen muss. Auch Mageninhalte oder Ähnliches hat man bisher nicht gefunden. Aber wieder einmal kommt einem die Physik zur Hilfe.

Ich hatte ja im Sommer schon erzählt, wie man den Speiseplan eines Verwandten von A. africanus, nämlich A. sediba untersucht hat. Da bediente man sich des Unterschiedes zwischen C3- und C4-Pflanzen und verwendete verschiedene Kohlenstoff-Atomsorten (Isotope), um zu sehen, welche Pflanzensorte die Urmenschen bevorzugt aßen. Bei der neuen Untersuchung hat man eine andere, aber ähnliche Technik verwendet.

Unsere Knochen und Zähne bestehen ja zu einem guten Teil aus Kalzium-Verbindungen (Zahnschmelz ist nahezu reines Kalziumphosphat). Kalzium gehört – wenn ihr euch das Periodensystem anguckt – zur zweiten Hauptgruppe der Elemente, zu den Erdalkalimetallen. Falls euer Chemieunterricht halbwegs anständig war, dann habt ihr gelernt, dass Elemente einer Hauptgruppe sich chemisch oft sehr ähnlich sind. Zu den Erdalkalimetallen gehören auch Strontium und Barium, und so kommt es vor, dass an Stelle von Kalzium in unsere Knochen und Zähne auch geringe Mengen von Strontium und Barium aufgenommen werden.

Wenn wir mit der Nahrung Kalzium (und damit eben auch Strontium und Barium) zu uns nehmen, dann bauen wir diese Elemente in unsere Knochen und Zähne ein. Allerdings nicht genau im gleichen Verhältnis – der Körper baut Kalzium lieber ein als die anderen beiden Elemente. Wenn ihr also (die Zahlen hier sollen nur das Prinzip veranschaulichen und stimmen nicht quantitativ)  beispielsweise Kalzium und Barium im Verhältnis 100:1 esst, dann werden sie nicht im selben Verhältnis von 100:1 vom Körper aufgenommen (weil Barium vom Darm nicht so leicht aufgenommen wird wie Kalzium), sondern vielleicht im Verhältnis 110:1. (Wie gesagt, die Zahlen habe ich per Aeroheuristik (vornehm für “aus der Luft gegriffen”) erstellt.)

Wie uns das hilft, den Speiseplan von Urmenschen herauszubekommen? Nun, stellt euch vor, der Urmensch (mit Ca:Ba-Verhältnis von 110:1) wird von einem Urzeitlöwen gefressen. Der nimmt jetzt mit seiner Nahrung schon im Verhältnis weniger Barium auf, und baut davon noch weniger in seine Knochen ein (im Verhältnis 121:1, wenn ich richtig rechne). Je weiter oben ihr in der Nahrungskette steht, desto weniger Barium steckt in euren Zähnen und Knochen.

Man muss also “nur” das Ba:Ca-Verhältnis in den Zähnen von Urmenschen analysieren, und schon kann man abschätzen, wo sie in der Nahrungskette standen, ob sie also bevorzugt Fleisch oder Pflanzen gefressen haben. Dazu brät man mit einem Laser ein bisschen von einem fossilen Zahn weg und analysiert das Ergebnis (das macht man mit der Methode der Massenspektrometrie – damit kann man die elementare Zusammensetzung von kleinen Mengen Material sehr genau bestimmen). Für das Sr:Ca-Verhältnis funktioniert das Verfahren (und die Logik) im Prinzip genau so.

Um das ganze zu eichen, braucht man noch einen Vergleichsmaßstab – deswegen wurden auch die Zähne von einigen Pflanzenfressern analysiert. Hier das Ergebnis für das Verhältnis Ba:Ca:

Aus Balter et al., siehe unten

Oben seht ihr (grau hinterlegt) Daten aus früheren Untersuchungen, unten die neuen Ergebnisse. Auffällig ist vor allem, dass die Daten für A. africanus sehr stark streuen. (Das Sr:Ca-Verhältnis liefert ein ähnliches Bild; ich diskutiere im Folgenden die Ergebnisse aus beiden.)

Eine ausführliche statistische Analyse der Daten (die leider im supplementary material zwar als Tabelle aufgeführt, aber nicht erklärt ist) zeigt, dass Paranthropus sich von “browsern” (also Pflanzenfressern, die Blätter, Samen etc., aber kein Gras fressen) nicht unterscheiden lässt, Homo hingegen sehr ähnlich zu Fleischfressern (deren Datenpunkte sind leider nicht im Bild) ist. A. africanus dagegen mit seinen stark streuenden Werten überdeckt einen breiteren Bereich, was dafür spricht, dass seine Ernährung vielfältiger war. (Dass man Grasfresser und andere Pflanzenfresser unterscheiden kann, liegt daran, dass auch unterschiedliche Pflanzen Barium und Strontium unterschiedlich stark einbauen.)

Um das noch genauer zu verstehen, wurde auch noch untersucht, wie sich die chemischen Verhältnisse innerhalb einzelner Zähne änderten. Dabei zeigte sich, dass auch innerhalb eines Zahns starke Variationen auftraten (deswegen sind die Balken bei A. africanus oben im Bild auch so breit). Das spricht dafür, dass A. africanus verschiedene Nahrungsquellen nutzte – die Autoren spekulieren, dass man die Verhältnisse gut mit zwei unterschiedlichen Nahrungsquellen erklären könnte – zum einen pflanzliche Nahrung (aber kein Gras), zum anderen Fleisch, die vielleicht jahreszeitlich mit unterschiedlicher Häufigkeit genutzt wurden.

Es sieht also so aus, als wäre A. africanus ein starker Nahrungs-Generalist gewesen, während sich Paranthropus dann vor allem auf pflanzliche Nahrung konzentrierte (davon ging man ohnehin schon aus, weil er typische Pflanzenfresser-Zähne hatte), während Homo (also unsere Vorfahren) eine stärkere Fleischdiät bevorzugte (“Fleisch ist mein Gemüse…”).

Man könnte jetzt auf die Idee kommen, dass A. africanus vielleicht einfach einen größeren Lebensraum hatte und deswegen vielfältigere Nahrung zu sich nahm. Auch das kann man testen. Dazu verwendet man jetzt das Strontium im Zahn. Strontium-Atome gibt es mit unterschiedlichen Massen (Sr-86 und Sr-87). Das Verhältnis dieser beiden Atomsorten im Grundwasser hängt davon ab, welche Mineralien in einer Gegend vorherrschen (ein bisschen was dazu liefert die englische Wikipedia). Lebewesen, die unterschiedliche Lebensräume durchstreifen, haben deswegen ein anderes Verhältnis der Strontium-Isotope als solche, die immer an einem Ort bleiben. Hier zeigt sich aber bei A. africanus und seinen Nachfahren kein Unterschied, so dass sie vermutlich ähnliche Lebensräume besiedelten.

Leider nehmen die Autoren keinen Bezug auf das neulich von mir schon diskutierte Paper zu A. sediba. Dort kam ja heraus, dass A. sediba vor allem Früchte, Beeren und Nüsse und wenig Samen gegessen hat und vielleicht bevorzugt an und auf Bäumen lebte. Wenn ich das hier mit ins Bild einbeziehe, dann spricht das vielleicht für eine weitere Spezialisierung: Aus einem Generalisten wie Australopithcus africanus entwickelten sich gleich drei unterschiedliche Spezialisten, zwei Pflanzenfresser und einer, der sich mehr für Fleisch interessierte und der letztlich als einzige der drei Arten überlebte und sich weiterentwickelte.

                                                                                                  

Vincent Balter, Jose Braga, Philippe Telouk & J. Francis Thackeray
Evidence for dietary change but not landscape use in South African early hominins

Nature, 489 (2012) S. 558

Kommentare (23)

  1. #1 Catio
    https://nesselsetzer.wordpress.com/
    6. Oktober 2012

    Tja, schlechtes Zeichen für Vegetarier… 😉

    Mich würde jetzt noch interessieren, wann denn der Wandel zum echten Allesfresser eingesetzt hat und wann dieser beendet war. Gibt es darüber Daten? Immerhin hatte ein solcher Wandel ja auch auf andere biologische Komponenten einen Einfluss, bspw. auf den Darm, der ja beim Fleisch- und Allesfresser kürzer ist als beim reinen Pflanzenfresser.

  2. #2 MartinB
    6. Oktober 2012

    @Catio
    Ja, das wüsste ich auch gern. Irgendwer sollte wohl mal die ganzen Paper der letzten Jahre zum Thema sichten und reviewen. Eine kurze google-scholar-Suche hat da jedenfalls nichts ergeben.

  3. #3 s.s.t.
    7. Oktober 2012

    Nun, der Mensch kann auch mit rein pflanzlicher Nahrung recht alt werden.

    Alles-Fressen-Können bietet schon ein paar Vorteile, Affen haben es erkannt. Aas-Fressen-Können wäre zusätzlich noch besser, aber da hat mal wieder Gott versagt und diese Fähigkeit nur Hundeartigen u.a. verliehen.

    Na ja, der Mensch als solcher hätte wohl auch als Vegetarier, mit gelentlichem Fleischkonsum, entstehen können. In früheren Zeiten war übrigens der Fleischkonsum sehr gelegentlich, von gewissen höhergestellten Kreisen abgesehen.

  4. #4 canis
    8. Oktober 2012

    @s.s.t..
    Nein kann er nicht, da ihm dann irgendwann Vitamin B12 fehlt. Da sich dieses aber recht gut im Körper speichern lässt, kommt dieser Mangel erst weit nach der Umstellung auf rein Pflanzliche Nahrung.

  5. #5 MartinB
    8. Oktober 2012

    @sst
    Man muss auch bedenken, dass seit dem oben Beschriebenen Moment der Aufspaltung 2 Millionen Jahre vergangen sind – es ist also durchaus möglich, dass die ersten Menschen stärkere Fleischfresser waren als wir es heute sind.

  6. #6 Alderamin
    8. Oktober 2012

    @s.s.t.

    Ich hab’ schon des öfteren die These gelesen, dass erst die Ernährung von gebratenem Fleisch dazu geführt habe, dass der Mensch ein größeres Gehirn entwickeln konnte, das sehr viel Energie verbraucht (gebratenes Fleisch ist leichter verdaulich und entlastet den Magen und Darm). Da außerdem Pflanzenfresser einen größeren Teil der Zeit mit der Nahrungsaufnahme verbringen müssen, hatte der frühe Mensch als Fleischesser mehr Zeit, sich mit anderen Dingen zu beschäftigen, die das Gehirnwachstum förderten (z.B. Werkzeugherstellung, Kommunikation) und überhaupt ist die Jagd anspruchsvoller als das Sammeln von Pflanzen und Früchten. Das könnten die Gründe dafür gewesen sein, warum sich die carnivoren Vormenschen zum Menschen weiterentwickelt haben, wären die herbivoren ausstarben.

    Natürlich kann man heute auch als Vegetarier gut leben, aber damals gab es keinen Ackerbau und man musste mit dem auskommen, was gerade wuchs, wenn denn etwas wuchs (Trockenzeiten). Omnivoren, die auch von Fleisch leben können, sind da flexibler und somit im Vorteil, z.B. bei Klimaänderungen.

  7. #7 s.s.t.
    8. Oktober 2012

    @canis

    Vitamin B12 ist auch in Algen und Sauerkraut enthalten. Ebenso wie in Milch und Eiern, die beide nicht unbedingt einer vegetarischen Ernährung widersprechen.

    @Alderamin

    Selbstredend ist es unstreitig, dass ein fleisch-basierte Ernährung wesentlich effektiver ist, als eine rein pflanzliche. Die damit in früheren Zeiten verbundenen Risiken dürften von den Vorteilen mehr als aufgewogen worden sein. Trotzdem sollte eine Pflanzendiät, angreichert z.B. mit Eiern, für die Entwicklung ausreichen.

  8. #8 MartinB
    8. Oktober 2012

    @sst
    Bei einer Stichprobenlänge von 1 kann man natürlich trefflich spekulieren, aber ich denke schon, dass das Argument “Fleischverzehr erhöht bedarf an Hirnleistung” durchaus etwas für sich hat. Das ist ja in keinerlei Hinsicht ein Urteil darüber, was heutzutage eine gute Ernährung darstellt.

  9. #9 s.s.t.
    8. Oktober 2012

    @MartinB

    Das ist ja in keinerlei Hinsicht ein Urteil darüber, was heutzutage eine gute Ernährung darstellt.

    Als begeisterter Fleischesser liegt es mir fern für eine vegetarische Diät werben zu wollen.

    aber ich denke schon, dass das Argument “Fleischverzehr erhöht bedarf an Hirnleistung” durchaus etwas für sich hat.

    So ganz neu ist das ja nicht. Relativ aktuell dazu folgendes Interview:
    https://www.dradio.de/dkultur/sendungen/thema/1369264/

    Die Frage ist lediglich, ob der erhöhte Proteinbedarf nicht auch aus anderen Quellen wie Milch oder Eier (Ovo-Lacto-Vegetarier) gedeckt werden kann.

  10. #10 TSK
    8. Oktober 2012

    @canis:
    > Nein kann er nicht, da ihm dann irgendwann Vitamin
    > B12 fehlt.

    Doch, könnte er und zwar genauso, wie es die Menschenaffen machen. B12 wird in ausreichender Menge im Darm gebildet, so dass rein pflanzenfressende Gorillas kein Problem haben, sich selbst zu “versorgen”. Aus offensichtlichen Gründen wird diese Art der Versorgung jedoch bei Menschen nicht in Betracht gezogen.

    @Aldemarin
    Stimmt, unsere Vorfahren hatten bei einer sehr hohen Sterblichkeit einfach keine Wahl, jeden Vorteil zu nutzen. Gerade bei der Verbreitung des Urmenschen von Afrika aus in nördliche Gefilde mit Wintern macht es dann unmöglich, rein pflanzliche Nahrung zu verwenden, da es im Winter einfach nicht genug zum Essen gibt.

  11. #11 Doug
    8. Oktober 2012

    Bei solchen Diskussionen sind Spekulationen in jeder Richtung Tür und Tor geöffnet, schlicht, weil die zur Verfügung stehende Stichprobenmenge minimal ist. Wieviele Knochenfragmente von jeder Art wurden denn gefunden? Daraus also allgemein gültige Aussagen ableiten zu wollen in einer Art “Mensch ist so, weil dies und jenes” ist eine grob fahrlässige Vorgehensweise der Autoren.
    Bevor man also ein Loblied auf den Jäger Mensch singt oder gar Fleisch als notwendig einstuft, wie dies bayrische Ornithologen machen, sollte man sich klar machen wovon man redet. Australopithecus war ein ca. 1,40m großer und 35-40kg schwerer hochentwickelter “Affe” der faktisch keine wesentlichen Werkzeuge benutzte, die über das hinausgehen, was auch ein heutiger Schimpanse nutzen würde, ohne aber über dessen Körperkraft zu verfügen (Sch. sind annähernd doppelt so schwer). Also was für Tiere “jagt” so einer? Eidechsen; Schnecken, Insekten vielleicht? By the way alles ernährungsphysiologisch sehr wertvoll und eindeutig nicht-vegetarisch.
    Die ältesten bekannten Jagdwaffen sind gerade mal 400.000 Jahre alt.

  12. #12 MartinB
    8. Oktober 2012

    @Doug
    “…grob fahrlässige Vorgehensweise der Autoren.”
    Das hat ja niemand so getan. Man hat festgestellt, dass die Gattung Homo in ihrer Ernährung stärker auf Fleisch zurückgegriffen hat als A. africanus (es wurden je Art eine Handvoll Zähne unterschiedliche Individuen untersucht). Die Ableitungen zum Thema “Jagen macht klug” gab es ja nicht in der Arbeit, sondern nur als (in meinen Augen legitime und deutlich so gekennzeichnete) Spekulation hier in den Kommentaren.

    “Also was für Tiere “jagt” so einer? ”
    Dieselben, die auch Schimpansen jagen (die ja sehr gute Jäger sind)? Also vor allem andere Affen und Kleinsäuger bzw. kleine Huftiere.

  13. #13 Alderamin
    8. Oktober 2012

    @s.s.t.

    Die Frage ist lediglich, ob der erhöhte Proteinbedarf nicht auch aus anderen Quellen wie Milch oder Eier (Ovo-Lacto-Vegetarier) gedeckt werden kann.

    Na ja, heute schon, da gibt’s Milchkühe und Legehennen, und der Westeuropäer ist anders als der Asiate oder Afrikaner, geschweige denn der Früh- und Vormensch, auch als Erwachsener noch in der Lage, Milch zu trinken. Die Laktoseintoleranz wurde erst vor ca. 10000 Jahren in Europa durch eine Mutation überwunden.

    Wenn man dann noch bedenkt, dass der Vormensch in Steppengebieten gelebt haben soll (das soll ja gerade der Grund für die Trennung von den Affen und die Entwicklung des aufrechten Ganges gewesen sein), da ist die verfügbare pflanzliche Nahrung deutlich eingeschränkter als für einen Waldbewohner wie den Schimpansen (und sogar der jagt gelegentlich). Paranthropus Bosei soll sogar auf Gras und Grassamen spezialisiert gewesen sein. Da merkt man schon, dass der Tisch nicht sehr reich gedeckt war. Man musste sich entweder spezialisieren oder Omnivor werden, um überleben zu können.

    @Doug

    Also was für Tiere “jagt” so einer? Eidechsen; Schnecken, Insekten vielleicht? By the way alles ernährungsphysiologisch sehr wertvoll und eindeutig nicht-vegetarisch.

    Es war auch mal in der Literatur die Rede davon, dass der Vormensch zuerst Aas zu sich nahm. Schimpansen fressen teilweise Fleisch, also konnten die Vormenschen das potenziell auch. Warum nicht auch Kleingetier? Wird auch von heutigen Völkern z.T. noch konsumiert. Schnecken und Garnelen finden sich auch auf deutschen Speisekarten (dürften in der Savanne aber eher selten gewesen sein…).

    Die ältesten bekannten Jagdwaffen sind gerade mal 400.000 Jahre alt.

    Die ältesten Faustkeile sind 1,75 Millionen Jahre alt und wurden schon von Homo Ergaster benutzt. Wozu dienten diese? Laut Wikipedia:
    * Zerlegen von erlegten Tieren
    * in der Erde nach Tieren oder Wasser graben
    * Baumrinde abschälen
    * nach Beutetieren werfen

    Es muss ja nicht immer das sprichwörtliche Mammut sein, das gejagt wurde. Ein Jungtier oder ein Erdhörnchen, dem man an seinem Bau auflauerte, kann es für den Anfang ja auch getan haben.

    Schimpansen jagen ganz ohne Waffen, einfach in der Gruppe, und sind im übrigen grottenschlechte Werfer.

  14. #14 miesepeter3
    8. Oktober 2012

    Der Mensch ist ein Allesfresser?
    Die Nahrungsmittelindustrie muß das schon sehr frühzeitig erkannt haben. Was die uns alles zumutet.

  15. #15 Alderamin
    23. Oktober 2012

    Das hier passt zu dem, was ich oben am 8. Oktober als erstes geschrieben hatte:

    https://www.spiegel.de/wissenschaft/mensch/evolution-rohkost-begrenzt-groesse-des-gehirns-von-primaten-a-862758.html

  16. #16 MartinB
    23. Oktober 2012

    @Alderamin
    Hmm – der Gorilla könnte auch einfach mehr Fleisch essen, da ist die Kaloriendichte ja höher als in Blättern. So ganz überzeugend finde ich das Argument für’s Kochen deshalb nicht (als Argument für mehr Fleischkonsum dagegen schon eher).

  17. #17 Alderamin
    23. Oktober 2012

    Ich hab’ mal in diesem Zusammenhang gelesen, das Verdauen von rohem Fleisch sei energieaufwändiger als das von gegartem. Das wäre dann der entscheidende Schub für die Hirnentwicklung gewesen.

    Auf die Schnelle hab’ ich folgende Artikel dazu gefunden:

    https://news.harvard.edu/gazette/story/2009/06/invention-of-cooking-drove-evolution-of-the-human-species-new-book-argues/
    https://news.sciencemag.org/sciencenow/2012/10/raw-food-not-enough-to-feed-big-.html

    der Gorilla könnte auch einfach mehr Fleisch essen

    Fressen Gorillas überhaupt Fleisch? Schimpansen schon, aber Gorillas?

    Ich finde es auch beachtlich, wie viel Zeit der Gorilla laut dem Spiegel-Artikel täglich aufbringen muss, um Nahrung zu sich zu nehmen. Wir können heute sehr gut vegetarisch leben, aber wenn man seine Nahrungsmittel nicht im Laden kaufen kann, ist die vegetarische Ernährung ein harter Full-Time-Job. Sonst wären wohl alle Tiere Vegetarier.

  18. #18 s.s.t.
    23. Oktober 2012

    Den Spiegelartikel habe ich auch gelesen. Sicherlich ist erhitze Nahrung besser verdaubar usw. als Rohkost.

    Es bleibt allerdings die Frage nach Henne und Ei. Lernte der ‘Mensch’ zuerst Fleich im größerem Umfang zu konsumieren oder als erstes Pflanzen zu kochen?

    Vielleicht haben dem ‘Menschen’ den Weg einige Buschfeuer gezeigt, mit ein paar angekohlten Kadavern bzw. gerösteten Pflanzen. Solange die Feuer nicht nur Kohle produziert haben, könnte der besondere Geschmack tatsächlich ein Verlangen nach mehr ausgelöst haben.

    Nein, es müssen auch keineswegs alle Hominiden darauf gekommen sein, siehe Verhaltensunterschiede unter den diversen Affenarten (die auch z.T. erworben sind).

  19. #19 s.s.t.
    23. Oktober 2012

    Dieses Verlangen nach mehr könnte evtl. auch das spezielle Verhältnis des Menschen zum Feuer erklären; im Gegensatz wohl zu fast allen Wildtieren ist das Feuer des Menschen Freund (selbst wenn das Verhältnis in Extremsituationen höchst gespalten ist).

  20. #20 MartinB
    24. Oktober 2012

    @Alderamin
    Nein, Gorillas fressen kein Fleisch – deswegen konnten sie ja keine größeren Hirne entwickeln.
    Es erscheint mir etwas unglücklich, den Gorilla als Basis zu nehmen, da unsere Vorfahren ja eher Schimpansen- als Gorillaartig gewesen sein dürften.

  21. #21 Alderamin
    24. Oktober 2012

    @s.s.t.

    Es bleibt allerdings die Frage nach Henne und Ei. Lernte der ‘Mensch’ zuerst Fleich im größerem Umfang zu konsumieren oder als erstes Pflanzen zu kochen?

    Es erscheint jedenfalls plausibel, dass der (Vor-)Mensch zuerst rohes Fleisch zu sich nahm (wie es die Schimpansen tun) und evtl. sogar Aas, bevor er auf die Idee kam, es zu braten, oder gar Pflanzen zu erhitzen (zumal in der Steppe, in der er lebte, die verfügbare pflanzliche Nahrung ziemlich einseitig war). Wahrscheinlich hat er erst das Feuer zum Wärmen und zum Verteiben von Raubtieren verwendet, aber sicher schnell bemerkt, dass verbranntes Fleisch irgendwie gut riecht und schmeckt. Ich denke, die ersten Versuche, Pflanzen ins Feuer zu schmeißen, werden relativ kläglich gescheitert sein (man muss auch bedenken, dass die Vormenschen den Affen noch viel näher standen und geistig entsprechend ziemlich beschränkt waren, die haben eine Million Jahre lang immer die gleichen Faustkeile angefertigt, ohne nennenswerte Innovation). Bevor man mal anfing, Gefäße zum Kochen anzufertigen oder irgendwelche Wurzeln oder Obst zwischen heißen Steinen oder eingewickelt in Blätter zu erhitzen, dürfte sehr viel Zeit vergangen sein, würde ich vermuten.

    Leider dürfte der archäologische Nachweis dafür so gut wie unmöglich sein, weil pflanzliche Reste extrem vergänglich sind… es sei denn, die Analyse von Knochen oder Zähnen ließe zwischen gekochten und ungekochten pflanzlichen Speisen unterscheiden (würde mich allerdings wundern).

  22. #22 Alderamin
    24. Oktober 2012

    @MartinB

    Nein, Gorillas fressen kein Fleisch – deswegen konnten sie ja keine größeren Hirne entwickeln.

    Na ja, der Schimpanse frisst zwar gelegentlich Fleisch und hat dennoch kein besonders großes Gehirn entwickelt, da gehört noch zusätzlicher Selektionsdruck zu. Im Unterschied zum Frühmenschen lebt er im Wald, wo es reichlich pflanzliche Nahrung gibt, deswegen ist er wohl weniger auf Fleisch angewiesen als seine vormenschlichen Verwandten es waren. Er kann vor Raubkatzen auf die Bäume fliehen und ist dort beweglicher als diese, muss sich also weniger clever gegen sie verteidigen. Den Menschen schützte sicherlich der Zusammenhalt der Gruppe und später der Gebrauch des Feuers; Sozialisierung in der Gruppe ist wiederum ein Faktor, der die Hirnentwicklung gefördert haben könnte.

    Der Mensch sah sich durch Umweltveränderungen (Versteppung) einem Evolutionsdruck ausgesetzt, seine geringen körperlichen Fähigkeiten (von wegen Kraft und Laufgeschwindigkeit, so wie der Mangel an scharfen Klauen oder Zähnen) in relativ kurzer Zeit irgendwie kompensieren zu müssen. Da er geschickte Hände hatte und in sozialen Verbänden lebte, war die Entwicklung von mehr Intelligenz wohl der einfachere, effizientere Weg, als den Körper zu dem eines Flucht- oder Raubtieres umzugestalten. Und der Fleischkonsum (später von gegartem Fleisch) lieferte die dazu notwendige Energie, ohne die eine solche Entwicklung vielleicht bei dem Hirnvolumen der Australopithecinen stagniert wäre.

    ich hab’ bei Florian Freistetter mal so argumentiert und gemutmaßt, dass die Entwicklung von Intelligenz eine Laune der Natur gewesen sein könnte, die nur unter ganz bestimmten, seltenen Voraussetzungen zustande gekommen ist. Vielleicht wimmelt es im Weltall von belebten Planeten, die es aber nie bis zu intelligenten Bewohnern geschafft haben, weil die Evolution Intelligenz eigentlich nicht braucht, da sie ziemlich viel Energie verschlingt. Schnelles Weg- oder Hinterherlaufen sind vielleicht normalerweise die erfolreicheren Evolutionsmodelle. Dann brauchen wir uns auch nicht zu wundern, warum SETI nichts findet.

  23. #23 MartinB
    24. Oktober 2012

    @Alderamin
    Ich finde dei Szenario durchaus plausibel – die Daten hier im oben besprochenen Artikel passen ja auch durchaus dazu. Vielleicht ist die Frage, was ein “großes gehirn” ist, nicht so eindeutig klar – aber ich würde erwarten, dass die Nutzung von Feuer selbst schon ein vergleichsweise großes Gehirn (wie bei H. erectus) erfordert.

    Dass die Entstehung von (technisch) intelligentem Leben wohl eher unwahrscheinlich ist, sieht man ja schon daran, dass es seit mehr als 300 Millionen Jahren Landlebewesen gibt und von den vielleicht 50000 Wirbeltierarten nur eine echte technische Intelligenz besitzt und nur sehr wenige überhaupt Werkzeug benutzen.