Ähnlich ist es mit der Astrologie – wenn das berühmte “wie oben, so unten” gilt, dann sind wir mit dem gesamten Kosmos verbunden und das, was mir hier widerfährt, ist eben kein kalter Zufall, sondern in irgendeiner Weise “gemeint”, und genau so ist es mit dem esoterischen “alles ist eins” (das man allerdings auch anders interpretieren kann).
Alle diese Ideen beruhen auf der Idee, dass das Universum einen direkten Menschenbezug hat, dass es “für uns” da ist. Deswegen weigerten sich die Priester ja auch, durch Galileis Fernrohr zu schauen: warum sollte Gott etwas schaffen, das Menschen nicht sehen können?
Der Gedanke, dass das nicht so ist und dass wir und unser Schicksal dem Universum egal sind, kann einem sicherlich Angst machen. Nicht jede Krankheit hat ein Heilmittel, nicht für jeden Schicksalsschlag finde ich jemanden, der daran schuld ist (und den ich verklagen kann) . Auch hier gibt es allerdings eine positive Deutung. Wenn wir anerkennen, dass der Zufall des Universums letztlich gnadenlos ist, dann akzeptieren wir auch, dass Menschen eben oft keine Schuld an ihrem Schicksal tragen. Die Armen, Obdachlosen oder Kranken sind eben nicht einfach arbeitsscheu, faul oder haben sich gehen lassen – sie sind Menschen wie ich und auch ich könnte in ihrer Lage sein. (Dieser Gedanke findet seinen religiösen Ausdruck in dem berühmten Zitat “There but for the grace of God goes John Bradford” bzw “… go I”, nur dass es eben nicht the “grace of god” ist, sondern schlicht und einfach purer Zufall.) Gerade in der Religion finden wir ja oft eine solche Schuldzuweisung, und es ist sicher kein Zufall, dass es beispielsweise gerade die religiösen Republikaner in den USA sind, die einen Sozialstaat ablehnen und dem amerikanischen Traum des “Jeder kann alles schaffen” anhängen.
Wenn wir dagegen anerkennen, dass die meisten Menschen nicht “Schuld” an ihrem Unglück sind, dann haben wir vielleicht auch mehr Mitleid mit ihnen. Unser persönlicher Platz im Universum ist vielleicht unsicherer, wenn wir nicht die Begünstigten einer höheren Macht sind, doch dafür gewinnen wir (wenn wir denn wollen) an Menschlichkeit.
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