Für viele Menschen ist das Verhalten auf und die Beobachtung des Verlaufs von Partys ein wichtiger Bestandteil ihres Daseins. Da der Mensch – nach einem bekannten Philosophen – durch seine Fähigkeit, auf Partys zu gehen, definiert werden kann [1], schien es uns sinnvoll, theoretische Grundlagen für den Verlauf von Partys zu finden. (Insbesondere war dies die einzige Möglichkeit, die Institutsleitung dazu zu bringen, wöchentlich eine Party zu finanzieren.)

Mit Hilfe probabilistisch-empirischer Methoden (da uns nämlich absolut nichts besseres einfiel) kamen wir zu dem Schluss, dass die Methoden der statistischen Physik zur Analyse geeignet sein müssten. So erstellten wir die kinetische Gast-Theorie.

Wir betrachten die Party als ein Ensemble von idealen, d.h. in erster Näherung wechselwirkungsfreien Personen. Wegen der Unterscheidbarkeit von Menschen war es möglich, Methoden der klassischen Physik anzuwenden.

Offensichtlich ist bei einem Personengas nicht die Energie die entscheidende Größe, sondern das persönliche Wohlbefinden W, das das Verhalten auf Partys beeinflusst. In der empirischen Psychologie wird W bekanntlich in haps gemessen, wobei 0 hap gerade Fluchtverhalten auslöst [2]. Ausgehend von relativ großen Partys konnten wir quantenmechanische Effekte vernachlässigen und das Wohlbefinden als kontinuierlich annehmen.

Auch die Gast-Theorie benötigt einen Parameter, der das Gesamt-Wohlbefinden beeinflusst (ähnlich wie die Temperatur in der statistischen Physik). Diesen nannten wir Total Empirischen Parameter zum Test unserer Resultate, kurz T. Da wir auch T in haps messen, wird die klassische Boltzmann-Konstante in unserer Theorie durch eine dimensionslose Größe – die Partykonstante – kP ersetzt.

Auf diese Weise konnten wir alle Ergebnisse der klassischen Physik direkt übernehmen. So gilt etwa für die Wohlbefindlichkeitsverteilung die Formel

C ist dabei eine empirisch zu bestimmende Konstante, die zur Normierung dienen kann (jedenfalls wissen wir nicht, wozu sie sonst gut ist). Eine Gleichgewichtsverteilung zeigt Abb. 1.

Als nächstes interessierte uns der zeitliche Verlauf des Wohlbefindens auf Partys. Da das Gesamtwohlbefinden durch

gegeben ist, untersuchten wir also den Parameter T als Funktion der Zeit.

Folgende Erkenntnisse kamen uns dabei zustatten:
1. Jede Tätigkeit wird nach unendlich langer Zeit beliebig langweilig [3], also gilt

Deshalb nehmen wir an, dass T exponentiell mit der Zeit abfällt, also T~exp(-dt), wobei d das sogenannte Langeweilegeschwindigkeitsmaß ist.

2. Zu Beginn einer Party (t=0) befindet sich das Gesamtwohlbefinden auf einem Anfangswert, der größer als Null ist. Wir setzen deshalb T(0)=a.

3. Das Wohlbefinden auf einer Party ist eine Funktion der relativen Sympathie der Anwesenden. Langjährige Studien haben gezeigt, dass diese einen zur Zeit proportionalen Anteil besitzt (“Je später der abend, desto netter die Gäste”) [4].

4. Zur weiteren Anpassung nahmen wir noch einen quadratischen Term auf.

Damit ergibt sich insgesamt eine Formel der Gestalt

wobei die Parameter a-d an die jeweilige Party-Situation anzupassen sind. Abb. 2 zeigt einige Beispiele.

Mit Hilfe dieser Theorie scheint es möglich, das eigene Party-Verhalten zu optimieren. Der ideale Aufbruchszeitpunkt lässt sich z.B. durch

ermitteln (“Wenn es am schönsten ist, soll man gehen.”). Hier scheint es sinnvoll, Elemente der Spieltheorie anzuwenden; dies müssen wir hier jedoch offenlassen.

[1] Ich weiß nicht, wer das gesagt hat, aber nach einem Existenzsatz der Philosophie gibt es immer einen Philosophen, der den Mensch durch die Aussage x mit x beliebig definiert.

[2] H. Umbug, “QUATSCH: Ein Quantitatives Tiefenpsychologisches System zur Charakterisierung heuristischer Daten”, Timbuktu Press

[3] D. Adams, “Life, the Universe, and Everything”

[4] “Schmitz’ und Fritz’ witzig-spritziges Lexikon der ewigen Wahrheiten”, Phantasmagoria-Verlag, Utopia-Nirwana-Walhalla

                                                              

Diesen Text habe ich vor vielen Jahren mal anlässlich der Geburtstagsparty eines Freundes geschrieben. Er erschien auch in der Physik-Studi-Zeitschrift “Impuls” der Uni Hamburg (in der Ausgabe vom April 1991). Eigentlich wollte ich ihn gestern, rechtzeitig zu eurer Silvester-Party freischalten, aber das lokale DSL machte einen Strich durch die Rechnung.

Trotz der Verspätung aber allen Leserinnen und Lesern ein gutes und glückliches neues Jahr.

Kommentare (10)

  1. #1 BreitSide
    1. Januar 2013

    Empirisch korrekt;-)

  2. #2 Theres
    :D
    1. Januar 2013

    Ausgezeichnet … so muss Wissenschaft sein! 🙂

  3. #3 MX
    1. Januar 2013

    Ist das der lange gesuchte Beweis des entropischen Endes jeder Party? Und welche Rolle spielt hier die dunkle Materie, z.B. Schwarzbier?

  4. #4 Bjoern
    1. Januar 2013

    Wie das Beispiel der katastrophalen Party zeigt, gibt es in der kinetischen Gast-Theorie anscheinend keinen dritten Hauptsatz…? 😉

  5. #5 MartinB
    1. Januar 2013

    @MX
    Ja, auch der Einfluss von z.B. Lakritz wäre zu prüfen.

    @Bjoern
    Ja, das fiel mir gestern auch auf, letztlich enthält die Darstellung eh einen Fehler, weil W nicht negativ werden kann, außer bei negativem T (liegt an der freien Wahl des Nullpunkts). Wenn ich den Text heute geschrieben hätte, hätte er anders ausgesehen.

  6. #6 threepoints...
    1. Januar 2013

    Das (eingängige) Wissenschaftliche wurde ja schon ausgelobt. Fehlen täte eigendlich noch der C2H6O-Faktor (Ethanol). Verständlich, der ist nicht so einfach berechenbar.

    Betreffend der Philosophenthese auch Zustimmung. Nur… manche Philosophen haben auf Parties erst ihre Hochform erreicht (siehe Ethanol-Faktor). Daraus liesse sich auch eine Deffinition des Menschen vom Schlage C2H6O-Philosophen stricken, die bestimmt schon ein anderer bekannter Philosoph längst urheherrechtlich einwandfrei irgendwo niedergeschrieben hat. Prost Neujahr…

  7. #7 Erik Ihle
    Quantenmechanische Tiefenpsychologie
    2. Januar 2013

    Welchen Einfluss hat der messende Beobachter auf das gesamte Bewegungssystem von partyfeiernden Materieteilchen?
    Welchen Einfluss hat ein unbekannter, sich nicht zu erkennen gebender Beobachter auf das Bewegungssystem ” messender Beobachter & sich bewegende, verklumpte Materieteilchen in einem abgeschlossenen Zeit-Raum ” ?

    Die Liebe von Eros und Psyche befallen alle am System beteiligten verklumpten Materieteilchen!

  8. #8 Olaf aus HH
    Hamburg, D, Europa, Erde, ...
    3. Januar 2013

    Das ist lebensnahe Wissenschaft – praktisch, auf empirischer Grundlage, gut durchdacht, sehr schön.
    Zugleich: Haben nicht Licht/ lux und Temperatur (nein – nicht “die” [Total Empirischen Parameter zum Test unserer Resultate], sondern die mit diesen Kelvin-/ Celsius-Graden auch einen Einfluß, von Gauß, Psychovolt, Sozialohm und Tesla ganz abgesehen ? Hertz, Phon und Kalorien nicht zu vergessen.
    😉

  9. #9 sax
    4. Februar 2013

    Interresant wäre es ja noch Wechselwirkungen unter den Gästen zu berücksichtigen, die man am besten erst mal mit einen Mean-Field Ansatz behandelt. Ich denke man wird interresante Phasenübergänge feststellen können, ein wichtiger Kontrollparameter könnte der mittlere Blutalkoholpegel sein, den man Selbstkonsitent bestimmen müsste.

  10. #10 MartinB
    4. Februar 2013

    @sax
    Oh ja, es gibt noch sooo viel zu erforschen. Mehr Party!!!