Die Quantenmechanik ist schwer zu verstehen, darin sind sich wohl alle einig. (Naja, fast alle – ich kenne jemanden, der das anders sieht und die QM einfacher als die klassische Physik findet…) Und wenn ich hier im Blog über Quantenmechanik schreibe, dann versuche ich jedesmal wieder, bestimmte Grundlagen zu erklären, jedesmal mit leicht anderen anschaulichen Beispielen. Wenn ich mich an die Zeit zurückerinnere, in der ich noch nicht studiert habe, dann war es damals so, dass ich wieder und wieder populärwissenschaftliche Darstellungen lesen konnte, jede war ein bisschen anders, alle waren irgendwie ähnlich, aber keine gab nir das Gefühl, es wirklich verstanden zu haben.
Ich vermute, dass das daran liegt, dass anschauliche Erklärungen (beispielsweise mit Quantentalern) das Problem, haben, dass man sie zwar nachvollziehen kann, man kann sie aber nur schwer auf andere Situationen übertragen und von ihnen aus weiterdenken. (Es ist ja ein häufiges Phänomen in den Diskussioen hier auf dem Blog, dass KommentatorInnen verwirrt sind, weil sie eine anschauliche Erklärung, die eben nur bedingt allgemeingültig ist, weiterzudenken versuchen und dann auf Widersprüche stoßen.)
Physikbücher über Quantenmechanik sind allerdings auf der anderen Seite voll von Mathematik – und man lernt nicht nur etwas über quantenmechanische Zustände, sondern meist auch noch Dinge wie das Lösen von partiellen Differentialgleichungen mit irgendwelchen Ansatzfunktionen, so dass die Physik oft hinter der Mathematik verschwindet.
Gibt es einen Mittelweg zwischen diesen beiden Extrema – Quantentaler auf der einen Seite, Differentialgleichungen auf der anderen? In diesem Text will ich versuchen, so einen Weg zu finden und den Begriff des quantenmechanischen Zustandes einzuführen, und zwar so, dass die Erklärungen keine Analogien sind. Ich habe keine Ahnung, ob das so klappt – deswegen bitte ich vor allem diejenigen, die keine PhysikerInnen sind, um Anmerkungen oder Kommentare. Wo klemmt’s, wo war es unverständlich, wo fehlt etwas? Wenn’s denn einigermaßen klappt, dann hoffe ich, dass ich in ein oder zwei weiteren Teilen dahin komme, auch solche Dinge wie Quantenverschränkung so zu erklären, dass ihr sie selbst wirklich nachvollziehen (und nicht nur staunend ansehen) könnt.
Quantenmechanische Zustände
Ein Teilchen der klassischen Physik ist immer in einem bestimmten Zustand. Es hat beispielsweise einen bestimmten Ort (das Teilchen ist jetzt gerade “hier”) und zusätzlich auch eine bestimmte Geschwindigkeit (es fliegt nach “dort”).
In der Quantenmechanik ist das anders. Betrachten wir zunächst mal das Teilchen nur in einem einzigen Moment – dann müssen wir uns über seine Geschwindigkeit erst mal keine Gedanken machen, sondern können uns auf seinen Ort konzentrieren. Um die Sache noch übersichtlicher zu halten, erlauben wir unserem Teilchen erst einmal nur zwei Möglichkeiten für den Ort – es kann entweder “hier” sein oder “da”. Es hat sich eingebürgert, Zustände in der Quantenmechanik in spezielle Klammern zu schreiben, damit man gleich weiß, dass das, was man meint, ein Zustand ist. Der Zustand “hier” wird geschrieben als |hier>, der Zustand “da” als |da> (und allgemein der Zustand “blubb” als |blubb> ).
In der klassischen Physik gibt es jetzt (in unserem hypothetischen Szenario) genau diese beiden Möglichkeiten für den Zustand des Teilchens: Entweder ist es “hier” oder es ist “da”, eine andere Möglichkeit gibt es nicht.Wenn wir wollen, können wir das mathematisch so aufschreiben:
|Klassischer Zustand> = 1 |hier> + 0 |da> oder 0|hier> + 1 | da>
Entweder ist der Zustand |hier>, dann multipliziere ich eine Null an den |da>-Zustand (irgendwas mal Null ist ja immer Null, das gilt auch für Zustände), oder es ist andersherum.
Allgemein kann ich das auch so umschreiben:
|Klassischer Zustand> = a |hier> + b |da> , mit entweder a=1,b=0 oder a=0,b=1.
Das ist natürlich ziemlich umständlich und ergibt in der klassischen Physik wenig Sinn.
In der Quantenmechanik ist es anders: Es gibt nicht bloß zwei mögliche Zustände eines Teilchens, sondern unendlich viele – es gibt Mischzustände, bei denen das Teilchen sich so verhält, als wäre es gleichzeitig “hier” und “da”. Die kann ich genauso schreiben
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