Heute ist es endlich so weit: Wir gucken uns an, wie die berühmte quantenmechanische Verschränkung funktioniert.
Ein anderes Beispiel: Polarisation
Viele Experimente zur Quantenmechanik macht man mit Photonen, also den “Teilchen des Lichts”. (Fragt drei PhysikerInnen nach der genauen Definition eines Photons, und ihr bekommt vermutlich vier verschiedene Antworten, deswegen setze ich die Erklärung mit den Lichtteilchen in Anführungsstriche. Der berühmte Physiker Lamb hat sogar mal einen Artikel mit dem Titel “Anti-Photon” geschrieben, in dem er schreibt “Only a comedy of errors and historical accidents led to its popularity among physicists and optical scientists. ” Aber keine Sorge, euch können diese Feinheiten hier erstmal egal sein, irgendwann schreibe ich auch darüber mal was (das gehört ja eigentlich in die momentan in Warteschleife liegende Quantenfeldtheorie-Serie)…)
Ja, also zurück zu den Photonen. Wir machen uns das Leben hier einfach und betrachten eine Lichtquelle, die sehr schwaches Licht aussendet. Lässt man dieses Licht auf einen Sensor fallen und misst die Energie, dann stellt man fest, dass die Energie quantisiert ist – die Energie kommt in Paketen, deren Größe von der Lichtwellenlänge abhängt: Je kleiner die Wellenlänge, desto größer die Energie eines Pakets. (Das ist übrigens auch der Grund, warum ihr mit wenig UV-Strahlung einen Sonnenbrand bekommen könnt, mit beliebig viel sichtbarem Licht aber nicht: Die Energiepakete des sichtbaren Lichts reichen nicht aus, um die Haut zu schädigen.) Für diese Erklärung (also die der Energiepakete, nicht das mit dem Sonnenbrand) hat Einstein übrigens seinen Nobelpreis bekommen.
Mich interessiert hier aber eine andere Eigenschaft der Photonen, nämlich ihre Polarisation. Photonen sind ja die Teilchen, aus denen elektromagnetische Wellen bestehen. (Das ist seehr salopp gesagt – in eine rkohärenten elektromagnetischen Welle ist die Zahl der Photonen nicht mal genau definiert, das darf euch hier aber egal sein) Das elektrische Feld schwingt dabei senkrecht zur Richtung, in der sich das Licht ausbreitet (wenn ihr gern toll klingende Fachwörter mögt: Man nennt das eine “Transversalwelle”). Nehmt an, das Licht fliegt entlang einer bestimmten Achse (im Bild nach rechts), dann ist die Schwingungsrichtungrichtung des elektrischen Feldes nach oben/unten (blau) oder nach vorn/hinten (grün):
Das Photon kann auch unter einem Winkel polarisiert sein, beispielsweise unter 45° nach schräg vorn oder schräg hinten (ich hoffe, die Perspektive ist einigermaßen zu erkennen):
Man kann die Polarisation eines Photons also über einen Winkel angeben – da das elektrische Feld immer senkrecht zur Ausbreitungsrichtung ist, kann man beispielsweise sagen: Ein Photon ist senkrecht polarisiert, oder waagerecht, oder unter einem Winkel von 45°. Die zugehörigen Zustände schreibe ich hier mit kleinen Pfeilen, weil das schön anschaulich ist:
Senkrecht polarisiert ,
waagerecht polarisiert ,
unter -45° und
unter +45° (wobei ich die mathematische Konvention benutze, dass Winkel gegen den Uhrzeigersin positiv gezählt werden, das spielt aber keine Rolle, weil wir gleich nur die Pfeile angucken werden – übrigens haben wir jetzt echtes LaTeX hier auf dem Blog, Wunder der Technik…).
Anmerkung für die ganz Genauen: Ich betrachte hier nur sogenannte lineare Polarisation. Es gibt auch zirkular polarisiertes Licht – das könnten wir mit unserem angehäuften Wissen auch verstehen, wir brauchen es hier aber nicht – Verschränkung ist ja im Moment unser Ziel.
Polarisationen kann man leicht messen: Dazu schickt man ein Photon durch einen Polfilter. Ein Polfilter hat auch eine Richtung, genau wie die Polarisation des Photons selbst. Ist eine elektromagnetische Welle genau parallel zum Polfilter orientiert, dann lässt er sie ungehindert durch, ist sie senkrecht polarisiert, dann kommt sie nicht durch:
Bild von Bob Mellish. (modifiziert) Creative Commons Attribution-Share Alike 3.0 Unported license.
(Lasst euch nicht von den Linien auf dem Polfilter irritieren – die Richtung des Polfilters ist senkrecht zu den gezeichneten Linien, deshalb habe ich noch einen Pfeil in das Wikipedia-Bild eingebaut.)
Der Polfilter misst also den Zustand eines Photons: Ein Photon, das vertikal polarisiert ist, wird also niemals im Zustand “horizontal polarisiert” gemessen (es kommt niemals durch einen horizontal orientierten Polfilter) und umgekehrt. Ist die Polarisationsrichtung +45° (also nach rechts oben), dann kommt das Photon niemals durch einen Polfilter, der mit -45° orientiert ist und umgekehrt.
Und was passiert, wenn der Polfilter und die Polarisationsrichtung des Photons irgendwie zueinander verdreht sind? Zum Beispiel, wenn mein Photon in senkrechter Richtung polarisiert ist und ich es durch einen Filter schicke, der um +45° gedreht ist?
Wir können den Polarisationszustand des Photons in ein Diagramm eintragen:
Erinnert euch das an etwas? Die Situation ist genau analog zu der mit den Orts- und Energie-Zuständen aus dem letzten Teil. Vielleicht könnt ihr ja erraten, was passiert?
Den Zustand “senkrecht polarisiert” kann ich zusammensetzen aus “polarisiert unter +45°” und “polarisiert unter -45°”:
Also hat das Photon eine Wahrscheinlichkeit von 50%, dass es durch den Filter unter +45° durchkommt (und dann also im Zustand +45° ist) und eine 50%-Wahrscheinlichkeit, dass es nicht durchkommt (dann wäre es im Zustand -45°, aber nicht wirklich, weil es vom Polfilter absorbiert wurde und deshalb nicht mehr existiert. Es ist dahingeschieden. Ein Ex-Photon…)
Waagerecht polarisiert geht entsprechend (beachtet das Minus-Zeichen):
Sind Polfiltr und Polarisation des Photons um 45° gegeneinander verdreht, ist die Wahrscheinlichkeit, dass das Photon den Filter passiert, gerade 1/2, also das Quadrat der Amplitude. Das Nette an polarisierten Photonen ist also, dass man die unterschiedlichen Überlagerungen direkt geometrisch interpretieren kann und sofort sehen kann, wie die Zerlegung geht.
Als Übung könnt ihr ja mal versuchen, euch (vielleicht mit einer Zeichnung) zu überlegen, was passiert, wenn ich ein senkrecht polarisiertes Photon auf einen Polfilter schicke, der um einen anderen Winkel gedreht ist, zum Beispiel um 30°.
Wenn ihr es genau ausrechnet (und seinerzeit in der Schule bei der Trigonometrie gut aufgepasst habt), dann ist die Amplitude dafür, dass das Photon durch den Filter kommt, gleich dem Kosinus von 30°, die Amplitude für’s nicht-Durchkommen ist sin(30°). In Zahlen sind die Amplituden √3/2 und 1/2. Die Wahrscheinlichkeiten dazu könnt ihr durch Quadrieren bekommen, sie sind 3/4 und 1/4. Ist der Polfilter also nur wenig verdreht, ist die Wahrscheinlichkeit sehr hoch, dass das Photon durchkommt. Wenn man sehr viele Polfilter direkt übereinander stapelt und jeden ganz wenig gegen den davor verdreht, dann kann man die Polarisation des Lichts deswegen “mitdrehen”. Dieser Trick wird übrigens in jedem LCD-Bildschirm angewandt, weil die Flüssigkristalle wie kleine Polfilter wirken.
Dazu gibt es auch ein hübsches Bild bei Wikipedia:
Von —Jkrieger 00:14, 17. Feb 2005 (CET) – selbst gezeichnet, Bild-frei, Link
Noch ein kleiner Tipp zum Lesen der Formeln (auch wenn sie euch jetzt im dritten Teil vermutlich nicht mehr schrecken): In vielen Formeln wie denen oben haben alle Summanden einen Vorfaktor . Solche Vorfaktoren könnt ihr getrost erstmal ignorieren, sie sorgen am Ende dafür, dass die Summe aller Wahrscheinlichkeiten gleich 1 ist. Ich habe auch eine Weile überlegt, ob ich sie nicht einfach weglasse und statt der Gleichheitszeichen nur Proportionalzeichen verwende, das wäre aber unpraktisch für diejenigen, die tatsächlich mitrechnen wollen. Lasst euch davon also nicht abschrecken. (Tatsächlich gibt es aber sogar Physik-Paper, die genau das tun.)
Endlich: Verschränkung
Und jetzt habt ihr genug Wissen angehäuft, um zu verstehen, wie die berühmte quantenmechanische Verschränkung funktioniert. Warum es die Verschränkung gibt, kann ich euch auch nicht erklären – die Natur ist halt so merkwürdig. Aber wie man sie beschreibt, das könnt ihr jetzt hoffentlich relativ einfach verstehen.
Dazu brauchen wir zwei Photonen. Wir denken uns eine Quelle, die zwei Photonen aussenden kann, eins nach links und eins nach rechts. Dort messen wir (bzw. die beiden PhysikerInnen Alice und Bob, deren Job das traditionell ist) die Polarisation der Photonen.
Jedes von ihnen (also von den Photonen, nicht von Alice und Bob) kann in einem Zustand sein – ich schreibe einfach die beiden Zustände nebeneinander (im ersten Teil habe ich gesagt, dass man Zustände nicht multiplizieren darf, aber hier geht das, weil die Zustände zu unterschiedlichen Photonen gehören). Ein einfacher Zustand für die beiden Photonen wäre
In diesem Zustand sind beide Photonen senkrecht polarisiert – verschränkt ist da noch nichts.
Wir können auch die beiden Photonen jeweils in einem Überlagerungszustand haben. Nehmen wir an, beide sind unter -45° polarisiert, das würde dann so aussehen:
Die linke Klammer beschreibt das eine Photon, die rechte das andere. Ihr könnt diesen Zustand umschreiben, wenn ihr die Klammern ausmultipliziert – dabei gelten die ganz üblichen Rechenregeln. Wenn ihr (und ich) alles richtig macht, dann ist das Ergebnis:
Jede der vier Möglichkeiten für die beiden Polarisationen hat eine Wahrscheinlichkeit von 1/4.
Was passiert, wenn ihr beispielsweise das linke Photon (das, das nach links zu Alice fliegt und zu dem der linke Zustand gehören soll) durch einen Polfilter schickt und messt? Nehmt an, der Polfilter ist senkrecht orientiert und das Photon kommt durch den Filter durch. Wie sieht dann der Zustand hinterher aus? (Wendet einfach ohne langes Nachdenken die Regeln aus dem ersten Teil an).
Im ersten Teil haben wir gelernt, dass man alle Terme wegstreicht, die nicht zur Messung passen, und dann den Vorfaktor so anpasst, das alle Wahrscheinlichkeiten stimmen. Wegstreichen müssen wir also die Terme, bei denen das erste Photon im Zustand ist. Der verbleibende Zustand ist
Und das können wir wieder umschreiben als
Was sagt uns das? Der Zustand des rechten Photons wird von dem des linken überhaupt nicht beeinflusst. Nix mit quantenmystischer Verschränkung. Aber keine Sorge, wir können unsere Photonen problemlos verschränken. (Wie man’s technisch macht, erkläre ich hier nicht, vielleicht ein andermal). Dazu bauen wir diesen Zustand hier:
.
Stellt euch dasselbe Experiment wie eben vor – wieder passiert das linke Photon den senkrechten Polfilter. Was heißt das für den Zustand?
Der Zustand ergibt sich wie sonst auch, indem man die Terme wegstreicht, die nicht zur Messung passen. Das ist hier der zweite Term. Was übrig bleibt ist also nur .
Das rechte Photon, für sich allein betrachtet, war vorher im Zustand , aber nach der Messung des linken Photons hat sich der Zustand des rechten Photons geändert.
Und das (Ta-daa!) ist jetzt die quantenmechanische Verschränkung.
Wir weisen die Verschränkung nach
“Halt, Stopp,” mag jetzt der eine oder die andere rufen, “sooo einfach ist es doch nun wirklich nicht. Ich messe, dass die beiden Photonen immer dieselbe Polarisation haben, o.k. Und weil das ganze ein statistisches Geschäft ist, messe ich in 50% der Fälle die senkrechte und in 50% der Fälle die waagerechte Polarisation. Dafür brauche ich keine Quantenmechanik. Wer sagt denn, dass die Photonen nicht einfach in 50% der Fälle gleich mit der einen Polarisation losfliegen und in 50% der Fälle mit der anderen? Das kann ich mit diesem Experiment überhaupt nicht nachweisen.”
Richtig. Stimmt genau. Um die Verschränkung wirklich nachzuweisen (und nicht einfach nur zu glauben), müssen wir beweisen, dass die Photonen nicht schon beim Losfliegen eine eindeutige Polarisation haben. Momentan können wir das Experiment noch so interpretieren:
Beim Aussenden der Photonen entscheidet sich, ob die beiden Photonen im Zustand oder im Zustand . Jeden dieser Zustände haben sie mit einer Wahrscheinlichkeit von 50%.
Um nachzuweisen, dass das nicht sein kann, müssen wir die Polfilter drehen. Nehmen wir an, unsere einfache – sozusagen “klassische” – Erklärung wäre richtig. Was würde passieren, wenn wir an den beiden Messpunkten am Ende die Polfilter drehen, wie üblich um 45°?
(Denkpause…)
Wenn das Photon, das nach links fliegt, senkrecht polarisiert ist, hat es eine 50%-Wahrscheinlichkeit, den Polfilter zu passieren. Ebenso auch, wenn es waagerecht polarisiert ist. Dasselbe gilt für das zweite Photon. Die Ergebnisse der beiden Photonen sind aber vollkommen unabhängig voneinander – wir würden also erwarten, dass wir vier mögliche Ergebnisse bekommen: . (Ich habe das jetzt, weil es Messergebnisse sind, nicht als Zustände geschrieben, ich hoffe, das ist nicht verwirrend.) Jedes dieser Ergebnisse sollte die gleiche Wahrscheinlichkeit haben, also 1/4 oder 25%. Das ist die Vorhersage der klassischen Physik.
Und was sagt die Quantenmechanik? Nach all der Rechnerei könnt ihr das – mit etwas Mühe – selbst rausfinden. (Wenn euch das zu viel Mühe ist, dürft ihr mir das Endergebnis aber auch glauben – ich hofe, ich habe mich nicht verrechnet.) Nehmt den quantenmechanischen verschränkten Zustand, den ich oben hingeschrieben habe:
Und jetzt zerlegt ihr den Zustand jedes Photons entsprechend den Rechenregeln für die Polarisation, die wir oben hingeschrieben haben:
Setzt das jeweils für jeden der Zustände oben ein (dabei muss man ein bisschen aufpassen, welcher Zustand zu welchem Photon gehört). Jeder der beiden Summanden ergibt vier Terme. Im ersten Summanden sind alle vier Terme positiv, im zweiten sind zwei der vier negativ:
Puh. Wenn ihr das jetzt ausmultipliziert, dann seht ihr, dass sich die gemischten Terme genau wegheben. Übrig bleibt
Was passiert, wenn ich jetzt das erste Photon messe und es den Polfilter passiert? Den unpassenden Term des Zustands streiche ich weg – es bleibt also übrig, dass auch das zweite Photon im selben Polarisationszustand ist wie das erste. Es ist also egal, ob ich die Polfilter senkrecht/waagerecht oder unter -45°/+45° aufstelle – die beiden Photonen sind immer gleich polarisiert.
Und genau das lässt sich mit dem klassischen Modell nicht erreichen.
Hier noch mal das Argument in Kurzform (im wesentlichen geklaut bei mir selbst):
1. Passiert das eine Photon den senkrechten Polfilter, dann auch das andere. Beide Photonen sind also gleich polarisiert.
2. Wenn wir annehmen, dass der Zustand des Photons eindeutig ist und das eine Photon das andere nicht beeinflussen kann, dann müssen die Photonen also in einem eindeutigen Zustand losfliegen – entweder beide senkrecht oder beide waagerecht polarisiert..
3. Trifft ein senkrecht polarisiertes Photon auf einen Polfilter unter 45°, dann wird es mit 50% Wahrscheinlichkeit durchgelassen, mit 50% Wahrscheinlichkeit absorbiert. Welcher Fall eintritt, ist zufällig.
4. Passiert das eine Photon den Polfilter unter 45°, dann auch das andere.
5. Genau wie bei 2. können wir folgern, dass die Photonen entweder unter +45° oder unter -45° polarisiert erzeugt werden.
Und dabei ist 5. ein Widerspruch zu 2, denn ein Photon kann nur einen eindeutigen Polarisationszustand haben.
Um die Verschränkung nachzuweisen, müssen wir also die Polfilter an den beiden Messstellen jeweils in vier unterschiedlichen Polarisationsstellungen einstellen. Alice und Bob können einen vierseitigen Würfel (1W4 für Rollenspieler) werfen und entscheiden, welche Stellung der Polfilter haben soll. Um ganz sicher zu gehen, dass die Stellung der Polfilter die Polarisation nicht beeinflussen kann, können die beiden das auch erst entscheiden, kurz bevor die Photonen bei ihnen eintreffen, so dass kein Signal (mit Lichtgeschwindigkeit) den anderen Polfilter erreichen kann. (Ja, das hat man experimentell tatsächlich so gemacht.)
Nach dem Experiment vergleichen Alice und Bob ihre Ergebnisse. Nehmen wir an, so sahen sie aus:
Alice | Bob | ||
---|---|---|---|
Filter | Messung | Filter | Messung |
+45 | 0 | -45 | 1 |
-45 | 0 | -45 | 0 |
0 | 1 | 90 | 0 |
90 | 0 | 0 | 1 |
+45 | 0 | 0 | 0 |
+45 | 0 | -45 | 1 |
90 | 1 | +45 | 1 |
0 | 1 | 90 | 0 |
0 | 0 | +45 | 1 |
90 | 0 | 0 | 1 |
-45 | 0 | 90 | 0 |
90 | 1 | 90 | 1 |
Dabei steht eine 1 für “Photon kommt durch den Filter” und die 0 für das Gegenteil. Dann ignorieren sie alle Fälle, bei denen die Polfilter nicht entweder parallel oder um 90° zueinander verdreht waren. (Wenn also Alice unter +45° gemessen hat und Bob senkrechte Polarisation, dann nützt uns das hier nicht viel.) Bei den übrigen Experimenten vergleichen sie:
Alice | Bob | ||
---|---|---|---|
Filter | Messung | Filter | Messung |
+45 | 0 | -45 | 1 |
-45 | 0 | -45 | 0 |
0 | 1 | 90 | 0 |
90 | 0 | 0 | 1 |
+45 | 0 | -45 | 1 |
0 | 1 | 90 | 0 |
90 | 0 | 0 | 1 |
90 | 1 | 90 | 1 |
Sie stellen fest, dass ihre Photonen immer im selben Zustand angekommen sind, egal wie die Winkelstellung war. Hatten sie beide dieselbe Stellung, dann haben beide eine 1 oder 0 gemessen, hatten sie um 90° verdrehte Stellungen, dann bekommt der ene die 1, der andere die 0. Das ist die Verschränkung, genau wie oben beschrieben.
Ihr könnt an diesem Experiment auch gleich ein sehr wichtiges Ergebnis sehen: Um die Verschränkung tatsächlich nachzuweisen, müssen die beiden ihre Ergebnisse auf herkömmlichen Wege austauschen. Alice kann allein aus ihren Daten nicht sehen, was Bob gemacht hat (nicht einmal, ob Bob nicht lieber einen Kaffee trinken gegangen ist, weil er Quantenmechanik langweilig findet). Obwohl also die Messungen sich gegenseitig beeinflussen, so dass immer derselbe Polarisationszustand herauskommt, kann man mit Hilfe der Verschränkung keine Nachrichten verschicken.
Ich gebe zu, dass das Argument ein bisschen kompliziert ist. Man muss ein paar Mal drüber nachdenken (ich erinnere mich, dass ich über den entsprechenden Abschnitt in den Feynman Lectures lange gebrütet habe) – also nicht verzweifeln, wenn ihr nicht auf Anhieb seht, wie’s geht. Falls ihr gar nicht klarkommt, dürft ihr natürlich gern in den Kommentaren nörgerln oder nachfragen.
Tja, auf diesen dritten Teil, in dem ich endlich die Verschränkung erkläre, musstet ihr ganz schön lange warten. Nicht nur, weil ich doch etwas grübeln musste, wie es am besten geht, auch nicht nur, weil ich zwischendurch auf Dienstreise war, einen Workshop und eine Doktorprüfung (als Prüfer) hatte, sondern vor allem, weil ich in den letzten zwei Wochen mehr Zeit beim Augenarzt als sonstwo verbracht habe – immerhin ist meine Netzhaut jetzt in beiden Augen dank Argonlaser sicher festgetackert (auch wenn das linke Auge immer noch – bisher nicht klar diagnostizierte – Sehstörungen hat).
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