Vögel haben die wohl höchstentwickelten Lungen im Tierreich. Wir Säugetiere haben als Lungen ja im wesentlichen einen verzweigten Sack aus kleinen Bläschen, wo die Luft auf demselben Weg rein- und wieder rausläuft. Beim Einatmen werden die Lungenbläschen mit Luft gefüllt, Sauerstoff diffundiert ins Blut und Kohlendioxid in die Lunge, und dann wird wieder ausgeatmet. Jede Ingenieurin, die etwas von ihrem Handwerk versteht, wird euch sofort sagen, dass die beste Anordnung für ein System, das Stoffe austauschen soll, ein Gegenstromprinzip ist und kein simpler Sack.
Vögel kommen mit ihren Lungen diesem Prinzip schon ziemlich nahe und sind deshalb effizienter als wir, was den Luftaustausch angeht. (Ein Grund, warum Gänse kein Problem haben, über den Himalaya zu fliegen, während unsereins da Sauerstoffgeräte benötigt.) Das verdanken sie einem raffinierten System von Luftsäcken. Die Luftströmung in der Lunge erfolgt in einer Art Vier-Takt-Prinzip. Im ersten Takt (Inspiration 1) wird Luft eingeatmet und gelangt durch die Trachea (Luftröhre) an der Lunge vorbei zu den hinteren Luftsäcken (ein Teil geht direkt in Richtung der eigentlichen Lunge). Dann ziehen sich die Luftsäcke zusammen, so dass die Luft durch die Lunge strömt. Hier liegen die Parabronchien, kleine Kanäle, die – ähnlich wie unsere Lungen – winzige Bläschen für den eigentlichen Gasaustausch haben. Die Luft gibt Sauerstoff ans Blut ab und nimmt Kohlendioxid auf (im Bild oben blau dargestellt). Jetzt fließt sie in die vorderen Luftsäcke und wird dann beim zweiten Ausatmungstakt wieder ausgestoßen. Wie ihr seht, strömt die Luft immer nur in einer Richtung durch die Parabronchien.
Ja, da könnte man neidisch werden (und wenn es einen intelligenten Designer gäbe, dann müsste man ihn allein dafür verklagen, dass wir nicht auch solche schicken Lungen haben). Interessant ist aber natürlich die Frage, wie und wann sich die Vogellungen entwickelt haben.
Vögel stammen bekanntlich von den Dinosauriern ab. Inzwischen weiß man, dass viele Dinos – ähnlich wie Vögel – Knochen hatten, die mit Luftsäcken gefüllt waren und die dementsprechend vermutlich in der Atmung eine Rolle spielten. Bisher wurde meist angenommen, dass sich die Vogellunge im Zusammenhang mit dem Fliegen oder der Warmblütigkeit (vornehm gesagt: der Endothermie; darüber habe ich einen meiner ersten Texte hier geschrieben) entwickelt hat.
Vor ein paar Jahren wurde aber entdeckt, dass auch Alligatoren eine Lunge haben, durch die der Luftstrom bevorzugt in einer Richtung fließt. Eine neue Untersuchung zeigt nun, dass das auch für das Nilkrokodil gilt und somit wohl eine Eigenschaft aller Krokodile ist. Und da Krokodile die nächsten lebenden Verwandten der Vögel sind, spricht das dafür, dass sich ein solches Prinzip schon bei den Vorfahren der Dinos und Krokodile entwickelt hat.
So sieht eine solche Krokodillunge aus:
Aus Schachner et al., s.u.
Sieht zwar erst mal nicht so kompliziert aus, aber der erste Eindruck täuscht. So eine Krokodillunge hat ein unglaublich kompliziertes Netzwerk an Bronchien, Dorsobronchien, Laterobronchien, primären und sekundären Bronchien. So nämlich sieht die Lunge aus, wenn man sie im Computertomographen anguckt
Aus Schachner et al., s.u.
Der halbtransparente Bereich im oberen Bild zeigt die Lunge, darin sitzen die vielen Bronchien. Ich geben zu, ich habe nach kurzer Zeit aufgegeben zu versuchen, genau zu verstehen, wie diese ganzen verzweigten Dingso-Bronchien alle genau miteinander verbunden sind und von welcher Luft wie wohin fließt. Zum Glück ist das aber für die entscheidende Aussage der Arbeit auch nicht so wichtig.
Um mehr über die Luftströmung in der Krokodillunge herauszufinden, haben die AutorInnen (darunter übrigens John Hutchinson, den ich ja schön öfters mal erwähnt habe und über dessen Arbeit ich wohl demnächst schon wieder schreiben muss, wen ich sein neustes paper gelesen habe…) Sensoren in eine Krokodillunge gesteckt und dann Luft hineingepumpt und die Strömungen vermessen.
Kommentare (19)