By Emok – Own work, CC BY-SA 3.0, Link
Beim Casimir-Effekt betrachtet man zwei Metallplatten, die genau parallel zueinander sind und die sehr dicht aneinander stehen. Das elektrische Feld kann auf solchen Platten nur senkrecht stehen, und das schränkt die möglichen Felder ein, die sich zwischen den Platten ausbilden können. Feldkonfigurationen mit einer Wellenlänge, die größer ist als der Abstand der Platten, sind beispielsweise nicht mehr möglich, auch solche nicht, bei denen z.B. nur 3,7 oder 12,9 Wellenlängen zwischen die Platten passen. (Auch die Wiki-Seite spricht übrigens von Teilchen, die auf grund der Energieunschärfe aus dem Vakuum erzeugt werden können – aber dazu komme ich noch, irgendwann.)
Schaut euch nochmal meine Veranschaulichung des Vakuums oben an. Wenn wegen der Metallplatten einige der Felder sich so nicht zwischen den Platten ausbilden können, dann fällt die entsprechende Zeile aus dem Diagramm heraus. Dementsprechend ist das Vakuum zwischen den Platten in einem anderen Zustand – es tragen weniger Möglichkeiten bei als beim ungestörten Vakuum. Und weil diese Möglichkeiten wiederum einen Beitrag zur Nullpunktsenergie leisten, ist die Nullpunktsenergie zwischen den Platten kleiner. Dieser Effekt wird um so größer, je dichter man die Platten zusammenschiebt. Man gewinnt also Energie, wenn die Platten sich annähern, und das bedeutet, dass sie sich anziehen. (Eine relativ einfache Rechnung dazu findet ihr im Buch von Zee “QFT in a nutshell” – er verwendet einen netten Trick, um die Feldenergie im Vakuum außerhalb der Platten geschickt einzubeziehen.)
Es gibt also eine winzige Kraft zwischen den beiden Metallplatten, die man mit genügend Messaufwand auch tatsächlich nachweisen kann. Und diese Messung bestätigt die Theorie auch sehr gut. Ein klarer experimenteller Nachweis der merkwürdigen Überlagerung unseres Vakuumzustands.
So steht’s jedenfalls in fast allen Büchern. Das kleine Problem dabei ist nur – ganz so einfach ist es nicht.
Der Physiker R.L. Jaffe hat sich 2005 seine eigenen Gedanken zum Casimir-Effekt gemacht. Insbesondere hat er überlegt, dass die Metallplatten ja irgendwie mit dem Feld (bzw. dem Vakuum) wechselwirken müssen – es können nicht einfach irgendwelche Platten sein, sondern sie müssen das Feld eben genau so beeinflussen, dass das elektrische Feld senkrecht auf den Platten stehen muss. Dazu müssen die Platten irgendwelche elektrischen Ladungen enthalten (die sich natürlich insgesamt ausbalancieren, weil die Platten elektrisch neutral sind.) Und das bedeutet, dass sich die Ladungen der beiden Platten gegenseitig beeinflussen können, indem sie über das Quantenfeld (wenn ihr wollt, könnt ihr von “virtuellen Photonen” sprechen) miteinander wechselwirken.
Rechnet man unter dieser Annahme mit den Mitteln der QFT aus, wie die beiden Platten sich beeinflussen, dann bekommt man dasselbe Ergebnis heraus wie bei der Rechnung mit den Vakuumfluktuationen. Die Rechnung ist insofern sogar etwas sauberer, als sie die Randbedingung (das Feld muss senkrecht stehen) direkt mit einbezieht und die Konsequenzen dieser Bedingung ausrechnet. Die Aussage, dass der Casimireffekt ein direkter Nachweis der Vakuumenergie ist, ist also zwar populär, aber zumindest problematisch, weil man dasselbe Ergebnis auch anders ausrechnen kann. (Das schließt aber natürlich nicht aus, dass beide Antworten richtig sind und dass beide letztlich äquivalent sind, sowas passiert in der Physik ja häufiger.)
Ihr seht, die Sache mit dem Vakuum ist komplizierter als man meistens liest – und deswegen wird es auch niemanden überraschen, wenn ich darüber noch einen weiteren Blogtext schreibe, dass meine Ideen der Art “ich könnte ja mal schnell was schreiben zu…” gern mal in längere Serien ausarten, ist ja nichts neues.
Disclaimer Wie so oft, wenn es um QFT geht, schreibe ich hier über Dinge, über die ich mir selbst gerade klar zu werden versuche. Wenn ihr also irgendetwas von dem, was ihr steht, eurem Prof in der Prüfung erzählt und dann durchfallt, übernehme ich keine Haftung dafür. (Nicht, dass ich das sonst täte…)
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