Es war quasi das Überraschungsei der Physik: Gravitationswellen, Quantengravitation und Inflation – die Analyse der kosmischen Hintergrundstrahlung, die im März präsentiert wurde, erfüllte gleich drei Wünsche auf einmal und sorgte für viel Furore (Florian berichtete – lest seinen Artikel, wenn ihr die Hintergründe detailliert erfahren wollt). Aber vielleicht war die Freude über diese Entdeckung doch etwas verfrüht? Neue Analysen zeigen, dass die Daten vielleicht doch nicht das zeigen, was man dachte.
Das Problem steckt wie immer im Detail – in diesem Fall darin, wie genau man die Daten analysiert. Denn wenn man die kosmische Mokrowellenstrahlung ansehen will, um darin winzige Schwankungen zu entdecken, dann muss man eben alle anderen Quellen von Mikrowellenstrahlung aus den Daten herausrechnen. Und das ist alles andere als einfach.
Das BICEP-Team, das die Analyse gemacht hatte, verwendete die Daten, die zu dieser Zeit zur Verfügung standen. Inzwischen gibt es aber bessere Daten des Planck-Satelliten, die die Verteilung von Staub in der Milchstraße wesentlich genauer wiedergeben als die älteren Daten. Und wenn man diese neuen Daten berücksichtigt, dann zeigt sich, dass der Staub der Milchstraße vermutlich für eine stärkere Polarisation der Hintergrudnstrahlung sorgt als ursprünglich angenommen. Auch diese neuen Daten sind allerdings noch nicht ganz zuverlässig – erst im Herbst werden weitere Daten von Planck vorliegen, die dann hoffentlich Klarheit bringen.
Bei der Analyse der Daten hatte das BICEP-Team seine neuen Daten mit älteren verglichen, die bei anderen Frequenzen aufgenommen wurden. Aus dem Vergleich schlossen sie, dass die Beobachtungsdaten vermutlich nicht durch Staub verursacht werden könnten. Auch hier zeigt eine neuere Analyse aber, dass dies nicht so klar ist. Gerade auf kleinen Längenskalen ist die Analyse von BICEP eventuell problematisch, weil dort Effekte durch Gravitationslinsen auftreten können, die mit dem gesuchten Effekt verwechselt werden können.
Das BICEP-Team selbst steht aber nach wie vor zu seinen Daten und Analysen. Die Lage ist also zunächst noch unklar – wir werden wohl abwarten müssen, bis bessere Daten vorliegen. Mit dem Nobelpreis 2014 wird es dann aber wohl nichts mehr werden.
Ob sich die Veröffentlichung durch BICEP als verfrüht herausstellt (und dann als ähnliches Desaster in die Geschichte eingehen wird wie die überlichtschnellen Neutrinos), bleibt also abzuwarten. Die Geschichte offenbart auf jeden Fall das Dilemma, in dem WissenschaftlerInnen stecken: Verööfentlicht man unsichere Daten zu früh, steht man dumm da, falls sie sich als falsch herausstellen; veröffentlicht man zu spät, ist die Gefahr groß, dass andere einem die Entdeckung wegschnappen. Gerade in einer Zeit, in der viel auf Kennzahlen geachtet wird, ist schnelles Veröffentlichen manchmal vielleicht wichtiger als die Beständigkeit der Ergebnisse.
Ich habe die Informationen in diesem Eintrag im wesentlichen aus diesem Nature-Artikel:
R. Cowen, Big Bang finding challenged, Nature 510 (2014) 20
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