Ein gefiederter Ornithischier wirft natürlich jede Menge Fragen auf: Da sich die Ornithischier und die Saurischier (zu denen die Raubsaurier gehören) ganz am Anfang der Dino-Evolution getrennt haben, gibt es nur zwei Möglichkeiten: Entweder die beiden Gruppen haben unabhängig voneinander sehr ähnliche Feder-Strukturen entwickelt (was recht unwahrscheinlich ist), oder der letzte gemeinsame Vorfahre von beiden hatte ebenfalls schon Federn. Waren dann vielleicht alle Dinos (zumindest stellenweise, wir kennen ja auch Schuppenabdrücke) gefiedert? Das würde unser Bild der Dinos noch einmal ziemlich umkrempeln.

Als drittes werfen wir noch einen Blick auf einen Raubsaurier – tatsächlich ist es sogar ein echter Vogel, nämlich Jeholornis. Der lebte in der frühen Kreidezeit in China und ist von zahlreichen Fossilien bekannt. An einigen waren auch Federn erhalten, und so wusste man, dass Jeholornis an der Schwanzspitze einen dekorativen Federkranz hatte. Eine genauere Untersuchung einiger der Fossilien zeigte aber etwas ungewöhnliches: weitere Schwanzfedern, die aber am Ansatz des Schwanzes saßen. Hier ein Blick auf eins der Fossilien:

jeholornis1

O’Connor et al., s.u.

Hinten erkennt ihr den Federkranz am Ende des Schwanzes, aber vorn, am Schwanzansatz, sitzen auch lange Federn. Jeholornis hatte also eine Art Doppelschwanz – einen Federkranz vorn und einen weiteren hinten, etwa so:

jeholornis2

O’Connor et al., s.u.

Die vorderen Schwanzfedern waren dabei robust und ähnlich gebaut wie die Flugfedern an den Flügeln – das spricht dafür, dass sie eine aerodynamische Funktion hatten, möglicherweise ähnlich wie beim Schwanz von modernen Vögeln. Eine Abschätzung zeigt, dass der Auftrieb des Vorder-Schwanzes zwar klein, aber nicht vernachlässigbar ist, während die Federn hinten am Schwanz wohl nichts zum Auftrieb beitrugen. Möglich ist auch, dass sowohl die vorderen als auch die hinteren Schwanzfedern zur Steuerung oder Stabilisierung des Fluges dienten, aber das genau herauszubekommen dürfte extrem schwierig werden.

Leider gibt es nur wenige Fundstellen, in denen die Fossilien so gut erhalten sind, dass man Kämme oder Federn erkennen kann. Man darf also durchaus ein wenig spekulieren, welche Strukturen uns an anderen Dinos, die wir nicht so gut kennen, möglicherweise entgehen (auch wenn das hier vermutlich etwas übertrieben ist).

                       

Bell, Phil R., et al. “A Mummified Duck-Billed Dinosaur with a Soft-Tissue Cock’s Comb.” Current Biology 24.1 (2014): 70-75.

Godefroit, Pascal, et al. “A Jurassic ornithischian dinosaur from Siberia with both feathers and scales.” Science 345.6195 (2014): 451-455.

O’Connor, Jingmai, et al. “Unique caudal plumage of Jeholornis and complex tail evolution in early birds.” Proceedings of the National Academy of Sciences 110.43 (2013): 17404-17408.

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Kommentare (8)

  1. #1 mafjosnik
    Molbergen
    7. Januar 2015

    Nicht schlecht

    Spamlink entfernt MartinB

  2. #2 Bettina Wurche
    8. Januar 2015

    Danke für den herrlichen Artikel über Dino-Federn, -Fuzz und Kopfschmuck!

    Der “Anatosaurus” war auch in einem meiner Dino-Kinderbücher. Es ging da um eine Mumie. Wie habe ich mich gefreut, als ich 2000 bei meinem ersten Besuch im Senckenberg-Museum tatsächlich genau diese mittlerweile Edmontosaurus benannte Mumie persönlich traf, mit Haut- und Huferhaltung!

    Im gleichen Museum ist auch ein Abguß der Typus-Platte von Psittacosaurus mongoliensis und eine gute Rekonstruktion. Das Original wurde von Gerald Mayr beschrieben und anschließend nach China zurückgegeben. Die “Schwanzbürste” wird als “Display function” interpretiert, z. B. um potentielle Paarungs-Partner zu beeindrucken.
    https://www.miketaylor.org.uk/tmp/papers/gmayr43.pdf

    Kulindadromeus? Den kannte ich noch gar nicht – oh wie knuffig : )))

    Mein persönlicher Favorit ist Bambiraptor in dieser Version:
    https://www.google.de/search?q=bambiraptor&source=lnms&tbm=isch&sa=X&ei=KcquVKL-EMP6PK3AgVA&ved=0CAgQ_AUoAQ&biw=1600&bih=1052

    Im Naturkundemuseum Stuttgart gab es bei meinem letzten Besuch eine sehr gute Ausstellung zu gefiederten Dinos – sehr sehenswert!

  3. #3 MartinB
    8. Januar 2015

    Ja, Senckenberg ist super.
    Und ja, gefiederte Dinos sind gleichzeitig knuffig und cool.
    Der bambiraptor-Link führt aber bei mir auf die google-Suchseite mit 1000 Versionen.

  4. […] Hier Wohnen Drachen hat eine sehr nette Übersicht über neue Forschung zu Dinos mit Kämmen, Federn und geschmückten Schwänzen. Es scheint so also ob unser klassisches Bild von Dinos als nackthäutige Riesenechsen nicht so wirklich mit dem übereinstimmt, wie es damals tatsächlich aussah. Vielleicht hatten die sogar alle Federn? Im Blog gibt es auch tolle Bilder! […]

  5. #5 Bettina Wurche
    9. Januar 2015
  6. #6 MartinB
    10. Januar 2015

    Schick – und bunt…

  7. #7 Omnivor
    12. Januar 2015
  8. #8 MartinB
    12. Januar 2015

    @Omnivor
    Das Foto ist super.
    Und spielende Dinos hatten wir hier ja schon:
    https://scienceblogs.de/hier-wohnen-drachen/2014/09/11/tyrannosaurier-beim-ballspielen-erwischt/