Tut mir Leid, aber statt cooler Wissenschaft gibt es heute nochmal den Papst. Nachdem wir neulich gelernt haben, dass es schon o.k. ist, jemandem eins aufs Maul zu geben, wenn er beleidigend wird, setzt er jetzt noch einen drauf: Auch Kinder zu schlagen, ist ganz o.k.
Mehr noch als o.k., es ist sogar was Schönes, solange man den Kindern nicht ins Gesicht schlägt. Hier die Geschichte, wie sie von der ZEIT verbreitet wird (auch die BBC berichtet, ebenso die tagesschau):
Dazu erzählte der Papst eine Anekdote: “Einmal habe ich einen Vater bei einem Treffen mit Ehepaaren sagen hören: ‘Ich muss manchmal meine Kinder ein bisschen schlagen, aber nie ins Gesicht, um sie nicht zu demütigen’.”
“Wie schön!”, erklärte Franziskus. “Er weiß um den Sinn der Würde. Er muss sie bestrafen, aber tut es gerecht und geht dann weiter.”
Geäußert hat sich der Papst bei einer Audienz, in der er über die Rolle von Vätern in der Familie sprach (da kennt er sich sicher gut aus…).
Und statt Schadensbegrenzung verteidigt der Vatikan das Ganze – denn ein Vatikan-Vertreter stellt fest, dass doch jeder schon mal als Kind geschlagen worden sei oder sein Kind geschlagen habe. Es ginge schließlich darum Kindern zu Wachstum und Reife zu verhelfen. Und da hilft es sicher, Kinder “gerecht” und “mit Würde” ein bisschen zu schlagen. Wie immer das gehen soll. Ich dachte, zur Bestrafung geschlagen zu werden, sei immer und schon inhärent demütigend, aber da kenne ich mich wohl nicht gut genug aus, immerhin sitzen im Vatikan ja lauter Experten, die bestimmt alle ganz viel Erfahrung mit dem Großziehen von Kindern haben. (Oder die eben alle selbst als Kinder geschlagen wurden und glauben, es habe ihnen nicht geschadet? Da bin ich direkt versucht, eine Verbindung herzustellen zwischen Kindern, die von autoritären Vätern geschlagen wurden und den daraus werdenden Erwachsenen, die einer autoritär orientierten Religion angehören, die ihren Anhängern mit Höllenstrafen droht…)
Im Tagesschau-Artikel wird der Papstsprecher zitiert:
Papstsprecher Federico Lombardi stellt klar: Papst Franziskus habe Eltern nicht dazu aufgefordert, ihre Kinder zu schlagen. Vielmehr habe er sie dazu ermuntert, “zu korrigieren ohne zu erniedrigen”
Nein, zum Schlagen aufgefordert hat er nicht – er hat nur gesagt, dass Schlagen “in Würde” völlig in Ordnung geht.
Und dann lesen wir noch folgendes im ZEIT-Artikel:
Der Vatikan argumentierte, dass er Prügelstrafe in keiner Weise fördere. Doch habe man keine rechtliche Handhabe, ein entsprechendes Verbot in katholischen Kirchen durchzusetzen.
Nein, der Vatikan hat natürlich keinerlei Einfluss auf das, was in katholischen Kirchen passiert, ist klar. “Rechtliche Handhabe” hin oder her – wenn der Papst sagt “Kinder schlagen ist schon o.k., Hauptsache nicht ins Gesicht”, dann hat das mit Sicherheit einen Einfluss auf das, was in katholischen Kirchen (oder katholischen Familien) passiert.
Einerseits beansprucht die Kirche für sich, Ethik und Moral zu vertreten (und verbucht gute Taten von Katholiken gern auf ihr Konto), aber wenn es Gegenwind gibt, dann heißt es plötzlich “Wir haben ja gar keinen Einfluss”? Könnte der Papst nicht einfach ein paar Klare Worte zur Menschenwürde finden – gegen das Schlagen von Kindern, gegen Diskriminierung (bis hin zur Kriminalisierung und Verfolgung) z.B. von Homosexuellen, für Frauenrechte? Stattdessen hören wir Verständnis für Gewalt gegen Religionskritikerinnen und -kritiker und gegen Kinder.
Dank an den Webbären für den Link zum Spiegelartikel.
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