Auch wenn es heute ein wenig kühler ist – die letzten Tage sind ein guter Anlass, mal darüber nachzudenken, warum uns eigentlich so heiß wird, wenn es mal mehr als 30 oder 35 Grad sind und welche Physik dahinter steckt.
Im ersten Moment könnte man ja meinen, Temperaturen von etwa 35°C müssten für uns ideal sein – immerhin entspricht das ja unserer Körpertemperatur. (In diesem Text hantiere ich vor allem mit Abschätzungen – deswegen mache ich zwischen 35°C und 37°C keinen besonderen Unterschied; außerdem ist unsere Körpertemperatur eh nicht überall gleich. Für die Körperoberfläche sind 32-35°C halbwegs brauchbare Werte.) Eigentlich sollten wir bei dieser Temperatur also perfekt im thermischen Gleichgewicht mit der Umgebung sein.
Das ist aber natürlich nicht so, denn wir verbrauchen ja ständig Energie. Der Ruheumsatz eines Menschen beträgt so etwa 2000 Kalorien am Tag – aber Vorsicht: Das, was wir meist im Alltag als “Kalorien” bezeichnen, sind in Wahrheit Kilokalorien: 1kcal=1000cal.
Eine Kilokalorie ist die Wärmemenge, die man braucht, um ein Kilogramm Wasser um ein Grad zu erwärmen (wobei das eine etwas ungenaue Definition ist, weil die Wärmekapazität von Wasser, also die Wärmemenge, die man zum Erwärmen um ein Grad braucht, selbst ein bisschen von der Temperatur abhängt – aber wie gesagt, solche Feinheiten sollen mich heute gar nicht interessieren, ich jongliere nur grob ein paar Zahlen). Mit 2000kcal könnte man also satte 2000Kilogramm Wasser um ein Grad erwärmen, oder 1000Kilogramm um zwei Grad oder 65 Kilogramm (so etwa meine Körpermasse) um etwas mehr als 30 Grad.
Da sieht man schon, warum ich mich bei 35 Grad nicht besonders wohlfühlen werde, ohne irgendwie Wärme loszuwerden – mein Körper würde allein auf Grund des Grundumsatzes, also nur um den Betrieb aufrecht zu erhalten, so viel Wärme produzieren, dass sich meine Körpertemperatur pro Stunde um etwa 1 Grad erhöhen würde. Nach 3-4 Stunden hätte ich also extremes Fieber, wenig später wäre es dann wohl vorbei. Es ist also nicht verwunderlich, dass ich bei 35 Grad ins Schwitzen komme. (Zum Schwitzen gleich noch mehr.)
Nicht mehr Schwitzen tue ich dann, wenn es etwas kühler ist. Irgendwo (ich glaube, es war in Hoymar von Dithfurths großartigem Buch “Querschnitte”) habe ich mal gelesen, dass ein ruhender, unbekleideter Mensch bei etwa 30 Grad Außentemperatur so viel Wärme durch die Haut abführt, dass er weder friert noch schwitzt. Dieser Temperaturwert ist natürlich nicht ganz scharf definiert, weil wir ja durch Tricks wie etwa die Erweiterung der Blutgefäße unter der Haut oder in den Extremitäten die Oberflächentemperatur unserer Haut und damit den Wärmefluss nach außen beeinflussen können. Außerdem spielt natürlich auch eine Rolle, wie sich die Luft bewegt – sobald es windig ist, wird mehr Wärme abgeführt, weil die warme Luft über der Haut schneller abtransportiert wird.
Also: Nehmen wir vereinfachend an, dass wir uns bei einer Hauttemperatur von 35°C und einer Umgebungstemperatur von 30°C wohlfühlen und der Abfluss von Wärme genau der Wärmeproduktion des Körpers entspricht. Die ist übrigens, umgerechnet auf Sekunden und SI-Einheiten, ziemlich genau 100W – ein Mensch strahlt also soviel Wärme ab wie eine helle Glühlampe (was nebenbei auch erklärt, warum es auf Partys in kleinen Räumen schnell ziemlich warm wird). Der Wärmefluss beträgt jetzt also 100W – pro Sekunde erzeugen wir 100 Joule an Wärmeenergie, die nach außen abfließen.
Der Wärmestrom zwischen einem Körper und dem umgebenden Medium ist proportional zur Temperaturdifferenz. Wenn wir also die Außentemperatur um bloß 2,5°C erhöhen, dann ist die Temperaturdifferenz statt 5°C nur noch 2,5°C – der Wärmestrom wird halbiert und wir kommen so langsam ins Schwitzen, um zusätzliche Wärme abzuführen. Verringern wir umgekehrt die Außentemperatur auf 25°C, beträgt der Wärmefluss jetzt 200W – da wir nur 100W an Wärmeleistung produzieren, wird uns dann langsam kühl und wir ziehen uns lieber etwas über. (Achtung: Ein großer Teil der Körperwärme geht auch durch Strahlung verloren, aber bei kleinen Temperaturgradienten gilt auch hier, dass der Wärmetransport propotional zur Temperaturdifferenz ist.)
Fange ich bei 30°C an, zusätzliche Wärme zu produzieren, beispielsweise durch Joggen (was in den letzten Tagen bei zum Teil 37° schon ziemlich anstrengend war…), dann muss diese Wärme auch abgeführt werden. Laut dem Brigitte-Kalorien-Rechner (war der erste Link) verbrauche ich bei 20 Minuten moderatem Joggen 254 Kalorien (das sind na klar Kilo-Kalorien – kommt mir recht viel vor, aber habe ich auch auf anderen Seiten ähnliche Werte gefunden). Das sind in Joule 254*1000*4,2, also etwa 1 Million Joule. 20 Minuten sind 1200 Sekunden, also erzeuge ich jetzt etwa 900 Watt Wärme, also 900 Joule pro Sekunde. (Kommt mir irgendwie immer noch viel vor – auf dem Trimmrad finde ich radeln bei 200Watt ziemlich anstrengend und halte es nicht lange durch, bei einem Wirkungsgrad von etwa 20-25% entspricht das der gleichen Leistung, wie ich sie hier für’s Joggen berechnet habe. Mag natürlich daran liegen, dass ich wesentlich mehr jogge als Rad fahre und deshalb die passenden Muskeln habe.)
So oder so – selbst moderates Joggen erhöht also die Wärmeerzeugung meines Körpers deutlich. Um mit dieser massiv erhöhten Wärmeproduktion fertig zu werden, kann sich der Körper jetzt nicht mehr auf die Wärmeabfuhr durch den einfachen Wärmeübergang in die Außenluft begnügen, da wäre ich nach 20 Minuten mit 254 Extra-Kalorien gleich um etwa 4 Grad überhitzt. Deswegen kann ich auch mit kurzen Sachen bei Temperaturen Joggen gehen, bei denen ich ansonsten eher lange Sachen oder sogar ne Jacke brauche.
Aber Achtung: Wenn ihr die Temperaturen ausrechnen wollt, bei denen ich ohne dass mir zu warm wird Joggen kann, dann wäre die naive Rechnung: Neunfache Wärmeproduktion, also brauche ich die neunfache Temperaturdifferenz gegenüber der, bei der ich mich normal wohlfühle, also kann ich bei einer Temperaturdifferenz von -45°C (sprich, bei -10°C) problemlos in kurzen Sachen Joggen. Das ist aber natürlich Unsinn – zum einen kommt es jetzt tatsächlich sehr genau auf die echte Temperaturdifferenz an, die ich oben ja mit 5°C nur grob geschätzt habe (wären es 2,5°C, dann wäre die angenehme Jog-Temperatur schon bei +7,5°C), zum zweiten kommt ein bisschen zusätzliche Abkühlung durch die Bewegung hinzu, zum dritten können wir das Schwitzen beim Joggen kaum vermeiden. Um hier zu vernünftigen Zahlen zu kommen, müsste man schon etwas genauer hingucken.
Deswegen fange ich auch ziemlich schnell an zu schwitzen. Dabei verdunstet Wasser, das heißt, es geht vom flüssigen in den gasförmigen Zustand über. (So sollte es jedenfalls sein – wenn das Wasser in Bächen am Körper entlangläuft und runtertropft, ist die Kühlungswirkung entsprechend klein, weil dann nichts verdunstet.) Dazu wird eine ziemliche Energiemenge gebraucht: Laut Wikipedia ist die Verdunstungswärme etwa 43kJ/mol. Ein Mol Wasser entspricht 18 Gramm, also kann ein Gramm Wasser etwa 2,5 Kilojoule an Energie abführen. Um meine 900 Watt Wärme loszuwerden (also 900 Joule pro Sekunde), muss ich also in jeder Sekunde etwa ein Drittel Gramm Wasser ausschwitzen. Klingt nicht viel, aber nach 20 Minuten Joggen sind das immerhin 1200Sekunden *(1/3 Gramm/Sekunde)=400 Gramm Wasser; eher mehr, wenn ich berücksichtige, dass nicht alles Wasser perfekt verdampft, sondern einiges auch in meine Klamotten geht, und dass auch nicht die ganze Kühlwirkung meinem Körper zu Gute kommt, weil ja auch die umliegende Luft Wärme abgibt.
Falls ich gerade nicht jogge, sondern bei etwa 35°C faul herumliege (so dass keine Wärme abgeführt wird), dann muss ich entsprechend die 100 Watt Ruheleistung an Wärmeenergie loswerden – das macht dann nur noch ein Neuntel der eben berechneten Menge, also etwas mehr als 40 Gramm pro 20 Minuten oder so etwa 120 Gramm Wasser pro Stunde. In 10 Stunden schwitze ich also (ohne mich irgendwie anzustrengen oder irgendwas zu tun) mehr als einen Liter Wasser aus. Tue ich noch etwas, wird die Menge entsprechend größer. (Zusätzlich verliere ich natürlich auch Wasser durch die Atmung, weil Atemluft feucht ist, sowie auf dem stillen Örtchen.) Kein Wunder, dass wir bei großer Hitze viel trinken müssen. (Wesentlich schlimmer als wir sind Elefanten dran – die haben durch ihre enorme Größe auch noch eine kleine Körperoberfläche und können außerdem nicht schwitzen. Wie sie trotzdem klar kommen, habe ich vor einiger Zeit mal hier erklärt.)
Wie ihr seht, kann man mit ein bisschen herumrechnen ganz gut verstehen, warum uns in den letzten Tagen oft so sehr heiß war und wir so viel schwitzen mussten.
Zum Abschluss eine kleine Warnung: Ich habe die Abschätzungen hier ohne großes Quellenstudium betrieben – sie sind also vergleichsweise grob und die Zahlen sind nicht besonders verlässlich. Wenn ihr genauere Zahlen (und detaillierte Betrachtungen zum Wärmeverlust etc.) sucht, findet ihr sie zum Beispiel bei der Charite oder der Uni Magdeburg.
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