Im dritten (und letzten) Teil der Serie kommen wir jetzt zu Objekten, deren Existenz eine Zeitlang durchaus umstritten war oder sogar immer noch ist. Quarks sind inzwischen etabliert, aber bei Dingen wie der Dunklen Materie oder gar der Dunklen Energie ist es durchaus strittig, inwieweit wir sie bereits “gesehen” haben. Das Prinzip aus den vorigen beiden Teilen bleibt aber immer noch dasselbe – zum “Sehen” braucht man nicht nur Beobachtungen, sondern auch eine Theorie.

Quarks

Auch Quarks sind inzwischen als Elementarteilchen, die es tatsächlich gibt (die wir “gesehen” haben), anerkannt – von daher gehörten sie eigentlich in den zweiten Teil, aber aus Platzgründen habe ich sie hierher verschoben. Quarks wurden zunächst rein theoretisch eingeführt – Gell-Mann erkannte, dass man die beobachteten schweren Elementarteilchen (Hadronen) in halbwegs einfacher Weise gruppieren konnte, wenn man annahm, dass sie aus Bausteinen zusammengesetzt sind, eben den “Quarks”. Das war zunächst nur ein theoretisches Konzept – als Nachweis galt das nicht.

Ein Problem mit der Quark-Idee war, dass Quarks eine gebrochenzahlige Elementarladung haben müssen, damit die Theorie stimmt (also beispielsweise 2/3 einer Elektron-Ladung). Teilchen mit einer solchen Ladung hatte man aber nie beobachtet – wenn es Quarks wirklich geben sollte, müsste man sie doch auch irgendwie isolieren können. Trotz dieses Problems war die Theorie aber sehr elegant und konnte viele Beobachtungen erklären.

Deutlich an Plausibilität gewann die Theorie, als man Streuversuche an Hadronen machte. Das Prinzip dabei war ganz ähnlich zum Rutherford-Experiment: Diesmal wurden Elektronen (die elementar sind) an Protonen (die aus Quarks bestehen) gestreut. Die Ergebnisse ließen sich am besten erklären, wenn man annahm, dass die Protonen mehrere Bestandteile enthielten, die Elektronen, die diesen Bestandteilen sehr nahe kamen, besonders stark ablenkten. Die theoretische Analyse dazu stammte von Richard Feynman – Feynman sprach aber in den entsprechenden Veröffentlichungen aus den 60er Jahren zum Thema Quarks auch von “Partonen”, weil sie eben nicht annahm, dass diese Objekte unbedingt mit den Quarks identisch seien.

Hier hatte man also durch Experimente festgestellt, dass Protonen aus kleineren Objekten (Partonen) bestehen müssten. Außerdem gab es die Idee der Quarks – doch wegen der Probleme beispielsweise mit der Ladung der Quarks galten die Quarks, die Gell-Mann sich ausgedacht hatte, dadurch noch nicht wirklich als bestätigt. (Dass Feynman und Gell-Mann eine gewisse Konkurrenz zueinander hatten, trug sicherlich auch dazu bei, dass Feynman nicht das Wort “Quark” verwendete.)

Die Identifikation der Quarks passierte dann sozusagen nachträglich, als die Theorie der Quarks (Quantenchromodynamik) ausgearbeitet wurde, die unter anderem erklären konnte, wie genau die Quarks zusammenhalten und warum wir (mit Ausnahme des instabilen top-Quarks) nie isolierte Quarks beobachten können. (Die Theorie habe ich neulich etwas ausführlicher erklärt,deswegen spare ich mir das hier.) Das Konzept von Teilchen, die man nicht isolieren kann, war aber ja nicht wirklich neu – wir hatten ja schon die Atomtheorie aus dem 19. Jahrhundert kurz gesehen, bei der Atome auch nur paarweise auftreten sollten.

Am Nachweis der Quarks kann man aber noch einmal exemplarisch sehen, das “etwas nachweisen” eben tatsächlich sowohl Beobachtung als auch Theorie erfordert – die Beobachtungen waren da, der Nachweis der Quark-Theorie galt aber erst als erbracht, nachdem die Beobachtungen auch quantitativ mit der Quark-Theorie in Einklang gebracht werden konnten und als die Probleme mit der Theorie ausgeräumt waren. Später hat man – unter anderem im Speicherring HERA in Hamburg – dann sehr viel weitere Experimente gemacht, um das Zusammenspiel der Quarks im Proton wesentlich besser zu verstehen. Das meiste davon passte auch gut zur Theorie, auch wenn es Experimente gibt, die man nicht wirklich ganz genau versteht. 

Trotzdem sind Quarks nach wie vor die beste (um ehrlich zu sein, die einzige) Erklärung für die Eigenschaften und den Aufbau von Protonen, Neutronen und ihren Verwandten – sie sind theoretisch einigermaßen gut verstanden (auch wenn Rechnungen in der QCD extrem schwierig sind, gibt es doch zahlreiche gut bestätigte Vorhersagen der Theorie), und sie sind durch Streuexperimente auch nachgewiesen.

Dunkle Materie

Zum Abschluss kommen wir zu den Dingen, bei denen der Nachweis durchaus umstritten ist. Ein prominentes Beispiel dafür ist die berühmte “dunkle Materie”. (So ziemlich alles darüber findet ihr bei Florian, deswegen mach ich’s kurz.) Die dunkle Materie hat man bei der Beobachtung der Bewegung von Sternen und Galaxien “entdeckt” – etwas genauer gesagt hat man entdeckt, dass sich Sterne in Galaxien anders bewegen, als sie es im Schwerefeld der beobachteten anderen Sterne tun sollten. Irgend etwas beeinflusst die Bewegung der Sterne also zusätzlich. Da die Gravitationskraft die einzige Kraft ist, die eine hinreichend große Reichweite hat (auch die elektrische Kraft hat eine sehr große Reichweite, aber da es positive und negative Ladungen gibt, tendieren die dazu, sich zu kompensieren, so dass elektrische Felder auf galaktischen Längenskalen dann doch nicht stark genug sind), muss das zusätzliche Etwas also irgendwas mit einer Masse sein, das man aber nicht direkt mit Teleskopen sehen kann. (Ideen mit einer modifizierten Gravitationstheorie – MOND – gibt es auch, aber die erklären die Ergebnisse nicht so gut.) Dieses “Etwas” ist die dunkle Materie.

In gewisser Weise können wir sagen, dass die dunkle Materie nachgewiesen ist – direkt “sehen” können wir sie nicht, aber wir haben Beobachtungen (die Abweichungen der Sternbahnen von dem, was wir erwarten) und eine Theorie (die Gravitationstheorie), die nur unter einen Hut gebracht werden können, wenn wir die Existenz der dunklen Materie annehmen.

Wirklich zufrieden ist mit diesem sehr indirekten Nachweis aber niemand – einfach deswegen nicht, weil uns der Nachweis keinen Hinweis darauf gibt, was es mit der dunklen Materie auf sich hat. Wir haben keine Theorie für die dunkle Materie selbst und wissen eben nicht, worum es sich dabei handelt.

Eine Möglichkeit sind WIMPs – schwach wechselwirkende massive Teilchen. Das wären schwere Elementarteilchen, die aber nur wenig mit anderen Teilchen wechselwirken (weswegen man sie bisher nicht gesehen hat/hätte). Nehmen wir an, eine Sorte solcher Teilchen würden irgendwo an einem Beschleuniger gefunden, nennen wir sie mal spaßeshalber “Klumpionen” (weil sie schwere Klumpen sind). Stellen wir uns weiter vor, schlaue Theoretikerinnen würden aus den Beobachtungen ableiten, wie genau die Klumpionen mit anderen Teilchen wechselwirken, und andere schlaue Physikerinnen würden daraus berechnen, wie viele Klumpionen kurz nach dem Urknall entstanden sein müssten und wie diese im heutigen Universum verteilt wären. Und dabei würde herauskommen, dass die Klumpionen dann genau so verteilt sein müssten, wie es die dunkle Materie ist. All das zusammen würde dann vermutlich schon als Nachweis der Klumpionen (und damit der dunklen Materie) anerkannt werden.

Natürlich wäre es noch besser, wenn wir zusätzlich auch noch echte Klumpionen aus dem All finden würden, beispielsweise auf der ISS, auf der man einen Klumpionen-Detektor installieren könnte – in dem Fall hätten wir dann zwei Messergebnisse, die beide in dieselbe Richtung deuten, das wäre natürlich noch überzeugender. Aber auch ohne dass würde mein hypothetisches “Klumpionen-Szenario” vermutlich schon als Nachweis der Klumpionen anerkannt werden (und der entsprechende Nobelpreis würde dann unter denen aufgeteilt werden, die die Dinger entdeckt und die Theorie aufgestellt haben – oder man vergibt gleich zwei davon).

Wenn also die Klumpionen entdeckt (und möglichst auch noch im All nachgewiesen) sind, dann könnten wir die Beobachtung der Sternenbewegungen eben mit Hilfe von Klumpionen erklären – und damit würden wir dann die dunkle Materie als “nachgewiesen” betrachten und sie mit den Klumpionen identifizieren, so dass wir sagen können, wir hätten die dunkle Materie (alias Klumpionen) gesehen. Und das alles, ohne dass wir dazu andere Beobachtungen der Sternbewegungen machen müssten, als wir sie schon haben. Dieselbe Beobachtung (nämlich der Sternbewegung) wird also im Licht anderer Fakten neu interpretiert und dient plötzlich als Nachweis der Klumpionen.

Auch das ist uns letztlich aus dem – mehr oder weniger – Alltag vertraut, beispielsweise aus Detektivgeschichten. Wenn Inspektorin Clumbumbo erfährt, dass die Hauptverdächtige gern Tennis spielt, dann können die roten Sandkörner am Tatort eben plötzlich als Indiz für ihre Anwesenheit dort gewertet werden.  Auch Clumbumbo sucht diejenige Erklärung, die mit den beobachteten Fakten im Einklang steht und die zu allem passt, was sie weiß (ihrer Theorie). Und wenn sich die Theorie ändert, dann können eben auch Beobachtungen neu gedeutet werden und ein Nachweis für etwas sein. Ähnlich war es auch schon im ersten Teil, als der – leider hypothetische – Dino in meinem Garten herumpazierte. Je nachdem, was die weiteren Untersuchungen ergeben, stellt sich heraus, dass meine erste Wahrnehmung des Dinos tatsächlich auf einem Dino beruhte oder durch einen Bildschirm verursacht war oder was auch immer.

Dunkle Energie

Zum Abschluss noch eins der größten Rätsel der Kosmologie: Die dunkle Energie (auch hier könnt ihr euch bei Florian schlau lesen). Kurz gesagt wissen wir, dass unser Universum sich schneller ausdehnt, als es das nach der Allgemeinen Relativitätstheorie und dem, was wir über das Universum wissen, tun sollte. Ähnlich wie bei der dunklen Materie gibt es Beobachtungen (die beschleunigte Expansion) und eine Theorie (Allgemeine Relativitätstheorie und Urknall), die nicht zusammenpassen. Es gibt hier aber einen entscheidenden Unterschied: bei der dunklen Materie können wir Beobachtung und Theorie unter einen Hut bringen, indem wir annehmen, dass es Objekte (eben die dunkle Materie) gibt, deren Eigenschaften wir einigermaßen verstehen (sie muss “dunkel” – also ohne elektrische Wechselwirkung – sein und Masse haben). Die dunkle Materie “passt” also in diesem Sinn unsere Theorie – massive Objekte ohne elektromagnetische Wechselwirkung können unsere Beobachtungen erklären.

Bei der dunklen Energie ist das anders – wir wissen, dass die Expansion des Alls sich aus irgendeinem Grund beschleunigt, aber viel mehr wissen wir nicht – da ist “irgendwas”, aber wir wissen nicht viel darüber, was es ist. (Es gibt allerdings auch abweichende Ideen.) Ob es wirklich eine echte “Energie” ist, die das Universum anfüllt, oder ein anderer Effekt, der für unsere Beobachtungen verantwortlich ist, ist meines Wissens nicht wirklich klar. Insofern ist es zwar falsch, zu sagen, die dunkle Energie sei einfach nur “eine Erfindung” (lest Florians Artikel für Details), aber es wäre wohl etwas gewagt zu sagen, dass wir die dunkle Energie in irgendeiner Weise tatsächlich “gesehen” haben – dazu wissen wir einfach zu wenig darüber, was dahinter steckt, und dazu gibt es zu viele Möglichkeiten, was die dunkle Energie sein könnte.Unsere Beobachtungen passen nicht zur Theorie, und es ist überhaupt nicht klar, die Existenz welcher Objekte wir annehmen müssen, um die beiden in Einklang zu bringen. Insofern haben wir die dunkle Energie zwar in gewisser Weise nachgewiesen, aber nicht wirklich “gesehen”.

Fazit

Offensichtlich gibt es Dinge, die man nicht sehen kann – die dunkle Hälfte des Mondes, den Erdkern, Organe im Körperinneren, Atome usw. “Sehen” im Sinne von “nachweisen” kann man diese Dinge aber natürlich schon. Entscheidend dabei ist (und das gilt schon für das alltägliche Sehen – denkt an die Kirsche oder den Dino im meinem Garten), dass “Sehen” oder “Nachweisen” immer zweierlei beinhaltet: Eine Beobachtung und eine Theorie, wie die Beobachtung zu Stande kommen könnte. (Das kommt auch in dem berühmten Zitat von P.B. Medawar zum Ausdruck: “Innocent, unbiased observation is a myth” [“Unschuldige, unvoreingenommene Beobachtung ist ein Mythos.”]) Für das einfache Sehen im Alltag entwickeln wir diese Theorien schon als Baby, indem wir Dinge beobachten und manipulieren. (Wobei einige grundlegenden Theorien möglicherweise sogar angeboren sind.)

Je weiter sich die Wahrnehmung von unserer Alltagswahrnehmung entfernt, desto involvierter werden die Theorien, die wir benötigen, um sie zu interpretieren – für die Entdeckung der Atomkerne braucht man eben schon eine Menge Physik und Mathematik, um aus den Streudaten der Alpha-Teilchen auf die Existenz kleiner Streuzentren rückschließen zu können. Wenn wir eine Beobachtung – im Rahmen unserer Theorien – nur erklären können, indem wir die Existenz eines Objekts annehmen, dann betrachten wir das als Nachweis dieses Objekts. Je mehr unabhängige Beobachtungen die Existenz des Objekts erklären kann, desto besser ist der Nachweis. Das Prinzip ist aber letztlich immer dasselbe, das wir auch im Alltag anwenden – “Etwas Sehen” bedeutet immer “Beobachtung plus Theorie”.

Kommentare (80)

  1. #1 rolak
    1. September 2015

    Zu dunkler Materie gibts im aktuellen Pausenlesebuch eine Referenz – von bisher einer abgrundtiefen Grottigkeit, die die bzgl der Himmelsmechanik im Band davor noch mit Abstand über sich läßt. Mal schauen, wie sichs entwickelt, vielleicht erzähl ich noch was, wenn das Buch rum ist (jetzt ca ⅓), doch bis jetzt paßt die alte Wertung Paulis, die sie so hübsch formulierte: ‘not even wrong’. *Feedback markiert*

    die dunkle Hälfte des Mondes

    Ich kann es nicht mehr sehn… Doch ansonsten wieder mal eine schöne Serie.

  2. #2 Bjoern
    1. September 2015

    Hier hatte man also durch Experimente festgestellt, dass Protonen aus kleineren Objekten (Partonen) bestehen müssten. Außerdem gab es die Idee der Quarks – doch wegen der Probleme beispielsweise mit der Ladung der Quarks galten die Quarks, die Gell-Mann sich ausgedacht hatte, dadurch noch nicht wirklich als bestätigt.

    Konnte man denn nicht aus dem Streuquerschnitt die Ladungen der Partonen ermitteln? An die genaue mathematische Behandlung der Streuung an Partonen erinnere ich mich nicht mehr, aber zumindest bei der Coulomb-Streuung ist der Streuquerschnitt doch abhängig von der elektrischen Ladung sowohl des gestreuten Teilchens als auch des Streuzentrums.

    Außerdem meine ich mich schwach zu erinnern, dass man auch aus dem Wirkungsquerschnitt für die Bildung eines Fermion-Antifermion-Paares bei einer Elektron-Positron-Streuung die Ladung der erzeugten Teilchen erhält…?

  3. #3 kritik
    2. September 2015

    Hey warum soll ich mir dein Blog lesen wenn du nur auf andere Blogs verweist. Und statt -innen an alles zu hängen such dir ein neutrales wort wenn du Anisexstisch wirken magst.

  4. #4 rolak
    2. September 2015

    warum soll ich

    Keine wird gezwungen.

    nur auf andere Blogs

    wiki ist kein blog

    Anisexstisch

    wie ich dir, Sodomie?

    Null Ahnung, soviel Kritik wie in Lebkuchen.

  5. #5 MartinB
    2. September 2015

    @rolak
    Normalerweise würde ich dir recht geben – meist meinen die Leute mit der dunklen Hälfte ja die erdabgewandte Seite. Ich beziehe mich aber ja direkt auf den Liedtext von der Mond ist aufgegangen – wo ja steht “er ist nur halb zu sehen”. Und auf die nicht sichtbare, weil dunkle, Hälfte bezog ich mich.

    @Bjoern
    Ja, das ist vermutlich richtig, daran hatte ich nicht gedacht. Muss ich bei Gelegenheit nochmal nachgucken, was man aus den Partonenmodellen alles rausbekommen konnte.

    @kritik
    “Hey warum soll ich mir dein Blog lesen wenn du nur auf andere Blogs verweist.”
    Tja, wir haben hier nun mal Expertinnen für gewisse Tehmen, warum soll ich Leuten, die mehr wissen wollen, nicht sagen, dass sie dazu anderswo bei Scienceblogs mehr lesen können? Mein Thema hier ist ja nicht die Erklärung der dunklen Materie in allen Details. In der Wissenschaft verweisen wir auf andere Quellen, wenn die relevant sind, das ist hilfreich für die LEserinnen und guter Stil.

    Was die femininen Formen angeht, kannst du dazu anderswo im Blog alles nachlesen (aber Achtung: Auch diese Texte enthalten Referenzen auf andere Quellen.)

    Und ansonsten sollst du meine Texte nicht lesen – wenn sie dir nicht gefallen, ist das Netz vermutlich groß genug, um Texte zu finden, in denen du nicht mit so schrecklichen Dingen wie hyperlinks konfrontiert wirst…

  6. #6 Proletheus
    2. September 2015

    Hallo,

    also zum Thema Dunkle Energie und Materie habe ich kürzlich etwas gefunden, das ich gerne mitteilen möchte:

    https://hauptplatz.unipohl.de/Wissenschaft/PhysikFehler.htm

    Am Ende läuft einfach wieder alles darauf zurück, dass die Rotverschiebung, als Dopplereffekt interpretiert wird und nicht einfach nur als Energieverlust in einem unendlichen Raum (als Nichts definiert) “voller” Plasma, wie zum Beispiel bei der Raman-Streuung oder der Coulomb-Streuung nachweisbar.

  7. #7 MartinB
    2. September 2015

    @Proletheus
    Streuverluste o.ä. können aber nicht erklären, warum die Spektrallinien scharf bleiben, die müssten durch Streuung verbreitert werden.
    Überraschenderweise sind Physikerinnen auch nicht ganz doof und hatten die Idee auch schon. Die Unipohl-Seite ist wohl eh vollkommener Blödsinn, jedenfalls was ich nach kurzen Draufgucken so sehe…

  8. #8 Alderamin
    2. September 2015

    @Proletheus

    <rant>

    Die Seite ist doch ein ausgemachter Blödsinn. Die grundsätzliche Urknalltheorie ist sowas von gesichert – wir haben die Hintergrundstrahlung, baryonische Oszillationen, das Verhältnis der in den ersten drei Minuten fusionierten Elemente auf x Nachkommastellen, das Alter der ältesten Sterne, die Reionisation, die (im Teleskop zu beobachtende) Entwicklung der Galaxien von kleinen Zwerggalaxien mit hundertfach erhöhter Sternentstehungsrate bis zu Quasaren (Galaxienkerne, wo das Supermassive Schwarze Loch sich am einfallenden Gas fast verschluckt, da wächst eine Galaxie), die Existenz von Sternpopulationen mit verschiedener Metallizität, und und und. Man kann sogar nachweisen, wie die Expansion des Universums von zwei Komponenten, der Gravitation und einer konstanten dunklen Energie über die Zeit variiert wurde – erst wurde sie langsamer, seit 7 Milliarden Jahren wird sie wieder schneller, weil die Materiedichte und damit die Gravitation zwischen entfernten Galaxien immer weiter abnimmt.

    Was wir nicht haben, ist ein allgegenwärtiges Plasma, das müsste man an seiner Strahlung messen können, denn Plasma ist heiß. Es werden regelmäßig Plasmahalos um aktive Galaxien gesehen (z.B. vom Weltraumteleskop Chandra im Röntgenbereich), die von Supernovae oder Jets aus einem Supermassiven Schwarzen Loch gespeist werden und das Gas bleibt auch ein paar hundertausend Jahre heiß, aber in einem Milliarden Jahre alten Universum (bei Steady State wär’s ja noch älter) wäre das Plasma dann irgendwann abgekühlt und würde neutral werden. Das “Plasmauniversum” ist eine lustige Idee von ein paar Spinnern ohne Ahnung und vor allem ohne stützende Beobachtungen. Muss man nicht ernst nehmen.

    Raman-Streuung müsste übrigens laut Wikipedia zu einer Aufspaltung des Lichts in zwei neue Frequenzen führen, man sähe also alle Spektrallinien doppelt, und nicht nur in einer Richtung verschoben. Sieht man aber nicht. Und der Effekt erklärt auch nicht, warum entfernte Typ Ia Supernovae längere Abklingdauern haben und weit entfernte Gammaburst länger dauern. Da ist nämlich die Zeitdilation am Werk. Der kosmologische Doppler ist nichts anderes als eine Zeitdilatation, die davon verusacht wird, dass der Abstand zwischen zwei nacheinander abgegebenen Signalen expandiert und sich somit die Zeitdifferenz des Eintreffens dieses Signale bei einem Empfänger verlängert, je länger sie unterwegs waren. Es ist dabei völlig Wurst, ob es sich dabei um die Enden eines Lichtwellenzugs handelt oder die der Lichtkurve einer Supernova oder irgendeinen anderen physikalischen Vorgang mit einer charakteristischen Dauer.

    Das witzige ist, dies “alternativen Kosmologien” beißen sich stets an irgendeinem Detail der Urknalltheorie fest und behaupten etwa, die Dunkle Energie sei ja völlig frei erfunden, können aber selbst so gut wie gar nix erklären, selbst wenn sie gut sind. Angenommen, der Doppler sei wirklich nicht kosmologisch, meinetwegen durch Plasma verursacht – wenn die Galaxien ruhen, warum stürtzt dann nicht alles ob seiner Schwerkraft zusammen? Wenn das Universum ewig im gleichen Zustand wäre – wo kommt das frische Gas her? Bei Hoyle wird es, wenn ich das richtig erinnere, aus irgendwelchen “weißen Löchern” in den Raum gepustet. Die hat aber auch noch niemand gesehen. Und für die Hitnergrundstrahlung brauchte Hoyle irgendwelche Eisennadeln im Raum. Klingt das denn etwa überzeugender?

    So, </rant>

  9. #9 Johannes
    2. September 2015

    Eine sehr gute Serie, vielen Dank dafür!

  10. #10 Bjoern
    2. September 2015

    @Proletheus: Die von dir verlinkte Webseite ist voller Fehler. Das ist von jemandem geschrieben worden, der offensichtlich fast nichts in der modernen Physik verstanden hat.

    Wenn du Wert darauf legst, liste ich dir detailliert sämtliche Fehler der Seite auf – aber Vorwarnung: Das wird eine _sehr_ lange Liste!

    Nur ein kleiner Vorgeschmack: Die kosmologische Rotverschiebung wird durch Kosmologen _nicht_ dem Dopplereffekt zugeschrieben.

  11. #11 MartinB
    2. September 2015

    @Johannes
    Danke.

  12. #12 Alderamin
    2. September 2015

    @Björn

    Asche über mein Haupt, ich verwende das Wort auch oft falsch (oben auch wieder) und verwende “Dopplerverschiebung” und “Rotverschiebung” synonym – dabei meint “Dopplerverschiebung” wirklich nur den Effekt aufgrund der Geschwindigkeit, während “Rotverschiebung” zuerst einmal nur den sichtbaren Effekt überhaupt bezeichnet. “Kosmologische Rotverschiebung” bezieht sich dann eindeutig auf den Effekt durch die Hubble-Expansion. Werde versuchen, das in Zukunft besser zu machen.

  13. #13 rolak
    2. September 2015

    die [jeweils] nicht sichtbare, weil dunkle, Hälfte

    oops, da habe ich dann wohl wg priming zu weit danebengeguckt, sorry, MartinB.

  14. #14 Reimund Ruhnau
    Schortens
    2. September 2015

    Ich bin der Meinung, dass man grundsätzlich für alle Ideen offen bleiben sollte. Unsere Fantasie wird ja auch durch das, was uns gelehrt wurde, stark beeinflusst.
    Alle Beiträge in diesem Forum sind gut, auch die der Big Bang-Kritiker. Wir waren alle nicht dabei, und wir sollten in aller Bescheidenheit weitersuchen. Nichts ist bewiesen, und wir sollten ganz unvoreingenommen über dieses Thema reden können. Unser universelles Weltbild ist auf lockerem Sand gebaut, es beruht auf der Auslegung von Indizien, und hier kommt es auch sehr auf die eigene Perspektive an.
    Es ist eben alles relativ, und die Gedanken sind frei.
    Gott sei Dank, oder?
    Gruß an alle, die sich die Freude gönnen, über den eigenen
    Tellerrand zu schauen,
    Reimund

  15. #15 dgbrt
    2. September 2015

    Mein Musik-Tip: The Dark Side of the Moon von Pink Floyd…
    Aber Scherz beiseite.

    Ich störe mich nach wie vor sehr stark an den Begriffen “Dunkle Materie” und “Dunkle Energie”. Der erste Begriff bedeutet einfach unbekannte Gravitation (könnte man im Englischen auch mit UG abkürzen). Beim zweiten Begriff wird es dann noch schlimmer: Wie kann Energie “dunkel” sein? Das ist einfach eine unbekannte Beschleunigung (wäre UA im Englischen). Die Begriffe legen eine Richtung zur Lösung vor, die so überhaupt nicht existieren muss.

    Ich zweifel die Messergebnisse nicht im Geringsten an, man sollte aber dann auch ehrlich sagen, dass es dafür noch überhaupt keine befriedigende theoretische Lösung gibt.

    Bei den Quarks und anderen Elementarteilchen wird dagegen viel zu sehr auf den Teilchencharakter geschaut. Mit Wellenmechanik müsste man erklären können, das das Proton der Grundzustand einer bestimmten (natürlich relativistischen und damit 4-dimensionalen) Wellengleichung ist. Dann bräuchte man diese per se nicht beobachtbaren Teilchen vielleicht gar nicht mehr.

    Die dunkle Seite des Mondes kann man sehr wohl beobachten, vor allem wenn sie zur Erde zeigt. Wenn da gerade Vollerde ist, ist es dort heller als bei Vollmond auf der Erde. Mit Lichtverstärkern kann man da durchaus was sehen. Die Rückseite beobachten wir mit Sonden. Wenn der Mars mit der Erde kollidieren würde, könnten wir auch direkt den (ehemaligen) Kern untersuchen. Alles zumindest theoretisch möglich. Bei den Quarks ist das anders, da ist das theoretisch unmöglich.

    Deswegen halte ich diese Theorien nach wie vor für unvollständig. Auch wenn das alles gut zu den Messergebnissen passt.

  16. #16 Bjoern
    2. September 2015

    @Reimund Ruhnau:

    Alle Beiträge in diesem Forum sind gut, auch die der Big Bang-Kritiker.

    Äh – nein. In der wissenschaftlichen Literatur findet sich durchaus hin und wieder mal eine gute, fundierte Kritik am Big Bang – in den Kommentaren hier dagegen eindeutig _nicht_. Was sich hier findet, sind nur viele Leute, die schlicht keine Ahnung haben, was die Urknalltheorie eigentlich überhaupt aussagt und was die Belege für sie sind.

    (und übrigens ist das hier ein Blog, kein “Forum”)

  17. #17 Bjoern
    2. September 2015

    @dgbrt:

    Ich störe mich nach wie vor sehr stark an den Begriffen “Dunkle Materie” und “Dunkle Energie”. Der erste Begriff bedeutet einfach unbekannte Gravitation (könnte man im Englischen auch mit UG abkürzen).

    Nein, der Begriff bedeutet weit mehr als “unbekannte Gravitation”. Wir wissen aus den Beobachtungen z. B., dass diese “unbekannte Gravitation”
    (1) von Teilchen (deshalb “Materie”) hervorgerufen wird, die
    (2) kaum mit elektromagnetischer Strahlung wechselwirken (deshalb “dunkel”), und
    (3) kaum miteinander wechselwirken, und
    (4) sich relativ langsam bewegen (deshalb spricht man meist auch von “kalter dunkler Materie”), aber
    (5) durchaus auf Gravitation reagieren und sich zusammenballen.

    Beim zweiten Begriff wird es dann noch schlimmer: Wie kann Energie “dunkel” sein?

    Dasselbe wie bei der dunklen Materie: das “dunkel” steht schlicht für “keine/kaum Wechselwirkung mit elektromagnetischer Strahlung”. Eine bessere Formulierung wäre evtl. so etwas wie “elektromagnetisch nicht beobachtbare Energie”, aber “dunkel” ist doch deutlich kürzer, und jeder, der auch nur ein wenig Ahnung vom Thema hat, weiß auch damit sofort, was gemeint ist.

    Das ist einfach eine unbekannte Beschleunigung (wäre UA im Englischen). Die Begriffe legen eine Richtung zur Lösung vor, die so überhaupt nicht existieren muss.

    Wenn man die Gültigkeit der Allgemeinen Relativitätstheorie akzeptiert, dann wird hier weit mehr als eine “Richtung” vorgelegt. Die Gleichungen der ART sagen ganz klar, dass die beobachtete Beschleunigung durch eine konstante Energiedichte hervorgerufen werden muss. Und damit ist die Bezeichnung “dunkle Energie” vollauf gerechtfertigt.

    Bei den Quarks und anderen Elementarteilchen wird dagegen viel zu sehr auf den Teilchencharakter geschaut.

    Das ist absolut falsch. Die grundlegenden Theorien zur Beschreibung von Elementarteilchen sind Quantenfeldtheorien – und die grundlegenden Beschreibungen der Elementarteilchen in diesen Theorien sind ___Wellenlösungen___.

    Mit Wellenmechanik müsste man erklären können, das das Proton der Grundzustand einer bestimmten (natürlich relativistischen und damit 4-dimensionalen) Wellengleichung ist.

    Falsch, das gilt für die Quarks (für diese gibt es tatsächlich Wellenlösungen einer passenden Dirac-Gleichung – bzw. eben der passenden Quantenfeldtheorie) – nicht für die Protonen.

    Dann bräuchte man diese per se nicht beobachtbaren Teilchen vielleicht gar nicht mehr.

    Wow. Danke für’s zeigen, dass du im Artikel von Martin so gut wie nichts verstanden hast.

    Nur ein kleiner Tipp: Quarks _sind_ beobachtbar. Allerdings eben nur innerhalb der Protonen (und Neutronen), nicht als einzelne Teilchen.

  18. #18 alex
    2. September 2015

    @dgbrt:
    Nein, “Dunkle Materie” und “Dunkle Energie” sind nicht Bezeichnungen für die jeweiligen beobachteten und nicht mit der bisherigen Theorie vereinbaren Effekte, sondern Überbegriffe für Erklärungsansätze.

    Für das Problem der Rotationskurven von Galaxien ist z.B. ein Erklärungsansatz, dass zusätzliche Materie vorhanden ist (die dann aber “dunkel” sein muss, d.h. nicht in Teleskopen (optisch und auch in anderen Wellenlängenbereichen) beobachtbar), ein anderer, dass das Gravitationsgesetz oder die Bewegungsgleichungen modifiziert werden (MOND). Nur ersteres ist mit “Dunkle Materie” gemeint. Und das schließt grundsätzlich unterschiedliche Möglichkeiten ein, was diese Materie sein könnte. Neben den im Artikel genannten WIMPs gab es ja auch die Idee der MACHOs (ja, die Abkürzungen sind ein Witz und Absicht), und auch Neutrinos sind “Dunkle Materie” (aber mit zu wenig Masse um die Beobachtungen zu erklären).

    Auch für das Problem der sich beschleunigenden Expansion des Universums gibt/gab es Alternativen zu den unter dem Überbegriff “Dunkle Energie” zusammengefassten Ideen (ich meine mich an den Vorschlag zu erinnern, dass das kosmologische Prinzip nicht gilt und wir uns in Mitten eines großen Voids befinden). “Dunkle Energie” meint nur solche Ideen, bei denen es einen weiteren Beitrag zum Energie-Impuls-Tensor gibt (oder, was im Prinzip äquivalent ist, eine kosmologische Konstante), der ein wenig seltsame Eigenschaften hat (negativer Druck etc.). Und da eine solche “Energie” auch im Teleskop nicht beobachtet wurde, nennt man sie “dunkel” in Analogie zur Dunklen Materie.

    Deine Anmerkungen zu Quarks deuten darauf hin, dass Du vermutlich nicht allzu viel Ahnung von Quantenchromodynamik oder Quantenfeldtheorie im Allgemeinen hast. Der “Teilchencharakter” ist in diesen Theorien nichts wirklich fundamentales und gerade in der QCD wegen des Confinements sehr problematisch; die grundlegenden Objekte sind Quantenfelder (mit einfacher Wellenmechanik kommt man hier leider nicht weiter). Martin hat dazu eine sehr schöne und einigermaßen leicht verständliche Einführung geschrieben (rechts “Artikelserien”, dann “Quantenfeldtheorie für alle”).

    Nur soviel: Es gibt inzwischen numerische ab-initio Berechnungen (Gittereichtheorie), die das Massenspektrum der leichten Hadronen ziemlich gut reproduzieren (siehe z.B. https://arxiv.org/abs/0906.3599 ). Das Proton ist dabei natürlich nicht der Grundzustand (das ist das Vakuum), sondern ein wahnsinnig komplizierter Zustand mehrerer wechselwirkender Quantenfelder.

  19. #19 dgbrt
    3. September 2015

    @Bjoern und alex
    * Das dunkle Materie aus Teilchen besteht ist noch lange nicht erwiesen. Ein Grund meiner Kritik.
    * Wenn man die dunkle Energie mit der ART beschreiben könnte, wären wir da, wo ich hin möchte. Da fehlt nur noch einiges.
    * In der QM sind Proton und Elektron die einzigen stabilen, mit Masse behafteten, Teilchen. Wenn da der Grundzustand das Vakuum sein soll verletzt das doch wohl alle Erhaltungsgesetze.

    Ich liebe die Quantenmechanik. Auf einmal konnte man Spektrallinien, den Tunneleffekt und vieles mehr verstehen.

    Wenn man aber Teilchen hat, die man nicht mehr direkt beobachten kann, dann ist das schon sehr merkwürdig. Und wenn dann noch die potenzielle Energie mit dem Abstand ansteigt, wo bleibt da die Energieerhaltung.

  20. #20 MartinB
    3. September 2015

    @ReimundRuhnau
    “Ich bin der Meinung, dass man grundsätzlich für alle Ideen offen bleiben sollte.”
    Nein, warum sollte man für widerlegte Ideen offen bleiben?

    “Alle Beiträge in diesem Forum sind gut, auch die der Big Bang-Kritiker.”
    Nein, denn die zeugen davon, dass physikalische Grundkenntnisse fehlen. Die Rotverschiebung wirdnicht durch Streuung verursacht.

    “Wir waren alle nicht dabei”
    Das ist das klassische (und blödsinnige) Kreationistenargument. Wir waren auch bei der Französischen revolution alle nicht dabei – deswegen ist es nicht plausibel anzunehmen, dass der Sturm auf die bastille in Wahrheit von Aliens angeführt wurde und dass der Französischen kaiser ein reptiloid war. Ich war auch noch nie in Australien, trotzdem gehe ich davon aus, dass Australien wirklich existiert.
    Evidenz ist mehr als “dabei gewesen sein”.

  21. #21 Krypto
    3. September 2015

    @dgbrt:

    Und wenn dann noch die potenzielle Energie mit dem Abstand ansteigt, wo bleibt da die Energieerhaltung.

    Sagt Dir der Begriff “Bindungsenergie” etwas?

  22. #22 Adent
    3. September 2015

    @MartinB

    Ich war auch noch nie in Australien, trotzdem gehe ich davon aus, dass Australien wirklich existiert.

    Und wie ist es mit Bielefeld? 🙂

  23. #23 alex
    3. September 2015

    @dgbrt:
    Wie ich bereits schrieb nennt man nur die Modelle “Dunkle Materie”, bei denen das Problem durch dunkle Materie gelöst wird. Alternative Lösungen bei denen keine zusätzlichen Teilchen vorkommen, wie etwa MOND, heißen eben nicht “Dunkle Materie”. Ich sehe Dein Problem mit diesem Begriff nicht.

    Die ART beschreibt die Raumzeit sowie ihre Wechselwirkung mit ihrem Inhalt (wie beeinflusst die Energie-Impuls-Dichte des Inhalts die Raumzeit und wie beeinflusst die Krümmung der Raumzeit die Bewegung des Inhalts). Sie beschreibt aber nicht diesen Inhalt selbst. Z.B. elektromagnetische Felder beschreibt die ART nicht (das tut aber beispielsweise ART + (für gekrümmte Räume modifizierte) Maxwell-Gleichungen). Warum sollte das bei der Dunklen Energie anders sein? Und heißt das, dass Du mit einer kosmologischen Konstante ohne weitere Erklärung zufrieden bist? Die hat Einstein schließlich selbst in die ART-Feldgleichungen geschrieben, sie ist also Teil der ART.

    Nein, auch der leichteste Masseneigenzustand der Neutrinos ist stabil und mit Masse behaftet (warum das eine Rolle spielen sollte, sehe ich allerdings nicht).

    Das Vakuum ist der Grundzustand, weil es der Zustand niedrigster Energie ist. Der Zustand mit genau einem Proton hat beispielsweise mehr Energie (mindestens 938 MeV mehr), und kann deshalb nicht der Grundzustand sein. Dass es keine Übergänge zwischen |1 Proton> und |Vakuum> gibt, spielt dafür keine Rolle; warum sollte es auch?

    Ja, Quantenmechanik ist toll, aber sie reicht leider nicht aus, um alles zu erklären. Dazu braucht es zumindest Quantenfeldtheorie. Lies bitte Martins “QFT für alle”-Serie. Wenn du schon QM kannst, sollte das kein Problem sein.

    Und ja, nicht direkt beobachtbare Teilchen sind merkwürdig. Aber spätestens seit der Quantenmechanik wissen wir, dass es der Natur egal ist, ob wir sie merkwürdig finden.

    Deinen letzten Satz verstehe ich nicht. Wie kann die Energieerhaltung verletzt sein, wenn die Wechselwirkung doch durch eine potentielle Energie beschrieben wird? (Der Anstieg des potentials mit dem Abstand ist übrigens extrem häufig. Siehe Newton und Coulomb für gleichnamige Ladungen).

  24. #24 Bjoern
    3. September 2015

    @dgbrt:

    Das dunkle Materie aus Teilchen besteht ist noch lange nicht erwiesen.

    Aber selbstverständlich ist das erwiesen. Was soll es denn sonst sein, wenn es Gravitation verursacht _und_ zusammenklumpt?

    Wenn man die dunkle Energie mit der ART beschreiben könnte, wären wir da, wo ich hin möchte.

    Ich habe nicht behauptet, dass man sie mit der ART beschreiben kann.

    In der QM sind Proton und Elektron die einzigen stabilen, mit Masse behafteten, Teilchen.

    Bitte was?!? Wo hast du denn den Quatsch her?!

    Wenn da der Grundzustand das Vakuum sein soll verletzt das doch wohl alle Erhaltungsgesetze.

    Häh?
    (1) Das Vakuum ist der Grundzustand in der Quantenfeldtheorie, nicht in der Quantenmechanik.
    (2) Inwiefern verletzt das irgendwelche Erhaltungssätze?!

    Wenn man aber Teilchen hat, die man nicht mehr direkt beobachten kann, dann ist das schon sehr merkwürdig.

    Das ist ungewohnt – aber physikalisch spricht da nichts dagegen.

    Und wenn dann noch die potenzielle Energie mit dem Abstand ansteigt, wo bleibt da die Energieerhaltung.

    Wo genau siehst du da ein Problem mit der Energieerhaltung?!?

  25. #25 Niels
    3. September 2015

    @alex

    Nein, auch der leichteste Masseneigenzustand der Neutrinos ist stabil und mit Masse behaftet

    Sicher? Man kann doch nur die Massendifferenzen messen (bzw. die Quadrate der Differenzen der Masseeigenzustände, wenn ich mich richtig erinnere). Das leichteste Neutrino könnte also prinzipiell durchaus masselos sein, oder?

  26. #26 Reimund Ruhnau
    Schortens
    3. September 2015

    Hallo Martin, ich muss dir Recht geben, mich überzeugt die Rotverschiebung durch Streuung auch nicht. Die Expansion des Universums ist wohl eindeutig belegt, allein schon durch den Verlauf der Helligkeitskurve weit entfernter Supernova – Ausbrüche.
    Die Ursache für die Expansion muss aber nicht zwangsläufig ein Big Bang gewesen sein. Darüber könnte man doch noch etwas nachdenken.
    Übrigens: “Wir waren alle nicht dabei” soll hier bedeuten, dass es keine Zeugen für den Beginn des Universums gibt.
    Gruß an alle
    Reimund

  27. #27 alex
    3. September 2015

    @Niels:
    Die Differenzen der Massenquadrate. Ja, vermutlich wäre es möglich, dass einer der drei Masseneigenwerte null ist (mit den Mechanismen zur Erzeugung von Neutrinomasse bin ich nicht genauer vertraut, deshalb kann ich das nicht mit Sicherheit sagen). Aber das wäre schon extrem seltsam.

    An dgbrt könnte man noch sagen, dass auch das Positron stabil und mit Masse behaftet ist (und wenn zusammengesetzte Teilchen wie Protonen gezählt werden, warum dann nicht auch Deuteronen oder α-Teilchen?), es hingegen Zweifel an der Stabilität des Protons gibt.

  28. #28 maikm
    3. September 2015

    @MartinB: Kleine Frage am Rand (moeglicherweise gab es hier im Blog aber auch schonmal eine Erklaerung dazu).
    Sollten deine Klumpionen sich nicht aehnlich der enstandenen Sterne und Planeten zu groesseren Klumpen zusammen finden? Oder ist der Abstand zwischen den einzelnen Klumpionen zu gross dafuer? Koennen diese dann aber ausreichend Wirkung auf die Sternenbahnen haben?
    Danke fuer die tolle Serie!

  29. #29 roel
    *****
    3. September 2015

    @MartinB Wo ist die Dukle Masse lokalisiert, bzw besser wo kannst du dir vorstellen, dass sie lokalisiert ist. Ich meine, wenn sie irgendwo zwischen den Galaxien ist, wird sie die hinter ihr liegenden Galaxien verdecken, es sei denn sie wäre durchsichtig, aber dann müsste Sie eine Auswirkung auf das durch sie hindurch scheinende Licht haben, dass in seiner Geschwindigkeit leicht abgebremst würde. Das scheint aber nicht so zu sein, daher habe ich Probleme die Dunkle Masse mir zwischen den Galaxien vorzustellen. Was ich mir vorstelen kann, ist eine Dunkle Masse ausserhalb der Galaxien. Wie siehst du das?

    @Björn aus #24 “Aber selbstverständlich ist das erwiesen. Was soll es denn sonst sein, wenn es Gravitation verursacht _und_ zusammenklumpt?”

    Wenn ich das alles richtig verstehe, ist die Existenz der Dunklen Masse nicht erwiesen. Oder habe ich etwas übersehen?

  30. #30 Alderamin
    3. September 2015

    @roel

    Ich meine, wenn sie irgendwo zwischen den Galaxien ist, wird sie die hinter ihr liegenden Galaxien verdecken, es sei denn sie wäre durchsichtig, aber dann müsste Sie eine Auswirkung auf das durch sie hindurch scheinende Licht haben, dass in seiner Geschwindigkeit leicht abgebremst würde.

    Die Dunkle Materie ist nichts, was man sehen könnte oder was etwas verdecken könnte. Man hat jahrelang im MACHO-Projekt nach Gravitationslinsenereignissen gesucht, bei denen kompakte, schwere Objekte (lose Planeten, Sternleichen, Schwarze Löcher) vor Sternen der Magellanschen Wolken hätten durchfliegen sollen, aber man fand sehr wenige Ereignisse, die nicht ausreichen, die fehlende Masse zu erklären. Staub kann es auch nicht sein, der würde Licht absorbieren und verfärben (Extinktion) und im Radiobereich strahlen. Da ist nichts zu sehen. Das Spektrum der kosmischen Hintergrundstrahlung und die relative Häufigkeit der während des Urknalls entstandenen Elemente verbieten aber überhaupt baryonische (aus Protonen und Neutronen bestehende) Materie, deren kann es nicht mehr geben, als man sieht; es muss sich um etwas exotischeres handeln.

    Deshalb geht man davon aus, dass es sich um bisher unentdeckte Elementarteilchen handelt, die mit Licht nicht wechselwirken, so wie die Neutrinos, die uns zu Millionen ständig durchdringen, ohne dass wir sie wahrnehmen könnten, und die unbehelligt durch Lichtjahre dickes Blei sausen könnten. Neutrinos sind auch Dunkle Materie, aber heiße, weil sie stets sehr schnell unterwegs sind und somit jeder Galaxie entfliehen; man sucht langsame, schwere Teilchen, die die Fluchtgeschwindigkeit der Galaxien nicht überschreiten, eben kalte Dunkle Materie. Die könnten schwach wechselwirken (wie die Neutrinos), dann könnte man sie gelegentlich auf der Erde finden (Beta-Zerfall). Oder auch nur durch Gravitation, dann wird’s schwierig mit dem Nachweis (wohl am ehesten als fehlende Masse in einem LHC-Experiment). Evtl. findet man Annihilationsstrahlung im All, falls die Teilchen ihre eigenen Antiteilchen sind. Einige Teams behaupten, solche gefunden zu haben, aber es könnte sich auch um Strahlung von anderen Quellen (etwa Neutronensternen) handeln.

    Die Dunkle Materie muss die Milchstraße haloförmig umgeben, dann würde das die Bewegung der Sterne in den äußeren Bereichen der Milchstraße erklären. Normalerweise müssten diese Sterne nach außen hin immer langsamer um die Milchstraße kreisen, aber ihre Geschwindigkeit nimmt sogar zu. Da in einer kugelförmigen Masseverteilung die Schwerkraft nach außen zunimmt, würde das die zunehmende Geschwindigkeit auf den Umlaufbahnen im äußeren Bereich der Milchstraße erklären.

    Die Dunkle Materie wird auch als Kern für die Entstehung von Galaxien benötigt, um rasch genug Gas aus der Umgebung zusammen zu ziehen. Daher kann die Dunkle Materie nicht nur zwischen den Galaxien sein (da wird sie eher gerade nicht sein, weil sie das baryonische Gas zu sich hin gezogen hat). Möglicherweise befindet sie sich gerade in Deinem Zimmer, wie die Sonnenneutrinos.

    Wenn ich das alles richtig verstehe, ist die Existenz der Dunklen Masse nicht erwiesen. Oder habe ich etwas übersehen?

    Objekte wie dieser Galaxienhaufen sind ein guter Hinweis darauf, dass die Dunkle Materie real ist, und MOND falsch sein muss. Allerdings fehlt das passende Teilchen, deswegen bleiben Zweifel.

  31. #31 Paul
    3. September 2015

    @roel

    Dunkle Materie ist durchsichtig. Sie wechselwirkt nicht (oder nur äußerst minimal) elektromagnetisch, sondern nur gravitativ.

    Es gibt natürlich auch dunkle Staubwolken (z.B. in Richtung Milchstraßenzentrum). Das ist ganz normale Materie und kann deshalb auch gut beobachtet werden, verdeckt aber eben die dahinter liegenden Regionen für sichtbares Licht.

    Wie Martin bereits im Artikel erwähnt hat: schau Dir die Artikelserie zur Dunklen Materie bei Florian an. Dort wird so ziemlich alles erklärt.

    Ich denke teilweise kommt das Verständnisproblem dadurch, dass “Dark Matter” aus dem englischen wörtlich mit “Dunkle Materie” übersetzt wird. Im Englischen hat “dark” auch die Bedeutung von unbekannt. Deutlicher wird es bei der Verwendung von “Dunkel” bei der “Dunklen Energie”.

    Paul

  32. #32 MartinB
    4. September 2015

    @maikm
    Nein – wenn die Teilchen auch miteinander nur durch Gravitation (und eventuell noch schwach) wechselwirken, dann können sie nicht inelastisch stoßen (also bei Stoßprozessen Energie verlieren) und deswegen auch keine größeren Körper bilden – wenn zwei Klumpionen zusammenstoßen, dann fliegen sie wieder auseinander. (Insofern ist der Name Klumpionen schlecht gewählt…)

  33. #33 MartinB
    4. September 2015

    @Reimund
    “Übrigens: “Wir waren alle nicht dabei” soll hier bedeuten, dass es keine Zeugen für den Beginn des Universums gibt.”
    Hab ich schon verstanden – aber wir akzeptieren viele Dinge, für die es keine Zeugen gibt, oder magst du auch keine (Nicht-Vogel-)Dinosaurier? Deswegen ja auch das Beispiel mit Inspektorin Clumbumbo. Auch Verbrechen ohne Zeugen können aufgeklärt werden (mal davon abgesehen, dass wissenschaftlich hinreichend erwiesen ist, dass Augenzeugen nicht gerade die beste Evidenz sind…)

  34. #34 Alderamin
    4. September 2015

    @Reimund

    Man kann aber bis 380000 Jahre nach dem Urknall zurück sehen, und da sieht man einen Feuerball (die kosmische Hintergrundstrahlung) von 3000 K (zu 2,7 K rotverschoben, aber eindeutig eine Planck-Temperaturkurve). Und aus der Feinstruktur lässt sich einiges darüber ableiten, wie der Feuerball zustande kam (unter anderem, dass einmal ein Temperaturausgleich stattgefunden haben muss, der zu dieser Zeit wegen der großen Abstände nicht mehr möglich war, und wie sich die Materie zusammen setzte, Dunkle vs. sichtbare Materie).

  35. #35 Artur57
    4. September 2015

    @Alderamin

    Du hast neulich etwas sehr Interessantes geschrieben.

    Die Dunkle Materie legt sich also als Halo um die Galaxien. Plausibel, denn die (jetzt wohl favorisierten) WIMPs löschen sich ja gegenseitig aus und auch beim Kontakt mit baryonischer Materie zerstrahlen sie.

    Bleibt der Halo als einziger Aufenthaltsort, an dem sich die WIMPs überhaupt halten können. Die gravitative Wirkung der WIMPs hebt sich im Inneren der Kugel gerade auf, sagst Du. Das ist plausibel, also das Analogon zum stets feldfreien Inneren einer Metallkugel. Nebenbei haben wir damit auch noch die Hohlwelttheorie widerlegt, denn in dieser wäre man demnach überall schwerelos.

    Dann aber Dien Schluss, die abweichenden Bahnen der Sterne seien dadurch erklärt. Warum? Wenn sich die Kräfte aus dem Halo gerade neutralisieren, ist es doch so, als ob die DM gar nicht da wäre?

  36. #36 Reimund Ruhnau
    4. September 2015

    Hallo Alderamin,
    das ist mir wohl bekannt, aber wenn diese Hintergrundstrahlung aus allen Richtungen 2,7 Kelvin beträgt und wenn man zugleich den Rand des sichtbaren Universums bei ca. 13,3 Milliarden akzeptiert, wäre diese Gleichförmigkeit nur nachvollziehbar, wenn unsere irdische Perspektive nahe dem kosmischen Zentrum wäre.
    Es gibt zwar eine Dipolanisotropie von ca. 0,1 %, aber diese beruht auf der Eigenbewegung unserer Galaxis im Raum.
    Dann steht gerade diese Gleichförmigkeit doch möglicherweise im Widerspruch zum kosmologischen Prinzip, oder nicht?
    Eine bevorzugte Stellung und eine besondere Perspektive wird hier ausgeschlossen. Stört dich das nicht?
    Gruß Reimund

  37. #37 Reimund Ruhnau
    4. September 2015

    Entschuldigt bitte den Tippfehler. Gemeint ist hier
    13,7 Milliarden Lichtjahre.
    Gruß Reimund

  38. #38 alex
    4. September 2015

    @Reimund Ruhnau:
    Ist es nicht eine ziemlich banale Aussage, dass wir uns im Zentrum des sichtbaren Universums befinden (dessen Rand übrigens deutlich weiter entfernt ist als 13,7 Milliarden Lichtjahre, je nach Definition von “Abstand”)?

    Und ja, die hohe Isotropie der Hintergrundstrahlung ist/war ein Problem; das ist ja gerade einer der Gründe die für die kosmische Inflation sprechen. Allerdings sehe ich nicht, warum das irgendetwas mit dem kosmologischen Prinzip zu tun haben sollte. Warum sollte “nahe dem kosmischen Zentrum” (was auch immer das sein soll) die Hintergrundstrahlung isotroper sein als anderswo?

  39. #39 alex
    4. September 2015

    @Artur57:
    WIMPs wechselwirken nur sehr schwach. Selbst wenn sie ihre eigenen Antiteilchen sind (was bislang nicht klar ist) und sich daher gegenseitig auslöschen könnten, würde das nur selten passieren. Und bei Kontakt mit baryonischer Materie zerstrahlen sie sicherlich nicht.

    Wie MartinB schon schrieb, klumpt dunkle Materie nicht so stark wie normale Materie. Deshalb bildet sie eine große diffuse “Wolke” in und um eine Galaxie. Bzw. da es deutlich mehr dunkle als baryonische Materie gibt, ist es eher andersherum.

    (Sollte die Nebenbemerkung zur Hohlwelttheorie ernst gemeint gewesen sein: Diese stimmt natürlich nicht; in der Hohlwelttheorie gilt ja ein anderes Gravitationsgesetz, das z.B. nicht translationsinvariant ist.)

  40. #40 Bjoern
    4. September 2015

    @Reimund:

    aber wenn diese Hintergrundstrahlung aus allen Richtungen 2,7 Kelvin beträgt und wenn man zugleich den Rand des sichtbaren Universums bei ca. 13,7 Milliarden Lichtjahren akzeptiert, wäre diese Gleichförmigkeit nur nachvollziehbar, wenn unsere irdische Perspektive nahe dem kosmischen Zentrum wäre.

    (1) Warum?
    (2) Der Kosmos hat (nach heutigem Wissem) weder ein Zentrum noch ein Rand.
    (3) Der Rand des sichtbaren Universums ist nicht 13,7 Milliarden Lichtjahre von uns entfernt. (sondern eher etwa 46 Milliarden Lichtjahre)

    Dann steht gerade diese Gleichförmigkeit doch möglicherweise im Widerspruch zum kosmologischen Prinzip, oder nicht?

    Warum??? Das kosmologische Prinzip sagt doch _genau_ das: Dass das Universum in alle Richtungen (und an jedem Ort) im Wesentlichen gleich aussieht! Diese Gleichförmigkeit _bestätigt_ also das kosmologische Prinzip!

    Eine bevorzugte Stellung und eine besondere Perspektive wird hier ausgeschlossen.

    Und? Wir haben doch auch gar keine bevorzugte Stellung und auch keine besondere Perspektive! Ich verstehe dein Problem nicht.

  41. #41 Bjoern
    4. September 2015

    @Artur57:

    Die Dunkle Materie legt sich also als Halo um die Galaxien.

    Nein, anders herum: Erst bilden sich die Halos, und innerhalb dieser bilden sich dann die Galaxien.

    und auch beim Kontakt mit baryonischer Materie zerstrahlen [die WIMPs].

    Nein, tun sie nicht – wo hast du das denn her?

    Die gravitative Wirkung der WIMPs hebt sich im Inneren der Kugel gerade auf, sagst Du. Das ist plausibel, also das Analogon zum stets feldfreien Inneren einer Metallkugel.

    Du scheinst da etwas falsch zu verstehen: Der Halo ist keine Hohlkugel / Kugelschale, sondern eine komplette Kugel. In welcher die Dichte zum Zentrum hin sogar immer größer wird.

    Dann aber Dien Schluss, die abweichenden Bahnen der Sterne seien dadurch erklärt. Warum? Wenn sich die Kräfte aus dem Halo gerade neutralisieren, ist es doch so, als ob die DM gar nicht da wäre?

    Die Kräfte von der DM _außerhalb_ der Bahnen der Sterne neutralisieren sich gegenseitig. Aber es ist ja auch jede Menge DM _innerhalb_ der Bahnen der Sterne vorhanden.

  42. #42 Bjoern
    4. September 2015

    @maikm:

    Sollten deine Klumpionen sich nicht aehnlich der enstandenen Sterne und Planeten zu groesseren Klumpen zusammen finden? Oder ist der Abstand zwischen den einzelnen Klumpionen zu gross dafuer? Koennen diese dann aber ausreichend Wirkung auf die Sternenbahnen haben?

    Kommt darauf an, was genau du mit “zu groesseren Klumpen zusammen finden” meinst. 😉

    Wie Martin schon erklärt hat, können die “Klumpionen” (WIMPs) keine Körper bilden; sie haften nicht aneinander.

    Dennoch wirkt ja die Graviation auf sie, und auch mit der normalen Materie wechselwirken sie evtl. schwach. Das führt dazu, dass sich in den Zentren von Galaxien und Galaxienhaufen (und wohl auch in den Zentren von Sternen) mehr Dunkle Materie ansammelt als weiter draußen.

  43. #43 Artur57
    4. September 2015

    @ alex und Bjoern

    Kritik verstanden und akzeptiert.

    Wenn wir die DM als massive Kugel ansehen, dann wird jedes Masseteilchen zu deren Zentrum hin gezogen und zwar (innerhalb der Kugel) zunehmend mit dem Abstand vom Zentrum. Dies müssen die äußeren Sterne durch erhöhte Geschwindigkeit kompensieren. QED.

  44. #44 Alderamin
    5. September 2015

    @Artur57

    Bjoern und Alex haben’s erklärt, nur noch als Anmerkung: die Dichte der DM nimmt zum Zentrum der Milchstraße hin sogar zu, und die Teilchen kreisen natürlich irgendwie um ihr Massenzentrum, das in der Mitte der Milchstraße liegt, und das nicht nur auf weiten Kreisbahnen, sondern auch auf schmalen Ellipsen, die nahe ans Zentrum gehen. In der Milchstraße selbst ist also ebenfalls DM, nicht nur außen drumherum. Und davon wirkt auf jeden Stern eben nur der Anteil, der sich innerhalb seiner Bahn befindet. Das wird nach außen hin, weg vom Milchstraßenzentrum, immer mehr Masse.

    @Reimund Ruhnau

    Das ist mir wohl bekannt, aber wenn diese Hintergrundstrahlung aus allen Richtungen 2,7 Kelvin beträgt und wenn man zugleich den Rand des sichtbaren Universums bei ca. 13,3 Milliarden akzeptiert, wäre diese Gleichförmigkeit nur nachvollziehbar, wenn unsere irdische Perspektive nahe dem kosmischen Zentrum wäre.

    Nö, die Situation ist eher ähnlich, wie wenn man sich auf hoher See befindet und der Horizont überall gleich weit weg ist. Daraus kann man nicht schließen, dass man sich in der Mitte des Ozeans befindet, das hat man schon ein paar Kilometer von der Küste entfernt (je nachdem wie hoch die Erhebungen an Land sind). Der Witz ist halt, man schaut im All ja auch stets in die Vergangenheit und irgendwo, symmetrisch um den Beobachter, schaut man halt gegen die Feuerwand, die 380000 Jahre nach dem Urknall überall war. Das muss symmetrisch sein, weil das Licht ja von überall her gleich schnell unterwegs ist. (Wie schon angesprochen wurde, die Lichtlaufzeit ist 13,8 Milliarden Jahre von dort bis hier, aber da die Strecke während dieser Zeit weiter gewachsen ist, das Licht aber zu jeder Zeit immer nur den gewachsenen Teil der Strecke zurücklegen musste, der noch vor ihm lag, ist die tatsächliche Entfernung bis zur Hintergrundstrahlung mittlerweile schon 46 Milliarden Lichtjahre)

    Es gibt zwar eine Dipolanisotropie von ca. 0,1 %, aber diese beruht auf der Eigenbewegung unserer Galaxis im Raum.

    Korrekt. Wir kreisen hier um einen lokalen Schwerpunkt in usnerer Gegend.

    Dann steht gerade diese Gleichförmigkeit doch möglicherweise im Widerspruch zum kosmologischen Prinzip, oder nicht?

    Im Gegenteil, was mit obigem klar sein sollte. Auf dem Ozean ist ja auch Gleichtförmigkeit gegeben, nicht obwohl der Horizont überall gleich weit weg ist, sondern genau deswegen. Anders als beim Ozean geht man aber nicht davon aus, dass da irgendwo mal eine Küste (sprich: was anderes) käme. Ob man irgendwann wieder am Ausgangsort ankäme (wenn man mit der Expansion Schritt halten könnte, was man nicht kann) oder ob es endlos weitergeht, ist unklar, beides ist möglich.

    Eine bevorzugte Stellung und eine besondere Perspektive wird hier ausgeschlossen. Stört dich das nicht?

    Nein, im Gegentum. Das passt wunderbar zur Urknalltheorie. Das Vakuum breitete sich inflationsmäßig riesengroß aus, fiel in einen niedrigeren Energiezustand und kippte dabei die Vakuumenergie als Strahlung in den Raum aus, aus dem ein fast gleichförmig verteiltes Plasma wurde, das dann abkühlte, bis es neutrale Atome bzw. Moleküle waren. Plasma ist undurchsichtig, neutrales Gas nicht, also sehen wir die letzte Oberfläche des Plasmas überall in der Ferne (Vergangenheit) und das ist die Hintergrundstrahlung, eine erstklassige Plancksche Temperaturstrahlungskurve. Passt.

  45. #45 Alderamin
    5. September 2015

    @Bjoern, maikm

    Zu der “Rutschigkeit” von Dark Matter gab’s neulich einen Artikel bei Sky and Telescope, aber der Spam-Filter mag ihn nicht durchlassen.

    Nehmt den ersten Link von hier:
    https://www.google.com/search?q=how+slippery+is+dark+matter&ie=utf-8&oe=utf-8

  46. #46 Reimund Ruhnau
    6. September 2015

    @Bjoern
    Weltraum mit Rand ist aber nicht meine Erfindung und du hast ja diesen Ausdruck ja auch benutzt. Vielleicht kann man sich auf aktuell “sichtbaren Radius” einigen. Dieser dürfte nach meiner Kenntnis unter Berücksichtigung der beschleunigten Expansion etwas größer als 13,7 Milliarden Lichtjahre, nämlich ca. 16 Milliarden Lichtjahre betragen. (Abnehmender Hubble-Parameter / Ereignishorizont.)
    46 Milliarden Lichtjahre bezieht sich vermutlich eher auf zukünftig sichtbar werdende Ereignisse in diesem Radius. Bis zur letzten Streuung an der Oberfläche der Strahlungsära beträgt der Radius aber trotzdem ca. 13,7 Milliarden Lichtjahre. Was dahinter liegt, können wir jetzt noch nicht sehen, doch gibt es da noch was zu sehen?
    Natürlich ist der Raum homogen und isotrop, aber der Standort und die Eigenbewegung eines Beobachters im Raum dürften Einfluss auf das haben, was er sieht und misst.
    Wenn das Universum nicht unendlich wäre, dann hätte es irgendwo einen äußeren und einen inneren Bereich, unabhängig davon, welche Form man bevorzugt. Alle Bereiche expandieren gleich schnell, aber der Abstand der finalen Wand zu einem Beobachter im inneren Bereich wäre nicht der gleiche wie der eines Beobachters im äußeren Bereich des Universums. Dieser würde dann unter Berücksichtigung von c das Ereignis des Urknalls ( MH-Strahlung ) abhängig von der beobachteten Richtung zu verschiedenen Zeiten empfangen, anders gesagt, er empfängt, richtungsabhängig, unterschiedliche Zeitpunkte der Strahlungsära an seinem speziellen Ort. Jedes Ereignis, ob Supernova oder Urknall-Strahlung, ist doch an jedem Ort im Raum nur einmal zu einer bestimmten Zeit zu empfangen, vorher nicht und nachher nicht mehr. Die subjektive Wahrnehmung des Beobachters kann auch trotz Isotropie nicht ignoriert werden.

  47. #47 Reimund Ruhnau
    6. September 2015

    @Alderamin
    Hört sich eigentlich ganz einfach an, wenn man problemlos ein unendliches Universum mit dem Urknall verbinden kann.
    Genau da hakt es aber bei mir. Ein unendliches Universum braucht keinen Urknall, höchstens einen Urzustand, und ein Urknall könnte kein unendliches Universum schaffen. Es wäre zwar für uns unendlich groß, aber objektiv eben nicht.
    Ich habe kein Problem mit einem unendlichen Universum und kein Problem mit der Expansion. Es liegt vermutlich am Urknall und an den kleinen Stolpersteinen in dieser Theorie, aber deswegen such ich ja bei euch eine Erleuchtung, und man lernt ja immer was dazu.
    Zu deiner Erklärung der Vakuum-Inflation.
    Die inflationäre Phase hat nach meiner Kenntnis zwar zu einer gewaltigen Ausdehnung des Raumes geführt, aber sie fand in der winzigen Zeit von 10 hoch minus 35 bis 10 hoch minus 33 Sekunden nach dem Urknall statt.
    In diesem winzigen Zeitraum ist der Raum um einen Faktor von ca. 10 hoch 29 gewachsen ( ohne Gewähr ), aber in der Theorie ausgehend von einer Winzigkeit auf eine Größe von einigen Metern oder Kilometern Durchmesser. ( Je nach Autor ).
    Nach 10 hoch minus 12 Sekunden, also viel später, hatte das Universum danach eine geometrische Abmessung, die unserer Sonne entsprechen würde und nach dieser Phase dominierte schon wieder die klassische Expansion.
    Das Universum war also nicht plötzlich riesengroß, aber vielleicht habe ich dich ja auch falsch verstanden.

  48. #48 Alderamin
    6. September 2015

    @Reimund Ruhnau

    #46

    46 Milliarden Lichtjahre bezieht sich vermutlich eher auf zukünftig sichtbar werdende Ereignisse in diesem Radius. Bis zur letzten Streuung an der Oberfläche der Strahlungsära beträgt der Radius aber trotzdem ca. 13,7 Milliarden Lichtjahre

    Nein, das ist nur die Lichtlaufzeitentfernung. Es gibt eine Reihe von Entfernungsmaßen, und die beiden gebräuchlichsten sind die “Proper Distance” und “Comoving Distance” (dt. mitbewegte Entfernung). Die Proper Distance entspricht dem, was man auf einem gedachten Maßband ablesen würde, das zum entfernen Punkt gespannt ist. Die mitbewegte Entfernung hält die augenblickliche Proper Distance unabhängig von der Expansion des Universums fest, das Maßband expandiert mit dem Universum, die mitbewegte Entfernung ändert sich nur bei einer Eigenbewegung des Objekts gegenüber der Raumexpansion. Die Lichtlaufzeitentfernung ist irreführend, weil die eigentliche (proper) Entfernung bei Aussendung des Lichts viel geringer und bei Ankunft viel größer war, als die Lichtlaufzeitentfernung.

    Nach Proper und Comoving Distance ist die Entfernung der Orte, deren Mikrowellen-Hintergrund wir heute empfangen, 46 Milliarden Lichtjahre.

    Natürlich ist der Raum homogen und isotrop, aber der Standort und die Eigenbewegung eines Beobachters im Raum dürften Einfluss auf das haben, was er sieht und misst.

    Die Eigenbewegung ja, der Standort nicht, denn sonst wäre das Weltall nicht homogen (überall gleich). Die Eigenbewegung ist aber auch nur eine solche um den lokalen Massenschwerpunkt, der sich aus einer zufälligen Dichteschwankung im primordialen Gas ergeben hat, und das umliegende Gas zu sich heranzog, aus dem dann die lokalen Strukturen (lokale Gruppe, lokaler Galaxienhaufen, lokaler Superhaufen) entstanden. Im Prinzip entstand das Universum als leicht wellige (Hyper-)Ebene, in der die zunächst gleichmäßig verteilten Teilchen in die nächstgelegenen Vertiefungen rollten und darin rollen sie heute noch hin- und her (nur zu größeren Strukturen zusammengewachsen).

    aber der Abstand der finalen Wand zu einem Beobachter im inneren Bereich wäre nicht der gleiche wie der eines Beobachters im äußeren Bereich des Universums.

    Es gibt keine räumliche Wand, der Mikrowellenhintergrund ist, wenn überhaupt, eine zeitliche Wand, die für jeden Punkt im Universum in der gleichen Vergangenheit liegt. Auch hier existierte der Feuerball, nur hat sich sein Licht längst in alle Richtungen aus dem Staub gemacht und kommt gerade jetzt an den Orten an, wo wir unsererseits den damaligen Feuerball als Hintergrund heute messen können. Es gibt deswegen kein “Hinter der Wand”, nur ein “Davor”.

    #47

    Hört sich eigentlich ganz einfach an, wenn man problemlos ein unendliches Universum mit dem Urknall verbinden kann.
    Genau da hakt es aber bei mir. Ein unendliches Universum braucht keinen Urknall, höchstens einen Urzustand, und ein Urknall könnte kein unendliches Universum schaffen.

    Kann man. Auf (mindestens) zwei Weisen:

    1) das Universum war schon immer unendlich groß, begann allerdings beim Urknall zu wachsen, so dass ein jedes Volumen größer und weniger dicht wurde. Eine Variante davon ist das Ekpyrotische Universum, etwa in der Form zweier kollidierender, unendlich großer Branes in der M-Theorie.

    2) Bei einer ewigen Inflation, die Blasenuniversen hervorbringt, in denen der Raum so wie bei uns wächst, kann man die Blasenhaut als Urknall betrachten, wo das inflationäre Vakuum in das normale Vakuum übergeht. Die Blase wächst ewig weiter. Wenn man innnerhalb der Blase die Zeitrichtung als zunehmende Entropierichtung radial ins Innere der Blase misst, dann stellt für einen Insassen der Blase die Außenhaut einen bestimmten Zeitpunkt dar, der sich über einen unendlichen Raum erstreckt (denn die Blase strebt in der Oberfläche ja gegen unendlich). Das war jetzt wohl schlecht zu verstehen, aber es gibt einen schönen Artikel, der’s genau erklärt.

    Unendliches Universum – geht. Den Urknall braucht es, da die räumliche Ausdehnung des beobachtbaren Universum (und dieses ist in jedem Fall endlich) auf einen Ursprungspunkt (oder kleines Anfangsvolumen) zurück führt. Ein unendliches Universum wird zwar durch einen Urknall nicht größer (n mal unendlich ist immer noch unendlich), aber durchaus weniger dicht.

    Das Universum war also nicht plötzlich riesengroß, aber vielleicht habe ich dich ja auch falsch verstanden.

    Hast Du. Die von Dir genannten Zahlen entsprechen auch dem, was mir bekannt ist. Ob die Inflation (die z.B. beim Ausscheren der Gravitation aus der vereinheitlichten GUT-Kraft losgegangen sein könnte) wirklich nur 10^-33 s gedauert hat, oder schon 10^10^10^100 Jahre im Gange ist und außerhalb unserer Blase weitergeht, weiß natürlich niemand genau, das ist nur eine Untergrenze, um die beobachtete Flachheit zu erhalten. Ab dem Übergang ins normale Vakuum ist die Entwicklung jedenfalls recht gut verstanden (bis auf den Symmetriebruch zwischen Materie und Antimaterie).

  49. #49 MartinB
    6. September 2015

    @Reimund
    Alderamin hat ja schon so ziemlich alles erklärt – was den radius angeht, ist das ein weit verbreiteter Irrglaube (dem ich auch mal anhing). ich hae das in der Anfangszeit dieses Blogs mal auseinandergedröselt:
    https://scienceblogs.de/hier-wohnen-drachen/2010/09/19/wie-gross-ist-das-beobachtbare-universum/

  50. #50 Reimund Ruhnau
    6. September 2015

    @alderamin @martinB
    das habe ich jetzt fast verstanden, aber ich werde es natürlich noch mal reifen lassen.
    Die Links schaue ich mir auch noch an.
    Kann ich für mich vermerken, dass ihr ein unendliches Universum favorisiert? Das findet sich in manchen Kommentaren nicht unbedingt wieder.
    Danke euch

  51. #51 Bjoern
    6. September 2015

    @Reimund:

    Weltraum mit Rand ist aber nicht meine Erfindung und du hast ja diesen Ausdruck ja auch benutzt.

    Ich habe explizit vom Rand des _sichtbaren_ Universums geredet. Das ergibt Sinn. Keinen Sinn dagegen ergibt es, so wie du vom “Rand des Universums” zu reden.

    Den Rest hat ja Alderamin schon großenteils beantwortet… Also nur noch einige Anmerkungen.

    Was dahinter liegt, können wir jetzt noch nicht sehen, doch gibt es da noch was zu sehen?

    Da gibt es im Wesentlichen dasselbe zu sehen wie das, was wir jetzt schon sehen.

    Wenn das Universum nicht unendlich wäre, dann hätte es irgendwo einen äußeren und einen inneren Bereich, unabhängig davon, welche Form man bevorzugt.

    Nein, das folgt nicht. Wie kommst du darauf?! Auch das folgende zeigt, dass du anscheinend ein reichlich falsches Bild von der Form des Universums hast…

  52. #52 Bjoern
    6. September 2015

    @Reimund:

    Kann ich für mich vermerken, dass ihr ein unendliches Universum favorisiert?

    Nein, das tue ich nicht. Keiner weiß, ob das Universum endlich oder unendlich groß ist – und ich bin mir selbst nicht sicher, welche Möglichkeit ich eher glaube.

  53. #53 Alderamin
    6. September 2015

    @Reimund

    Kann ich für mich vermerken, dass ihr ein unendliches Universum favorisiert?

    Mir gefällt die Idee der endlosen Inflation und dem unendlichen Universum, wie es in dem Link zu Aguirre beschrieben ist. Niels schrieb vor einiger Zeit einmal, dass ein unendliches Universum mittlerweile die Standardtheorie sei. Aber was ich oder selbst die Mehrheit der Kosmologen favorisieren, hat für die Wirklichkeit nicht die geringste Relevanz. Wie Bjoern sagt, keiner weiß es. In der Wissenschaft muss auch mal das Eingeständnis des Nichtwissens erlaubt sein.

  54. #54 Reimund Ruhnau
    7. September 2015

    @Bjoern
    Ich kann schon zwischen dem tatsächlichen Abstand und der Lichtlaufzeit unterscheiden, und mir ist auch klar, dass die Distanz zwischen Sender und Empfänger im expandierenden Raum zum Zeitpunkt der Emission noch geringer war. Entschuldigt bitte diese Flüchtigkeit, aber auch in der Fachliteratur wird zu meinem Ärger oft sehr lässig mit dem Begriff der Entfernung umgegangen. Es gibt ja auch Autoren, die empfehlen, auf diesen Begriff ganz zu verzichten und sich auf Expansionsrate und den Wert Z zu beschränken, aber für manche Erklärungen ist er eben doch ganz nützlich.
    Ich bin aber auch damit einverstanden, dass es nicht elementar wichtig ist, ob der Weltraum unendlich groß oder nur sehr groß ist, und ich habe auch verstanden, dass an jedem Punkt im Raum der Abstand ( schon wieder) zur finalen Wand der gleiche sein muss, denn wir blicken auf einen bestimmten Zeitpunkt zurück und nicht auf eine räumliche Wand. Das hat mir Alderamin mit einem einzigen Satz klar gemacht. Ich bin etwas schlauer als vorher.
    Reimund

  55. #55 Reimund Ruhnau
    12. September 2015

    @MartinB
    habe deinen Artikel “Wie groß ist das beobachtbare Universum?” und die Kommentare dazu gelesen. Danke für den Tipp. Dann habe ich noch deinen Link “auch abweichende Ideen” in deinem Beitrag 54 (Quarks) geöffnet und deinen Kommentar zu dem Wiltshire Modell (Timescape-Universum) gelesen. Das fand ich sehr interessant. Eine differenzierte Raumzeitkrümmung könnte dann bedeuten, dass der Raum selber die Ursache für dunkle Energie und dunkle Materie wäre und dass beide vielleicht die zwei Seiten einer Medaille darstellen. Dann könnte man natürlich noch lange und vergeblich nach exotischen Teilchen oder Energien suchen. Dieses Modell wäre auch kein Widerspruch zum Urknall – Modell, oder täusche ich mich da wieder mal?
    Freundliche Grüße
    Reimund

  56. #56 MartinB
    12. September 2015

    @Reimund
    Nein, das Wiltshire-Modell ist kein Widerspruch zum Urknall, im Gegenteil, es evrwendet ja auch die Idee der Expansion, nur eben ungleichmäßig.
    Problem ist halt, dass es mit den bisherigen Beobachtungen wohl nicht so gut zusammenpasst.

  57. #57 Reimund Ruhnau
    12. September 2015

    @MartinB
    Es würde aber vielleicht auch die beschleunigte Expansion erklären, denn expansive Zonen ( Voids ) erzeugen dann vermutlich mit zunehmenden Volumen auch steigende Expansionsraten. Über kosmische Strukturen wären die kleinen Unterschiede aber kaum zu erkennen, so dass man natürlich von einer allgemeinen kosmischen Expansionsrate ausgeht. Die Strukturen, sowohl riesige Voids als auch die umgebenden Filamente und Knoten aus Galaxienhaufen sprechen eigentlich nicht gegen eine Kausalität von einem
    Expansionsfaktor und dem Volumen eines Voids.
    Entschuldige bitte, ich weiß, dass du schon bei einem neuen Thema bist.
    H.G. Reimund

  58. #58 Alderamin
    12. September 2015

    @Reimund Ruhnau

    Es würde aber vielleicht auch die beschleunigte Expansion erklären, denn expansive Zonen ( Voids ) erzeugen dann vermutlich mit zunehmenden Volumen auch steigende Expansionsraten.

    “Könnte sein” klingt immer gut, muss aber dann auch durch Beobachtungen belegt werden.

    Wenn Wiltshires Theorie die Dunkle Energie erklären würde, wäre sie schon längst von der Kosmologie akzeptiert, die Kosmologen sind ja nicht dumm oder stur, letztlich zählen nur die Daten. Die Theorie ist jetzt schon 8 Jahre alt und wir haben durch WMAP und PLANCK äußerst genaue Messungen an der Hintergrundstrahlung erhalten, die gegen Wiltshire sprechen. Siehe etwa hier oder hier (Kapitel 5).

  59. #59 MartinB
    12. September 2015

    @Alderamin
    Danke für die Links.

  60. #60 Reimund Ruhnau
    14. September 2015

    @Alderamin
    Ich habe es angesehen, so viele Superformeln sind zwar höchst imposant, aber man sieht vor lauter Wald die Bäume nicht mehr. Ich versuche es nochmal, aber oft wäre weniger doch vielleicht mehr?!
    Danke trotzdem.

  61. #61 Alderamin
    14. September 2015

    @Reimund Ruhnau

    Na ja, was bringt’s, irgendwelche Prosa zu verlinken, der man glauben kann oder nicht. Hier sind die Daten, die Ergebnisse, die Schlussfolgerungen. Wengistens Abstract und Conclusion sollte man verstehen können.

    Wenn man in der Kosmologie mitreden und kritisieren will, muss man solches Zeugs verstehen. Ich gebe zu, da selbst auch nicht mehr mit zu kommen (immerhin verstehe ich halbwegs den Prosa-Teil in den Papers), aber ich versuche ja auch nicht, die Dunkle Energie in Frage zu stellen, wer bin ich Wicht denn…?

  62. #62 Reimund Ruhnau
    14. September 2015

    @Alderamin @MartinB
    Die dunkle Energie stelle ich natürlich auch nicht in Frage, aber der Raum besteht doch nicht nur aus Geometrie, sondern ist erfüllt mit Quanten und virtuellen Teilchen.
    Der Raum selber wäre möglicherweise dann doch auch ein Kandidat für dunkle Energie und dunkle Materie, auch
    ohne auf das Wiltshire-Modell zurück greifen zu wollen.
    ( Wie wäre es mit den Begriffen “Positive / Negative Raumdichte”? )
    Die beobachteten Phänomene wie Raumexpansion und
    DM-Effekte würden dadurch ja eigentlich nicht in Frage gestellt, nur die Ursachenforschung etwas erweitert.
    Es gibt ja nach wie vor noch keine heiße Spur von Teilchen oder Energien, die diese Wirkungen erklären könnten, darum darf man sicher auch als “kleiner Wicht” mal etwas rumspinnen. Ich will dabei ja keinem etwas einreden, und vermutlich ist es ja auch völlig abwegig, aber es hat mich eben beschäftigt und eure Antworten haben mir insgesamt ja auch weitergeholfen. Also, nichts für Ungut…
    Freundliche Grüße
    Reimund

  63. #63 Alderamin
    14. September 2015

    @Reimund Ruhnau

    Der Raum selber wäre möglicherweise dann doch auch ein Kandidat für dunkle Energie und dunkle Materie,

    Das ist ja sogar die favorisierte Hypothese, das Problem ist nur, dass rein rechnerisch die Fluktuationen, die den Casimir-Effekt verursachen, eine 10^120-fache schnellere Expansion ergeben würden, als tatsächlich beobachtet wird. Deswegen ist diese Idee noch nicht in trockenen Tüchern.

    Die beobachteten Phänomene wie Raumexpansion und
    DM-Effekte würden dadurch ja eigentlich nicht in Frage gestellt, nur die Ursachenforschung etwas erweitert.

    Wiltshires Idee läuft unter dem Begriff “(integrated) Sachs-Wolfe-Effekt“, Florian schrieb schon einmal darüber. Ist bekannt, wird beobachtet, aber punktuell, nicht über den ganzen Himmel.

  64. #64 Reimund Ruhnau
    15. September 2015

    @Alderamin @MartinB
    Also, ich möchte mich hier ausdrücklich bedanken für die bereichernden Antworten und für die Zeit, die einige von euch sich dafür genommen haben. Ich glaube, dass ich einiges jetzt noch besser verstehe. Es hatte sich bei mir ein unbehagliches Gefühl eingestellt, weil in den vielen Weltraum – Dokus auf NTV oder N24, aber auch in einigen Magazinen ein ziemlich schräges Bild vom Urknall gezeichnet wird und weil kein Fachkundiger an geeigneter Stelle einen passenden Kommentar dazu abgibt. Hier wird mit der Neugier junger Menschen rumgespielt.
    So manche konfuse Conclusion beruht sicher darauf, dass in dem Bemühen um eine visuelle Darstellung aus einem Punkt heraus in einer gewaltigen Explosion Galaxien mit millionenfacher Lichtgeschwindigkeit nach außen in einen schon vorhandenen Raum geschleudert werden. So kann man, wenn man keine besseren Informationen hat, leicht dem Irrtum verfallen, dass es ein universelles Zentrum und einen äußeren Rand “Irgendwo” geben müsste. Das ärgert mich schon lange und immer wieder neu, aber da kommt man wohl nicht gegen an. Schade eigentlich…
    H.G. Reimund

  65. #65 MartinB
    15. September 2015

    @Reimund
    “Das ärgert mich schon lange und immer wieder neu, aber da kommt man wohl nicht gegen an”
    Und nicht nur dich….
    Aber Fernseh-Dokus sind eh oft ziemlich gruselig und weit von der Wahrheit entfernt, da gab’s auch mal Stahlatome…

  66. #66 Alderamin
    15. September 2015

    @Reimund

    n-tv und N24 schaue ich gar nicht mehr (allerhöchstenfalls wenn ich unbedingt und sofort Nachrichten schauen will, aber seit ich ein Tablet habe und keinen Rechner booten muss, um ins Internet zu kommen, kommt selbst das nicht mehr vor), aber auch was beim ZDF in den Einspielern zur Astronomie und Kosmologie erzählt wird, strotzt vor Fehlern, dass mir die Nackenhaare hochgehen. Da kann ich unbedingt nur Bücher empfehlen. Brian Greene zum Beispiel. Nur nicht “Das elegante Universum”, das hat mich in Bezug auf die Stringtheorie eher verwirrt und verschreckt.

  67. #67 Reimund Ruhnau
    15. September 2015

    @Alderamin @MartinB
    Auch diese Kommentare haben mich wieder mal gefreut. Danke,… auch für den Tipp.

  68. #68 MartinB
    15. September 2015

    Dafür ist so’n Blog ja da…

  69. #69 rolak
    19. September 2015

    im aktuellen Pausenlesebuch eine Referenz

    Das war/ist die Enthymesis-Reihe, war das Buch ‘Museumsschiff’. Klang zuerst nach einer Einleitung zu ‘wird viel mehr’, doch zu mehr als ein paar waffentechnischen Spielereien ists nicht gekommen in den zwei folgenden Büchern (also ist unter den begedianischen das aktuelle Buch 7of9, hihi, Lesenaufhören zwecklos!). Als Grundtenor wird die DM ‘dem Raum’ zugeordnet so wie die normale Materie der Energie via des sattsam bekannten E=mc². Geht allerdings im Wust der sonst noch etablierten Kuriositäten (aka im großen Blödsinn) unter (aktuell wird die grotesk unverstandene Verschränkung (klar) für instantane Kommunikation ausgebaut) – doch wenn dies alles außen vor gelassen werden kann, bleibt hinten recht unterhaltsame Belletristik übrig. In etwa ein Bastard aus Arcot-Wade-Morey, Space Beagle, Lensmen, Lancelot Biggs uvam aus dieser Zeit, nur in aktueller Sprache.

  70. #70 MartinB
    20. September 2015

    @rolak
    Danke für den Tipp, falls mir mal wieder nach SpaceOpera ist…

  71. #71 Physik-Fan
    21. September 2015

    Das DM-Modell ist längst nicht in trockenen Tüchern, es gibt Befunde, die nicht im Einklang damit sind. Ich möchte da auf den Artikel “Das kosmologische Standardmodell auf dem Prüfstand”, Spektrum d. W. 08/2010 hinweisen. Allgemein gesagt, wenn man zu kleineren Skalen übergeht, treten ernsthafte Widersprüche auf. Das sog. Lokale Volumen, zu dem auch die Lokale Gruppe gehört, kennt man am besten und erlaubt den präzisesten Test des DM-Modells. Es zeigt sich, dass die Materieverteilung nicht mit den DM-Vorhersagen übereinstimmt. Ich will das hier nicht ausbreiten, am besten den Artikel selbst lesen. Nur ein Punkt etwas näher und zwar die Satellitengalaxien der Milchstraße. Von denen sind etwa 24 bekannt, es sollte aber nach dem DM-Modell viel mehr geben, einige hunderte oder sogar tausende davon. Man nennt es das “Missing Satellite Problem”. Gemäß DM-Modell gab es zunächst kleinere DM-Halos. Aus diesen entstanden durch Verschmelzung größere Halos, so auch der Milchstraßen-Halo, welcher ca. 1 Mio, Lichtjahre misst. In ihm sollte eine große Anzahl von Subhalos (übrigbleibende Verdichtungen) um die Galaxis kreisen. Subhalos sind aber die Keime für Satellitengalaxien.

    Der Artikel ist 5 Jahre alt und vielleicht gibt es inzwischen neue Erkenntnisse dazu. Das weiß ich nicht.

    Ein anderes Problem ist, dass trotz jahrzehntelanger Suche, sich kein DM-Teilchenkandidat gezeigt hat. Natürlich kann man sagen, dass der Nachweis aus irgendwelchen Gründen noch möglich nicht war und es weitergehende Experimente bedarf. Warten wir’s ab. Die SUSY, auf die man am ehesten für die DM setzt (z.B. das Neutralino), ist durch die LHC-Befunde angeschlagen. Die sog. natürliche SUSY kann man fast schon ausschließen. Dann hätten SUSY-Teilchen um 250 GeV auftreten sollen, aber da war nichts. Jetzt wurde ein neuer Befund vom Run 1 bekannt, welcher direkt der SUSY widerspricht. Der sehr seltene Zerfall vom Bottom-Quark in das Up-Quark konnte nachgewiesen werden, mit dem Ergebnis, dass nur linkshändige Bottom-Quarks so zerfallen. Dies ist im Einklang mit dem SM, aber nicht mit der SUSY.

  72. #72 Alderamin
    22. September 2015

    @Physik-Fan

    Das DM-Modell ist längst nicht in trockenen Tüchern, es gibt Befunde, die nicht im Einklang damit sind.

    Das stimmt zwar, aber erstens gibt es bisher keine bessere Theorie, um die Beobachtungen zu erklären (für solche wie den Bullet-Galaxienhaufen, wo Dunkle und sichtbare Materie sich getrennt haben, oder die Elementhäufigkeit aus der primordialen Nukleosynthese gibt es keinerlei Alternative, die auf modifizierter Gravitation basieren könnte).

    Die genannten Fehlbeobachtungen, die der DM zu widersprechen scheinen, könnten hingegen ganz einfach genau das sein: bisher noch fehlende Beobachtungen. In letzter Zeit wurden etwa eine ganze Reihe neuer Zwerggalaxien in der lokalen Gruppe gefunden – noch nicht genug, um das Missing Satellite Galaxies Problem ganz zu lösen, aber man nähert sich an. Die DM-Teilchen müssen auch keine SUSY-Teilchen sein, sie müssen nicht einmal schwach wechselwirken, sie könnten auch nur gravitativ wechselwirken und wären dann ganz schwer aufzuspüren. Und die Bestimmung der lokalen DM-Dichte ist ausgesprochen kompliziert, was zu großer Unsicherheit führt, insbesondere wenn man nicht einmal weiß, ob der Milchstraßen-DM-Halo eine Kugel oder ein Ellipsoid ist.

  73. #73 Alderamin
    22. September 2015

    @Martin

    Mein Antwortversuch landete anscheinend statt in der Mod gleich im Spam. Würdest Du ihn freundlicherweise da herausholen? Danke!

  74. #74 MartinB
    22. September 2015

    @Alderamin
    So, hoffe es klappt

  75. #75 Physik-Fan
    22. September 2015

    @Alderamin
    … gibt es bisher keine bessere Theorie, um die Beobachtungen zu erklären (für solche wie den Bullet-Galaxienhaufen, wo Dunkle und sichtbare Materie sich getrennt haben, oder die Elementhäufigkeit aus der primordialen Nukleosynthese gibt es keinerlei Alternative, die auf modifizierter Gravitation basieren könnte).

    Die genannten Fehlbeobachtungen, die der DM zu widersprechen scheinen, könnten hingegen ganz einfach genau das sein: bisher noch fehlende Beobachtungen. In letzter Zeit wurden etwa eine ganze Reihe neuer Zwerggalaxien in der lokalen Gruppe gefunden – noch nicht genug, um das Missing Satellite Galaxies Problem ganz zu lösen, aber man nähert sich an. Die DM-Teilchen müssen auch keine SUSY-Teilchen sein, sie müssen nicht einmal schwach wechselwirken, sie könnten auch nur gravitativ wechselwirken und wären dann ganz schwer aufzuspüren. Und die Bestimmung der lokalen DM-Dichte ist ausgesprochen kompliziert, was zu großer Unsicherheit führt, insbesondere wenn man nicht einmal weiß, ob der Milchstraßen-DM-Halo eine Kugel oder ein Ellipsoid ist.

    Ich bin nicht strikt gegen das DM-Modell. Tatsache ist, dass auch keine der Alternativen überzeugend ist. Bei MOND z.B. gefällt mir schon der Ansatz nicht. Da wird dem newtonschen Grav.gesetz ad-hoc ein Term hinzugefügt. Wo kommt der her? Warum sollte das Grav.feld von der umgekehrt-quadratischen Abstandsabhängigkeit abweichen? Die ist wohlbegründet und Abweichungen davon sollten sich fundamental, also auf der Ebene von Materie-, Feld- und Raumzeitstruktur, ergeben. Einen so weitgehenden Schluss nur aus bestimmten kosmischen Beobachtungen zu ziehen, da zieht man wohl die Sache von der falschen Seite her auf.

    Trotzdem ist es wichtig, auch auf die Probleme des DM-Modells hinzuweisen. Man hat es zum SM erkoren, aber ist das nicht zu voreilig? Dazu sollte es gut passen, aber das tut es auf kleineren Skalen anscheinend nicht. Die fehlenden Satellitengalaxien sind nur ein Beispiel dafür, es gibt eine Reihe von widersprüchlichen Befunden, und zwar nicht nur in der lokalen Umgebung sondern bei vielen Galaxien. Lese mal den Artikel (unter spektrum.de erhältlich; kostet etwas). Die Autoren machen den Eindruck sehr sorgfältig vorgegangen zu sein. Sie setzen sich auch mit den Gegenargumenten auseinander, darunter den von Dir genannten und sie sprechen die Alternativen an. Ich sehe die Botschaft des Artikels so, dass auf Grund der Ungereimtheiten des DM-Modells, die Suche nach Alternativen wichtig ist.

    Wenn ich von “die Sache von der falschen Seite her aufgezogen” sprach, kann man das auch auf die DM beziehen. Auf Grund bestimmter kosmischer Beobachtungen wird eine neue, hypothetische Materierart angenommen. Das ist eine sehr weitgehende Annahme. Sollte da nicht Ockham zuschlagen? Mit der SUSY hatte man zumindest eine theoretisch attraktive Grundlage dafür, aber für die sieht’s nicht gut aus (hätte übrigens generell gravierende Folgen für die neue Physik, s. Spektrum Spezial 1/15). Andere Ansätze sind mehr ad hoc, also auch nicht besser wie Modifikationen der ART, neue Felder und ähnlichem Zeugs.

  76. #76 Anonym_2018
    30. Juli 2018

    > Ein Problem mit der Quark-Idee war, dass Quarks eine gebrochenzahlige Elementarladung haben müssen, damit die Theorie stimmt (also beispielsweise 2/3 einer Elektron-Ladung).

    Könnten Quarks zusammengesetzte Teilchen statt Elementarteilchen sein?
    siehe z.B.:
    “Einem der ersten Modelle zufolge, die eine solche Substruktur beschrieben, existieren zwei Arten von Preonen, das eine mit einer elektrischen Ladung von +1/3, das andere ohne Ladung.”
    Quelle:
    https://www.spektrum.de/alias/subatomare-strukturen/sind-elementarteilchen-wirklich-elementar/1214567

    Könnten Quarks auch aus vielen Elektronen zusammengesetzt sein?
    siehe:
    “Störmer und Tsui entdeckten 1982 den sogenannten gebrochenzahligen oder fraktionierten Quanten-Hall-Effekt, den Laughlin im Jahr darauf theoretisch erklärte.

    Nach dieser Vorstellung kondensieren die Elektronen gewissermaßen zu einem Vielteilchensystem, das sich wie eine Flüssigkeit verhält.

    Als Ladungsträger fungieren nun Quasiteilchen, die sich wie Ladungsträger verhalten, die aber (für n = 1/3) nur ein Drittel der Elementarladung tragen.”
    Quelle:
    https://www.spektrum.de/magazin/neuartige-quantenfluessigkeit/825011

  77. #77 MartinB
    31. Juli 2018

    @anonym
    Modelle mit uusammengesezten quarks gibt es verschiedene, soweit ich weiß.
    Quarks als quasiteilchen aus einer komplexen struktur zusammenzusetzen, ist vermutlich theorteisch denkbar – die grundlegenden teilchen können dabei aber keine elektronen sein, soweit ich sehe, ich glaube nicht, dass das zum standardmodell passt und man bräuchte dann noch irgendwelche andren teolchen, die für eine positive hintrgrundladung sorgen wie im festkörper.

  78. #78 Anonym_2018
    4. August 2018

    Auch in folgendem Modell wird ein Zusammenhang zwischen Quarks und dem Fractional Quantum Hall Effect hergestellt, allerdings nicht durch Elektronen als Bestandteile von Quarks, sonderen dadurch, dass mehrerer aneinander gebundene Quarks als quantenmechanisches Gesamtsystem wirken:

    “Quark Confinement and the Fractional Quantum Hall Effect

    This similarity yields the result that the constituent quarks of baryon have the “filling factor” 1/3, thus the previous conjecture that quark confinement is a correlation effect was confirmed. ”
    Quelle:
    https://arxiv.org/ftp/arxiv/papers/0708/0708.3538.pdf

  79. #79 MartinB
    5. August 2018

    @anonym
    Ich hatte ja geschrieben, dass das theoretisch denkbar ist – heißt aber nicht, dass es dafür irgendeine Evidenz gibt. Die Aussage, die du zitierst, gilt innerhalb des postulierten Modells, siehe S. 3:
    “Here we propose a potential model that does not fit into the paradigms of the quark–anti-
    quark confinement, based on which we take topological properties to explain the general
    quark-confinement in hadrons”
    Ist also eine interessante Idee, aber auch nicht mehr.

    Es wäre natürlich faszinierend, wenn wir statt immer weitere elementare Teilchen zu finden, irgendwann feststellen, dass die Welt auf ganz kleiner Skala wieder komplizierter wird und unsere Teilchen in Wahrheit nur komplizierte Anregungen von einem Feld oder so sind, das darunter liegt. Eventuell schreibe ich zu dem Thema demnächst noch mal was.

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