Nein, keine Sorge, das hier ist kein Aufruf dazu, den Himmel anzumalen oder die Sonne loszuwerden, damit es in Zukunft keine Regenbögen mehr gibt. Hier geht es um Regenbögen, wie man sie des öfteren in wissenschaftlichen Veröffentlichungen findet. Beispielsweise in Bildern wie dem hier oben.

Das Bild zeigt den Spannungsverlauf in einem Schichtsystem (einer Wärmedämmschicht), aber die Details spielen hier gar keine Rolle. Mir geht es nur um das Farbschema. Das verwendete Schema ist in unserem Simulationsprogramm (ABAQUS genannt) die Standard-Einstellung, auch andere Programme verwenden ähnliche Schemata (Matlab zum Beispiel, soweit ich weiß). Die Farbverläufe sollen es leichter machen, zu erkennen, wie sich die Spannungen verhalten – hier mal ein ähnliches Bild aus der Druckversion einer Veröffentlichung, also in schlichtem Schwarz-Weiß:

stress11

Keine Frage, dass die Farbversion deutlich schöner ist, oder? Wobei ich in der Farbversion einen kontinuierlichen Verlauf genommen habe, keinen mit scharfen Abstufungen, der sähe so aus:

tbcrainbow1

Allerdings hat die Farbversion auch einen deutlichen Nachteil. Wenn ihr mal oben auf die Skala schaut, dann seht ihr, dass wir im blauen und grünen Teil einen ziemlich großen Bereich von Werten abdecken, bei denen die Farben sich nur wenig unterscheiden, während wir im gelben Bereich des Spektrums vergleichsweise schnell wechselnde Farben haben.

Das hängt damit zusammen, dass unsere Augen im rot-grünen Bereich des Spektrums besonders empfindlich auf Farbunterschiede reagieren, während wir im blauen Bereich auch deutlich unterschiedliche Lichtwellenlängen mit sehr ähnlicher Farbe wahrnehmen. (Warum das so ist und was Dinosaurier damit zu tun haben, erkläre ich hier.) Entsprechend sehen wir Unterschiede im rot-gelben Bereich deutlich stärker als im blau-grünen. (Jedenfalls, solange ihr nicht farbfehlsichtig seid, ansonsten ist das Regenbogenspektrum für euch eh nicht so toll…)

Wie drastisch dieser Effekt sein kann, zeigt zum Beispiel diese Abbildung [Borland und Taylor]:

rainbow1

Ihr seht zwei Datensätze, einen in der linken und einen in der rechten Spalte. Wie man am mittleren Bild mit den Graustufen gut sehen kann, ist der Verlauf links eigentlich sehr glatt – aber das Farbspektrum mit dem Regenbogen suggeriert, dass zum Beispiel in der Mitte im grünen Bereich wenig passiert, bis dann ein scharfer Übergang zu Gelb stattfindet. Umgekehrt sieht man die doch einigermaßen deutlichen Sprünge in den rechts dargestellten Daten im Regenbogenplot eigentlich nicht.

So ein Regenbogenspektrum kann also massiv in die Irre führen. (Ein anderes schönes Beispiel findet ihr hier. Der Artikel von Silva et al. gibt einen ganz guten Überblick über verschiedene Aspekte.)

Tatsächlich habe ich schon bei einer meiner letzten Veröffentlichungen ein anderes Farbschema verwendet, das zwar Unterschiede nicht alle ganz gleich gewichtet, aber trotzdem deutlich weniger irreführend ist:

Fig7b

Allerdings ist auch dieses Farbspektrum für dieses Problem nicht ideal. Worüber ich nämlich – bis vor kurzem – nie nachgedacht habe, ist, dass Farbspektren je nach Art der Daten unterschiedlich sein sollten. Wenn ihr einen einfachen Werteverlauf habt (z.B. von kalt nach heiß), dann ist ein verlauf mit zwei Randfarben, die fließend ineinander übergehen gut geeignet. Hier ein Temperaturverlauf in einer Schicht:

nt11-2

Ein solcher Farbverlauf heißt sequentiell. (Alternativ kann man – gerade für Temperaturen – ein Farbschema nehmen , bei dem der Verlauf von Schwarz nach Weiß analog zum Schwarzkörperspektrum geht, wie in der unteren Zeile bei den Bildern aus dem paper oben – mein schwarz-rot-gelb-Spektrum oben geht ein bisschen in diese Richtung.)

Bei dem Bild darüber allerdings trage ich Spannungen auf (das S22 in der Legende steht für eine Spannungskomponente). Da ist es so, dass Stellen, wo die Spannungen um Null liegen, nicht so interessant sind wie die, wo die Spannung stark von Null abweicht – egal ob in positiver oder negativer Richtung. beide Extreme sollten hervorgehoben werden. Dafür braucht man ein anderes Farbschema – ein divergentes.

In einem divergenten Schema hat man zwei deutlich unterschiedliche Farben an den Ende und eine neutral aussehende Farbe in der Mitte. Also beispielsweise blau-weiß-rot. So sieht die Spannungsverteilung aus dem Bild oben in diesem Schema aus:

tbcrainbow5

Man erkennt gleich, wo die uninteressanten Bereiche sind und wo spannungsmäßig der Bär steppt. Irreführende Farbsprünge gibt es auch keine. Zugegeben, das ganze ist nicht so bunt und auf den ersten Blick auch sehr ungewohnt – dafür ist das Schema aber genauer.

Falls ihr jetzt denkt, dass das ganze doch eine ziemlich müßige Spielerei ist – weit gefehlt. O.k., wenn ich bei unseren Spannungsverteilungen nicht gleich sehe, was Sache ist, ist das nicht so schlimm, zum Auswerten verlasse ich mich eh nicht auf die bunten Bildchen sondern lese Zahlenwerte an kritischen Punkten aus. Aber auch zum Beispiel in der Medizin verlässt man sich ja oft auf Visualisierungen. Ein schönes Beispiel liefert ein paper von Borkin et al. Da geht es um die Spannung Spannung in Arterien – wenn die zu klein ist, ist das ein Hinweis auf eine gefährliche Erkrankung. (Fragt mich nicht, wie das genau gemessen wird…) Um zu sehen, wie Menschen auf unterschiedliche Farbschemata reagieren, wurden ihnen dieselben Daten in unterschiedlichen Darstellungen gezeigt (aus Borkin et al. ):

borkin1

Nahezu alle Testpersonen waren sich einig, dass die Regenbogendarstellung am schönsten ist – obwohl sie dafür plädierten, das Farbschema umzudrehen, weil die kritischen Bereiche mit niedrigen Werten rot sein sollten, nicht blau. Sehr gut auszulesen ist auch das reine Graustufenbild, das allerdings nicht gut ankam, weil Medizinerinnen mit reinen Graubilder Rohdaten verbinden, die noch nicht ausgewertet wurden. Sollte man also doch bei den Regenbögen bleiben?

Um das herauszufinden,  bekamen die Versuchspersonen anschließend die Aufgabe, die kritischen Regionen selbst per Maus anzuklicken, und durften dann bewerten, wie einfach oder schwierig sie das fanden. Und dabei zeigte sich, dass ein divergierendes Farbschema (Schwarz/rot, wie oben in Teilbild F) zu signifikant weniger Fehlern führte als das Regenbogenschema. Verwendet man zweidimensionale Bilder, so wie oben, dann werden beim divergierenden Farbschema 91% der kritischen Stellen erkannt, beim Regenbogenspektrum nur 62%. Interessanterweise verwendeten die Versuchspersonen dabei weniger Zeit, wenn die Bilder das Regenbogenspektrum verwendeten. (Man kann natürlich spekulieren, ob das daran liegt, dass das Regenbogenspektrum deutlich vertrauter ist oder ob es eine falsche Sicherheit vermittelt.) Es zeigt sich also, dass die Verwendung des richtigen Farbspektrums durchaus wichtig sein kann.

Wenn ihr selbst passende Farbspektren für eure Grafiken braucht, dann habe ich hier die perfekte Internetseite: ColorBrewer. (Erstellt von Cynthia Brewer, die auch viel zum Thema veröffentlicht hat, ein Beispiel findet ihr unten in der Literaturliste.) Dort könnt ihr Spektren nach eurem Geschmack auswählen und euch auch die Farbwerte ausgeben lassen (das habe ich auch für das blau-rot-Schema oben gemacht) – das Ganze hat sogar einen Knopf, der erlaubt, nur solche Spektren zu wählen, die auch für farbfehlsichtige Menschen noch erkennbar sind:

colorbrewer

Screenshot von ColorBrewer

Die Farbspektren sind so ausgeklügelt, dass sie auch zum Einfärben von Karten dienen können, wo auch mal zwei Gebiete aneinandergrenzen können, die ganz unterschiedliche Werte haben. (Was bei meinen Plots selten vorkommt.) Sie sind extra so gemacht, dass man trotzdem alles gut unterscheiden kann – im Bild z.B. links und rechts unten zu sehen. Trotz dieser harten Anforderungen gibt es aber einige Spektren zum Auswählen in verschiedenen Farbklängen. Ihr könnt euch also nach Herzenslust bedienen.

Der Regenbogen ist bei den Spektren übrigens nicht dabei. Der gehört nämlich an den Himmel, nicht in eure Veröffentlichung.

             

Borland, David, and Russell M. Taylor II. “Rainbow color map (still) considered harmful.” IEEE computer graphics and applications 2 (2007):14-17.
Borkin, Michelle, et al. “Evaluation of artery visualizations for heart disease diagnosis.” Visualization and Computer Graphics, IEEE Transactions on 17.12 (2011): 2479-2488.
Brewer, Cynthia A. “Spectral schemes: Controversial color use on maps.” Cartography and Geographic Information Systems 24.4 (1997): 203-220.
Silva, Samuel, Beatriz Sousa Santos, and Joaquim Madeira. “Using color in visualization: A survey.” Computers & Graphics 35.2 (2011): 320-333.

Kommentare (38)

  1. #1 Earthshaker
    4. Dezember 2015

    Bei Mathworks (Matlab) wurde das Problem übrigens auch erkannt. Seit 2014 hat Matlab daher auch eine neue Standard-Colormap (“Parula”), die den alten “Regenbogen” ersetzt.

    https://blogs.mathworks.com/steve/2014/10/20/a-new-colormap-for-matlab-part-2-troubles-with-rainbows/

    Ganz beerdigen mag ich ihn aber nicht. Wenn die Daten einen besonders großen Dynamik-Umfang habe, finde ich die Vielzahl an enthaltenen Farben ganz praktisch. Und man kann ja die Zuordnung der Farben zu den Datenlevels so anpassen, dass z.B. der grüne Bereich schmaler wird.

  2. #2 rolak
    4. Dezember 2015

    hmmm, noch gar nicht so richtig drüber nachgedacht – aber eindeutig wesentlich. Die FarbBrauerei wurde vorsichtshalber in den LesezeichenBaum gehängt…

  3. #3 LasurCyan
    4. Dezember 2015

    Hach, das ist ja was, was ich mir auch gern in den LesezeichenBaum hänge. Spannendes Thema..

  4. #4 rolak
    4. Dezember 2015

    auch

    Aber nicht unter /soft-develop/www-prog/, nicht wahr, LasurCyan? Scheint ein (Farb)Raum mit vielen Zugängen zu sein oder andersrum ein Ansatz mit weitverzweigten Auswirkungen.

    Ästhetisch interessanter im Artikel ist imho allerdings das Craquelé in MartinBs Demo – auch wenn es letztendlich ‘nur’ eine algorithmische Rasterung / FEM-Zerlegung sein dürfte.

    btw: Et ceterum censeo: Ein persistentes cookie-Einträgelchen für ‘Auf einer Seite lesen’. Jede halbwegs undämliche Bewertung filtert eh die Doppelzugriffe Teil1/Gesamt als “hinter mir und fürder mir, da jiltet nit” heraus ins Kröpfchen ‘keine Bezahlung’…

  5. #5 DasKleineTeilchen
    terra
    5. Dezember 2015

    interessant. der effekt dürfte doch eigentlich schon länger bekannt sein, warum also wurde die regenbogen-visualisierung für solche datensätze überhaupt eingeführt?

  6. #6 MartinB
    5. Dezember 2015

    @DKT
    “der effekt dürfte doch eigentlich schon länger bekannt sein”
    Die paper, dieich dazu gefunden habe, stammen alle so aus den 90ern. Ich spekuliere mal, dass das interessant wurde, als es um Dinge wie medizinische Daten ging.
    Ansonsten zeigt ja auch das zitierte Experiment, dass die meisten Menschen das regenbogenspektrum bevorzugen- nicht immer wissen wir ja, was gut ist.

    @Earthshaker
    Es mag sicher auch Fälle gebenm wo der Regenbogen passt – das ist nur nicht der Normalfall. Interessant, dass zumindest Matlab das inzwischen anders amcht.

    @rolak
    Ich habe bei dieser Seitenzählerei keine Ahnung, wie das gerechnet wird, ist mir auch nicht soo wichtig. TPTB haben gebeten, dass wir nicht grundsätzlich alles auf eine Seite schmeißen (das hat wohl auch was mit ner generellen Corporate-Design-Entscheidung zu tun, weil das bei denen auf all ihren Webseiten so gehandhabt wird), also habe ich mal brav an passender Stelle einen Umbruch gesetzt. Wenn’s zu doll nervt, kann ich aber auch in Zukunft wieder alles zusammenpacken. Im Zweifel immer nochmal nen Kommentar im Beschwerdethread. (Und generell muss ich mal lobend sagen, dass die Technik auf die meiste Kritik diesmal ziemlich fix reagiert hat.)

  7. #7 rolak
    5. Dezember 2015

    Seitenzählerei

    Ach das war doch nur ein frommer Wunsch meinerseits, MartinB, der momentan vorstellbare Gipfel der Gemütlichkeit – und nicht etwa eine Beschwerde. Nur mit einer Begründung (aka Vermutung), warum es nichts Negatives bedeuten würde.

    Technik ziemlich fix

    Wohl wahr, verdient, nochmals hervorgehoben zu werden.

  8. #8 gaius
    5. Dezember 2015

    Sehr interessantes Thema! Die Spannungsverteilung in blau-weiß-rot finde ich absolut überzeugend.

    Ich glaube, es wird generell unterschätzt, wieviel Effizienz aus der Anpassung von Visualisierungen an die menschliche Wahrnehmung noch herauszuholen wäre. Gerade, wenn es um Schnelligkeit oder Sicherheit des Erkennens (wie in der Medizin) geht.

  9. #9 MartinB
    5. Dezember 2015

    @gaius
    Das Faszinierende ist, dass ich die Spannungsverteilung in blau-rot einerseits total super finde, andererseits aber (vermutlich schlicht dank Gewöhnung) irgendwie das Gefühl hab, dass da was nicht passt.

  10. #10 Braunschweiger
    6. Dezember 2015

    @rolak:
    Das “Craquelé” in FEM-basierten Grafiken ist tatsächlich eine Art Zerlegung und nennt sich Vermaschung oder mesh. Es kommt dabei auf die Schnittpunkte der Linien (in der einen möglichen Darstellung) an, die zu Stützstellen oder nodes bei der Simulation werden. Eine andere Darstellung würde um die Knoten herum exklusive Zellen zeigen. Je mehr Knoten, desto feiner kann die Simulation auflösen, desto aufwändiger wird es aber auch.

    In der Tat wird die Vermaschung normalerweise automatisiert durch Algorithmen durchgeführt, durch sogenannte mesher-Programme. Die Maschen basieren auf Rechtecken oder Drei- oder Sechsecken, die entarten können und die zusammen diese Muster ergeben. Im Gegensatz zu einer äquidistanten “Vergitterung” besteht hier die Möglichkeit, dass der Algorithmus Unstetigkeitsstellen (Ecken) oder starke Krümmungen im Rand mit einem feineren und besser auflösenden Teilnetz versieht, und außerdem gibt es keine “angeschnittenen” Zellen bei stark kurvigen Rändern.

  11. #11 Braunschweiger
    6. Dezember 2015

    @MartinB:
    Abaqus, tatsächlich? — Es gibt doch Comsol Multiphysics, das in vielerlei Hinsicht mit Matlab kompatibel ist. Hat bestimmt mehr Möglichkeiten.

    In Comsol heißt die Regenbogenpalette tatsächlich “Rainbow”, in Matlab heißt sie “Jet” (wenn wir denn dasselbe meinen).

  12. #12 MartinB
    6. Dezember 2015

    @Braunschweiger
    “Es gibt doch Comsol Multiphysics, das in vielerlei Hinsicht mit Matlab kompatibel ist. Hat bestimmt mehr Möglichkeiten.”
    Nope. Abaqus ist der Standard in Sachen FE. (O.k., manche Leute nutzen Ansys, aber gerade im Materialbereich ist Abaqus eigentlich generell das Programm der Wahl.) Ich kenne niemanden im Materialbereich, der mit Comsol arbeitet.

    Und ja, die Zerlegung ist ein Finite-Element-Netz.

  13. #13 rolak
    6. Dezember 2015

    ja, Finite-Element-Netz

    hihi, gewonnen – das bei Netzoptimierung entstehende Muster ist aber unverkennbar. Bzw hat sich in den Jahrzehnten seit meinem Erstkontakt nicht viel dran geändert…

    4,3,6, die entarten können

    Was meinst Du mit ‘entarten’, Braunschweiger? Abgesehen davon werden die Knoten ‘schon immer’ nach der klassischen Regel gesetzt: Möglichst wenige wg des numerischen Aufwands, ausreichend viele für die geforderte Genauigkeit – so ergeben sich recht häufig und automagisch unstructured grids (fällt mir jetzt nix Hiesiges ein).

  14. #14 Braunschweiger
    6. Dezember 2015

    @rolak: “entarten”

    Bei einer Triangulation lassen sich selten gleichschenklige Dreiecke erreichen; jedes Dreieck kann theoretisch fast beliebig flach werden (bzw. ein Winkel läuft gegen 180°). Dies ist jedoch unerwünscht; selbst rechte Winkel werden nach Möglichkeit schon vermieden. Hexagonale Strukturen lassen sich auf Triangulationen zurückführen. Echte Rechtecke lassen sich ebenso meist nicht finden; sie sind fast immer zu schiefen Trapezen verzogen (bei dieser Art Vermaschung). “Entartet” sind auch Trianguationen, in denen offensichtliche Quasi-Rechtecke durch eine weitere Diagonale in zwei Dreiecke geteilt werden; es findet sich fast immer ein (fast) rechter Winkel.

    Ja, man nennt dies unstructured grids als Gegensatz zu strukturierten Netzen, die ganz offensichtlich höher geordnet aussehen. Letztere sind entweder äquidistante Gitter oder weisen viele Fast-Rechte-Winkel auf. Und ich kenne solche nur basierend auf einem rechtwinkligen Gittersystem.

    Was meinst du mit “gewonnen”? — “Finite-Elemente-Netze” sind für mich eine Submenge von Vermaschungen. Weitere wären die sogenannten moving meshes und vielleicht noch die sehr dynamischen Netze zu Stützstellen einer Smoothed Particle Hydrodynamics.

  15. #15 rolak
    6. Dezember 2015

    Was meinst du mit “gewonnen”?

    Das ging, wie (mein Verschulden) nur mittels Zitat/url erkennbar, an MartinB und bezieht sich auf das Raten in meinem zweiten Kommentar bzgl des Ursprungs des ästhetischen Musters, Braunschweiger, Richtig geraten, Plüschteddy gewonnen.

    selten gleichschenklige Dreiecke erreichen; .. selbst rechte Winkel werden nach Möglichkeit schon vermieden

    Gleichschenkligkeit ist kein Ziel, typischerweise wird das Verhältnis längste/kürzeste Seite des nEcks aus algorithmischen Gründen (mindestens) unter 3 gehalten. Auch das mit den Winkeln kenn ich anders, überstumpfe Winkel bei (n>3)Ecken wurden vermieden, alles andere ergab sich aus der Seitenlängenregel. RechenkästchenPapier mit Diagonalen fluppt 1A. Naja, Mittelpunkte wurden auch umschifft, so wurde bei (konzentrische Kreise + Radien)-Gittern der innere Kreis nicht wie eine Torte geteilt, sondern – ah, ein Bild sagt mehr als 1000 Worte. Fällt aber evtl auch unter die LängenDaumenregel.
    Wobei neben einfacher Genese und einfacher verfeinernder Adaption (unstrukturierte) Triangulationen gegenüber anderen Kachelungen insbesondere einen Vorteil haben, der allerdings erst bei nichtplanen Flächen zum Tragen kommt: Die aufgespannten Dreiecke sind immer eben.

    strukturierten Netzen (..) entweder äquidistante Gitter oder weisen viele Fast-Rechte-Winkel auf.

    Nee, das Merkmal eines strukturierten Netzes (thx 4 translation, that simple^^) ist die regelmäßige Topologie, nicht eine regelmäßige Zellgeometrie (die jedoch selbstverständlich nicht ausgeschlossen ist). 4EckQuasiRechtecke sind im Ebenen zwar überwiegend üblich, doch schon im Räumlichen konkurrieren QuasiQuader mit Tetraedern.

  16. #16 MartinB
    6. Dezember 2015

    “Gleichschenkligkeit ist kein Ziel”
    Generell gilt bei FE-Netzen: 4-ecksnetze sind bevorzugt, wenn die Winkel möglichst rechte bleiben können; bei 3ecks-netzen wären gleichseituge Dreiecke ideal; je spitzer/stumpfer die Winkel, desto schlechter.

  17. #17 rolak
    6. Dezember 2015

    gleichseituge Dreiecke ideal

    Ideal sicher, MartinB, und in diesem Sinne auch zielartig, “in diese Richtung wollen wir”. Doch nicht als zu erreichender Endzustand, das ist iirc nur -wie sagt es wiki so schön- daß “der kleinste Innenwinkel über alle Dreiecke maximiert” wird. Bei allen ‘unspannenden’ Gegenden Deines RegenbogenMusters werden ja auch mit dem größenangepassten Standardbaustein weite Flächen gefüllt, doch die Dynamik von Adaption bzw Grenzlinien *räusper* schlägt Wellen in die Matrix, eben jene teils faszinierenden Muster generierend, die ja nur deswegen¹ so drastisch ins Auge fallen, weil die betroffenen, gegenüber der Gesamtheit noch endlicheren Elemente das Ideal als Ziel deutlich verfehlt haben. Je strenger die Seitenlängen-Daumenregel, desto weiter schlagen die Wellen, desto weniger IdealKacheln.

    Allerdings femtisiere ich seit ~¼Jhdt nicht mehr, kann ja sein, daß sich da numerisch was getan hat.

    _____
    ¹ das ist spekuliert, was die Faszination auslöst, weiß ich eindeutig nicht

  18. #18 Braunschweiger
    7. Dezember 2015

    Na @rolak, wem erzähle ich denn was, du scheinst ja auch Spezialist (gewesen) zu sein. Mit einem hast du auf jeden Fall Recht: “gleichschenklig” war das falsche Wort, “gleichseitig” ist richtig, siehe MartinB. Es geht dabei wohl darum, wie du auch andeutetest, den Quotienten aus zwei Seitenlängen in Richtung 1 zu bringen, und außerdem die Fläche im Vergleich zur Länge des Umfangspolygons groß zu machen. Das hat andernfalls tatsächlich numerische Auswirkungen.

    Getan hat sich vielleicht etwas bei den Vermaschungsalgorithmen. Ich kenne einen Hersteller, der einen Mesher für Tetrahedra neu entwickelt hat. Auch scheint es zwei Tendenzen zu geben: die einen trennen den/die Vermascher möglichst konsequent von anderen Präprozessierungen ab, die anderen verschmelzen dies alles geradezu, angeblich wegen der Effektivität der Datenhaltung. Naja, und in der grafischen Postprozessierung hat sich sicher auch was getan, siehe oben den Text. Und letztlich die Mitte: neuere Solver dürfte es wohl auch geben, vor allem für gekoppete Physiken.

  19. #19 MartinB
    7. Dezember 2015

    @Braunschweiger
    Wichtig bei der Form ist, dass ja viele Variablen und insbes. das Volumen (Jacobi-Determinante) an den jeweiligen Stützstellen für die numerische Integration auf dem Element ausgewertet werden; diese Berechnungen werden um so ungenauer, je unregelmäßiger das Element geformt ist.

    Grafisches Postprocessing hat sich in der Tat massig weiterentwickelt – als ich anfing, hatte Abaqus/post noch ein reines Kommandozeilen-Interface (was aber cool war, ans Klicki-Bunti musste ich mich erst gewöhnen, für 3D ist das aber schon schicker). Man muss allerdings mit dem Workflow vorsichtig sein, wenn man z.B. reproduzierbare Ansichten erzeugen will, muss man am Ende doch alles über ne Kommandozeile machen oder alle Variablen im Postprozessor abspeichern.
    Was die Solver angeht, ja zum einen hat sich viel in Sachen Multiphysics getan (und da ist Abaqus in der Tat wohl nicht die leistungsfähigtse Software), aber es gibt auch neue Trends im Bereich der Strukturmechanik: FEM, Euler-Netze (habe ich z.B. für die Dino-Fußspuren genutzt), Partikel-Methoden usw.

  20. #20 rolak
    7. Dezember 2015

    Grafisches Postprocessing .. massig weiterentwickelt – als ich anfing

    Das war der Grund für die Ausschreibung der WerkstudentenStelle damals (jetzt ists ~⅓Jhdt), MartinB – es gab überhaupt keine adäquate Software¹, insbesondere keine zur graphischen Darstellung der Berechnungen, noch insbesonderer ‘in 3D’, also Axonometrisches mit verdeckten Kanten. Die erfolgreiche Lösung an diesem hintersten Hintertürchen war der Einstieg in einige Jahre Beschäftigung mit dem Gesamtthema, wenn auch nur auf einem Spezialgebiet, der Modellierung des Ausblasens des Ausschaltfunkens bei etwas größeren Schaltern.

    Spezialist (gewesen) zu sein

    Das Spezielle an der Rolle im eben skizzierten Szenario war wohl eher das Unpezialisierte, Braunschweiger, Physik/Informatik half bei der Vermittlung zwischen Physikern, Mathematikern, Ingenieuren einerseits und den thumben Computern andrerseits, letztere im Spektrum HP·LaborDesktop – MicroVAX – BS2000·HeavyMetal. Die ‘Software-Abteilung’ der Arbeitsgruppe bestand bis dato aus einem Schnipsel-Verwertungs-Profi (aka FORTRAN-Guru) mit dem -äh- übersichtlichsten aller VerzeichnisBäume: Ein Ordner, 5stellige Anzahl .F77. A Real Programmer.

    _____
    ¹ nur mal so zur Verdeutlichung: Bevorzugter QuelltextTausch mit den USA? Postversand von Kopien von LeporelloPrintouts… und zuhause wurde schon mit usenet experimentiert.

  21. #21 Braunschweiger
    7. Dezember 2015

    @MartinB, @rolak: Danke für Aufklärung und Einsichten! 🙂

  22. #22 MartinB
    7. Dezember 2015

    @Braunschweiger
    Falls du ne FE-Auffrischung brauchst, guckst du hier (mein Vorlesungsskript für umsonst):
    https://digisrv-1.biblio.etc.tu-bs.de:8080/docportal/receive/DocPortal_document_00026725

  23. #23 rolak
    7. Dezember 2015

    mein Vorlesungsskript

    It’s so 2009…

    Schönen Dank, MartinB, wurde für den Fall der Fälle hocherfreut eingelagert.

  24. #24 MartinB
    7. Dezember 2015

    “It’s so 2009…”
    Ein moderner Klassiker, wie man so sagt. Gibt aber sogar schon nen Abschnitt über XFEM, auch wenn das meiste im Skript noch 10 Jahre älter ist.

  25. #25 Keno
    7. Dezember 2015

    Bin mir nicht sicher, ob ich dem roten Faden in den Kommentaren folgen konnte: Sind die einzelnen Parzellen im ersten Bild die Messpunkte?
    Wenn ja, dann habe ich noch einen weiteren Kritikpunkt an dem Farbverlauf: Die Farben wechseln bereits innerhalb einer Parzelle. Wenn’s aber die Messdaten sind, dann halte ich diese (lineare?) Interpolation für fragwürdig.
    Für eins meiner ersten Matlab-Projekte im Studium hatte eine solche Interpolation verwendet, um das Bild glatter zu kriegen. Der Doktorand war sehr irritiert und fragte mich, was er dann noch mit der Auswertung anfangen könne.

    Grüße
    Keno

  26. #26 MartinB
    7. Dezember 2015

    @Keno
    Die Messpunlte liegen hier innerhalb der einzelnen Zellen, und zwar sind es hier jeweils 4 (sogenannte Gaußpunkte).
    Die Inter- und Extrapolationen sind dabei in der Tat mit viel Vorsicht zu genießen – ist iner der beliebtesten Anfängerfehler, die für bare Münze zu nehmen. Solche Konturplots verwende ich, um mir nen Eindruck zu verschaffen; echt auswerten tue ich an den Gaußpunkten.

  27. #27 Braunschweiger
    7. Dezember 2015

    @MartinB: Danke für den Tipp. Eine lesenswerte Zusammenfassung ist stets besser, als sich durch die Papers selbst zu wühlen. Für topaktuelle Neuigkeiten geht aber wohl kein Weg drum herum.

  28. #28 MartinB
    8. Dezember 2015

    Ja, topaktuell ist mein Skript nicht, dazu ist die Entwicklkung gerade bei Forschungscodes viel zu schnell.

  29. #29 Ingo
    10. Dezember 2015

    Hallo,

    viel schlimmer als die reine Optik finde ich, dass ca. 10% aller Maenner Farbsehschwaechen haben.

    Mit anderen Worten: Der Author von einer Regenbogen-grafik schliesst einfach mal 5% aller Menschen von der Interpretation der Grafik aus.
    Das ist eine relativ grosse Zahl,- und man sollte erwarten duerfen, dass jeder Bildersteller daran denkt.
    Leider ist das nicht so.

    Ich selber kann so manchen Wikipedia-Artikel beispielsweise nicht verstehen weil schlichtweg Erklaerungsgrafiken durch meine Farbsehschwaeche unverstaendlich werden.

    Bei 5% aller Menschen ist das allerdings nicht meine Schwaeche, sondern schlichtweg unvermoegen der Authoren.

    Ich kann nur dringend raten sich mit Farbwahnehmung zu beschaeftigen bevor Grafiken erstellt werden.

  30. #30 rolak
    10. Dezember 2015

    die reine Optik

    Du hast den Artikel gar nicht gelesen, ne, Ingo?

    unvermoegen der Authoren

    ‘Authoren’ gibt es nicht, den Autoren Unvermögen zuzuschustern ist genauso sinnfrei wie NußeckenHerstellern ein Unvermögen zuzuschustern, Allergiker zu verköstigen.

  31. #31 MartinB
    10. Dezember 2015

    @Ingo
    Ja, das wird im text ja auch erwähnt (und war für mich sogar der Anlass) – solange das aber nicht generell beigebracht wird, ist es in meinen Augen unfair, Leuten vorzuwerfen, dass sie es nicht wissen. Die meisten Leute, die wissenschaftliche Grafiken erstellen, sind ja eben keine ausgebildeten Grafikerinnen.

  32. #32 Ingo
    10. Dezember 2015

    @rolak:
    “den Autoren Unvermoegen zuzuschustern ist genauso sinnfrei wie NußeckenHerstellern ein Unvermoegen zuzuschustern, Allergiker zu verkoestigen”

    Ich finde der Vergleich hinkt.
    Aus zwei Gruenden:
    1) Tatsaechlich steht auf vielen Produkten “kann Spuren von Nuessen enthalten”,- womit also zumindestens einmal an Allergiker gedacht wurde (auch wenn das PRoblem damit natuerlich noch nicht geloesst wurde)
    2) 5% farbfehlsichtige Menschen sind viel viel mehr Menschen als Nuss-Allergiker.
    Trotzdem wird immer die Problematik immer wieder vergessen.

    @MartinB:
    “Die meisten Leute, die wissenschaftliche Grafiken erstellen, sind ja eben keine ausgebildeten Grafikerinnen.”

    Und doch sollte man daran denken. Es sind einfach sehr sehr viele Menschen betroffen. Ab einer gewissen Haeufung sollte man annehmen, dass bestimmte Fakten zum Grundwissen gehoeren, und nicht nur zum Expertenwissen von Grafiker(innen).
    Aber du hast leider recht – Es gehoert leider nicht zum Grundwissen.
    Die Folge sind echte Nachteile im Alltag, die mit sehr sehr einfachen Mitteln beseitigt werden koennten.
    Die Frage ist daher “Warum gehoert es nicht zum Grundwissen / Warum wird es nicht ‘beigebracht'”

  33. #33 MartinB
    10. Dezember 2015

    @Ingo
    “Und doch sollte man daran denken”
    Ja, man sollte an vieles denken, kann man aber nur, wenn man es weiß. Es ist eben kein grundwissen, deswegen muss man es vermitteln (was ich ja tue, hier und auch an der Uni).

  34. #34 Ingo
    10. Dezember 2015

    @MartinB
    ” Es ist eben kein grundwissen, deswegen muss man es vermitteln (was ich ja tue, hier und auch an der Uni)”

    Ich weiss,- und deswegen bin ich auch dankbar fuer den Artikel 🙂
    Der Artikel trifft beschreibt einfach ein Problem was unterrepresentiert ist.
    In sofern -> Dank

  35. #35 rolak
    10. Dezember 2015

    der Vergleich hinkt

    Ja selbstverständlich, Ingo, ein Ausgleich dafür, daß Du in Deinem Eifer, anderen Unvermögen zu unterstellen, doch ganz lässig die lässig 4% vergaßt, denen aufgrund schwerster Sehbehinderung solche Arbeiten bestenfalls vorgelesen werden können. Ganz zu schweigen von den hierzuland ca 4% totalen Analphabeten. Und was ist mit Sprachbarrieren?

    Klar gibt es für fast alle möglichen Probleme irgendwelche Lösungen – das ändert allerdings nichts daran, daß Dein Einwurf überhaupt nichts mit dem ArtikelThema zu tun hat, nur einen winzigen Aspekt des Textes (den großen Rot-Grün-Anteil der üblichen – und im übrigen (aus anderen Gründen) bereits kritisierten – Darstellungen) herauspickst, um etwas völlig off-topic-ig Pampiges abzulassen.

  36. #36 MartinB
    11. Dezember 2015

    @rolak
    Naja, so ganz fair ist dein Kommentar auch nicht. Es ist in der Tat ziemlich erstaunlich, dass eine Vielzahl von Programmen als default Farbspektren oder -kurven verwendet, die für nicht wenige Menschen nicht funktionieren. Und anders als bei Menschen, die stark sehbehindert sind und solche Bilder so oder so nicht erkennen können, ist es hier ja nicht besonders schwer, Abhilfe zu schaffen. (In meinen Kursen zum wissenschaftlich Präsentieren sage ich deswegen auch immer “keine rot-grün-Kombinationen”.)
    Man darf (und sollte) diesen Ableismus schon kritisieren, und ich hätte das im Text auch noch deutlicher hervorheben können.

  37. #37 rolak
    11. Dezember 2015

    so ganz fair ist dein Kommentar auch nicht

    Nein, wie schon gesagt, MartinB: ein Ausgleich, den ich mir herausgenommen habe. Wäre sicherlich auch deutlich dezenter gegangen, doch so entsprachs eher der Stimmung beim Lesen und passte von der Intensität ein wenig zum Beantworteten.

    Man darf (und sollte) diesen Ableismus schon kritisieren

    Klar, ändert aber nichts an (hauptsächlich) OT und Ton des auslösenden Kommentares – wenn ich den Text richtig verstanden habe, ist der Kritikpunkt am freizeitlich so angenehmen Regenbogen ja nicht eine speziell, sondern eine allgemein das Interpretieren behindernde Schwäche, die Lösung eine für beides.

  38. #38 MartinB
    11. Dezember 2015

    @rolak
    Nein, der Ton war schon suboptimal.
    Aber du weißt ja: Tact is for people not witty enough for sarcasm…