Florian hat ja seine sehr schöne Serie über “Schlechte Schlagzeilen“. Heute habe ich auch eine gesehen – wenn auch auf Englisch: “You could probably have outrun a T. rex” (“Sie könnten wahrscheinlich einem T. rex davonlaufen”).
Es geht – na klar – um die Laufgeschwindigkeit von Dinos, hier konkret um die eines T. rex. Dazu hat man Fußspuren analysiert, die ein großer Raubsaurier (vermutlich ein T. rex oder ein naher Verwandter (Expertinnenhinweis: Nein, das Faß “Ist Nanotyrannus eine eigene Art?” mache ich hier nicht auf)) hinterlassen hat. Es handelt sich um drei aufeinanderfolgende Fußabdrücke, die zusammen eine Spur eines vermutlich gehenden T. rex ergeben. Die Abdrücke sind so knapp 50cm lang, was für einen ausgewachsenen T. rex etwas wenig ist (ja, der hatte große Füße), aber zu einem heranwachsenden (oder eben einem Nanotyrannus) passen würde. So sehen sie aus (links die drei Spuren, in der Mitte eine Schemazeichnung, rechts eine der Spuren vergrößert):
Aus Smith et al., s.u.
Jede weiß, dass man beim Laufen größere Schritte macht als beim Gehen. Entsprechend kann man aus dem Abstand der Fußspuren Rückschlüsse auf die Laufgeschwindigkeit ziehen. Es gibt dafür leicht unterschiedliche Ansätze, die bei den Spuren, um die es hier geht, zu Werten von 4.5 bis 8km/h führen. (Falls ihr mehr wissen wollt, verweise ich auf meine alte Artikelserie “Wie läuft ein T. rex?“, Teil II, Teil III, Teil IV.)
So weit, so interessant. Für ein Tier seiner Größe war der T. rex also nicht gerade wahnsinnig schnell unterwegs, aber besonders langsam war er auch nicht und die Geschwindigkeit lag ungefähr im Rahmen dessen, was frühere Abschätzungen für’s Gehen eines T. rex auch ergeben hatten. Natürlich kann man daraus keine Rückschlüsse darauf schließen, wie schnell ein T. rex laufen könnte – wenn Shelly-Ann Fraser-Pryce beim Einkaufen in der Stadt gemütlich an euch vorbeischlendert, sagt das auch nichts über ihre 100-Meter-Zeit aus. Hinzu kommt, dass die Untergründe, die sich gut für die Erhaltung von Fußspuren eignen, nicht gerade die sind, auf denen man gern schnell laufen möchte – meist war der Boden nämlich matschig, als der Dino drübergelaufen ist, sonst hätte es ja keine Fußspuren gegeben, die erhalten bleiben können.
Fußspuren eignen sich also prinzipiell nur dazu, eine Mindestgeschwindigkeit abzuschätzen – über eine Höchstgeschwindigkeit können sie keine Aussage treffen. Darauf weist der Artikel auch ausdrücklich (und sehr lobenswert) hin. Am Ende des Artikels wird eine andere Fußspur erwähnt, die auf eine Geschwindigkeit von 11km/h für einen ausgewachsenen T. rex hindeutet – auch dem könnte man immer noch davonlaufen. Aber natürlich nur, wenn er geht.
Wenn ein T. rex läuft, sieht die Sache ganz anders aus (siehe die oben verlinkte Artikelserie). Selbst konservative Abschätzungen kommen auf Geschwindigkeiten von etwa 25km/h, also 7m/s. Das schafft eine guter Sprinterin auf kurzer Distanz noch ohne Mühe. Die meisten Schätzungen liegen aber eher in der Größenordnung um 40km/h – das entspricht einer 100-Meter-Zeit von 9 Sekunden, da wird’s dann für die meisten Menschen wohl etwas eng.
Im Artikel wird das Laufen des T. rex gar nicht thematisiert, da geht es nur ums Gehen. Der Titel des Artikels (und deswegen ist er ja auch eine schlechte Schlagzeile) suggeriert aber etwas anderes – wenn ich sage, ich kann euch davonlaufen, dann versteht ihr das sicher nicht so, dass ich laufen darf, während ihr gehen müsst. (Ja, ich weiß, dass der Titel eines Artikels meist nicht von der Autorin, sondern von irgendeiner Redakteurin stammt – macht die Sache aber in keiner Weise besser.)
Ein einziges Wort hätte die Schlagzeile gerettet: “You could probably have outrun a walking T. rex” (“Sie könnten vermutlich einem gehenden T. rex davonlaufen”) – aber das wäre nicht besonders eindrucksvoll und dramatisch gewesen.
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