Achtung: Aprilscherz
Dass viele Dinosaurier – nicht nur die, die wir heute als Vögel kennen – Federn hatten, dürfte für die meisten Leserinnen das Blogs ja keine große Neuigkeit sein. Vermutlich waren auch große Raubsaurier, wie der Tyrannosaurus, gefiedert, darauf deuten zumindest Fossilien wie das des Yutyrannus hin. Aber ob Tyranosaurus rex selbst Federn hatte und welcher Art diese Federn waren, das war bisher reine Spekulation.
Aber damit ist es nun vorbei. Ein sensationelles Fossil zeigt nicht nur, dass zumindest jugendliche Tyrannosaurier Federn hatten, sondern auch, dass diese Federn wesentlich spektakulärer waren als man bisher annahm. Das Fossil stammt aus dem oberen Antwerpian (einer Zeit kurz vor dem Aussterben der Dinos) und wurde gerade auf einer Pressekonferenz von gleich drei berühmten Paläontologinnen vorgestellt, nämlich Paul Sedato, Phil Cayenne und Tom Woodtz. Es handelt sich um Bein- und Schwanzknochen eines jugendlichen Tyrannosaurus. Dieses Bild zeigt die beiden gut erhaltenen Beinknochen in ihrer umliegenden Matrix:
Quelle s.u.
Das Besondere am Bild ist natürlich sofort zu erkennen: An den Beinknochen sind die Abdrücke von Federn erhalten, und zwar nicht bloß von kleinen, haarähnlichen Dingen, sondern von richtig langen und ausgeprägten Federn, wie man sie ziemlich ähnlich zum Beispiel vom Archaeopteryx kennt.
Zunächst herrschte Uneinigkeit darüber, ob es sich um das Fossil eines jugendlichen T.rex oder um eine neue Art handelte (die den Namen Tyrannopteryx bekommen sollte), aber eine genaue Analyse der Knochen zeigte, dass der dreiecksförmige Muskelansatz des Oberschenkels (im Bild etwa am oberen Drittel des Bildes) eine Winkelsumme von 179,6° hat, was ziemlich genau dem Wert entspricht, den man für Tyrannosaurier kennt. Daraus kann also ziemlich sicher geschlossen werden, dass es sich tatsächlich um einen jugendlichen Tyrannosaurus handelt.
Hier eine Rekonstruktion des jungen T. rex mit seinen Bein- und Schwanzfedern (die Federn an den Vorderbeinen sind allerdings spekulativ), links vorn maßstabsgetreu zum erwachsenen T. rex, rechts eine vergrößerte Darstellung:
Quelle s.u.
Die Größe der Federn ist schon ziemlich beeindruckend – so sehr, dass man vermuten kann, dass sie eine wichtige Funktion erfüllen.
Gefiederte Dinos mit Federn auch an den Hinterbeinen kennt man ja schon lange, etwa den Microraptor. Auch Archaeopteryx hatte ja vermutlich lange Federn an den Hinterbeinen. Bei diesen beiden Dinos erfüllten die Federn eine aerodynamische Funktion, allerdings natürlich untergeordnet gegenüber den Federn an den Armen. Ist es denkbar, dass auch ein junger T. rex seine Federn zum Gleiten oder gar Fliegen genutzt haben könnte?
Zum Fliegen ist es natürlich notwendig, dass der Schwerpunkt etwa in Höhe der Flügel liegt und nicht etwa davor. Schaut man sich den T. rex an, so erkennt man, dass er ziemlich hecklastig ist – dazu tragen die langen Hinterbeine ebenso bei wie der Schwanz und der ausgeprägte Hüftknochen (pubis, also das Schambein, das bei Tyrannosaurier einen ziemlich dicken Knochenknubbel am Ende hat), von dem man bisher annahm, dass er unter anderem zu Sitzen diente. Er könnte aber bei jungen Tyrannosauriern auf zur Stabilisierung gedient haben und den Schwerpunkt nach hinten verlagert haben. Die sehr kurzen Vorderbeine tragen ebenfalls dazu bei, dass der Schwerpunkt etwas weiter hinten liegt. Der in der Rekonstruktion oben weit vorgereckte Kopf könnte während des Fliegens oder Gleitens auf einem S-förmig gebogenen Hals nach hinter verlagert worden sein, so wie heutige Vögel es auch machen.
Eine genaue Analyse eines Computermodells zeigt, dass der Schwerpunkt des jungen T. rex tatsächlich ziemlich genau in Höhe des Beckens lag, genau da, wo die langen gefiederten Hinterbeine sitzen. Unklar war zunächst, ob der T. rex auch aktiv fliegen oder nur gleiten konnte. Zum Fliegen ist es natürlich notwendig, dass die Flügel (in diesem Fall die Hinterbeine) in einer komplizierten Bewegung auf- und abschlagen können.
Computersimulationen der Strömung um ein sich bewegendes Hinterbein (mit der unsteady Navier-Stokes integrated Newton-Numerics-Methode) zeigen, dass ein Bein, das sich mit nur 1,04 Schlägen pro Sekunde bewegt, hinreichend viel Auftrieb erzeugt, um einen Vorwärtsflug mit einer Geschwindigkeit von mehr als 50km/h zu erzeugen – womit auch die alte Frage, wie schnell denn nun ein T. rex war, auf etwas andere Weise geklärt ist.
Das Aufkommen der Tyrannosaurier in der mittleren Kreidezeit fällt zeitlich zusammen mit dem Aussterben vieler, insbesondere der kleineren Flugsaurierarten. Es erscheint durchaus denkbar, dass die Konkurrenz durch fliegende Jung-Dinos hier einen entscheidenden Beitrag geleistet hat. Vielleicht erklärt sich so auch, warum in der Kreidezeit noch viele Vögel mit Zähnen unterwegs waren und sich Schnäbel erst später richtig durchsetzten – gegen den Beißapparat auch eines jungen T. rex hat ein zahnloser Schnabel nicht viel zu bieten.
Der neue Fossilfund öffnet damit einen ganz neuen Blick auf das Leben der Dinos und die Ökologie der Kreidezeit. Sicherlich eins der faszinierendsten Fossilien der letzten Jahre.
Paul Sedato, Phil Cayenne und Tom Woodtz, “A flying juvenile T. rex”, Nature
Die Bilder sind Montagen aus:
Origins of feathered dinosaurs more complex than first thought
T-Rex_HDR_MVZ_(6695741245).jpg by John Martinez Pavliga from Berkeley, USA (T-Rex HDR) [CC BY 2.0 (https://creativecommons.org/licenses/by/2.0)], via Wikimedia Commons”
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