E=mc² ist nicht bloß eine Gleichung der Physik, sondern wohl die Gleichung schlechthin. Wahrscheinlich ist es die einzige Gleichung, die so ziemlich jeder schon mal gehört hat. In Worten ausgedrückt sagt die Gleichung “Energie ist gleich Masse mal dem Quadrat der Lichtgeschwindigkeit”. Aber was bedeutet das?
Im Internet und in populärwissenschaftlichen Büchern findet man Interpretationen wie “Masse ist geronnene Energie” oder “Masse und Energie sind dasselbe” (das habe ich auch selbst schon mal geschrieben) – aber auch das ist erst mal nicht so ganz klar (und auch beides nicht so ganz unproblematisch, wie wir noch sehen werden.) Und auch wenn die Grundidee hinter der Gleichung vergleichsweise einfach ist, ist die ganze Sache bei genauem Hinsehen mal wieder ein bisschen komplizierter als man auf den ersten Blick denken könnte.
Bevor uns die Gleichung im Detail angucken, kläre ich gleich ein anscheinend verbreitetes Missverständnis auf (z.B. hier zu finden): Die Geschwindigkeit c hier ist die Lichtgeschwindigkeit. Sie hat nichts mit der Geschwindigkeit des Objekts selbst zu tun – zwar verhalten sich laut Relativitätstheorie Objekte seltsam, wenn sie sich nahezu mit Lichtgeschwindigkeit bewegen, aber das ist mit der Gleichung hier nicht gemeint.
Fangen wir erst mal mit der einfachsten Situation an: Ein Objekt – nehmen wir eine Tafel Schokolade – liegt direkt vor euch auf dem Tisch. Die Schokotafel wiegt 100 Gramm, also 0,1 Kilogramm. Setzt ihr diesen Zahlenwert in die Gleichung oben ein (mit dem Wert der Lichtgeschwindigkeit von 300 000 000 m/s), dann ergibt sich
Da ich brav alles in SI-Einheiten (m, kg, s) eingesetzt habe, kommt das Ergebnis auch in SI-Einheiten heraus, also in Joule, der Energieeinheit im SI-Einheitensystem. Die 9 hat 15 Nullen, das sind also 9 Billiarden Trillionen Joule Energie. Ist ne große Zahl – aber wie groß ist sie wirklich?
Laut Wikipedia verbraucht ganz Deutschland im Jahr so etwa 600 Milliarden Kilowattstunden an Energie, das sind etwas mehr als 2 000 000 000 000 000 000J (eine 2 mit 18 Nullen). Die Energie, die laut Einsteins Gleichung in einer Tafel Schokolade steckt, würde also ausreichen, um ganz Deutschland etwa 1,5 Tage lange mit Energie zu versorgen. Etwas mehr als 200 Tafeln Schokolade pro Jahr würden also ausreichen, um Deutschland von anderen Energiequellen unabhängig zu machen. Wo sind eigentlich die Schokokraftwerke, die genau das tun?
Rechner wir nochmal anders: Laut Packungsbeschriftung hat eine Tafel Schokolade eine Energie (einen Brennwert) von etwa 2000 Kilojoule, also 2 Millionen Joule. Auch nicht gerade wenig, aber natürlich weit weg von dem, was laut der Einsteinformel in einer solchen Tafel stecken sollte. Am Tag verbraucht man etwa 9000 Kilojoule Energie, man kann seinen Tagesbedarf an Energie also mit etwa viereinhalb Tafeln Schokolade decken (was allerdings ernährungstechnisch nicht vollkommen optimal ist…). Nimmt man aber die Einsteinformel zur Hilfe, nach der ja in der Schokoladentafel 9 Trillionen Joule Energie stecken, könnte ich mich mit einer Tafel eine Milliarde Tage (also gut 2,7 Millionen Jahre) ernähren.
Da es keine Schokokraftwerke gibt und wir auch nicht mit einer Tafel Schoki unser ganzes Leben lang satt werden, stellt sich sofort die Frage: Was ist denn das eigentlich für eine Energie, die wir da berechnet haben, und warum merken wir von dieser Energie im Alltag nichts?
Um das zu sehen, können wir die Logik der Gleichung einmal umdrehen: Wenn wir eine Tafel Schokolade essen, entziehen wir der Schokolade 2 Millionen Joule Energie. Nach der Gleichung E=mc² entspricht das einer Masse von etwa 0,00000002 Gramm oder 0,02 Mikrogramm. Würden wir die einzelnen Moleküle und Atome in der Schokolade alle verfolgen und sehen, was aus ihnen wird (die Zuckermoleküle werden ja zum Beispiel in Kohlendioxid und Wasser zersetzt, wobei allerdings noch Sauerstoff aus der Atemluft hinzukommt) – würden wir also alle beteiligten Moleküle vorher und nachher wiegen, dann würden wir feststellen, dass uns 0,02 Mikrogramm Masse fehlen. Diese Masse haben wir der Schokolade (und dem Sauerstoff der Luft) entzogen, sie wurde in Energie umgesetzt, mit der wir dann vielleicht gejoggt (für 2000 Kilojoule muss man allerdings schon ziemlich lange laufen) sind oder etwas anderes gemacht haben.
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