Wenn ihr also einem System Energie entzieht, dann entzieht ihr ihm auch Masse. Stellt euch eine Taschenlampe vor, die ihr anschaltet – das Licht, das von der Lampe ausgestrahlt wird, hat eine gewisse Energie, die Taschenlampe (genauer gesagt ihre Batterie) wird also hinterher um eine Winzigkeit leichter sein als vorher.
Umgekehrt funktioniert das genauso: Pflanzen zum Beispiel produzieren Zucker und Sauerstoff mit Hilfe von Sonnenenergie, Kohlendioxid und Wasser. Wenn ihr die Moleküle vorher und nachher wiegt, dann stellt ihr fest, dass die Kohlendioxid- und Zuckermoleküle um eine Winzigkeit schwerer sind als es die Ausgangsmoleküle waren. Und wenn ihr eine aufladbare Batterie habt, dann ist die nach dem Aufladen ein wenig schwerer als vorher.
Wir merken davon im Alltag nichts, weil der Umrechnungsfaktor, der uns von der Masse zur Energie bringt, so immens groß ist (eben das Quadrat der Lichtgeschwindigkeit) – eine extrem kleine Masse entspricht einer extrem großen Energie. Wenn wir Zucker verbrennen, dann ist die Energie, die frei wird, nur ein Bruchteil der Energie, die insgesamt – laut E=mc² – im Zuckermolekül steckt; sonst könnten wir ja von einer Tafel Schokolade unser ganzes Leben lang satt werden.
Größere Energieanteile kann man aus einer Masse freisetzen, wenn man zu Kernreaktionen übergeht. Bei einem Kernreaktor zum Beispiel spaltet man ja Uranatome in kleinere Bruchstücke. Dabei wird immerhin 0,1% der Masse in Energie umgesetzt – wiegt man also die herauskommenden Teilchen, dann sind sie um 0,1% leichter als der Uranatomkern, mit dem man angefangen hat. Noch mehr geht in einer Fusionsreaktion, wie sie im Inneren der Sonne stattfindet. Dabei verschmelzen mehrere Wasserstoffatomkerne (Protonen) zu einem Heliumkern (und ein paar anderen Teilchen). Die Endprodukte sind hier immerhin um 1% leichter als die Ausgangsstoffe. Deswegen kann die Sonne mit ihrem Brennstoff ja auch etwa 10 Milliarden Jahre auskommen. (Ende des 19. Jahrhunderts hat das in der Wissenschaft großes Kopfzerbrechen bereitet, weil man nur chemische Reaktionen kannte und sich nicht erklären konnte, wie die Sonne es anstellen konnte, mit ihrem Brennstoff über Millionen Jahre zu leuchten.)
Kann man auch die gesamte Masse eines Objekts in Energie umsetzen? Ja, das geht. Wenn zum Beispiel eine Elektron und sein Antiteilchen aufeinandertreffen, dann vernichten die beiden sich vollständig – heraus kommt Energie in Form von hochenergetischer Gammastrahlung. (An Bord von Raumschiff Enterprise wird das ganze mit Hilfe von Dilithiumkristallen so gesteuert, dass man die Energie direkt nutzen kann.) Hier wird die Masse vollständig in Strahlungsenergie umgesetzt. Auch umgekehrt geht das – hochenergetische Röntgenstrahlen können ein Teilchen-Antiteilchen-Paar erzeugen. In manchen Teilchenbeschleunigern wird dieser Prozess auch so genutzt, dass man Elektronen auf ihre Antiteilchen schießt – dabei vernichten sich die beiden, und aus der Energie können dann neue Teilchen-Antiteilchen-Paare entstehen. Wenn die Elektronen sehr schnell sind, dann tragen sie viel Energie mit sich (weil zu ihrer Masse noch die Bewegungsenergie kommt) und diese Energie konnte dann auch sehr schwere Teilchen erzeugen. Man kann Masse und Energie also tatsächlich vollständig ineinander umwandeln.
Wie genau interpretieren wir nun die Gleichung E=mc²? Wenn wir einem Objekt Energie zu führen oder entziehen, dann ändert sich auch die Masse des Objekts. Und wie wir bei der Teilchen-Antiteilchen-Vernichtung gesehen haben, kann man die Masse eines Objekts auch vollständig in Energie umwandeln. Ist Masse also “geronnene” oder “gefrorene” Energie? Das ist ein bisschen problematisch, weil es so klingt, als gäbe es eine Art “Substanz” namens “Energie”, die zu Masse “gefrieren” kann so wie Wasser zu Eis gefriert. So ist es aber nicht – denn so etwas wie “reine Energie” gibt es nur in Science-Fiction-Filmen, in denen spitzohrige Außerirdische sich wenig rückenschonend über kleine Kästchen beugen. Energie hat immer eine Form – sei es die Energie einer elektromagnetischen Welle, die Energie eines Objekts in einem Schwerefeld (ich ignoriere mal Komplikationen in der Allgemeinen Relativitätstheorie mit diesem Konzept) oder eben die Energie, die in Materie steckt. Besser wäre es in meinen Augen zu sagen, dass Masse eine Energieform ist, so wie auch Bewegungsenergie oder die Energie eines elektrischen Feldes.
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