Vielleicht habt ihr ja auch – so wie ich – bald Urlaub und braucht gute Urlaubslektüre. Hier ein paar kurze Lesetipps (die meisten auf Englisch – deutsche Bücher lese ich im Moment selten):
A Natural History of Dragons: A Memoir by Lady Trent – Marie Brennan
Der erste Band einer fünfteiligen Serie. Stellt euch eine Parallelwelt vor, die der unseren sehr ähnelt. Es gibt Länder ähnlich zu England, China Transsilvanien, wir befinden uns irgendwo in der Mitte des 19. jahrhunderts, die “europäischen” Nationen kolonisieren den Rest der Welt; eigentlich ist alles sehr ähnlichw ie bei uns. (So ähnlich, dass an sich fragt, warum die Autorin nicht gleich die Ländernamen und die irdische Geographie übernommen hat; das wird aber im 5. Teil relativ klar.) Es gibt nur einen kleinen Unterschied: Drachen. Drachen leben – als wilde Tiere – in den meisten Ländern der Welt und bisher ist über sie relativ wenig bekannt. Die junge Isabella ist von Drachen fasziniert und beschließt, sie z studieren. Die Serie beschreibt ihre Abenteuer, ihre Forschungen über Drachen (der Aspekt hätte für meinen Geschmack deutlich ausführlicher sein können) und wie sie dadurch gelegentlich ins Zentrum weltpolitischer Ereignisse gerät und schließlich im letzten Band eine unglaubliche Entdeckung macht.
Geschrieben ist das Ganze in einem sehr gut lesbaren Englisch mit einem gelegentlich leicht ironischen Unterton, der durchaus ein bisschen an Jane Austen erinnert. Also eine klare Leseempfehlung.
His Majesty’s Dragon – Naomi Novik
Von der Idee her sehr ähnlich ist die immerhin 9-bändige Temeraire-Serie. Sie spielt tatsächlich auf einer Alternativ-Erde, und zwar zur Zeit Napoleons. Auch hier gibt es Drachen; diese Drachen sind aber intelligent und können mit Menschen kommunizieren. Captain Will Laurence kommt unversehens zu einem Drachenei und muss deshalb (in klassischer Ann-McCaffrey-Logik) eine Karriere bei der Marine aufgeben, um sich ganz dem Drachen Temeraire zu widmen, der einer ganz besonderen Drachenspecies angehört. Auch hier führen die Bände der Serie quer über die Erde, wobei besonders der gesellschaftliche Aspekt interessant ist: Wie gehen unterschiedliche Nationen mit Drachen um und integrieren sie in ihre Gesellschaft? Hinzu kommt der Krieg mit Napoleon, der ebenfalls in allen Bänden eine Rolle spielt. Auch diese Bücher machen durchaus Spaß – allerdings sind 9 Bände für meinen Geschmack etwas viel und die Bände 6-8 haben so ihre Längen. Etwas enttäuschend ist auch der Show-Down mit Napoleon am Schluss, der ist vorbei, bevor er richtig angefangen hat. Nachdem man eigentlich seit Band 2 auf diese Konfrontation zwischen Temeraire und seiner Widersacherin gewartet hat, war das etwas lahm. Davon abgesehen aber durchaus lesenswert.
Every Heart a doorway – Seanan McGuire
Stellt euch vor, es gäbe andere Welten, in die Kinder manchmal durch Glück reisen können, indem sie einfach durch eine Tür gehen – so wie in Narnia. In diesen anderen Welten gibt es vielleicht Zombies, lebende Skelette, verrückte Wissenschaftlerinnen und vieles mehr. Und dann kommen die Kinder nach Jahren wieder in unsere Welt zurück. Natürlich würde man sie hier für geistesgestört halten und in eine entsprechende Einrichtung verbannen. Und genau diese Einrichtung ist das Thema des Buchs: Eine Art Internat für Kinder und Teenager, die in anderen Welten waren, sich dorthin zurückwünschen oder ihre traumatischen Ereignisse dort verarbeiten müssen. Das Buch ist stellenweise etwas eigenartig, aber die Charaktere sind interessant machen es einem leicht, mit ihnen zu fühlen. (Ach ja: all die, die hier gern über Genderismus usw. nörgeln, müssen sich auf einiges gefasst machen.) Auf jeden Fall eins der ungewöhnlichsten Bücher, die ich seit langem gelesen habe – ebenfalls klar zu empfehlen. (Der zweite Band ist etwas enttäuschend weil er die Vorgeschichte zweier Charaktere erzählt und dadurch an Spannung verliert – gut zu lesen ist er aber auch.)
Children of Time – Adrian Tchaikovsky
Klassische Science Fiction, wie man sie sich oft wünscht und selten bekommt. Die Menschen haben in der Zukunft einige Planeten terrageformt und dabei auf diesen Planeten irdische Lebewesen hinterlassen. Der Planet wurde mit einem Virus infiziert, der die geistige Entwicklung der Affen massiv beschleunigen und sie intelligent machen soll. Leider klappt das nicht ganz wie erhofft – und statt der Affen werden ganz andere Lebewesen intelligent. Einige Tausend Jahre später ist die irdische Zivilisation nur noch ein Schatten; die Erde selbst im wesentlichen zerstört und ein Generationenschiff sucht eine neue Heimat auf dem terrageformten Planeten. Natürlich kommt es zu Konflikten.
Das Buch hat wenig Längen, ist spannend geschrieben und beschreibt eine der ungewöhnlichsten “außerirdischen” (aber auch irgendwie irdischen) Zivilisationen, die ich kenne. Wer sogenannte “harte SF” mag, sollte auf jeden Fall zuschlagen.
I capture the Castle – Dodle Smith
Weder Fantasy noch SF – sonder ein englischer Klassiker, den ich aber erst jetzt entdeckt habe. Das Buch spielt in England um 1930 und erzählt von Cassandra Mormain, die mit ihrer sehr exzentrischen Familie auf einem alten, verfallenen Schloss lebt. Im wesentlichen ist es eine etwas verwickelte Liebesgeschichte, die ihren Reiz durch die extrem gut gezeichneten Charaktere (und den exzellenten Schreibstil) bekommt. Ein Buch, das mit “I write this sitting in the kitchen sink” anfängt, kann ja kaum schlecht sein.
Broken Earth Trilogy – N. K. Jemisin
Mehr Fantasy – aber wieder relativ ungewöhnlicher Art. Am Anfang liest es sich etwas eigenwillig, aber nach kurzer Zeit ist man “drin”. Der erste Band verfolgt die Geschichte dreier Frauen, die – wie viele andere Menschen dieser Welt – über ungewöhnliche Fähigkeiten verfügen; eine Art Erdmagie. Die kann ein Segen sein, denn der Kontinent, auf dem das Ganze spielt, wird häufig von Erdbeben heimgesucht, aber auch ein Fluch. Eine ungewöhnliche Fantasy-Welt, bevölkert mit Charakteren, die zumindest mir schnell ans Herz gewachsen sind. Wenn ihr Fantasy sucht, die nicht bloß eine weitere Elfen-Zwerge-Trolle-Variation ist, dann seid ihr hier auf jeden Fall richtig.
Ich hoffe, damit seid ihr erstmal versorgt und einem entspannten Urlaub steht nichts im Weg.
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