Dinosaurier haben ja bekanntlich Eier gelegt Hier zur Veranschaulichung ein Modell eines Embryos von Citipati in seinem Ei:
By Eduard Solà – Own work, CC BY-SA 3.0, Link
Dinosaurier (im folgenden explizit unter Ausschluss moderner Vögel gemeint, auch wenn die von der Klassifikation her natürlich Dinos sind) stehen evolutionär zwischen den Reptilien und den heutigen Vögeln. Reptilien graben ihre Eier typischerweise in die Erde ein und lassen sie dort bei gleichbleibender, aber eher niedriger Temperatur ausbrüten, die meisten Vögel dagegen sitzen auf ihren Eiern. (Weswegen Vogeleier auch gedreht werden können, Reptilieneier dagegen nicht.) Reptilien legen dabei typischerweise sehr viele Eier auf einmal, Vögel dagegen meist wenige Eier im Abstand von einem oder mehreren Tagen. Durch fossile Nester weiß man, dass kleine Raubsaurier eine Zwischenstellung eingenommen haben: Sie haben ihre Eier teilweise in die Erde eingegraben, sich dann aber daraufgesetzt, so wie in diesem Bild zu sehen:
Aus: Erickson et al, “Growth patterns in brooding dinosaurs reveals the timing of sexual maturity in non-avian dinosaurs and genesis of the avian condition”, Biol Lett. 2007 Oct 22; 3(5): 558–561.
Man kann zunächst mal nur vermuten, dass die Eier damit schneller bebrütet werden als bei heutigen Reptilien, aber langsamer als bei heutigen Vögeln – aber lässt sich das auch nachprüfen? Die Antwort lautet: Ja. Allerdings – wie so oft in der Paläontologie – nur, wenn man das Glück hat, ein passendes Fossil zu finden, in diesem Fall einen Dino-Embryo kurz vor dem Schlüpfen.
In diesem Fall ist der Embryo ein Troodon, ein eher kleinerer Verwandter des T. rex (so, damit habe ich die Pflicht jeder Dino-Artikel-Schreiberin erfüllt, in jedem Artikel mindestens einmal den T. rex zu erwähnen…). So etwa sah ein ausgewachsener Troodon aus: [Nachtrag: Beim nochmal angucken des Bildes sehe ich, dass die Handhaltung des Troodon ziemlich sicher falsch ist. Troodon zählt zu den Maniraptoren, die haben die Handflächen nach Innen gehalten. Merke: Sie konnten einen Basketball festhalten, aber nicht dribbeln.]
Von Alina Zienowicz (Ala z), e-mail – Eigenes Werk, CC BY-SA 3.0, Link
Der untersuchte Dino-Embryo steckte noch in seinem Ei, das zu einem Nest aus 19 Eiern gehörte (leider habe ich kein schönes Bild gefunden), war aber von seiner Größe her vermutlich kurz vor dem Schlüpfen. Das allein sagt einem natürlich nicht, wie alt der Embryo zum Zeitpunkt des Schlüpfens war. Aber zum Glück haben Tiere, die Zähne besitzen, eine Uhr eingebaut: Zähne wachsen nämlich in Tages-Abschnitten, man kann an ihnen (im Mkroskop) Wachstumslinien erkennen ähnlich wie die Jahresringe von Bäumen. Diese Linien kann man zählen und weiß dann, wie lange der Zahn gebraucht hat, um seine aktuelle Größe zu erreichen. (Solche von-Ebner-Linien haben unsere Zähne übrigens auch.) Man kann also den Troodon-Embryo nehmen, ein Stück aus einem Zahn entfernen und die Linien zählen. Das Ergebnis ist 31.
Allerdings war der Zahn nicht ganz vollständig – die Spitze fehlte, so dass vermutlich ein paar weitere Linien hinzukamen. Insgesamt dürfte der Zahn also so etwa 39 Tage alt gewesen sein. Der Embryo war natürlich älter – die Zähne bilden sich ja nicht bereits am Tag des Eier-Legens, da besteht der Embryo ja nur aus einer Zelle… Bei heutigen Krokodilen fangen die Zähne etwa zur Halbzeit an zu wachsen, also dann, wenn der Embryo etwa die Häflte seiner Zeit im Ei herumgebracht hat. Damit kommt man dann auf 78 Tage, eventuell etwas weniger, weil die Zähne meist knapp vor der Halbzeit anfangen zu wachsen.
Als letztes muss man jetzt noch klären, ob 78 Tage nun lang oder kurz sind. Wenn ich diese Seite hier richtig lese, dann brauchen zum Beispiel Straußen etwa 40 Tage, die Eier sind allerdings deutlich schwerer als die vom Troodon, die etwa 300 Gramm gewogen haben dürften (im paper steht 314 Gramm, Biologinnen geben ja gern Zahlen mit sehr hoher Genauigkeit an, selbst wenn die ein bisschen geraten sind…). Generell gilt, dass die Brutzeit um so länger ist, je größer ein Ei ist. Man kann aber bei heutigen Tieren untersuchen, wie die Brutzeit von der Ei-Masse abhängt, indem man einfach die Zeiten für diverse Eier misst und aufträgt. Danach würde man für ein Vogel-Ei von 314 Gramm etwa 45 Tage erwarten (Strauße liegen also anscheinend etwas unterhalb der erwarteten Brutzeit für so große Eier), für ein Reptil dagegen etwa 107 Tage. Troodon lag also tatsächlich bei seiner Brutzeit zwischen Vögeln und Reptilien, so wie man es auch an Hand der Brutstrategie erwartet hätte.
Varricchio, David J., Martin Kundrát, and Jason Hogan. “An Intermediate Incubation Period and Primitive Brooding in a Theropod Dinosaur.” Scientific reports 8.1 (2018): 12454.
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